OGH 9ObA137/13g

OGH9ObA137/13g29.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Johann Schneller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** S*****, vertreten durch Hirtzberger Sacha Katzensteiner Rechtsanwälte GmbH in Krems, gegen die beklagte Partei *****-Pensionskasse AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas Grassl Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen 455,47 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 29. Juli 2013, GZ 10 Ra 114/12a‑22, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 9. Juli 2012, GZ 8 Cga 8/12i‑16, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00137.13G.0129.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 225,07 EUR (darin 37,51 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war von 18. 3. 1985 bis 31. 1. 2008 bei der K***** C***** Aktiengesellschaft bzw deren Rechtsvorgängern (idF: Arbeitgeberin) beschäftigt. Diese hatte sich verpflichtet, Arbeitnehmern nach Pensionsantritt Direktzahlungen zu leisten. Am 27. 3. 1996 schloss sie mit dem Betriebsausschuss des Unternehmens eine Betriebsvereinbarung über den Beitritt zu einer Pensionskasse ab, die auszugsweise lautet:

II. Versorgungsleistungen ...

3. Höhe und Dauer

Grundsätzlich kommt ein beitragsorientiertes Modell (A) zur Anwendung. Als Übergangsregelung wird für Arbeitnehmer, die zum Stichtag des Inkrafttretens des Pensionskassenmodelles (01. 01. 1995) 15 oder weniger Jahre von der Erreichung der Altersgrenze für die gesetzliche Frühpension entfernt sind, anstelle dessen ein leistungsorientiertes Modell (B) wahlweise angeboten. Auch jüngeren Arbeitnehmern steht es frei, die Einbeziehung in Modell B statt in Modell A zu verlangen. Für Arbeitnehmer, die am 01. 01. 1996 in den persönlichen Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung aufgenommen werden, gilt ausschließlich Modell A.

A. Beitragsorientiertes Modell:

a. Alterspension und Invaliditätspension:

Die Höhe der Alterspension/Invaliditätspension ergibt sich aus der Verrentung des Guthabens des Pensionskontos des Arbeitnehmers gemäß dem genehmigten Geschäftsplan der Pensionskasse zum Zeitpunkt des Anfalls der Alterspension/Invaliditätspension.

B. Übergangsregelung:

Arbeitnehmer, die von der Übergangsregelung erfasst sind, haben die Möglichkeit, zwischen dem im Folgenden iVm Abschnitt III.1.B. beschriebenen Modell und dem beitragsorientierten Modell zu wählen. …

B.a. Alterspension/Invaliditätspension:

Die Höhe der Alterspension/Invaliditätspension beträgt ATS 1.000,-. Wird die Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung nicht verlängert, so gilt III. 3. letzter Satz sinngemäß.

Die weiteren Bestimmungen gelten für A. und B.:

d. Valorisierung:

Die Versorgungsleistungen erhöhen sich jährlich zum 01. 01. entsprechend der Differenz zwischen dem Rechnungszins und dem erzielten Überschuss der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft im vorangegangenen Geschäftsjahr, sofern die gesetzlich vorgegebene Dotierung der Schwankungsrückstellung nicht einen davon abweichenden Valorisierungssatz notwendig macht.

...

III. Beiträge des Arbeitgebers

1. Höhe und Zahlungsweise:

A. Beitragsorientiertes Modell:

a. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, zur Finanzierung der Versorgungsleistungen gemäß Abschnitt II. jährliche Beiträge in folgender Höhe an die Pensionskasse zu entrichten:

1 % vom Jahresgrundgehalt, soweit dieses einen Betrag in Höhe von ATS 37.800,- nicht übersteigt, mindestens jedoch ATS 5.000,- zzgl 10 % von jenem Teil des Jahresgrundbezuges, der den Betrag von ATS 37.800,- übersteigt.

b. Die in lit a angeführten Beträge (ATS 5.000,- ATS 37.800,-) werden kalenderjährlich im Ausmaß der Steigerung des allgemeinen Verbraucherpreisindexes (VPI Oktober des Vorjahres, Basis 1996 = 100) angehoben.

B. Übergangsregelung:

a. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, Beiträge in jener Höhe an die Pensionskasse zu leisten, welche erforderlich sind, um die Leistungen gemäß III. B. a. zu finanzieren.

