OGH 9ObA56/12v

OGH9ObA56/12v29.5.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Kutis und Ing. Thomas Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** M*****, vertreten durch Dr. Gerda Mahler-Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Jappel, Rechtsanwalt in Wien, wegen 3.608,16 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. März 2012, GZ 9 Ra 148/11t-23, womit das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 9. August 2011, GZ 3 Cga 10/11v-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Eine Auflösungserklärung ist so zu beurteilen, wie sie der Empfänger nach ihrem Wortlaut und dem Geschäftszweck unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände bei objektiver Betrachtungsweise verstehen konnte; auf eine davon abweichende subjektive Auffassung des Erklärenden kommt es nicht an. Ob die Erklärung eines Arbeitnehmers oder Arbeitgebers als Beendigungserklärung aufzufassen bzw welcher Erklärungswert ihr beizumessen ist, kann immer nur an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0028612 [T9] ua). Von Fällen unvertretbarer Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen, begründet eine derartige Beurteilung daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (9 ObA 44/05v ua).

Eine derartige krasse Fehlbeurteilung vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen. Richtig ist zwar, dass die Klägerin im Streit mit einer Kollegin und ihrer Vorgesetzten vom 3. 11. 2010 erklärte, dass sie „nie wieder für die Firma arbeiten“ werde und dass sie sich den „Scheißdreck“ selber machen sollen. Daran unmittelbar anschließend sagte sie aber auch, dass sie „in den Krankenstand“ gehe. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Ankündigung eines (allenfalls auch unberechtigten) Krankenstands nicht eindeutig auf die der Beklagten vorschwebende sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch vorzeitigen Austritt der Klägerin hindeute, ist vertretbar. Insgesamt blieben nämlich widersprüchliche Erklärungen der Klägerin im Raum stehen, die von ihren damaligen Gesprächspartnerinnen nicht in die eine oder andere Richtung hinterfragt und aufgeklärt wurden. Entgegen der Befürchtung der Revisionswerberin geht es hier nicht darum, dass die „Unverfrorenheit“ einer Arbeitnehmerin folgenlos bleibe, wenn sie nur abschließend das Wort „Krankenstand“ gebrauche. Auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Entlassung hat sich die Beklagte nämlich nicht gestützt. Verfahrensgegenständlich ist nur, ob die Arbeitnehmerin ihrerseits das Arbeitsverhältnis beendet hat. Dies war nach der übereinstimmenden Beurteilung der Vorinstanzen nicht der Fall. Ob die Klägerin bei Verlassen ihres Arbeitsplatzes am 3. 11. 2010 „wissen konnte“, dass sie der Arzt ein paar Stunden später krank schreiben werde, ist für die Beurteilung, ob die Klägerin eine Beendigungserklärung abgab, ohne Bedeutung. Aus der rechtlichen Beurteilung der Erklärungen anderer Arbeitnehmer in anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs ist für die Auslegung der streitgegenständlichen Erklärungen der Klägerin nichts zu gewinnen.

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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