OGH 9ObA1/18i

OGH9ObA1/18i25.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Bernhard Gruber und Nicolai Wohlmuth in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1. H***** L*****, 2. A***** L*****, vertreten durch Burmann Wallnöfer Bacher Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas König, Dr. Andreas Ermacora ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 3.660,78 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 12.000 EUR; Gesamtrekursinteresse: 13.375,26 EUR sA), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den (gemeinsam mit einem Teilurteil ergangenen) Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. September 2017, GZ 15 Ra 62/17f‑35, mit dem der Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 17. Februar 2017, GZ 75 Cga 84/15i‑30, teilweise Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00001.18I.0425.000

 

Spruch:

Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Erstkläger war von 1. 5. 1970 bis zu seiner Pensionierung am 31. 12. 2005 bei der beklagten Bank, beschäftigt. Die Zweitklägerin und Ehefrau des Erstklägers war von 1. 6. 1968 bis 15. 5. 1974 bei der Beklagten angestellt. Bei der Beklagten besteht die Übung, aktiven und pensionierten Mitarbeitern vergünstigte Sonderkonditionen für Bankgeschäfte zu gewähren. Unstrittig ist, dass sich diese betriebliche Übung ua auch auf Ehepartner der MitarbeiterInnen erstreckte.

Der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt (Ersturteil S 26–49) ist wie folgt zusammenzufassen:

Die Kläger unterhielten seit 1973 bei der Beklagten verschiedene Konten, Sparbücher, Depots und Schließfächer und waren zT beide gemeinsam, zT alleine jeweilige(r) Inhaber(in), davon nach dem festgestellten Sachverhalt:

beide Kläger:

‑ Pensionskonto *****

‑ Girokonto *****

‑ Safe 8 *****

‑ Sparkonto *****

‑ CHF‑Girokonto *****

‑ Sparkonto *****

‑ Safe 12 (gemeinsam mit *****)

Erstkläger:

‑ Depot *****

‑ Kontokorrentkreditkonto *****

Zweitklägerin:

‑ Sparbuch‑Schließfach *****.

Bei den Geschäftsabschlüssen wurde jeweils auf die für den jeweiligen Vertrag geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verwiesen, dieauch Kündigungsbestimmungen enthalten. Die sonderkonditionierten Gebühren für (ehemalige) Mitarbeiter wurden jeweils als Spezialvereinbarung „darübergelegt“. Die Kläger hatten auch nach der Pensionierung des Erstklägers Kontoverbindungen und Sparbücher bei der Beklagten.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 10. 10. 2014 zum 15. 12. 2014 die Bankgeschäfte mit den Klägern (formal überwiegend in Entsprechung der jeweiligen Inhaberschaft) auf. Sie begründete dies mit einem Vertrauensverlust und der Unzumutbarkeit der Weiterführung der Geschäftsbeziehung wegen der vom Erstkläger „im Jahr 2014 völlig ungerechtfertigt und haltlos gegen unser Haus eingebrachten Strafanzeige, deren ausschließlicher Zweck in der 'Förderung' der Durchsetzung der in dem von ihm angestrebten arbeitsgerichtlichen Verfahren … behaupteten Forderung besteht.“ Aus der Sicht des Erstklägers war ebenfalls das aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren resultierende Strafverfahren Grund für die Beendigung der Geschäftsbeziehungen. Auch die Zweitklägerin erachtete die Kündigungen als „Retourkutsche“.

Die Kläger brachten im Wesentlichen vor, sie hätten auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Erstklägers Anspruch auf die Geschäftsverbindungen zu den Sonderkonditionen gehabt. Es handle sich um eine durch jahrelange Gewährung solcher Leistungen entstandene betriebliche Übung, die die Beklagte grundsätzlich allen aktiven, aber auch ehemaligen Mitarbeitern und deren Ehegatten gewähre. Dies führe zu einzelvertraglichen Ansprüchen der Kläger, die nicht einseitig und beliebig abgeändert werden könnten. Die Vorgehensweise der Beklagten, einen geldwerten und arbeitsvertraglich begründeten Vorteil aufzukündigen, sei sitten- und rechtswidrig, sodass den Klägern Schadenersatzansprüche für die einzelnen Konten in Form der Differenz zwischen den bei der Beklagten und nun bei einer anderen Bank desselben Bankenverbundes bestehenden Bedingungen zustünden. Es bestehe auch ein Feststellungsinteresse für die Haftung der Beklagten für künftige Schäden.

