OGH 9ObA117/01y

OGH9ObA117/01y7.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Norbert Riedl und Mag. Albert Ullmer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann M*****, Angestellter, *****, vertreten durch Mag. Johannes Luger und Dr. Christoph Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei F*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Bertram Grass, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 948.861,38 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Februar 2001, GZ 15 Ra 6/01x-30, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 19. Oktober 2000, GZ 35 Cga 64/99d-24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.590,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.765,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass selbst auf der Grundlage der von der Beklagten bekämpften erstgerichtlichen Feststellung die Entlassung des als Geschäftsführer tätigen Klägers gerechtfertigt erfolgt sei, weil er den Entlassungsgrund des § 27 Z 1 AngG verwirklicht habe. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Soweit der Kläger die Feststellung, er habe den "Workshop Teil I" bei der I***** über sein privates Unternehmen einberufen, als aktenwidrig bekämpft, macht er in Wahrheit die Unrichtigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung geltend, zumal er inhaltlich keine bei der Darstellung der Beweisergebnisse erfolgte Unrichtigkeit, sondern unrichtige Schlussfolgerungen aus den von ihm ins Treffen geführten Beweisergebnissen (vgl Kodek in Rechberger, ZPO**2 Rz 7 zu § 471) behauptet. Da die Beklagte in ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil auf diese Feststellung hingewiesen hat, hätte sie der Kläger in seiner Berufungsbeantwortung bekämpfen müssen (§ 468 Abs 2 Satz 2 ZPO). Dies hat er nicht getan. Die Bekämpfung dieser Feststellung im Revisionsverfahren nachzuholen, ist ihm versagt.

Auf die Feststellung, dass der Kläger bei der Beklagten und in deren Unternehmensbereich nicht als Controller eingesetzt war, hat das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung gar nicht Bezug genommen. Dazu kommt, dass das Erstgericht an anderer Stelle seines Urteils - ganz im Sinne der nunmehrigen Ausführungen des Revisionswerbers - ohnedies festgestellt hat, das er "in einem gewissen, nicht näher feststellbaren Ausmaß" als Geschäftsführer auch Controllingaufgaben erfüllt hat und dass daher das in der Arbeitszeit und auf Kosten der Beklagten absolvierte Controlling-Seminar "zumindest teilweise einen Zusammenhang" mit den vom Kläger für die Beklagte zu erbringenden Aufgaben hatte.

Dass eine über die Bestimmung des § 7 AngG hinausgehende Beschränkung der privaten Betätigungsfreiheit (insbesondere auch eine Verpflichtung zur Unterlassung von Nebenbeschäftigungen) selbst dann, wenn sie vertraglich vereinbart ist, keine Erweiterung des Entlassungstatbestands des § 27 Z 3 AngG bewirkt, hat das Berufungsgericht ohnedies richtig erkannt. Dies ändert aber nichts daran, dass - wie das Berufungsgericht ebenfalls schon ausgeführt hat - bei Vorliegen der dafür notwendigen, besonders erschwerenden Voraussetzungen in einer Nebenbeschäftigung, die entgegen einer vertraglich wirksamen Verpflichtung ausgeübt wird, ein Vertrauensmissbrauch im Sinn des § 27 Z 1 AngG erblickt werden kann (Arb 10950; RIS-Justiz RS0027828).

Dass sich der Kläger auf bloße Vorbereitungshandlungen für eine allenfalls später ins Auge gefasste selbständige Tätigkeit beschränkt habe, trifft nach dem festgestellten Sachverhalt nicht zu. Dies ergibt sich schon allein - aber nicht nur - aus der oben wiedergegeben Feststellung über die vom Kläger im Rahmen seines Unternehmens entfaltete Tätigkeit für I*****.

Auch die Kritik des Revisionswerbers an der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beweislastverteilung im Zusammenhang mit der 1999 vom Kläger für I***** verrichteten Tätigkeit ist unberechtigt. Dass das Vorliegen von Entlassungsgründen die Arbeitgeberin zu beweisen hat, trifft zwar zu. Hier hat aber die Beklagte den Beweis erbracht, dass der Kläger während einer als Dienstzeit deklarierten Zeit im Rahmen seines privaten Unternehmens einen Workshop für I***** verrichtet hat, sodass es nunmehr Sache des Klägers gewesen wäre, nachzuweisen, dass dies mit Billigung seines Arbeitgebers erfolgt ist. Dieser Beweis ist ihm aber nicht gelungen. Auf die unter völlig anderen Voraussetzungen erfolgte Zustimmung für die 1998 für eben dieses Unternehmen erbrachte Tätigkeit kann er sich in diesem Zusammenhang nicht berufen, weil diese Tätigkeit auf die Zeit zurückging, als dieses Unternehmen noch zum Unternehmensbereich der Beklagten gehörte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte, als die Tätigkeit des Klägers für das andere Unternehmen wegen des Verkaufs der Geschäftsanteile verschoben werden musste, die Erbringung der schon vorher ins Auge gefassten Tätigkeit kurz nach dem Verkauf der Anteile akzeptierte. Daraus kann aber keine Zustimmung des Arbeitgebers dazu abgeleitet werden, dass der Kläger auch weiterhin in seiner als Dienstzeit deklarierten Zeit Tätigkeiten für I***** entfalten dürfe.

Schon allein - aber nicht nur - aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass der Einwand des Klägers, es könne ihm nicht vorgeworfen werden, während der Dienstzeit für sein privates Unternehmen tätig geworden zu sein, durch die Feststellungen nicht gedeckt ist.

Ebenso steht fest, dass der Kläger in nicht näher feststellbarem Umfang die Infrastruktur der Beklagten (Telefonanlage, Fax, Kopien etc) für eigene unternehmerische Zwecke verwendet hat. Dazu kommt der vom Berufungsgericht zu Recht hervorgehobene Umstand, dass der Kläger, dem spätestens nach dem Gespräch mit H***** die kritische Einstellung des Arbeitgebers zu seinen privaten unternehmerischen Aktivitäten bekannt war, wiederholt Zeiten, in denen er für sein privates Unternehmen tätig war, gegenüber seinem Arbeitgeber als Dienstzeit deklarierte. Dabei kommt es überhaupt nicht darauf an, ob - wie der Kläger geltend macht - für solche Zeiten ausgezahlte Diäten dem Kläger ohnedies zugestanden wären und daher der Beklagten kein Schaden erwachsen sei. Entscheidend ist vielmehr, dass der - aufgrund der Eigenart seiner Tätigkeit schwer kontrollierbare - Kläger durch sein Verhalten eine Situation geschaffen hat, die das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Bereitschaft zur vertragskonformen Erfüllung seiner Dienstpflichten massiv beeinträchtigten musste, zumal sich der Arbeitgeber in einer solchen Situation zwangsläufig in Beweisnotstand befindet und wegen der mangelnden Offenlegung das Ausmaß der von seinem Geschäftsführer für eigene Unternehmenszwecke gesetzten Tätigkeiten kaum abschätzen kann.

Im Hinblick auf die strengen Anforderungen, die die Rechtsprechung an leitende Angestellte in Vertrauenspositionen stellt (RIS-Justiz RS0029652; RS0029341; zuletzt 9 ObA 217/00b), wurde daher der Entlassungsgrund des § 27 Z 1 AngG vom Berufungsgericht zu Recht bejaht.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte