Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.635,30 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 272,55 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Beamter der Republik Österreich und der Beklagten gemäß § 17 Abs 1a PTSG zur Dienstleistung zugewiesen. Der Kläger ist seit 2010 Vorsitzender des Personalausschusses der Beklagten für ***** und als solcher freigestellt. In einer Ausgabe einer Tageszeitung vom ***** erschien ein Artikel, der Äußerungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten enthielt. Der Kläger erhielt in der Folge ein Schreiben des Personalamts der Beklagten, das von dessen Leiterin gefertigt ist. In diesem Schreiben wurden seine öffentlichen Äußerungen kritisiert und weiters ausgeführt:
… Sie werden daher mit sofortiger Wirkung angewiesen, in Ihrer Eigenschaft als Personalvertreter
‑ die Ihnen zukommenden Kompetenzen als Personalvertretungsorgan einzuhalten und Äußerungen/Aussendungen an Kunden bzw unternehmensexterne Personen zu unterlassen und
‑ keine weiteren imageschädigenden und missverständlichen Aussagen weder mündlich noch schriftlich zu tätigen.
Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass die Nichteinhaltung dieser Weisung eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung darstellt, die von Amts wegen disziplinär zu ahnden ist.“
Der Kläger begehrt gegenüber der Beklagten die Feststellung, dass diese Weisung rechtsunwirksam sei. Er brachte zusammengefasst vor, dass die ihm von der Beklagten erteilte Weisung sich an ihn als Personalvertretungsorgan richte, sodass es sich um keinen Akt nach dem Beamtendienstrechtsgesetz (BDG) handle, sondern um einen solchen, der die Personalvertretungstätigkeit betreffe. Mitglieder der Personalvertretungsorgane seien bei der Ausübung ihrer Tätigkeit an keine Weisungen gebunden und dürften in ihrer Tätigkeit gemäß § 65 Abs 3 Post‑Betriebsverfassungsgesetz (PBVG) weder beschränkt noch benachteiligt werden. Das PBVG sei als Betriebsverfassungsrecht immer dem Zivilrecht zuzurechnen, weshalb gemäß § 1 JN eine bürgerliche Rechtssache vorliege.
Die Beklagte beantragte die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger stehe in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, nicht aber zur Beklagten. Sämtliche Weisungen, die er erhalte, seien Weisungen des Bundes, das Personalamt sei nicht Organ der Gesellschaft, sondern eine Behörde des Bundes. Weisungen des Personalamts seien daher dem Bund, nicht aber der Beklagten zuzurechnen. Das die Weisung enthaltende Schreiben stamme von der Dienstbehörde, nicht aber von der Beklagten. Die Überprüfung dienstrechtlicher Maßnahmen habe im Verwaltungsweg zu erfolgen, sodass die Zuständigkeit des angerufenen Zivilgerichts nicht gegeben sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Beschluss zurück. Das Personalamt habe im Rahmen seines ihm durch die einschlägigen Rechtsnormen zugewiesenen Aufgabenkreises eine Weisung an den in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehenden Kläger erteilt und bei Nichteinhaltung disziplinäre Maßnahmen angedroht. Ob diese Weisung rechtens gewesen sei, sei nach den einschlägigen Bestimmungen im Verwaltungsweg zu klären, wozu auch die Frage gehöre, ob diese Weisung dem Kläger in der Funktion als Belegschaftsvertreter erteilt werden konnte. Es liege keine betriebsverfassungsrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Betriebsinhaber und einem Personalorgan vor, der Kläger bekämpfe vielmehr eine dienstbehördliche Maßnahme, die das Personalamt gesetzt habe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers gegen diesen Beschluss Folge. Es verwarf die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Der Kläger behaupte, die Beklagte ‑ nicht aber das Personalamt ‑ habe ihm in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Personalausschusses ‑ und nicht in seiner Eigenschaft als Beamter ‑ eine im Hinblick auf § 65 PBVG rechtswidrige Weisung erteilt und ihm rechtswidrig dienstrechtliche Konsequenzen angedroht. Der Kläger mache daher gerade keinen Anspruch geltend, der sich gegen eine Weisung des Personalamts als Dienstbehörde wende. Er behaupte vielmehr eine im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis erteilte Weisung der Beklagten. Da die Beklagte keine Behörde sei, mache der Kläger damit einen bürgerlich‑rechtlichen Anspruch nach § 50 ASGG geltend, für den der Rechtsweg zulässig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten. Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, diesen zurück‑, hilfsweise abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
1. Nach ständiger Rechtsprechung sind Streitigkeiten aus dem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis von Beamten im Verwaltungsweg auszutragen (vgl RIS‑Justiz RS0086019). Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist von den Klagebehauptungen auszugehen, wobei aber nicht allein der Wortlaut des Begehrens, sondern die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs maßgebend ist (RIS‑Justiz RS0045584; RS0045718; 9 ObA 64/10t). Entscheidend ist daher nicht, wie der Kläger seinen Anspruch rechtlich formt, sondern ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird (RIS‑Justiz RS0045644). Dabei ist zu beachten, dass die aus einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten bzw die Arbeitsbedingungen ‑ mangels eines ausdrücklich eingeräumten gesetzlichen Gestaltungsrechts ‑ weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer rechtswirksam gestaltet werden können (9 ObA 137/09a). All dies gilt im Fall einer Zuweisung eines Beamten an einen ausgegliederten Rechtsträger gleichermaßen.
2. Der Kläger steht als Beamter in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Daneben besteht ein gesondertes „Zuweisungsverhältnis“ zur Beklagten, der der Kläger zur Dienstleistung zugewiesen ist (§ 17 Abs 1a PTSG; 8 ObA 76/07w ua). Der Bund als Dienstgeber dieser Beamten übt seine Diensthoheit durch eines der in § 17 Abs 2 PTSG genannten Personalämter aus. Diesen kommt die Funktion einer obersten Dienst‑ und Pensionsbehörde zu. Zur Wahrnehmung der Funktionen einer nachgeordneten Dienstbehörde sind regionale Personalämter eingerichtet (9 ObA 32/05d ua). Die Personalämter sind für alle dienstrechtlichen Schritte zuständig, wozu auch die Erteilung von das öffentlich‑rechtliche Dienstverhältnis des Klägers betreffenden Weisungen gehört (vgl § 44 BDG). Die Befolgung von Weisungen von Vorgesetzten gehört gemäß § 44 BDG zu den Dienstpflichten des Beamten. Sofern der Beamte eine Weisung aus anderen als in § 44 Abs 2 BDG genannten Gründen für rechtswidrig hält, steht ihm dagegen ein in § 44 Abs 3 BDG geregeltes Remonstrationsrecht zu (vgl näher Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten4 232 ff).
3. Nach seinem Vorbringen begehrt der Kläger die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer Weisung, die ihm die Beklagte in seiner Eigenschaft als Personalvertreter erteilt habe. Weder auf den Umstand, dass der Kläger eine Weisung der Beklagten (und nicht des Dienstgebers, vertreten durch das Personalamt) behauptet, noch darauf, dass er die von ihm begehrte Feststellung auf ihm nach dem PBVG zustehenden Rechte stützt, kommt es aber hier an, weil die Überprüfung der vom Kläger behaupteten Vorgänge untrennbar mit seiner öffentlich‑rechtlichen Stellung zum Bund verbunden ist und daher (nur) im Verwaltungsweg zu erfolgen hat (9 ObA 109/05b; 9 ObA 32/05d).
4. Aus § 50 Abs 2 ASGG ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Danach sind Arbeitsrechtssachen auch Streitigkeiten über Rechte oder Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II., V. oder VI. Teil des ArbVG (betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten) oder aus gleichartigen bundesrechtlichen Bestimmungen ergeben. Es trifft zwar zu, dass die Bestimmungen des PBVG als solche gleichartige bundesrechtliche Regelung angesehen werden (Neumayr in Zellkomm2 § 50 Rz 26). Mit der Konstruktion des PBVG sollten jedoch die bisherigen Vertretungsstrukturen aus dem öffentlichen Bereich im Wesentlichen aufrecht erhalten bleiben (9 ObA 109/05b; 8 ObA 76/07w = SZ 2007/201).
Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass nicht nur besoldungsrechtliche Ansprüche solche sind, die auf der öffentlich‑rechtlichen Stellung des Beamten zu seinem Dienstgeber beruhen und für die die Durchsetzung auf dem Rechtsweg unzulässig ist (9 ObA 32/05d zur Versetzung; 9 ObA 109/05b). Zu Unrecht beruft sich der Kläger für seinen Rechtsanspruch auf die Entscheidung 9 ObA 32/05d, die in diesem Zusammenhang ausdrücklich festhält, dass auch eine auf § 65 Abs 3 PBVG gestützte Bekämpfung einer Versetzung eines Personalvertreters jedenfalls im Verwaltungsweg zu überprüfen wäre (vgl auch RIS‑Justiz RS0119869).
