Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der ab 2. 4. 2002 bei der Beklagten angestellte Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 25. 6. 2009 ungerechtfertigt entlassen. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Entlassung Grund zur Annahme, dass der Kläger ohne rechtmäßigen Hinderungsgrund dem Dienst ferngeblieben war. Tatsächlich stellte sich aber für die Beklagte nachträglich heraus, dass der Kläger ab 9. 5. 2009 durchgehend arbeitsunfähig im Krankenstand war. Trifft beide Teile ein Verschulden an der Entlassung, so hat der Richter gemäß § 32 AngG nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt. Das Vorliegen eines derartigen Falls nahm das Erstgericht an und sprach dem Kläger unter Zugrundelegung eines gleichteiligen Mitverschuldens die beendigungsabhängigen Ansprüche nur zur Hälfte zu; die dagegen erhobene Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof nimmt das Vorliegen eines Anwendungsfalls des § 32 AngG unter anderem bei Fällen an, in denen ein Arbeitnehmer bei Unterlassung der Dienstleistung deshalb unbegründet entlassen wird, weil er dem Arbeitgeber einen vorhandenen Hinderungsgrund nicht mitgeteilt hat, obwohl ihm dies leicht möglich war und der Arbeitgeber in Kenntnis des Grundes aller Voraussicht nach die Entlassung nicht ausgesprochen hätte (vgl Grillberger in Löschnigg, AngG8 § 32 Rz 13 mwN; Kuras in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 32 Rz 13; Spenling in KBB³ § 1162c ABGB Rz 2, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0101991 ua). Vom Vorliegen eines derartigen Falls gingen die Vorinstanzen unter Zugrundelegung der einschlägigen Rechtsprechung und im Rahmen des von § 32 AngG eingeräumten Ermessensspielraums aus. Ausschlaggebend dafür war vor allem der Umstand, dass der Beklagten nach den vom Kläger übermittelten Krankenstandsbestätigungen unklar war, ob der Kläger ab der ersten Krankmeldung vom 8. 5. 2009 tatsächlich durchgehend im Krankenstand war. Nachdem der Kläger nach einer Reihe erfolgloser Versuche der Beklagten, ihn telefonisch oder persönlich zwecks Aufklärung des unklaren Sachverhalts zu erreichen, auf ein eingeschriebenes Schreiben der Beklagten vom 22. 6. 2009 zunächst nicht reagierte, sprach die Beklagte am 25. 6. 2009 die Entlassung des Klägers aus.
Entgegen der Annahme des Revisionswerbers hat das Berufungsgericht dem Kläger nicht entgegen § 8 Abs 8 AngG die „weitere Pflicht“ im Krankenstand auferlegt, auf Kontaktaufnahmen des Arbeitgebers zu reagieren. Ausgangspunkt war nicht der übertriebene Drang des Arbeitgebers nach Kontaktaufnahme mit seinem Arbeitnehmer im Krankenstand, ausschlaggebend waren vielmehr Unklarheiten bezüglich des Fernbleibens des Arbeitnehmers vom Dienst. Ob sich der Arbeitnehmer diesbezüglich gegenüber dem Arbeitgeber ausreichend rechtfertigt, ist grundsätzlich seine Sache. Insoweit handelt es sich bei der Rechtfertigung des Arbeitnehmers um eine bloße Obliegenheit zur Wahrung seiner eigenen Interessen (vgl dazu allgemein Rummel in Rummel, ABGB³ § 859 Rz 9; 9 ObA 46/07s ua). Wie aber bereits ausgeführt, trifft jeden Arbeitnehmer, der einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten dem Arbeitgeber trotz bestehender Möglichkeit nicht (rechtzeitig) bekannt gibt, grundsätzlich ein Mitverschulden an seiner Entlassung iSd § 32 AngG, wenn ihn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Rechtfertigungsgrundes aller Voraussicht nach nicht entlassen hätte (RIS-Justiz RS0101991 ua). Von einem derartigen Fall ging das Berufungsgericht mit vertretbarer Begründung aus.
Die Ausführungen des Revisionswerbers zur wechselseitigen Einschätzung damaliger Informationen von Seiten der Hausärztin des Klägers und der zuständigen Gebietskrankenkasse und rückwirkender Korrekturen der Krankschreibungen stellen die Vertretbarkeit der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichts nicht in Frage, sondern unterstreichen nur den Einzelfallcharakter der Mitverschuldensproblematik nach § 32 AngG (vgl 8 ObA 17/04i ua).
Zusammenfassend ist die außerordentliche Revision des Klägers mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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