OGH 9ObA39/88

OGH9ObA39/8813.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Dieter Waldmann und Mag. Günter Köstelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei "prot. Firma Institut B***, Leopold H***", Wien 4., Prinz Eugen-Straße 66, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Monika K***, Angestellte, Wien 13., Wattmanngasse 58-60/11/3, vertreten durch Dr. Manfred Roland, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 62.000,-- sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekurs- und Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. Oktober 1987, GZ 34 Ra 75, 77/87-12, womit infolge Berufung (zugleich Rekurses) der klagenden Partei der Beschluß und das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Febraur 1987, GZ 19 Cg 2056/86-8, abgeändert bzw. aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 27. April 1984 wurde im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien die Firma "Institut B***" Leopold H*** eingetragen. Geschäftsinhaber war zunächst Leopold H***, Kaufmann in Wien. Laut Eintragung vom 25. Mai 1984 ist das Unternehmen auf Dkfm. Heinrich L***, Kaufmann in Wien, übergegangen. Mit der am 23. Juni 1986 erhobenen Klage begehrte die als "Leopold H***, Inhaber des Institutes B***, Prinz

Eugen-Straße 66, 1040 Wien" bezeichnete klagende Partei von der Beklagten einen Betrag von S 62.000,-- sA. Sie habe mit der Beklagten am 15. Mai 1985 ein Dienstverhältnis begründet, das am 31. Dezember 1985 durch Kündigung seitens der Beklagten geendet habe. Die Beklagte habe gegen eine vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen und schulde das vereinbarte Pönale von S 50.000,--; weitere S 12.000,-- hafteten aus einem Gehaltsvorschuß aus. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, daß sie am 15. November 1983 ohne Vereinbarung einer Konkurrenzklausel ein Dienstverhältnis mit dem "Institut W***" eingegangen sei, das der Gattin des Inhabers der klagenden Partei gehöre. Über Wunsch des Inhabers der klagenden Partei, Heinrich L***, habe die Beklagte zum Institut B*** gewechselt, welches auch von Heinrich L*** geführt werde. Im Rahmen dieses Dienstverhältnisses sei eine Konkurrenzklausel weder erörtert noch ausdrücklich vereinbart worden; die Beklagte habe lediglich ein eine Konkurrenzklausel enthaltendes Formular unterfertigt. Darüber hinaus sei die Beklagte nicht bei einem Konkurrenzunternehmen beschäftigt gewesen und bringe die Konkurrenzklausel eine unbillige Erschwernis des Fortkommens der Beklagten mit sich. Der Betrag von S 50.000,-- sei überhöht und daher zu mäßigen. Einen Gehaltsvorschuß habe die Beklagte nicht erhalten; sie habe auch dem Institut W*** bei Beendigung des Dienstverhältnisses nichts geschuldet. In der Tagsatzung vom 11. November 1986 erklärte der Klagevertreter, die Bezeichnung der klagenden Partei in "protokollierte Firma Institut B***, Leopold H***" zu berichtigen. Die Firma sei mit diesem Wortlaut im Handelsregister protokolliert; Inhaber des Unternehmens sei Dkfm. Heinrich L***. Die Beklagte sprach sich gegen die Zulassung dieser Berichtigung aus, weil damit ein Wechsel in der Parteiidentität bewirkt werde. In der Tagsatzung vom 20. Februar 1987 brachte der Klagevertreter ergänzend vor, daß Leopold H*** Pensionist sei und zur Beklagten in keiner Rechtsbeziehung stehe.

Das Erstgericht wies mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß den Antrag der klagenden Partei auf Berichtigung ihrer Bezeichnung und mit Urteil das Klagebegehren ab. Es ging davon aus, daß mit der von der klagenden Partei angestrebten Berichtigung eine unzulässige Parteiänderung herbeigeführt werden solle. Die von Leopold H*** erhobene Klage sei mangels Aktivlegitimation abzuweisen.

Mit einem am 20. Mai 1987 zur Post gegebenem Schriftsatz erhob die klagende Partei Berufung gegen das ihr am 28. April 1987 zugestellte Ersturteil. Mit den Ausführungen zu den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wandte sich die Berufungswerberin in erster Linie gegen die Abweisung ihres Antrages auf Berichtigung der Parteibezeichnung und beantragte die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses in eine Stattgebung dieses Antrages. In der Sache selbst beantragte die Berufungswerberin die Abänderung im Sinne des Klagebegehrens, hilfsweise die Aufhebung des Ersturteils und die Rückverweisung der Rechtssache an das Gericht erster Instanz.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Berufungsgericht dem "in der Berufung enthaltenen" Rekurs Folge und änderte den in das Ersturteil aufgenommenen Beschluß dahin ab, daß die Bezeichnung der klagenden Partei von "Leopold H***, Inhaber des Institutes B***, Prinz Eugen-Straße 66, 1040 Wien" auf "protokollierte Firma Institut B***, Leopold H***" geändert wurde. Im übrigen gab es der Berufung Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Zugleich sprach es aus, daß das Verfahren erst nach Rechtskraft dieses Beschlusses fortzusetzen sei. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß die in das Urteil aufgenommene Entscheidung über die Richtigstellung der Parteibezeichnung ebenso mit Berufung angefochten werden könne wie die gemäß § 261 Abs 3 ZPO in das Urteil aufgenommene Entscheidung über die dort genannten prozeßhindernden Einreden. Die Richtigstellung der Parteibezeichnung sei entgegen der Ansicht des Erstgerichtes zulässig, weil über die Identität der klagenden Partei nie ein Zweifel bestehen habe können; ein Parteienwechsel werde durch die Richtigstellung nicht bewirkt. Damit sei auch der Abweisung des Klagebegehrens mangels Aktivlegitimation der Boden entzogen, was zur Aufhebung des Ersturteils führe.