...

2. Widerruf …

3. Aussetzen und Einschränken

Der Arbeitgeber kann gemäß § 6 Abs 6 BPG die laufenden Beitragsleistungen zeitlich befristet aussetzen oder der Höhe nach einschränken, wenn zwingende wirtschaftliche Gründe vorliegen.

Die zugesagten Leistungen gemäß Modell B sind in diesen Fällen entsprechend dem Geschäftsplan nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anzupassen.“

Die einen integrierenden Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung bildende Liste im Anhang enthält folgenden Text:

„Laut der Betriebsvereinbarung über den Beitritt zur '***** Pensionskassen AG' kommen zwei verschiedene Pensionskassenmodelle (A, B) zur Anwendung.

Modell A: Beitragsorientiertes Modell; das heißt, die Beiträge werden als Prozentsatz vom Bezug definiert, die Leistungen ergeben sich aus der Verrentung des angesparten Kapitals (Höhe der Beiträge gemäß Abschnitt III. A., Höhe der Leistungen gemäß Abschnitt II. A. der Betriebsvereinbarung);

Modell B: Leistungsorientiertes Modell; das heißt, die Alterspensionen sind betragsmäßig festgesetzt, die Höhe der Beiträge wird von der Pensionskasse vorgeschrieben (Höhe der Leistungen gemäß Abschnitt II. B., Höhe der Beiträge gemäß Abschnitt III. B. der Betriebsvereinbarung);

…“

Der Kläger trug sich in die angeschlossene Liste ein und wählte das Modell B („Übergangsregelung“).

Am 18. 7. 1996 schloss die Arbeitgeberin mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen von dieser in Umsetzung der Betriebsvereinbarung ausgearbeiteten Pensionskassenvertrag ab, der auszugsweise lautet:

„… II. Versorgungsleistungen:

§ 4 Arten der Versorgungsleistungen; Allgemeines:

(1) Aufgrund der nach diesem Vertrag und der Betriebsvereinbarung/der VVM erworbenen Anwartschaften gebühren folgende Arten der Versorgungsleistungen:

1.) den LB: 2) den HB:

a) Alterspension a) Witwen/Witwerpension

b) Invaliditätspension b) Waisenpension

(4) Valorisierung: Die Leistungen werden jährlich zum 01. 01. entsprechend der Differenz zwischen dem Rechnungszins (derzeit 3,5 %) und dem erzielten rechnungsmäßigen Überschuss der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft im vorangegangenen Geschäftsjahr valorisiert, sofern die gesetzlich vorgeschriebene Dotierung der Schwankungsrückstellung nicht einen davon abweichenden Valorisierungssatz notwendig macht.

§ 6 Höhe und Dauer der Versorgungsleistungen:

(1) Alterspension und Invaliditätspension:

1.1. Modell A (…).

Die Höhe der Alterspension und der Invaliditätspension ergibt sich aus der Verrentung des Guthabens des Pensionskontos zum Zeitpunkt des Leistungsanfalls entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse (finanzmathematisch, Rechnungszins 3,5 %).

1.2. Modell B (…).

Die Höhe der aus Beiträgen der Gesellschaft finanzierten Alterspension und der Invaliditätspension beträgt ATS 1.000,- p. m.

Wird die Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung/VVM nicht verlängert, gilt § 23 (1) letzter Satz sinngemäß.

Die Höhe der aus Beiträgen der Anwartschaftswerber finanzierten Leistungen (Alterspension und Invaliditätspension) ergibt sich aus der Verrentung des Guthabens des Pensionskontos zum Zeitpunkt des Leistungsanfalls entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse.

§ 10 Beiträge der Gesellschaft:

(1) Laufender Beitrag:

1. Die Gesellschaft verpflichtet sich zur Finanzierung der Versorgungsleistungen über die weitere Dauer des Dienstverhältnisses, maximal für die Gültigkeitsdauer der Betriebsvereinbarung/der VVM, Beiträge in der folgenden Höhe an die Pensionskasse zu entrichten:

1.2. Modell B:

Die Beitragsleistung erfolgt in jenem Ausmaß, das erforderlich ist, um die Alters-/Invaliditätspension gemäß § 6 (1) 1.2. bzw. daraus resultierende Hinterbliebenenpensionen zu finanzieren.

