OGH 9ObA18/99h

OGH9ObA18/99h5.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Fritz Miklau und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Herbert V*****, Gemeindebediensteter, *****, vertreten durch Dr. Andreas Brandtner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Stadt Feldkirch, Schmiedgasse 1, 6800 Feldkirch, vertreten durch Dr. Rainer Santner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Feststellung (Streitwert S 200.000,-- sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 1998, GZ 13 Ra 47/98d-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. Juni 1998, GZ 33 Cga 21/98i-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 9.900,-- (darin enthalten S 1.650,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Entlassung des Klägers berechtigt war, zutreffend bejaht. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Ein Gemeindeangestellter hat gemäß § 37 Abs 2 iVm § 123 Vorarlberger Gemeindebedienstetengesetz-GBedG, LGBl Nr 49/1988, im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben müßte. Somit kommt für den hier relevanten Fall der Entlassung eines Gemeindeangestellten wegen einer ihm vorwerfbaren Handlung oder Unterlassung, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt (§ 131 Abs 1 lit b Vbg.GBedG), schon kraft gesetzlicher Anordnung auch ein außerdienstliches Verhalten des Gemeindeangestellten als Ursache der Vertrauensunwürdigkeit in Betracht. Davon abgesehen entspricht es aber schon allgemein der herrschenden Auffassung, daß der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit auch auf Handlungen des Angestellten beruhen kann, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz, AngG7 611 f; Kuderna, Entlassungsrecht2 87; Dusak in RdW 1988, 355 f; Arb 6.511, 7.413, 9.091, 10.212; ÖJZ 1987/288A [VwGH A]; RdW 1996, 539; RdW 1998, 31; RdW 1998, 475; EvBl 1999/5 ua). Selbst wenn man an außerdienstliches Verhalten keinen so strengen Maßstab anlegt, wie an das Verhalten im Dienst, muß den Vorinstanzen darin beigepflichtet werden, daß die zur Entlassung führenden Straftaten des Klägers (I. Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 erster Fall StGB, Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB, Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 erster Fall StGB in mehreren Angriffen zum Nachteil der leiblichen Tochter und der Adoptivtochter in den Jahren 1982 bis 1986 [bzw 1985]; II. Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 3 StGB, 1. im Zeitraum 1988 bis 1995 in zahlreichen Angriffen gegen seine Ehegattin und seine Schwiegermutter, 2. im Jahr 1994 gegen seine leibliche Tochter, 3. im Jahre 1989 oder 1990 gegen seine Adoptivtochter; III. Verbrechen der schweren Nötigung gegen seine leibliche Tochter), deretwegen der Kläger strafgerichtlich verurteilt wurde, zurecht das Vertrauen der Dienstgeberin so schwer erschüttern konnte, daß ihr die Fortsetzung des Dienstverhältnisses

mit dem Kläger unzumutbar wurde (Arb 11.463; 9 ObA 124/93 = infas

1994, A 27; 9 ObA 296/92 = ARD 4.506/18/93; ZfVB 1983/5/2111; Arb

6.260 ua). Dazu kommt, daß durch das mit der über den Kläger verhängten Untersuchungshaft und die Zeitungsberichterstattung verbundene Aufsehen die Beklagte trotz langjähriger unbeanstandeter Tätigkeit des Klägers im Dienst durchaus zu Recht vom Standpunkt vernünftigen, dienstlichen Ermessens auch in objektiver Hinsicht eine wesentliche Gefährdung ihrer betrieblichen (öffentlich-rechtlichen) Interessen befürchten durfte (infas 1994, A 27).

Die Entlassung erfolgte auch nicht verspätet. Die Entlassung eines Arbeitnehmers kann in der Regel nicht auf bloße Verdachtsmomente gestützt werden (RIS-Justiz RS0028842); die Organe der Beklagten durften daher den rechtskräftigen Ausgang des Strafverfahrens gegen den Kläger abwarten (RIS-Justiz RS0029297, RS0031361). Die Suspendierung des Klägers bis zur Klärung der tatsächlichen oder rechtlichen Lage hatte ohnehin zur Folge, daß er aus dem Zeitablauf allein nicht mehr auf einen Verzicht der beklagten Partei auf die Ausübung des Entlassungsrechtes schließen konnte (RdW 1996, 538; Arb 11.378).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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