OGH 9ObA21/17d

OGH9ObA21/17d25.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Hon.‑Prof. Dr. Dehn und Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Klaus Oblasser und ADir. Gabriele Svirak als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. J*****, vertreten durch Dr. Kurt Fassl, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde M*****, vertreten durch Neger/Ulm Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 13.427,60 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 1. Dezember 2016, GZ 6 Ra 57/16y‑18, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 2. Mai 2016, GZ 30 Cga 132/15p‑14, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00021.17D.0725.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.017,90 EUR (darin enthalten 169,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

2014 schrieb die Beklagte, Betreiberin einer Musikschule, die Stelle des Musikschuldirektors/der Musikschuldirektorin öffentlich aus. Eine der Bewerberinnen für diesen Posten war die Klägerin. Am 15. 10. 2014 wurde ihr telefonisch, mit Schreiben vom 15. 11. 2014 auch schriftlich mitgeteilt, dass die Stelle anderwertig vergeben werde.

Am 27. 1. 2015 brachte die Klägerin einen „Antrag auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots aufgrund der Diskriminierung wegen des Geschlechts beim Bestellungsverfahren zu dem DirektorInnenposten der Musikschule in der Stadtgemeinde M*****“ bei der Gleichbehandlungskommission beim Land Steiermark ein. Mit Gutachten vom 20. 7. 2015 stellte die Gleichbehandlungskommission fest, dass die Nichtberücksichtigung der Klägerin keine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots aufgrund einer Diskriminierung wegen des Geschlechts darstelle. Dieses Gutachten enthielt am Ende seiner Begründung auch Empfehlungen, in künftigen Auswahlverfahren die erforderlichen Qualifikationen im Vorfeld deutlicher zu kommunizieren, das Auswahlverfahren vollständig zu dokumentieren, es transparenter zu gestalten und nicht ernannte Bewerber über die Gründe der Nichtbestellung zu informieren. Das Gutachten wurde dem Klagevertreter und der Beklagten am 22. 7. 2015 zugestellt.

Mit der am 1. 12. 2015 bei Gericht eingebrachten Klage begehrt die Klägerin den Ersatz von drei Monatsbezügen einer Musikschuldirektorin in Höhe von insgesamt 9.927,60 EUR brutto sowie eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung von 3.500 EUR. Die Stelle sei einem männlichen Bewerber zugesprochen worden, der zumindest nicht besser als sie qualifiziert sei. Die Geltendmachung der Ansprüche sei fristgerecht erfolgt: Das Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission hemme die Verfallsfrist bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Dienstgeber der Gleichbehandlungskommission und der Antragstellerin mitteile, inwiefern im Gutachten enthaltene Empfehlungen umgesetzt worden seien. Ein derartiges Schreiben sei der Klägerin nie zugekommen, weshalb die Hemmung noch andauere. Darüber hinaus habe es Vergleichsverhandlungen gegeben.

Die Beklagte bestritt und brachte vor, dass – wie sich auch aus dem Gutachten der Gleichbehandlungskommission ergebe – keine Diskriminierung vorliege. Allfällige Ansprüche seien aber jedenfalls verfallen. Nach § 30 Abs 1 Stmk L‑GBG seien aus einer Diskriminierung von Bewerbern abgeleitete Ansprüche binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Die Frist beginne mit dem Ablauf des Tages, an dem dem Bewerber die Ablehnung der Bewerbung zugestellt worden sei. Dies sei bei der Klägerin am 15. 10. 2014 mündlich, am 15. 11. 2014 schriftlich erfolgt. Die Hemmung durch die Anrufung der Gleichbehandlungskommission habe mit Erhalt des Gutachtens geendet. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung sei die Frist damit verstrichen gewesen. Vergleichsgespräche seien nicht geführt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und führte aus, dass die sechsmonatige Verfallsfrist des § 30 Abs 1 Stmk L‑GBG zwar durch den Antrag der Klägerin bei der Gleichbehandlungskommission gehemmt worden sei, die Hemmung sei jedoch mit Zustellung des Gutachtens, in dem keine Verletzung festgestellt worden sei, wieder weggefallen. Zwar sei eine Mitteilung nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG an die Klägerin unterblieben. Eine solche Mitteilung sei aber nur bei einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots und entsprechenden Vorschlägen der Kommission an den Dienstgeber zur Verwirklichung der Gleichbehandlung bzw Beseitigung der Diskriminierung vorgesehen. Für den Fall, dass keine Diskriminierung festgestellt werde, enthalte das Gesetz keine Regelung über den Wegfall der Hemmung. Der Klägerin habe jedoch mit Zustellung des Gutachtens klar sein müssen, dass von der Beklagten keine sie betreffenden Maßnahmen gesetzt werden würden. Daher könne nur diese Zustellung als das die Fristhemmung beendende Ereignis angesehen werden.