VII. Einseitige Beendigung / Reduktion der Beitragsleistung während des aufrechten Dienstverhältnisses

§ 22 Widerruf der Beiträge der Gesellschaft

§ 23 Aussetzung und Einschränkung durch die Gesellschaft

(1) Die Gesellschaft kann die laufenden Beitragsleistungen zeitlich befristet zur Gänze aussetzen oder der Höhe nach einschränken, sofern zwingende wirtschaftliche Gründe vorliegen. Die zugesagten Leistungen sind in diesem Fall entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anzupassen.

(7) Die Zusage der Leistungen gemäß Modell B ist in diesen Fällen entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse nach versicherungsmathematischen Grundsätzen anzupassen.“

Wegen der Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz setzte die Arbeitgeberin des Klägers jeweils in Übereinkunft mit dem Betriebsrat die Leistungen der laufenden Pensionskassenbeiträge für alle Beschäftigten vom 1. 1. 2009 bis 31. 12. 2009, vom 1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010, 1. 1. 2011 bis 31. 10. 2011 und vom 1. 11. 2011 bis 31. 12. 2012 aus. Die Leistung von Nachschüssen hinsichtlich der Pensionsleistungen bereits ausgeschiedener Mitarbeiter wie dem Kläger wurde zwischen seiner Arbeitgeberin, dem Betriebsrat und der Beklagten nicht thematisiert.

Nach seinem Pensionsantritt zahlte die Beklagte dem Kläger zunächst im Jahr 2008 eine Pensionsleistung von monatlich 72,67 EUR (entspricht 1.000 ATS) zuzüglich zweier Sonderzahlungen in selber Höhe aus. Ab dem Jahr 2009 zahlte sie ihm eine Pensionsleistung in der Höhe aus, die sich versicherungsmathematisch aufgrund der „Verrentung“ (des Veranlagungserfolgs) der für den Kläger von seiner Arbeitgeberin bis zu seinem Pensionsantritt geleisteten Beiträge ergab. Die an den Kläger 14 mal jährlich ausbezahlten Pensionsleistungen der Beklagten betrugen auf dieser Grundlage im Jahr 2009 62,22 EUR, im Jahr 2010 63,46 EUR, im Jahr 2011 64,73 EUR und im Jahr 2012 61,31 EUR brutto.

Der Kläger begehrte von der Beklagten zuletzt die Zahlung von 455,47 EUR sA. Ihm stünde nach den getroffenen Vereinbarungen gegenüber der Beklagten eine monatliche Leistung in einer Mindesthöhe von 72,67 EUR brutto zu. Sowohl im Pensionskassenvertrag als auch in der Betriebsvereinbarung sei nur eine Valorisierung, nicht aber ein Herabsinken unter den Mindestbetrag vorgesehen. Im Falle der Unterfinanzierung müsse die Beklagte von seiner ehemaligen Arbeitgeberin Nachschüsse verlangen. Sie könne sich auch nicht darauf berufen, dass seine ehemalige Arbeitgeberin die Leistung von Beiträgen zur Pensionskasse ausgesetzt habe, weil sich die Aussetzung der Beiträge im Pensionskassenvertrag und in der Betriebsvereinbarung nur auf zukünftige Anwartschaften beziehe. Es ergebe sich eine Differenz zwischen den geleisteten Betriebspensionszahlungen und seinem Anspruch in Höhe des Klagsbetrags.