Die Kläger erstatteten Vorbringen zur Berechnung ihrer Mehrbelastungen, die sie zuletzt mit insgesamt 3.660,78 EUR sA bezifferten. Ein Teilbetrag von 333,70 EUR sA stehe nur der Zweitklägerin für die alleine ihr gehörenden Sparbücher (Gruppe 1+2) zu, die weiteren Sparbücher (Gruppe 3) seien gemeinsame Sparbücher. Die Kläger erstatteten auch Vorbringen zur Haftung der Beklagten für künftige Schäden aus den schlechteren Sparbuchkonditionen, die zT erst mit Laufzeitende bezifferbar seien. Im Hinblick auf das Rekursvorbringen ist hervorzuheben, dass die Kläger auch bezüglich der ersatzweise geführten Konten Nr *****, ***** und ***** vorbrachten, jeweils beide Kontoinhaber zu sein. Lediglich eventualiter werde das Klagebegehren insoweit hinsichtlich des Erstklägers erhoben (ON 21, S 10, 11).

Das hilfsweise erhobene Feststellungsbegehren, dass die Aufkündigung der Geschäftsbeziehung unwirksam sei (§ 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG analog), ließen sie im Zuge des Verfahrens fallen (ON 22). Zuletzt lautete ihr Begehren (ON 22, ON 28),

„1.  Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien den Betrag von 3.660,78 EUR samt 4 % Zinsen aus … zu zahlen;

in eventu,

die beklagte Partei ist schuldig, dem Erstkläger den Betrag von 3.660,78 EUR samt 4 % Zinsen aus … zu zahlen.

2. Es w ird festgestellt, dass die beklagte Partei gegenüber den klagenden Parteien für sämtliche künftigen Schäden und Nachteile aus der Aufkündigung der mit den klagenden Parteien bestandenen Geschäftsbeziehung haftet;

in eventu:

Es w ird festgestellt, dass die beklagte Partei den klagenden Parteien für sämtliche künftigen Schäden und Nachteile aus den schlechteren Konditionen hinsichtlich der vormaligen Sparbücher [im einzelnen genannt] bei der beklagten Partei und dem Sparbuch […] bei der ***** und der Zweitklägerin hinsichlich der vormaligen Sparbücher [...] bei der beklagten Partei haftet.“

Davon wurde ein Betrag von 2.285,52 EUR sA (betreffend einen von den Klägern gewünschten neuen Kreditvertrag mit der Beklagten nach Konvertierung ihres bei einer anderen Bank gehaltenen CHF‑Kredites in einen EUR‑Kredit) bereits rechtskräftig abgewiesen.

