Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Kläger - sämtlich Eigentümer von Liegenschaften in der Umgebung des Salzbergbaus D***** - begehren die Feststellung, daß ihnen und ihren Rechtsnachfolgern im Eigentum ihrer Liegenschaften jeweils eine bestimmte Anzahl von Schichtrechten gegenüber der Beklagten und deren Rechtsnachfolgern zustehe, wobei eine dieser Bergschichten den rechtlichen Anspruch auf das Verdienen von 54 Arbeitstagen a 8 Stunden jährlich im Salzbergbau D***** zum jeweiligen ortsüblichen und angemessenen Stundenlohn eines Bergarbeiters und unabhängig vom aktuellen Arbeitskräftebedarf des jeweiligen Eigentümers des Salzbergbaus D***** gebe und die Ausübung des Rechtes davon abhängig sei, daß der jeweilige Eigentümer des berechtigten Gutes bergarbeitsfähig sei.
Die Schichtrechte seien in der Salinenkonvention von 1829 - einem Staatsvertrag zwischen Österreich und Bayern - genau definiert worden; sie seien jedoch wesentlich früher teils gewohnheitsrechtlich, teils durch Verleihung seitens der Salzburger Erzbischöfe - entstanden. Es handle sich dabei um Reallasten, welche auf dem Salzbergbau D***** als belastetem Gute ruhten. Sie vermittelten dem jeweils Berechtigten neben den oben dargestellten Rechten das Recht auf kostenlosen Bezug von 56 kg Salz pro Jahr, welchem Recht die Beklagte noch 1997 entsprochen habe. Die Berechtigten seien verpflichtet, im Falle eines erhöhten Bedarfes des Eigentümers des Salzbergbaus über ihre eigentlichen Schichtrechte hinaus Arbeitsleistungen zu erbringen, wobei ihnen pro Jahr mindestens 60 Arbeitstage zum Betrieb eigener Haus- und Feldwirtschaft freigelassen werden müßten. Den Berechtigten komme - sofern sie bergarbeitsfähig seien - von selbst die Eigenschaft von "ordentlichen Knappen" des Salzbergbaues D***** zu. Dies könne nur so verstanden werden, daß ein bergarbeitsfähiger Eigentümer eines Gutes mit Schichtberechtigung eo ipso Dienstnehmer des jeweiligen Eigentümers des Salzbergbaus D***** mit aufrechtem Dienstvertrag sei und lediglich die nähere Ausgestaltung der Arbeitsberechtigung und -verpflichtung einer individuellen Regelung bedürfe. Die Beklagte, die derzeitige Eigentümerin des Salzbergbaues D*****, vertrete seit der Stillegung des Salzabbaues die Auffassung, daß die Schichtrechte erloschen seien. Dieser Standpunkt sei unrichtig, zumal diese Rechte vom Bedarf des Eigentümers des Salzbergbaus unabhängig seien und das Bergwerk überdies als Schaubergwerk geführt werde, sodaß Erhaltungsarbeiten notwendig seien. Wegen allfälliger Verhinderung der den Schichtberechtigten zustehenden Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten seien die Schichtberechtigten laut der Salinenkonvention von 1829 berechtigt, Schadenersatzansprüche aus dem Titel des § 1155 ABGB geltend zu machen. Auch wenn seitens der Kläger persönlich die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nicht gegeben sein sollten, hätten sie im Hinblick auf ihre Rechtsnachfolger, die möglicherweise auf die mit den Schichtrechten verbundenen Verdienstmöglichkeiten angewiesen sein könnten, ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Da der Inhalt der Schichtrechte in zu modifizierenden Dienst- und Arbeitsverhältnissen bestehe, sei die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes als Arbeitsgericht gegeben.
Das Erstgericht wies die Klagen wegen sachlicher Unzuständigkeit a limine zurück. Nach den mit der Klage vorgelegten Urkunden vermittelten die Schlichtrechte den Berechtigten ein Bündel von Rechten, darunter auch Bezugsrechte für "Dienstunschlitt" und "Haussalz" und eine Befreiung von gewissen öffentlichen Abgaben. Die Frage des Bestehens dieser Schichtrechte stehe mit einem eventuell daraus resultierenden Arbeitsverhältnis in keinem Zusammenhang. Darüber hinaus mangle es an der Arbeitnehmereigenschaft bzw. an Arbeitnehmerähnlichkeit der Kläger, da keiner von ihnen behauptet habe, der Beklagten die eigene Arbeitskraft konkret zur Verfügung zustellen oder von der Beklagten persönlich oder wirtschaftlich abhängig zu sein. Die Verfahren seien daher keine Arbeitsrechtssachen, sodaß - da auch kein anderes Gericht als Arbeits- und Sozialgericht zuständig seien - die Klagen zurückzuweisen seien.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofes als Arbeits- und Sozialgericht stehe schon der Umstand entgegen, daß sich das von den Klägern behauptete Arbeitsverhältnis nicht auf einen Arbeitsvertrag, sondern auf ein reallastähnliches Rechtsverhältnis gründe. Die Kläger hätten ihre Begehren nicht als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen sondern als Reallastberechtigte erhoben. Daß sie im Hinblick auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis als Arbeitnehmer der Beklagten tätig sein wollen oder daß zumindest ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliege, sei nicht behauptet worden und würde auch zum Klagevorbringen in Widerspruch stehen. Das Klagebegehren stehe auch nicht im Zusammenhang mit der Anbahnung oder den Nachwirkungen eines Arbeitsverhältnisses; es sei auch nicht auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses sondern auf Feststellung der behaupteten Reallastberechtigung gerichtet.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur hier zu lösenden Frage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Kläger mit dem Antrag, ihn abzuändern und dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs, über den gemäß § 11a Abs 3 Z 1 und 2 ASGG ein Dreiersenat (§ 7 des Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof) zu entscheiden hat, ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.
Nach dem Vorbringen der Kläger und den von ihnen dazu vorgelegten Urkunden handelt es sich bei den in Rede stehenden Schichtrechten um komplexe, im Gesetz nicht typisierte Rechtsverhältnisse, die nur aus der historischen Entwicklung verständlich und erklärbar sind. Unterstellt man für die Zuständigkeitsprüfung sämtliche daraus abgeleitete Recht und Pflichten als nach wie vor wirksam, stellen diese Rechtsverhältnisse ein Bündel verschiedenartiger Ansprüche und Verpflichtungen dar, die Elemente unterschiedlicher Vertragstypen enthalten. Es ist daher zu prüfen, ob die dem Schichtberechtigten durch das behauptete Rechtsverhältnis vermittelte Stellung insgesamt jene eines Arbeitnehmers oder einer arbeitnehmerähnlichen Person ist, weil nur unter dieser Voraussetzung Streitigkeiten zwischen den Parteien aus diesem Rechtsverhältnis iS §§ 50 Abs 1 Z 1, 51 Abs 3 ASGG Arbeitsrechtssachen sind, ohne daß es darauf ankommen kann, welchen verschiedenen Vertragstypen im in seiner Gesamtheit zu beurteilenden Rechtsverhältnis ihren Niederschlag gefunden haben. Es ist daher unzulässig, einzelne aus dem in Rede stehenden Rechtsverhältnis resultierende Ansprüche einer der in Betracht kommenden, jedoch nur in ihrer Gesamtheit zu beurteilenden Vertragstypen zuzuordnen und daraus - möglicherweise für verschiedene Ansprüche unterschiedliche - Rückschlüsse auf die gerichtliche Zuständigkeit zu ziehen (JBl 1998, 60 = RdW 1998, 635).
Zum einen vermittelt das behauptete Rechtsverhältnis den Berechtigten - wie schon vom Erstrichter hervorgehoben - Bezugsrechte (14 Pfund Unschlitt und 56 kg Salz jährlich pro Schichtrecht), und zwar - wie die vorgelegten Urkunden deutlich machen - unabhängig von der Erbringung von Arbeitsleistungen.