Die Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, bestritt es aber dem Grunde nach und beantragte Klagsabweisung. Bei dem vom Kläger gewählten Betriebspensionsmodell handle es sich um ein Mischmodell, bei dem einer leistungsorientierten Anwartschaftsphase eine beitragsorientierte Auszahlungsphase folge. Dabei leiste der Dienstgeber lediglich bis zum Pensionsantrittszeitpunkt des Dienstnehmers Pensionskassenbeiträge in der Höhe, die erforderlich sei, um das für die Leistung der zugesagten Rente zum Pensionsantritt notwendige Deckungskapital zu gewährleisten. Nach Übertritt in den Ruhestand wandle sich mangels Nachschussverpflichtung des Dienstgebers in der Leistungsphase die Pensionszusage in eine beitragsorientierte Zusage um. Ab diesem Zeitpunkt werde das jeweils vorhandene Deckungskapital gemäß dem Geschäftsplan jährlich zum 31. 12. neu verrentet. Der Leistungsberechtigte trage dann sämtliche Risiken aus der Pensionszusage, insbesondere das Veranlagungsrisiko und das technische Risiko, habe aber auch die Chance, bei einem besonders positiven Verlauf mehr Pension als ursprünglich zugesagt zu erhalten. Die Beklagte habe auf den Inhalt der Betriebsvereinbarung keinen Einfluss gehabt, sondern lediglich die erforderlichen Berechnungen angestellt. Gemäß § 10 des Pensionskassenvertrags sei die Arbeitgeberin lediglich verpflichtet gewesen, laufende Beiträge zu entrichten. In rein leistungsorientierten Modellen wäre über die Regelung des laufenden Beitrags hinaus eine Bestimmung über eine Nachschusspflicht des ehemaligen Arbeitgebers für die ausgeschiedenen Mitarbeiter aufgenommen worden. Das sei hier nicht der Fall gewesen. Aus § 6 des Pensionskassenvertrages ergebe sich, dass eine Wertanpassung der Leistungen stattzufinden habe. In Modellen, in denen die Leistungsorientierung auch in der Auszahlungsphase vereinbart worden wäre, hätte man eine Bindung der Wertsicherung nicht an den rechnungsmäßigen Überschuss, sondern an andere fixe Parameter (Verbraucherpreisindex oder kollektivvertragliche Lohnerhöhungen) festgeschrieben. Bei leistungsorientierten Modellen hätte man auch festgehalten, dass eine allfällige Überfinanzierung an den Arbeitgeber zurückfließe bzw mit anderen laufenden Beiträgen gegengerechnet würde. Auch eine solche Bestimmung fehle.

Ungeachtet dessen habe die Arbeitgeberin erstmals mit Wirksamkeit zum 1. 1. 2009 bis 31. 12. 2012 die laufenden Beitragszahlungen auf das Pensionskassenmodell ausgesetzt. Für den Fall, dass eine Nachschusspflicht bestehen sollte, könne die Beklagte daher derartige Nachschüsse bis auf weiteres nicht fordern. Vielmehr sei sie nach Gesetz und behördlich genehmigtem Geschäftsplan verpflichtet, Anwartschaften und Ansprüche als beitragsfrei zu führen, was die beitragsorientierte Fortführung sämtlicher Pensionszusagen, also auch solcher, die in der Auszahlungsphase bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung leistungsorientiert zu führen wären, bedinge.