Die Beklagte bestritt und wandte mangelnde Aktivlegitimation der Zweitklägerin und Unschlüssigkeit des Klagebegehrens ein. Unter anderem sei unklar, wer jeweiliger Inhaber der Konten sei. Inhaltlich berief sie sich im Wesentlichen auf die gemäß den jeweiligen Geschäftsbedingungen mögliche Kündbarkeit der Verträge. Die betriebliche Übung könne auch nicht anders verstanden werden. Sie bestehe nur darin, Sonderkonditionen solange zu gewähren, als die Geschäftsbeziehungen aufrecht seien. Es widerspräche auch fundamentalen Grundsätzen der Privatautonomie, wenn die Beklagte zeitlich unbegrenzt und ohne Möglichkeit einer Aufkündigung an diese Verträge gebunden wäre. Bei den Sonderkonditionen handle es sich auch nicht um einen Teil des Arbeitsentgelts, sondern allenfalls um „entgeltferne“ Leistungen, deren Widerruf ohne Weiteres möglich sei. Richtigerweise handle es sich aber um jeweils eigenständige, vom Dienstverhältnis losgelöste Vertragsbeziehungen. Die Kläger hätten der Beklagten auch anstandslos auf erste Aufforderung hin mitgeteilt, auf welche Konten die Werte zu übertragen seien und Schlüssel und Bankomatkarte zurückgegeben, wodurch sie die Beendigung akzeptiert hätten.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein (ON 28 AS 226) und wies das Klagebegehren ab. Bei den Geschäftsbeziehungen mit (ehemaligen) Mitarbeitern handle es sich um das Angebot der Beklagten, vergünstigte Konditionen bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nach den AGB der Beklagten in Anspruch nehmen zu können. Die von Sonderkonditionen überlagerten Geschäftsbedingungen ermöglichten der Beklagten, Geschäftsbeziehungen mit (ehemaligen) Mitarbeitern auch zu beenden. Die Kündigungen seien rechtmäßig gewesen.

In ihrer dagegen gerichteten Berufung (ON 32) beantragten die Kläger, das Berufungsgericht möge das Urteil dahin abändern, „dass es ein klagsstattgebendes Zwischenurteil iSd § 393 ZPO mit dem Inhalt fällt, dass die Beklagte den Klägern in Ansehung vormals bestandener Geschäftsbeziehungen, sei es zu Kontoverträgen, Kreditverträgen oder Mietverträgen für Schließfächer gewährten Sonderkonditionen dem Grunde nach als Entgeltbestandteile in Folge des vormaligen Arbeitsverhältnisses und aufgrund der vormaligen Tätigkeit bei der Beklagten weiter zu gewähren hat (in eventu: festgestellt wird, dass die vormals bestandenen Geschäftsbeziehungen der Kläger zur Beklagten in Ansehung von insbesondere Kontoverträgen, Kreditverträgen oder Mietverträgen für Schließfächer und dabei gewährten Sonderkonditionen entgeltwerte Vorteile aus dem vormaligen Arbeitsverhältnis darstellten)

in eventu, das Urteil aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverweisen“.

Das Berufungsgericht gab der Berufung, soweit sie sich gegen die Abweisung von 2.285,52 EUR sA richtete, mit Teilurteil keine Folge (rechtskräftig). Im Übrigen, dh hinsichtlich der Abweisung von 1.375,26 EUR sA sowohl im Haupt- als auch im Eventualbegehren, des Feststellungsbegehrens und des Eventualfeststellungs-begehrens und der Kostenentscheidung, hob es mit dem bekämpften Beschluss das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

Mit den Berufungsanträgen (Haupt‑ und Eventualfestellungsbegehren) würden die Kläger ein Leistungsbegehren erheben, wonach die Beklagte ihnen die bisher gewährten Konditionen weiter zu gewähren habe bzw die Feststellung anstreben, dass die gewährten Konditionen entgeltwerte Vorteile aus dem vormaligen Arbeitsverhältnis darstellten. Darin liege eine unzulässige Klagsänderung. Die Anträge seien nicht geeignet, eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung durch das Berufungsgericht zu erreichen. Mit dem zweiten Eventualberufungsantrag bestehe aber kein Zweifel, dass die Kläger grundsätzlich eine Abänderung des Ersturteils im Sinne einer Klagsstattgebung anstrebten. Ihr Aufhebungsantrag sei daher (auch) als Abänderungsantrag in diesem Sinn aufzufassen, sodass die Berufung insgesamt einer inhaltlichen Behandlung zugänglich sei.