Zum anderen - und diesem einzig vom Feststellungsbegehren umfaßten Recht messen die Kläger offenbar die entscheidende Bedeutung zu - vermittelt ein Schichtrecht dem (bergfähigen) Berechtigten den Anspruch auf das "verdienen von 54 Arbeitstagen a 8 Stunden jährlich im Salzbergbau D***** zum jeweiligen ortsüblichen und angemessenen Stundenlohn eines Bergarbeiters". Ein Rechtsverhältnis, das nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, aber für den Fall der Arbeitsleistung eine Vergütung vorsieht, ist aber kein (die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Arbeit voraussetzendes) Arbeitsverhältnis (Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I3 42). Auch von Arbeitnehmerähnlichkeit kann in diesem Zusammenhang nicht ausgegangen werden, zumal jegliche Behauptungen darüber fehlen, daß von den Klägern tatsächlich in wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Beklagten und unter wirtschaftlicher Unterordnung für deren Zwecke Arbeit geleistet wurde oder wird (Kuderna, ASGG2 324f).
Daß den Schichtberechtigten, "von selbst die Eigenschaft eines ordentlichen Knappen", zukommt, ist rechtlich ohne Relevanz, zumal jegliche Behauptungen fehlen, daß mit dieser Eigenschaft wie immer geartete rechtliche oder tatsächliche Konsequenzen verbunden sind.
Damit bleibt nur mehr der Umstand, daß nach den Behauptungen der Beklagten die Schichtberechtigten auch verpflichtet sind, im Fall des Bedarfes über ihre Arbeitsberechtigung hinaus weitere Arbeitsleistungen zu erbringen, wobei ihnen pro Jahr mindestens 60 Arbeitstage zum Betrieb eigener Haus- und Feldwirtschaft freigelassen werden müssen. Dabei braucht hier nicht geprüft werden, ob eine derartige Verpflichtung überhaupt (noch) wirksam bestehen kann. Selbst wenn man dies unterstellt, ist diese Verpflichtung, die gar nicht Gegenstand des Feststellungsbegehrens ist, unter den hier gegebenen Umständen nicht geeignet, das aus dem Schichtrecht abgeleitete (und in seiner Gesamtheit zu beurteilende) Rechtsverhältnis iS der Annahme eines Arbeitsverhältnisses oder einer arbeitnehmerähnlichen Stellung der Kläger zu prägen. Die Kläger haben nämlich nicht behauptet, daß diese Verpflichtung zu ihren Lebzeiten zum Tragen gekommen ist oder jemals zum Tragen kommen wird. Solche Behauptungen wären aber umso mehr erforderlich, als die Kläger selbst behaupten, daß der Salzabbau im Bergbau D***** stillgelegt wurde. Auch die Kläger selbst messen dieser Verpflichtung offenkundig keine das Rechtsverhältnis prägende Bedeutung zu, zumal sie - wie ausgeführt - darauf in ihren Feststellungsbegehren nicht Bezug genommen haben.
Den Voraussetzungen ist daher beizupflichten, daß dem Vorbringen der Kläger das Vorliegen von Arbeitsverhältnissen oder von Rechtsverhältnissen, die ihnen eine arbeitnehmerähnliche Stellung verleihen, nicht zu entnehmen ist.
Auf den Umstand, daß zwei der Klagen von einer juristischen Person, nämlich der Stadtgemeinde H*****, erhoben wurden, braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.
§ 37 ASGG betreffend die unrichtige Gerichtsbesetzung kommt nicht zum Tragen, weil mangels Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes als Arbeits- und Sozialgericht zur Entscheidung über die verbundenen Verfahren im Hinblick auf deren jeweiligen Streitwert das örtlich zuständige Bezirksgericht berufen ist (§ 49 Abs 1 JN).
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
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