Das Erstgericht ging von einer leistungsorientierten Zusage aus und gab dem Klagebegehren statt. Für eine betragsmäßig bestimmte Leistung spreche der klare Wortlaut des § 6 des Pensionskassenvertrags, der zum Modell B die Höhe der Leistung mit 1.000 ATS p.m. festgelegt habe. Demgegenüber sei zum Modell A ausdrücklich festgehalten worden, dass sich die Höhe aus der Verrentung der Beiträge ergebe. Für ein Mischmodell finde sich im Text kein Hinweis. Da sich die Vertragsparteien nicht nur in der Präambel, sondern auch in § 6 zur Definition der einzelnen Modelle ausdrücklich auf die Betriebsvereinbarung bezogen hätten, sei sie bei Auslegung unklarer Bestimmungen des Pensionskassenvertrags heranzuziehen. In der Betriebsvereinbarung werde das Modell B aber ausdrücklich als leistungsorientiert bezeichnet. Sinn und Zweck der Schaffung zweier verschiedener Modelle sollte sein, den älteren Arbeitnehmern eine bestimmte Pensionshöhe unabhängig vom Veranlagungserfolg der Pensionskassen zu garantieren. Nur unter diesem Gesichtspunkt mache die Differenzierung der Leistungszusagen auch Sinn. § 4 Abs 4 des Pensionskassenvertrags sei daher insoweit einschränkend auszulegen, als daraus jedenfalls keine Berechtigung zur Verringerung der Leistungen unter den zu Modell B definierten Betrag abzuleiten sei. Für ein leistungsorientiertes Modell spreche auch § 10 des Pensionskassenvertrags, wonach die Leistung zu Modell B in jenem Ausmaß zu erfolgen habe, das zur Finanzierung der Alters-/Invaliditätspension gemäß § 6 (1) 1.2. erforderlich sei. Daraus resultiere auch für die Leistungsphase eine Nachschusspflicht. Dass die Arbeitgeberin des Klägers die Beitragszahlungen auf das Pensionskassenmodell gemäß § 6 BPG eingestellt habe, sei darauf ohne Einfluss, weil sich diese Bestimmung ‑ ebenso wie auch der Pensionskassenvertrag und die Betriebsvereinbarung -ausdrücklich nur auf die Einstellung laufender Beitragsleistungen beziehe. Wie auch aus § 23 Abs 7 des Pensionskassenvertrags hervorgehe, sei ein Eingriff in bereits bestehende Leistungsansprüche oder ein Recht zur Verweigerung entsprechender Nachzahlungen nicht vorgesehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten unter Verweis auf die Rechtsansicht des Erstgerichts keine Folge. Für ein Mischmodell spreche lediglich das Fehlen einer ausdrücklichen Nachschusspflicht der Arbeitgeberin. Beim Passus in § 10 Abs 1 des Pensionskassenvertrags, wonach sich die Gesellschaft zur Finanzierung der Versorgungsleistungen zur Beitragsentrichtung an die Pensionskasse für die weitere Dauer des Dienstverhältnisses, maximal aber für die Gültigkeitsdauer der Betriebsvereinbarung verpflichte, liege offensichtlich eine Vermischung von Vertragsmustern vor. Auch die objektiv-teleologische Interpretation ergebe, dass die Dienstgeberin ihre verhältnismäßig kurz vor dem Pensionsantritt stehenden ArbeitnehmerInnen nicht dem Veranlagungsrisiko des Modells A aussetzen, sondern ihnen mit dem Modell B die Möglichkeit des Bezugs einer fixen Pensionsleistung von monatlich 1.000 ATS habe bieten wollen. Dass die Auszahlungsphase beitragsorientiert gestaltet sein sollte, ergebe sich nach dieser Zielsetzung auch nicht aus der Valorisierungsregel des § 4 Abs 4 des Pensionskassenvertrags. Einer Auslegung des § 6 BPG dahin, dass auch Nachschusspflichten als laufende Beitragsleistungen im Sinne dieser Bestimmung zu verstehen seien und aus wirtschaftlichen Gründen widerrufen werden könnten, stehe der klare Wortlaut des § 6 Abs 1 BPG und die in § 6 Abs 2 leg cit für den Fall eines Widerrufs des Arbeitgebers geregelten Fragen einer bis dahin erworbenen Anwartschaft und der Berechnung des Unverfallbarkeitsbetrags entgegen.

Die Revision sei zulässig, weil der Auslegung der zugrunde liegenden Betriebsvereinbarung nach den Darlegungen der Beklagten für einen größeren Personenkreis Bedeutung zukomme und höchstgerichtliche Judikatur zu den Widerrufsmöglichkeiten des § 6 BPG fehle.

In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund (vgl 9 ObA 92/10k) zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin richtet sich zum einen gegen die Auffassung der Vorinstanzen, dass das verfahrensgegenständliche Pensionskassenmodell auch in der Auszahlungsphase leistungsorientiert gestaltet sei, zum anderen dagegen, dass sich die Widerrufsmöglichkeiten gemäß § 6 BPG nicht auf eine Nachschusspflicht der Arbeitgeberin in der Auszahlungsphase beziehen.

1. Zur Auslegung des Pensionskassenmodells wirft die Beklagte den Vorinstanzen konkret vor, zu Unrecht bei der einzig maßgeblichen objektiven Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel von Pensionskasse und Arbeitgeber als den Vertragspartnern des Pensionskassenvertrags dessen systematische Struktur ausgeblendet zu haben. Ein in der Auszahlungsphase leistungsorientiertes Pensionskassenmodell sei ohne Bestimmungen über die Nachschusspflicht des Arbeitgebers in der Auszahlungsphase und ohne eine Anknüpfung des Leistungsrechts an fixe Parameter undenkbar, weil wesentliche versicherungsmathematische Grundlagen für die Leistungsberechnung fehlten. Dass der Pensionskassenvertrag keine Bestimmung über die Nachschusspflicht in der Auszahlungsphase enthalte und die jährliche Wertanpassung der Leistungen in Abhängigkeit vom Veranlagungsergebnis in der betreffenden VRG vereinbart sei, sei vielmehr für ein in der Auszahlungsphase beitragsorientiertes Modell typisch.