Unabhängig davon, ob man die Hemmung als Ablauf‑ oder Fortlaufhemmung ansehe, sei die Verfallsfrist bei Klagseinbringung daher jedenfalls abgelaufen gewesen. Vergleichsgespräche hätten nicht festgestellt werden können.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die Mitteilungsverpflichtung nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG bestehe nur dann, wenn die Kommission die Auffassung vertrete, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots vorliege. Nur in diesem Fall seien konkret auf den Vorfall bezogene Vorschläge oder Maßnahmen zur möglichen Beseitigung einer Diskriminierung ohne gerichtliches Verfahren erforderlich. Die vorliegenden Empfehlungen der Gleichbehandlungskommission hätten sich daher nur auf zukünftige Auswahlverfahren bezogen, nicht auf den Fall der Klägerin. Ein ausdrückliches Ende der Hemmung in den Fällen, in denen keine Mitteilungsverpflichtung bestehe, sei im Gesetz nicht normiert. Es liege daher eine Gesetzeslücke vor, die durch Analogie geschlossen werden könne. Grundsätzlich bestünde eine Hemmung von Fristen aufgrund der Führung eines Verfahrens für die Dauer des Verfahrens. Nur in Ausnahmefällen, wenn noch weitere Schritte vorgenommen werden sollen, lasse sich eine Fristenhemmung über die Beendigung des Verfahrens hinaus begründen. Im vorliegenden Verfall sei daher davon auszugehen, dass mit der Zustellung der Entscheidung die Hemmung der Klagsfrist ende. Zum Zeitpunkt der Klagseinbringung seien die Ansprüche der Klägerin daher verfallen gewesen.

Die Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, da keine Rechtsprechung zur Auslegung des § 30 Abs 7 Stmk L‑GBG bestehe und dieser Frage über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben, mit Zwischenurteil auszusprechen, dass das Klagebegehren nicht verfristet sei und das Verfahren zur weiteren Verhandlung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin macht geltend, dass in Bezug auf das Ende der Hemmung keine Regelungslücke bestehe, vielmehr ende immer dann, wenn das Gutachten der Gleichbehandlungskommission Vorschläge oder Maßnahmen enthalte, die Fristenhemmung erst mit der Mitteilung nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG. Für die Annahme des Endes der Fristenhemmung schon mit Zustellung eines negativen Gutachtens bestehe keine gesetzliche Grundlage.

1. Nach § 30 Abs 1 Z 1 und 2 Stmk L‑GBG sind Ansprüche von Bewerberinnen/Bewerbern aus der Nichtbegründung eines Dienst‑ oder Ausbildungsverhältnisses wegen einer vom Dienstgeber zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebots binnen sechs Monaten ab der Ablehnung der Bewerbung gerichtlich geltend zu machen.

Weiters heißt es im Gesetz:

§ 30 Abs 7: „ Die Einbringung eines Antrags auf Prüfung der Verletzung der Diskriminierungsverbote bei der Gleichbehandlungskommission bewirkt eine Hemmung der Fristen nach Abs 1, 3 und 4. Die Hemmung der Fristen endet mit der Mitteilung gemäß § 38 Abs 9 an die Antragstellerin/den Antragsteller.“

§ 38 Stmk L‑GBG lautet:

„Gutachten der Gleichbehandlungskommission

1) Die Kommission hat auf schriftlichen Antrag einer der in Abs 2 genannten Personen oder aus eigenem Entschluss ein Gutachten zu erstellen, ob eine Verletzung des

1. Gleichbehandlungsgebots gemäß §§ 5, 7, 8 und 10 bis 13 oder

2. Frauenförderungsgebots gemäß §§ 14–17

vorliegt.

(…)

8) Vertritt die Kommission die Auffassung, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes oder des Frauenförderungsgebotes vorliegt, so hat sie

1. dem Dienstgeber/der Dienstgeberin schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und

2. den Dienstgeber/die Dienstgeberin aufzufordern,

a) die Diskriminierung zu beenden und

b) die/den für die Verletzung des Gebotes verantwortlichen Bedienstete/verantwortlichen Bediensteten nach den dienst‑ oder disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen.

9) Der Dienstgeber/die Dienstgeberin hat der Kommission und der Antragstellerin/dem Antragsteller innerhalb von acht Wochen mitzuteilen, ob die im Gutachten enthaltenen Vorschläge und geforderten Maßnahmen verwirklicht wurden.

10) Kommt der Dienstgeber/die Dienstgeberin diesen Vorschlägen nicht innerhalb der acht Wochen gemäß Abs 9 nach, ist dieser Umstand in den der Landesregierung vorzulegenden Bericht über die Tätigkeit der Kommission gemäß § 42 Abs 1 Z 8 aufzunehmen.“

2. § 6 ABGB bestimmt, dass einem Gesetz in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden darf, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet. Am Anfang jeder Gesetzesauslegung steht daher die wörtliche (sprachliche, grammatikalische) Auslegung, der nach ständiger Rechtsprechung große Bedeutung zukommt (9 ObA 53/11a ua). Die Gesetzesauslegung darf aber nicht bei der Wortinterpretation stehen bleiben (RIS‑Justiz RS0008788).

Bleibt nach Wortinterpretation und logischer Auslegung die Ausdrucksweise des Gesetzes dennoch zweifelhaft, dann ist die Absicht des Gesetzgebers zu erforschen (RIS‑Justiz RS0008836) und der Sinn einer Bestimmung unter Bedachtnahme auf den Zweck der Regelung zu erfassen (objektiv‑teleologische Interpretation; 5 Ob 126/13k).

Aus dem Wortlaut des § 38 Abs 8 Stmk L‑GBG ergibt sich eindeutig, wie bereits die Vorinstanzen ausgeführt haben, dass Vorschläge bzw das Einfordern von Maßnahmen zur Beendung der Diskriminierung und die Aufforderung zu disziplinärem Vorgehen gegen verantwortliche Mitarbeiter von der Gleichbehandlungskommission nur dann in das Gutachten aufzunehmen sind, wenn eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots oder des Frauenförderungsgebots vorliegt.

Wenn der unmittelbar anschließende § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG eine Mitteilungspflicht des Dienstgebers vorsieht, ob die im Gutachten enthaltenen Vorschläge und geforderten Maßnahmen verwirklicht wurden, ergibt schon eine systematische Interpretation, dass damit nur die in Abs 8 genannten Vorschläge und Maßnahmen gemeint sind. Dass in Abs 9 der Plural „Vorschläge“, in Abs 8 Z 1 der Singular „Vorschlag“ verwendet wird, ist entgegen der Revision keine Grundlage für eine differenzierende Betrachtungsweise. Tatsächlich ist auch vom Zweck der Bestimmung nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber nur für den Fall der Feststellung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots oder des Frauenförderungsgebots an die Notwendigkeit von Vorschlägen und Maßnahmen gedacht hat. § 38 Abs 8 Stmk L‑GBG zeigt in seiner Formulierung, dass es sich um Vorschläge und Maßnahmen im Zusammenhang mit der konkreten Verletzung des Gleichbehandlungsgebots oder des Frauenförderungsgebots handelt, nicht solche allgemeiner Art („zur Verwirklichung der Gleichbehandlung“, „die Diskriminierung zu beenden“, „die verantwortlichen Bediensteten zu verfolgen“).

