European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00046.20K.0729.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Kläger arbeitete seit rund zwanzig Jahren aufgrund eines dem Steiermärkischen Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1962, LGBl 1962/160 idF LGBl 2015/6 (in der Folge: Stmk G-VBG) unterliegenden Dienstverhältnisses für die Beklagte als Lehrer in einer Musikschule. Er wurde von der Beklagten 2018 entlassen, in eventu gekündigt.
Das Hauptbegehren des Klägers war auf die Feststellung gerichtet, dass sein Dienstverhältnis zur Beklagten ungeachtet der ihm mit am 25. 4. 2018 zugegangenen Schreiben ausgesprochenen Entlassung über den 25. 4. 2018 hinaus weiterhin aufrecht sei. Hierzu der Textierung nach in eventu begehrte er die Feststellung, dass das Dienstverhältnis ungeachtet der mit Schreiben vom 3. 5. 2018 ausgesprochenen Eventualkündigung über das Ende der Kündigungsfrist von fünf Monaten hinaus, sohin über den 3. 10. 2018 hinaus, weiterhin aufrecht sei. Hierzu wiederum in eventu begehrte er, dass die mit Schreiben vom 3. 5. 2018 ausgesprochene Eventualkündigung wegen Sozialwidrigkeit bzw Altersdiskriminierung für rechtsunwirksam erklärt werde.
Das Verfahren ergab, dass der Kläger die ihm von der Beklagten vorgeworfenen und der Entlassung bzw Eventualkündigung zugrundegelegten Handlungen nicht gesetzt hat. Diesen Sachverhalt beurteilten die Vorinstanzen dahin, dass entgegen der Ansicht der Beklagten keine Vertrauensunwürdigkeit, gröbliche Dienstpflichten-vernachlässigung und beharrliche Nichtbefolgung von Anweisungen im Sinne der §§ 34 Abs 2 bzw 32 Abs 2 VBG 1948 bzw der entsprechenden landesrechtlichen Regelungen (gemeint: § 37 Abs 2 lit b bis d und § 35 Abs 2 lit a und e Stmk G-VBG) und damit kein Entlassungs- oder Kündigungsgrund vorgelegen habe. Ausgehend davon stellten sie mit ihren Urteilen fest, dass das Dienstverhältnis des Klägers ungeachtet der ausgesprochenen Entlassung über den 25. 4. 2018 hinaus fortbestehe und es ungeachtet der ausgesprochenen Eventualkündigung über den 3. 10. 2018 hinaus aufrecht sei. Das Berufungsgericht ließ die Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
In der außerordentlichen Revision wird keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufgezeigt.
1. Wenn die Beklagte in der Zulassungsbeschwerde ins Treffen führt, der Kläger hätte in einem Gespräch seine Dienstpflichtverletzungen zugestanden, so versucht sie sich gegen die klaren und vom Berufungsgericht nach Erledigung der Tatsachenrügen übernommenen Feststellungen des Erstgerichts zu wenden, wonach der Kläger die ihm vorgeworfenen Handlungen nicht gesetzt hat. Die Aufzählung der Revisionsgründe im § 503 ZPO ist erschöpfend. Die Richtigkeit der Feststellungen kann vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden (RS0042903 [T5]).
2. Das Erstgericht wertete das erste Eventualbegehren als weiteres Hauptbegehren. Das Berufungsgericht bestätigte diese Beurteilung mit der Begründung, beide Begehren stünden nicht im Verhältnis von Haupt- und Eventualbegehren, weil der Kläger sowohl die Entlassung als auch die Eventualkündigung bekämpfe. Diese Beurteilung wird von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Die Beurteilung trägt der ständigen Rechtsprechung Rechnung, nach der das Wesen des Eventualbegehrens darin liege, dass es erst dann einer Erledigung zugeführt werden kann, wenn das Hauptbegehren ab- oder zurückgewiesen worden ist (RS0110359 [T3]), ihm also nicht stattgegeben worden ist (RS0037675), es sich also als unbegründet erweist (RS0037611). Hier kam es aber – wie von den Vorinstanzen zutreffend erkannt – dem Kläger erkennbar darauf an, festgestellt zu bekommen, dass weder die ausgesprochene Entlassung noch die ausgesprochene Eventualkündigung zu einer Beendigung seines Dienstverhältnisses geführt hat.
3. Die Beklagte zieht die Beurteilung der Vorinstanzen, dass es sich (jedenfalls) beim zweiten Eventualbegehren tatsächlich um ein solches handelt, nicht in Zweifel. Wurde dem Hauptbegehren des Klägers Folge gegeben, so entfällt nach der Rechtsprechung die Voraussetzung über ein Eventualbegehren zu entscheiden (RS0037625). Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage, ob das Eventualbegehren auf Unwirksamerklärung der Eventualkündigung iSd §§ 105, 106 ArbVG verfristet sein kann (vgl dazu 8 ObA 76/19p und RS0113542), kann sich damit von vornherein nicht stellen.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO (iVm § 2 Abs 1 ASGG) ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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