Mit dieser Argumentation übersieht die Beklagte, dass die objektive Auslegung eines Pensionskassenvertrags nach ständiger Rechtsprechung nicht auf das Verständnis der Vertragspartner zu beziehen ist, sondern eine Interpretation nach den Regeln der Gesetzesauslegung erfordert (RIS‑Justiz RS0121810; Resch in ZellKomm I2 BPG § 3 Rz 10), für die zunächst auf die ausführlichen Begründungen der Vorinstanzen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Das Vorbringen der Beklagten, dass die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Aufklärung der Mitarbeiter ausschließlich beim Arbeitgeber liege und die Beklagte auch keinerlei Kontakt mit den Arbeitnehmern gehabt habe, ist nach diesen Auslegungsgrundsätzen für das Verständnis des Pensionskassenvertrags ohne Bedeutung.

Sehr wohl von Bedeutung ist dagegen, dass der Pensionskassenvertrag im Sinne der gesetzlichen Vorgabe des § 15 Abs 1 Z 1 PKG nach seiner Präambel „in Entsprechung der Betriebsvereinbarung vom 27. 3. 1996“ geschlossen wurde, sodass die Vorinstanzen zutreffend auch die Betriebsvereinbarung zur Auslegung des Pensionskassenvertrags herangezogen haben. Aus dem Wortlaut der entsprechenden Bestimmung (Punkt II. B.a. der Betriebsvereinbarung) geht für Modell B zweifelsfrei die Festlegung der Alterspension in der Höhe eines fixen Betrags von 1.000 ATS hervor. Allfällige Bedenken daran, dass einem Arbeitnehmer die Alterspension jedenfalls in dieser Höhe zustehen soll, beseitigt die Erläuterung der beiden Modelle im Anhang der Betriebsvereinbarung, in dem klar zwischen beitrags- und leistungsorientierem Modell unterschieden und festgehalten wird, dass sich für Modell A die Leistungen aus der Verrentung des angesparten Kapitals ergeben und für Modell B die Alterspensionen betragsmäßig festgesetzt sind. Dies entspricht offenkundig auch dem Sinn der Regelungen, primär jenen Arbeitnehmern, die bereits länger für die Arbeitgeberin tätig sind und damit im Schnitt pensionsnäher sein könnten, neben dem beitragsorientierten Modell ein zweites Modell zur Verfügung zu stellen, das nicht dem ‑ in der Regel erst mittel- und langfristig auszugleichenden -Veranlagungsrisiko aus Kapitalmarktschwankungen ausgesetzt ist. Im Hinblick auf diese Zielsetzung und Differenzierung der Modelle ergäbe das Verständnis der Beklagten keinen ausreichenden Sinn. Der Pensionskassenvertrag folgt mit seinem Punkt § 6 (1) 1.2. nur der Diktion der Betriebsvereinbarung. Bei der von der Beklagten gewünschten Auslegung wäre zudem unklar, in welcher Form die Höhe der Versorgungsleistung veränderlich wäre. Denn § 6 (1) des Pensionskassenvertrags sieht nur für Modell A sowie für die Höhe der aus Beiträgen des Anwartschaftsberechtigten finanzierten Leistungen eine Verrentung des Guthabens des Pensionskontos zum Zeitpunkt des Leistungsanfalls entsprechend dem Geschäftsplan der Pensionskasse vor, während für Modell B die Höhe der Alters- und der Invaliditätspension eben mit 1.000 ATS festgelegt ist. Hätten die Parteien tatsächlich mit dem Zeitpunkt des Leistungsanfalls einen Wechsel in ein „beitragsorientiertes Modell“ angestrebt, so wäre auch für Modell B die Erwähnung einer entsprechenden Verrentung des Guthabens des Pensionskontos bei Leistungsanfall zu erwarten gewesen. Von einem bloßen Versehen kann in den genannten Regelungskontexten nicht ausgegangen werden.

Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Valorisierung des Betrags stattzufinden hat, hat zum einen auf das Verständnis der Zusage als leistungs- oder beitragsorientiert keinen Einfluss (auch ein leistungsorientierter Anspruch kann einer Valorisierung unterliegen). Zum anderen macht der Kläger keine valorisierten Leistungen geltend.

Da damit insgesamt keine Anhaltspunkte für einen „Systemwechsel“ zum Zeitpunkt des Pensionsantritts des Klägers vorliegen, bedarf die Ansicht der Vorinstanzen, dass auch für die Auszahlungsphase von einem leistungsorientierten Modell auszugehen ist, keiner Korrektur.

2. Für den Fall der Bejahung eines rein leistungsorientierten Modells meint die Beklagte, die Widerrufsmöglichkeit des § 6 Abs 1 BPG ‑ von der die Arbeitgeberin des Klägers hier Gebrauch gemacht habe ‑ sei auch auf seine Nachschusspflicht zu erstrecken, sodass die Beklagte mangels Beitragsleistungen ihre Versorgungsleistungen kürzen dürfe. Die Frage der Nachschusspflicht betrifft jedoch nicht das verfahrensgegenständliche Auszahlungsverhältnis, sondern die Vertragsbeziehung zwischen der Arbeitgeberin und der Beklagten und kann auch nur aus dem Verständnis dieses Verhältnisses geklärt werden. Denn die Frage, ob eine Nachschusspflicht des Arbeitsgebers besteht, wird weder vom PKG noch vom BPG vorgegeben, sondern ist nach ständiger Rechtsprechung durch Auslegung der Leistungszusage zu beantworten (8 ObA 52/03k; 8 ObA 99/04y; 9 ObA 92/10k ua; Resch, Auslegung einer Betriebsvereinbarung als beitrags- oder leistungsorientierte Pensionskassenzusage?, RdW 2012, 220).

Angesichts dessen, dass der Pensionskassenvertrag eine Nachschusspflicht der Arbeitgeberin nicht ausdrücklich regelt und die Judikatur in solchen Fällen für die Annahme einer Nachschusspflicht Zurückhaltung übt (vgl 9 ObA 92/04a unter Hinweis auf 8 ObA 112/03h; Resch, aaO 221 mwN), bedürfte das Bestehen einer Nachschusspflicht der Arbeitgeberin des Klägers genauer Prüfung - könnte doch ein Arbeitgeber, der für einen Arbeitnehmer bis zu dessen Ruhestand die ihm von der Pensionskasse vorgeschriebenen Beiträge („in jenem Ausmaß, das erforderlich ist, um die Alterspension zu finanzieren“) geleistet hat, auch den Standpunkt vertreten, sich damit bezüglich des Pensionsanspruchs des betreffenden Arbeitnehmers abschließend entlastet zu haben. Dies entspricht insofern auch dem Verständnis der Beklagten, als sie sich für ihren Standpunkt eines Mischmodells gerade auf die fehlende Nachschusspflicht der Arbeitgeberin beruft.

Selbst bei Bestehen einer Nachschusspflicht der Arbeitgeberin des Klägers wäre für die Beklagte aber nichts gewonnen, weil Abschnitt VII. des Pensionskassenvertrags ‑ enger als der Wortlaut des § 6 Abs 1 BPG ‑ die Möglichkeit einer einseitigen Beendigung/Reduktion der Beitragsleistungen ausdrücklich und unmissverständlich auf ein aufrechtes Dienstverhältnis bezieht und die Beklagte gar nicht behauptet hat, von der Arbeitgeberin des Klägers vergeblich Beiträge/Nachschüsse auch für beendete Dienstverhältnisse verlangt zu haben. Insofern kommt es aber weder auf die Auslegung von § 6 Abs 1 BPG noch auf den in der Revision relevierten Einfluss des Gleichbehandlungsgebots des § 18 BPG an.

Da die Revision der Beklagten daher im Ergebnis nicht berechtigt ist, ist ihr ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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