Inhaltlich führte das Berufungsgericht aus, das Einräumen der Mitarbeiterkonditionen sei eine betriebliche Übung, die zu einem Entgeltbestandteil der einzelnen (pensionierten) Mitarbeiter geworden sei. Der Entgeltbegriff sei weit auszulegen, es handle sich hier um keine entgeltferne Leistung. Es sei aber vom – von den Klägern nie substanziiert bestrittenen Vorbringen der Beklagten auszugehen, dass die Gewährung der Mitarbeiterkonditionen an eine bestehende Geschäftsverbindung geknüpft gewesen sei. Eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit der Geschäftsverbindungen sei nicht Teil der betrieblichen Übung gewesen, das Kündigen sei auch nicht Teil der betrieblichen Übung gewesen. Es sei daher davon auszugehen, dass in den allen Geschäftsbeziehungen zwischen den Streitteilen zu Grunde liegenden Verträgen eine jederzeitige begründungslose – fristgebundene – Kündigungsmöglichkeit vereinbart worden sei. Die Kläger hätten die Auflösung der Geschäftsverbindungen nicht im Sinn eines Verzichts auf die aus der betrieblichen Übung resultierenden geldwerten Vorteile akzeptiert. Die Beklagte könne die Geschäftsbeziehungen dennoch nicht jederzeit kündigen. Diese könnten als Dauerschuldverhältnisse nur dann aufgelöst werden, wenn ihre Aufrechterhaltung für einen Teil objektiv unzumutbar wäre. Das Bemühen eines (pensionierten) Mitarbeiters, Ansprüche gegen den (ehemaligen) Dienstgeber durchzusetzen, könne keine solche Unzumutbarkeit begründen, eine geradezu mutwillige, jeder objektiven Grundlage entbehrende Strafanzeige, die überdies auch nach Darlegung der Rechtslage durch die dazu befugten Strafverfolgungsbehörden hartnäckig weiter verfolgt werde, hingegen schon. Zur Prüfung der Unzumutbarkeit bedürfe es aber weiterer Feststellungen. Der Rekurs sei zur Frage der Bindung des Widerrufs einer betrieblichen Übung an das Vorliegen wichtiger Gründe zulässig.

In ihrem dagegen gerichteten Rekurs beantragt die Beklagte die Abänderung des Beschlusses dahin, dass die Berufung zurückgewiesen und die gänzliche Klagsabweisung bestätigt werde; in eventu, den Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinne einer Klagsabweisung zu entscheiden; in eventu, unter Bestätigung der teilweisen Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der teilweisen Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht diesem die Verhandlung und Entscheidung unter Nichtbeachtung der falschen Rechtsansicht des Berufungsgerichts aufzutragen.

Die Kläger beantragten, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

1. Die Beklagte richtet sich zunächst gegen die Deutung des Eventualaufhebungsantrags durch das Berufungsgericht.

Der Berufungsantrag zur Abgrenzung des Anfechtungsumfangs bedarf keiner besonderen Formulierung, es genügt, wenn aus dem gesamten Vorbringen der Berufungsschrift verlässlich erkennbar ist, was der Berufungswerber erreichen will (RIS‑Justiz RS0042142; RS0042235). Beruht der in der Berufungsschrift enthaltene Berufungsantrag auf einem offenbaren Fehler und erhellt der richtige Antrag aus den geltend gemachten Berufungsgründen, darf die Berufung nicht zurückgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0042215). Wurde statt eines

Abänderungsantrags ein

Aufhebungsantrag gestellt, so bedarf dies keiner Verbesserung, wenn nach dem Inhalt der Revision kein Zweifel darüber bestehen kann, welche

Abänderung erfolgen soll (RIS‑Justiz RS0045820 ua).

Ob die Berufungsausführungen erkennen lassen, dass und welche

Abänderung des angefochtenen Urteils vom Kläger angestrebt wird, hängt von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0042235 [T9; T11]).