Der Beschluß des Berufungsgerichtes wurde der Beklagten am 13. November 1987 zugestellt.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der am 11. Dezember 1987 zur Post gegebene Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben, das Rechtsmittel der klagenden Partei, soweit es sich gegen den in das Ersturteil aufgenommenen Beschluß richte, als verspätet zurückzuweisen und das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen (richtig: wiederherzustellen); hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und rechtzeitig.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Bestimmung des § 519 ZPO der Anfechtung der vom Berufungsgericht über die Berichtigung der Parteienbezeichnung getroffenen Rekursentscheidung nicht entgegensteht, weil es sich nicht um einen im Berufungsverfahren ergangenen Beschluß, sondern um die Abänderung eines vom Erstgericht gefaßten Beschlusses handelt (vgl. Fasching ZPR Rz 1979). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gilt in jenen Fällen, in denen mehrere Entscheidungen gemeinsam erlassen wurden, für die bei abgesonderter Ausfertigung verschiedene Rechtsmittelfristen gelten würden, für die Anfechtung aller Entscheidungen eine einheitliche und zwar die längere Frist; dies gilt auch dann, wenn nur jener Teil der Entscheidung angefochten wird, für den an sich eine kürzere Frist gelten würde (vgl. JBl 1962, 452 mwN; RZ 1982/40; RZ 1985/36; 7 Ob 591/85 sowie 4 Ob 336, 337/87). Da das Berufungsgericht die Entscheidung über die Richtigstellung der Parteienbezeichnung gemeinsam mit dem Aufhebungsbeschluß gemäß § 519 Abs 1 Z 3 ZPO ausgefertigt hat, stand auch zur Bekämpfung des erstgenannten Beschlusses die vierwöchige Rekursfrist gemäß § 521 a Abs 1 Z 2 ZPO offen, so daß der vorliegende Rekurs rechtzeitig erhoben wurde.

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Mit dem Argument, die Vorschrift des § 261 Abs 3 ZPO sei lediglich auf die dort genannten Prozeßeinreden, nicht aber auf Klagsänderungen bzw. die Änderung der Parteienbezeichnung anzuwenden, der erstgerichtliche Beschluß, mit dem der Antrag der klagenden Partei auf Berichtigung der Parteibezeichnung abgewiesen wurde, sei daher mit Rekurs und nicht mit Berufung anzufechten gewesen, versucht die Rekurswerberin ihre Ansicht zu begründen, die klagende Partei habe die vierzehntägige Frist zur Bekämpfung des erstgerichtlichen Beschlusses versäumt. Dieser Rechtsansicht kann im Hinblick auf die oben zitierte Judikatur, wonach für alle gemeinsam ausgefertigten Entscheidungen einheitlich die längere Anfechtungsfrist gilt, nicht beigetreten werden; die von der Rekurswerberin zitierte Entscheidung 3 Ob 83, 164/75, in der eine abweichende Rechtsansicht vertreten wurde, ist vereinzelt geblieben. Die Frage aber, ob der in das Urteil aufgenommene Beschluß im Hinblick auf § 462 Abs 2 ZPO mit der in der Hauptsache erhobenen Berufung oder mit einem mit der Berufung verbundenen Rekurs anzufechten war, kann auf sich beruhen, weil eine allfällige unrichtige Benennung des Rechtsmittels nicht schadete (vgl. Fasching ZPR Rz 1685; 7 Ob 591/85 ua).

Soweit die Rekurswerberin ausführt, die Änderung der Bezeichnung der klagenden Partei sei in Wahrheit eine unzulässige Parteiänderung, ist sie auf die zutreffenden Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend sei bemerkt, daß Leopold H*** weder im Zeitpunkt der Klagseinbringung noch im Zeitpunkt der Begründung des Dienstverhältnisses der Beklagten Inhaber des Institutes B*** war, so daß mit der Bezeichnung "Leopold H***, Inhaber des Institutes B***" im Zusammenhalt mit dem Klagsvorbringen keinesfalls Leopold H*** gemeint sein konnte, der laut Handelsregister nur bis 25. Mai 1984 Inhaber des "Institutes B***, Leopold H***" war. Daß auch die Beklagte keinerlei Zweifel an der Identität der klagenden Partei hatte, zeigt insbesondere ihr Vorbringen im Schriftsatz ON 2, in dem lediglich von Heinrich L*** als Inhaber der klagenden Partei die Rede ist. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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