Für den Fall, dass keine Verletzung festgestellt wird, sieht das Gesetz derartige Vorschläge und Maßnahmen dagegen nicht vor, dementsprechend bestand auch keine Veranlassung zur Normierung einer Mitteilungspflicht des Dienstgebers/der Dienstgeberin an die Kommission und den Antragsteller/die Antragstellerin. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Gleichbehandlungskommission wie im vorliegenden Fall trotz Nichtfeststellung einer Diskriminierung Empfehlungen allgemeiner Art in das Gutachten aufnimmt. An eine derartige – im Gesetz nicht vorgesehene – Empfehlung ist weder eine Mitteilungspflicht nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG noch eine Vorgangsweise nach § 38 Abs 10 Stmk L‑GBG geknüpft.

3. § 30 Abs 7 Stmk L‑GBG knüpft den Beginn der Fristhemmung für die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Stmk L‑GBG an die Einbringung des Antrags bei der Gleichbehandlungskommission an. Für das Fristende nennt das Gesetz nur die Mitteilung nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG. Würde man die von der Klägerin vertretene Ansicht teilen, dass diese Regelung abschließend gemeint war, hätte dies zur Folge, dass bei der Feststellung von Diskriminierungen mit anschließender Mitteilung nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG mit Zustellung dieser Mitteilung die Hemmung wegfällt, endet. Bei einer Nichtfeststellung einer Diskriminierung ohne dass das Gutachten Empfehlungen oder Vorschläge enthält, eine Mitteilung nach § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG daher überhaupt nicht möglich ist, könnten dagegen behauptete Ansprüche unbefristet geltend gemacht werden. Damit wären Personen, bei denen eine Diskriminierung festgestellt wurde, aber schlechter gestellt, als solche, bei denen das Gutachten keine Diskriminierung annimmt. Von einer solchen Auslegung ist nicht auszugehen.

Dem Landesgesetzgeber kann auch nicht unterstellt werden, dass er für das Ende der Fristenhemmung nach Anrufung der Gleichbehandlungskommission ausschließlich ein Ereignis ansieht, dass notwendigerweise nur bei einem Teil dieser Fälle eintreten kann. Vielmehr ist offenkundig, dass das Gesetz nur die Fälle des § 38 Abs 8 Stmk L‑GBG, in denen also eine Diskriminierung festgestellt wurde und die Kommission daher Vorschläge oder Maßnahmen in das Gutachten aufgenommen hat, regelt, im Übrigen für den Wegfall der Fristenhemmung eine planwidrige Lücke vorliegt, die durch Analogie zu schließen ist.

Geht man vom Zweck der Regelung aus, entspricht es offenbar der Absicht des Gesetzgebers, für den Zeitraum, in dem die Antragstellerin/der Antragsteller durch das Verfahren bei der Gleichbehandlungskommission damit rechnen kann, auf andere Art als durch ein gerichtliches Verfahren Abhilfe bei einer Diskriminierung zu erreichen, nicht gezwungen sein soll, zur Wahrung ihrer/seiner Ansprüche parallel dazu Klage zu führen. Dem entspricht in vergleichbaren Fällen eine Hemmung für die Dauer des Verfahrens, dessen Einleitung die Hemmung bewirkt (vgl § 20 Abs 6 B‑GlBG; § 15 Abs 3 GlBG mit einer ausdrücklich normierten, aber generell anzunehmenden angemessenen Frist für die Einbringung der Klage nach Wegfall der Hemmung).

Dieser Grundgedanke steht auch in Einklang mit § 30 Abs 7 zweiter Satz Stmk L‑GBG. Dadurch, dass eine Verletzung von der Gleichbehandlungskommission festgestellt wird und konkrete Vorschläge zur Verwirklichung der Gleichbehandlung gemacht werden, die grundsätzlich vom Dienstgeber umzusetzen sind, kann der Antragsteller trotz Beendigung des Verfahrens der Gleichbehandlungs-kommission noch davon ausgehen oder zumindest darauf hoffen, dass der Diskriminierung ohne Klagsführung abgeholfen wird. Es erscheint daher sachlich nachvollziehbar, den Wegfall der Hemmung in diesem Fall erst mit der Mitteilung gemäß § 38 Abs 9 Stmk L‑GBG anzusetzen.

In allen übrigen Fällen besteht kein sachlicher Grund, eine Hemmung der Frist über das Verfahren bei der Gleichbehandlungskommission hinaus anzunehmen. Wie schon von den Vorinstanzen ausgeführt, ist daher die vorhandene Regelungslücke dahingehend zu schließen, dass im vorliegenden Fall die Hemmung der Frist mit Beendigung des Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission durch Zustellung des eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots verneinenden Gutachtens an die Antragstellerin endet.

Von diesem Datum, 22. 7. 2015, ausgehend, unter Berücksichtigung des bereits vor Einbringung des Antrags abgelaufenen Teils der sechsmonatigen Frist, war aber unabhängig davon, ob man die Fristenhemmung als Ablaufs‑ oder Fortlaufshemmung ansieht, bei Klagseinbringung am 1. 12. 2015 die Frist bereits abgelaufen.

4. Soweit die Klägerin abschließend darauf verweist, dass die Unterschiedlichkeit der im Gesetz enthaltenen Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Diskriminierungen gleichheitswidrig und damit verfassungswidrig ist, unterlässt sie es, darzulegen, worin die Gleichwertigkeit der Sachverhalte, die Unterschiede im Tatsächlichen aufweisen, besteht, aus denen sich eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers ableiten ließe.

Der Gleichheitsgrundsatz setzt dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. Der Gesetzgeber ist durch den Gleichheitsgrundsatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Nur unterschiedliche Regelungen, die nicht in entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen eine Grundlage haben, sind gleichheitswidrig. Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art zu verfolgen. Ob eine Regelung zweckmäßig ist oder ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichung beschritten wird, sind Fragen die nicht unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebots zu beurteilen sind. Es können auch mehrere, inhaltlich voneinander abweichende Bestimmungen gleichheitsgemäß sein. Ein Gesetz ist auch nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird (VfGH G 154/93, G 171/94 mwN).

Grundsätzlich kennt die österreichische Rechtsordnung vielfältig gestaltete Fristen von unterschiedlicher Dauer für die Geltendmachung von Ansprüchen. Dabei gilt, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadenersatzrechten nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie es praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, eine Entschädigung zu erlangen. Gerade das Arbeitsrecht enthält verschiedene Verjährungsfristen, die die Frist des § 1489 ABGB unterschreiten (§ 1162d ABGB, § 34 AngG ua). Auch im Zusammenhang mit Verfallsklauseln in Kollektivverträgen werden auch kürzere Fristen als sechs Monate regelmäßig als ausreichend bewertet (RIS‑Justiz RS0034533; RS0016688).

Dass der Landesgesetzgeber sowie der Bundesgesetzgeber im Gleichbehandlungsgesetz bzw im Bundesgleichbehandlungsgesetz gerade im Zusammenhang mit der Begründung und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen und damit in einem besonders sensiblen Bereich, in dem für beide Parteien eine Rechtssicherheit hinsichtlich der geschaffenen Situation aber auch über allenfalls anstehender Streitpunkt von besonderer Bedeutung ist, kürzere Verfallsfristen vorsehen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der insgesamt unbegründeten Revision der Klägerin war daher nicht Folge zu geben.

5. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO.

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