Hier haben die Kläger mit ihrem Haupt-Berufungsbegehren und dem ersten Eventualberufungs-begehren im Einzelnen ausformulierte Abänderungsanträge gestellt und damit ein anderes Rechtsschutzziel als im erstinstanzlichen Verfahren angestrebt. Das wurde vom Berufungsgericht als unzulässig erkannt und wird von den Klägern auch nicht weiter in Frage gestellt. Damit kommt aber dem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag eigenständige Bedeutung zu. Das mit diesem verfolgte Rechtsschutzziel wurde vom Berufungsgericht in einer Klagsstattgabe entsprechend dem in erster Instanz verfolgten Anträgen gesehen. Das ist hier nicht weiter korrekturbedürftig, zumal ein solcher Aufhebungsantrag in der Regel auch keinen anderen Zweck verfolgt. Dem Berufungsvorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Kläger mit ihrem neu formulierten, sonst nicht näher begründeten Haupt-Berufungsbegehren ihr ursprüngliches Begehren fallen lassen und nicht weiter verfolgen wollten. Das Berufungsgericht konnte den ohne weitere Ergänzungen hilfsweise gestellte Aufhebungsantrag – dem Regelfall entsprechend – daher so verstehen, dass die Aufhebung des Ersturteils nur der Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zur Verfolgung des jeher beim Erstgericht angestrebten Zieles dienen sollte.

2.  Die Beklagte bringt weiter vor, das Berufungsgericht habe die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens missachtet.

Die Frage der

Schlüssigkeit des ursprünglichen Klagsvorbringens betrifft den Grund des (ursprünglich erhobenen) Begehrens und kann daher im fortgesetzten Verfahren über die Höhe des bereits durch das rechtskräftige

Zwischenurteil dem Grunde nach bejahten Anspruchs der Klägerin nicht mehr mit Erfolg erhoben werden (RIS‑Justiz RS0040736 [T4]). Ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht beziehungsweise wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0042828).

Auch hier besteht kein Korrekturbedarf: Soweit die Beklagte hinsichtlich der Konten Nr *****, ***** und ***** Vorbringen vermisst, ob es sich bei den Schadensbeträgen um solche des Erst- und/oder der Zweitklägerin handelt, haben sich die Kläger auf eine gemeinsame Inhaberschaft berufen. Dass die Eröffnung des Sparbuchs Nr ***** bei der *****Bank erst nach den Kündigungen erfolgt sei, kann unschwer als Folge der abgebrochenen Geschäftsbeziehungen verstanden werden. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob und in welchem Umfang bei den neuen Bankverbindungen auch Positionen enthalten seien, die auch bei der Beklagten nicht kostenlos gewesen wären, macht das Klagebegehren noch nicht unschlüssig. Die Klagsausdehnung um 250 EUR sA betrifft die Höhe des Anspruchs.

3. Auch soweit die Beklagte meint, die Kläger hätten die Auflösung der Geschäftsverbindungen (konkludent) akzeptiert, weshalb ihnen keine Ansprüche zustünden, ist ihnen nicht zu folgen: Aus dem Hinnehmen einer geringfügigen rechtswidrigen Auflösung der einzelnen Verträge ist noch nicht zu schließen, dass der Vertragspartner auch auf daraus abgeleitete Schadenersatzansprüche verzichtet.

4. Die Beklagte bekämpft aber vor allem die Ansicht des Berufungsgerichts, dass eine betriebliche Übung, für bestimmte Geschäftsbeziehungen Sonderkonditionen zu gewähren, vom Dienstgeber zwar grundsätzlich widerrufen werde könne, diese Möglichkeit aber an das Vorliegen „wichtiger“ Gründe gebunden sei.

Dazu war zu erwägen:

4.1. Eine vom Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer begründete betriebliche Übung kann, soweit sie seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, durch die – gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) – Zustimmung der Arbeiternehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge werden (RIS‑Justiz RS0014539; s auch RS0014543). Entscheidend ist, was der Partner bei sorgfältiger Würdigung dem Erklärungsverhalten entnehmen kann, welchen Eindruck die Arbeitnehmer von dem schlüssigen Verhalten des Arbeitgebers haben mussten, nicht aber das tatsächliche Vorhandensein eines Erklärungswillens auf Seiten des Arbeitgebers (RIS‑Justiz RS0014154). Grundsätzlich kann eine Arbeitgeberleistung, die als Betriebsübung in den Arbeitsvertrag Eingang gefunden hat, auch an Voraussetzungen gebunden sein, bei deren Wegfall auch die Einstellung der Leistung möglich wird (Mosler, Entgeltferne Leistungen – eine gesamtheitliche Analyse, in Brodil, Entgeltliches im Arbeitsrecht [2013] 57, 69 mwN).