Das PBVG gilt gemäß seinem § 1 Abs 1 für Arbeitsverhältnisse (aller Art), daher auch für öffentlich‑rechtliche Dienstverhältnisse der Beamten (8 ObA 77/03m). So wird etwa durch § 1 PBVG der Anwendungsbereich auch für die kollektive Rechtsgestaltung durch Betriebsvereinbarung nicht auf privatrechtliche Verträge eingeschränkt, sondern sind auch öffentlich‑rechtliche Beamtendienstverhältnisse erfasst (8 ObA 77/03m). Der Arbeitnehmerbegriff des PBVG umfasst öffentlich‑rechtliche wie privatrechtliche Arbeitsverhältnisse. Aus dem bloßen Umstand des Vorliegens einer betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeit nach dem PBVG allein ergibt sich daher infolge der besonderen Konstruktion dieses Gesetzes nicht schon die Zulässigkeit des Rechtswegs.
5. Nach dem PBVG kann die Stellung des Klägers als Mitglied des Personalausschusses daher von seiner dienstlichen Stellung als Beamter nicht abgekoppelt werden. So bejahte etwa der Verwaltungsgerichtshof die nachprüfende Kontrolle der Dienstbehörde für die Tätigkeit eines Personalvertreters im Anwendungsbereich des PBVG und sprach aus, dass dieser verpflichtet sei darzulegen, dass er während der in Anspruch genommenen freien Zeit keine andere als Personalvertretungstätigkeit entfaltet hat und dass die Inanspruchnahme von Dienstzeit dem Grund und dem Ausmaß nach erforderlich war (2008/12/0061).
§ 70 Abs 1 PBVG bestimmt, dass Mitglieder von Personalvertretungsorganen, die in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis stehen, wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Organs, dem sie angehören, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden dürfen. Daraus folgt, dass Mitglieder des Personalvertretungsorgans, die in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen, auch in Ausübung von Rechten nach dem PBVG nur im Rahmen ihres öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnisses zur Verantwortung gezogen werden können. Noch deutlicher ergibt sich dies aus § 70 Abs 3 PBVG. Kommt danach das Personalvertretungsorgan zu dem Ergebnis, dass die Äußerungen oder Handlungen eines Mitglieds eines Personalvertretungsorgans nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind, so hat es die gemäß § 70 Abs 1 PBVG erforderliche Zustimmung zu erteilen. Nur in dem Fall, in dem das Personalvertretungsorgan die Zustimmung nicht erteilt, hat das Gericht infolge der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 70 Abs 3 PBVG aufgrund einer Klage festzustellen, ob die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind (8 ObA 76/07w = SZ 2007/201). Erteilt das Personalvertretungsorgan jedoch die Zustimmung iSd § 70 Abs 1 PBVG, so kann ein Mitglied eines Personalvertretungsorgans dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, was im Verwaltungsweg zu geschehen hat.
7. Zutreffend weist daher die Beklagte darauf hin, dass Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs einzig sein öffentlich‑rechtliches Dienstverhältnis zum Bund ist, im Rahmen dessen er seine ihm nach dem PBVG zustehenden Rechte als Mitglied des Personalausschusses durchzusetzen versucht. Der bloße Umstand, dass nach dem Vorbringen des Klägers eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit nach dem PBVG vorliegt, ändert nichts daran, dass die vom Kläger behaupteten Rechte untrennbar mit seinem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis verbunden sind. Dass schließlich der Kläger eine Weisung der Beklagten behauptet und seinen Anspruch auch gegenüber dieser und nicht gegenüber seinem Dienstgeber geltend macht, vermag daran, dass der Anspruch seiner Natur nach öffentlich‑rechtlicher Natur ist, nichts zu ändern (9 ObA 137/09a). Die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ist daher schon ausgehend vom Vorbringen des Klägers nicht gegeben, sodass es auf den Umstand, dass das Rekursgericht die im Rekurs des Klägers enthaltene Tatsachenrüge nicht behandelt hat, nicht ankommt.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung für das Rekursverfahren beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat für ihren außerordentlichen Revisionsrekurs kein den Anforderungen des § 54 Abs 1 ZPO entsprechendes Kostenverzeichnis gelegt, sondern Kosten lediglich erkennbar durch den Vermerk „Schriftsatz TP 3C“ begehrt. Die bloße Nennung einer kostenverursachenden Tatsache reicht jedoch für einen Kostenzuspruch nicht hin (1 Ob 8/06t; Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 44).
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