4.2. Hier steht fest, dass den Klägern in Entsprechung der betrieblichen Übung die jeweiligen Sonderkonditionen für ihre Geschäftsverbindungen gewährt wurden, die nach dem Vorbringen beider Streitteile in günstigeren Entgelten für die jeweiligen Leistungen bestanden. Dagegen wurde im vorliegenden Verfahren weder behauptet noch festgestellt, dass sich die betriebliche Übung auch auf das Eingehen der Geschäftsverbindungen als solche erstreckt hätte. Ein derartiges Verständnis ist auch nicht von vornherein geboten, muss es der Beklagten doch freistehen, solche Geschäftsbeziehungen im Einzelfall, zB nach Maßgabe der Bonität eines Mitarbeiters, auch abzulehnen. Unstrittig ist weiter, dass weder zur Aufkündigung der Sonderkonditionen noch zur Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen als solcher eine betriebliche Übung bestand.

4.3. Nach der Rechtsprechung kann eine betriebliche Übung vom Dienstgeber im Allgemeinen nicht einseitig widerrufen werden (RIS‑Justiz RS0033756 [T2]). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um den Widerruf der betrieblichen Übung als solcher, Mitarbeitern Sonderkonditionen zu gewähren, sondern ausschließlich um die Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen zu einem einzelnen, der Beklagten missliebig gewordenen ehemaligen Mitarbeiter und seiner Frau nach Maßgabe der vereinbarten Kündigungsmöglichkeiten, die eine begründungslose, fristgebundene Kündigung der jeweiligen Verträge vorsahen. Ob in der Ausübung eines solchen Kündigungsrechts ein rechtswidriger Entzug des Rechts auf die Sonderkonditionen liegt, ist daher nicht an den Grundsätzen der Beendigung einer entsprechenden betrieblichen Übung, sondern daran zu messen, ob die Kündigung in dieser Form ausgeübt werden durfte. Daran ändert auch nichts, dass die Sonderkonditionen – wie die Kläger vorbringen – für sie einen entgeltwerten Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis darstellen, weil dieser Vorteil nur mit der jederzeitigen Kündbarkeit der jeweiligen Geschäftsbeziehung eingeräumt wurde und auch nur in diesem Umfang Inhalt des Arbeitsvertrags werden konnte.

4.4. Das Berufungsgericht verwies darauf, dass Dauerschuldverhältnisse wie die hier in Rede stehenden Geschäftsverbindungen jedenfalls dann aufgelöst werden können, wenn ihre Aufrechterhaltung für einen Teil objektiv unzumutbar wäre, und schränkte im Ergebnis die vereinbarte freie Kündbarkeit der Verträge darauf ein. Die Anknüpfung einer Kündigung an das Vorliegen eines wichtigen Grundes entspricht der Rechtsprechung zur Möglichkeit einer vorzeitigen außerordentlichen Kündigung (vgl RIS‑Justiz RS0018305; RS0027780 ua), übergeht hier aber, dass die Streitteile für die jeweiligen Dauerschuldverhältnisse eine freie Kündigungsmöglichkeit vereinbart hatten und auch nicht die Unzulässigkeit dieser Vereinbarungen eingewandt wurde.

4.5. Wie jedes Recht darf allerdings auch ein freies Kündigungsrecht nicht in sittenwidriger (schikanöser) Weise ausgeübt werden. Eine gegen die guten Sitten verstoßende missbräuchliche Rechtsausübung liegt vor allem dann vor, wenn demjenigen, der sein

Recht ausübt, jedes andere Interesse abgesprochen werden muss als eben das Interesse, dem anderen Schaden zuzufügen (s RIS‑Justiz RS0026271). Schikane liegt aber auch dann vor, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht (RIS‑Justiz RS0026271 [T19]), wenn unlautere Motive der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund stehen und daher andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (RIS‑Justiz RS0026271 [T24]; s auch [T22]), wenn sohin unlautere Motive der Rechtsausübung das lautere Motiv eindeutig überwiegen (RIS‑Justiz RS0026271 [T20]). Beweispflichtig dafür, dass der Rechtsausübende kein anderes Interesse hat als zu schädigen, oder dass doch der Schädigungszweck und unlautere Motive so augenscheinlich im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten, ist der die Schikane Behauptende (RIS‑Justiz RS0026271 [T21]). Begründet aber der Ablauf eines Geschehens die Vermutung der Schädigungsabsicht, ist es Sache des Beklagten, einen gerechtfertigten Beweggrund für sein Verhalten zu behaupten und zu beweisen (RIS‑Justiz RS0026271 [T28]).

4.6. Hier haben sich die Kläger schon in erster Instanz auf eine sittenwidrige Rechtsausübung durch die Beklagte berufen und daraus zuletzt Schadenersatzansprüche abgeleitet. Das Berufungsgericht erachtete – wenngleich unter dem Aspekt der objektiven Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen – die Vorgänge um die Strafanzeige des Klägers als weiter aufklärungsbedürftig. Dem ist auch unter dem Aspekt der Prüfung eines krassen Missverhältnisses zwischen den Eigeninteressen der Beklagten an der Kündigung und der Rechtsverfolgung durch die Kläger im Sinne einer schikanösen Rechtsausübung nicht entgegenzutreten:

Zeigt sich, dass die Beklagte ausschließlich aus Revanche für die Rechtsverfolgung des Erstklägers die Geschäftsbeziehungen der Kläger aufkündigte, so wäre ihr im vorliegenden Fall ein billigenswertes Interesse an diesen Aufkündigungen abzusprechen, weil damit nur das Recht eines (ehemaligen) Arbeitnehmers, seine Ansprüche aus dem früheren Arbeitsverhältnis geltend zu machen (vgl § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG), „abgestraft“ würde, ohne dass sonst ein Interesse der Beklagten am Abbruch der – mit den anderen Mitarbeitern fortgesetzten – Geschäftsbeziehungen zu den Klägern erkennbar wäre. Dabei könnte sich das Sittenwidrigkeitskalkül zur Kündigung hier auch auf die Zweitklägerin beziehen, wenn die Beklagte lediglich ihre Revanche gegen den Erstkläger auch auf die Zweitklägerin erstrecken wollte. Dagegen läge keine schikanöse Rechtsausübung durch die Beklagte vor, wenn klagsseitig geradezu mutwillig offenkundig unberechtigte Ansprüche gestellt würden und insbesondere auch die Strafanzeige mutwillig und jeder objektiven Grundlage entbehrend erstattet und selbst nach Darlegung der Rechtslage durch die Strafverfolgungsbehörden hartnäckig weiter verfolgt wurde.

4.7. Der Aufhebungsbeschluss des Berufungs-gerichts erweist sich danach im Ergebnis als zutreffend. Zur Beurteilung einer allfälligen Rechtswidrigkeit der Kündigung wegen schikanöser Rechtsausübung werden weitere Feststellungen zu den Interessenlagen und den Rechtsausübungen der Streitteile zu treffen sein.

5. Im fortgesetzten Verfahren werden – über die vom Berufungsgericht aufgezeigten Umstände hinaus (Berufungsurteil Pkt L, S 56–58) – auch Feststellungen zur Inhaberschaft bezüglich der genannten ersatzweise geführten *****Konten zu treffen sein. Stellt sich heraus, dass die Zweitklägerin entgegen dem Klagsvorbringen nicht (Mit-)Inhaberin dieser Konten sein sollte, wäre das Klagebegehren im Hinblick auf die bezughabenden Differenzansprüche bezogen auf die Zweitklägerin schon dem Grunde nach nicht berechtigt.

6. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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