European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00008.18V.0425.000
Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird, soweit sie die Klausel „o*****-Tarif-Hinterlegungsgebühr: Hinterlegung o***** Center EUR 1,90 (je Auftrag unabhängig von der Anzahl der Tickets)“ betrifft, einschließlich der Urteilsveröffentlichung als Teilurteil bestätigt. Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist ein gemäß § 29 KSchG zur Erhebung von Unterlassungsansprüchen nach §§ 28 f KSchG befugter Verband. Die Beklagte betreibt ein „Ticketservice“ (Online-Kartenbüro), insbesondere unter der Bezeichnung „o*****“, und bietet ihre Leistungen im gesamten österreichischen Bundesgebiet an, wobei sie laufend in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern tritt. Sie verwendet in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und/oder Vertragsformblättern unter anderem folgende fünf Klauseln:
[1.] „Wenn Sie print@home, unser Ticket zum sofortigen Ausdruck, gewählt haben, wird Ihnen eine Servicegebühr von 2,50 EUR berechnet.“
[2.] „Für mobile tickets wird eine Service-Gebühr von 2,50 EUR berechnet.“
[3.] „Wenn Sie Hinterlegung an der Abendkassa ausgewählt haben, wird Ihnen eine Servicegebühr von 2,90 EUR berechnet.“
[4.] „Hinterlegung in einer L*****-Filiale: Die Service Gebühr beträgt 1,90 EUR.“
[5.] „o*****-Tarif-Hinterlegungsgebühr: Hinterlegung o***** Center EUR 1,90 (je Auftrag unabhängig von der Anzahl der Tickets).“
Neben den aus den fünf Klauseln ersichtlichen Alternativen besteht für den Verbraucher [6.] die Möglichkeit, das Ticket mittels Standardversand (um 6,95 EUR) oder [7.] Expressversand (um 15 EUR) zu erhalten. Er hat zwischen den sieben Alternativen die freie Wahl.
Der Kläger begehrt die Beklagte schuldig zu erkennen, die Verwendung der Klauseln [1.] bis [5.] oder sinngleicher Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und/oder Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu unterlassen und es weiters zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen. Zudem stellt er ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Die fünf Klauseln seien überraschend und nachteilig iSd § 864a ABGB sowie gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Zudem sei die Preisgestaltung der Beklagten intransparent.
Die Beklagte bestritt die Rechtswidrigkeit der Klauseln. Die von ihr veranschlagten Kosten der jeweiligen Zustellart resultierten nach betriebswirtschaftlichen Überlegungen aus den dafür jeweils von ihr getätigten Investitionen, Aufwendungen bzw Kosten.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren hinsichtlich aller fünf Klauseln statt, verurteilte die Beklagte auch zur Urteilsveröffentlichung und verfällte sie zum Kostenersatz. Es ging dabei von dem eingangs angeführten unstrittigen Sachverhalt aus und stellte ergänzend fest, dass die Beklagte ihren Kunden zusätzlich zu den in den Klauseln genannten Beträgen Entgelte für die Vermittlung der Eintrittskarten verrechne, und zwar dadurch, dass die über die Beklagte bezogenen Eintrittskarten zu höheren Preisen verkauft als sie vom Veranstalter verlangt würden.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass der durchschnittliche Konsument beim Kauf einer Eintrittskarte bei einem Kartenbüro damit rechnen werde, dass für die Tätigkeit der Vermittlung ein Entgelt zu bezahlen sei, wobei üblich sei, dass dieses Entgelt von den Kartenbüros im Wege eines Preisaufschlags bei den Karten eingehoben werde. Genau dies mache auch die Beklagte. Zusätzlich verrechne diese aber weitere Beträge, die sie in ihren AGB verstecke. Der Konsument rechne nicht damit, dass zusätzlich zu dem in Form eines Preisaufschlags verrechneten Vermittlungsentgelt ein weiteres Entgelt anfalle, schon gar nicht für die gewählte Form der Abholung, zumal die Zurverfügungstellung der Karte nach deren Vermittlung eine Nebenpflicht des Vermittlungsvertrags darstelle. Die inkriminierten Klauseln erwiesen sich somit allesamt als für den Konsumenten nachteilige Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in AGB oder Vertragsformblättern, mit denen der Konsument nicht zu rechnen brauche. Die Klauseln würden daher nicht zum Vertragsinhalt, weshalb der Unterlassungsanspruch zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Es übernahm den vom Erstgericht festgestellten bzw als unstrittig betrachteten Sachverhalt und erachtete es zusätzlich als unstrittig, „dass der Kunde nach Auswahl des gewünschten Konzerts und der Preiskategorie […] sowie der Versandoption – hier stehen 'print@home', 'Versand Inland', 'Expressversand Inland', 'Abholung Ticket Center' und 'Abholung L*****' zur Auswahl – im Rahmen der Warenkorbansicht den Preis für die angeklickte Versandoption separat ausgewiesen erhält, so etwa 'print@home EUR 2,50' […], bevor er zur Übersichtsseite vor Bestellabschluss gelangt, auf der neben dem Ticketpreis und der Bearbeitungsgebühr die konkret anfallenden 'Service- und Versandkosten' nochmals gesondert aufgelistet und summiert werden […]. Erst danach wird die Bestellung finalisiert, indem der Kunde den Button 'KAUFEN' anklickt. Darüber hinaus sind […] die Versandoptionen samt Kosten in den AGB der Beklagten dargestellt ('Wie hoch sind die Service- und Versandkosten?' bzw 'Welche Versandarten und Abholmöglichkeiten stehen zur Verfügung und wie hoch sind die Gebühren?' […]).“
Rechtlich trat das Berufungsgericht der Ansicht des Erstgerichts, die Klauseln seien allesamt Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in AGB oder Vertragsformblättern, die für den Konsumenten nachteilig seien und mit denen er nicht zu rechnen brauche, entgegen. Für eine Subsumtion der Klauseln unter die Bestimmung des § 864a ABGB fehle es an dem Überrumpelungseffekt. Ob die Klauseln ungewöhnlichen Inhalts und/oder für den Partner des Verwenders nachteilig seien, könne dahingestellt bleiben, weil der Partner nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild des Bestellportals und der Ausgestaltung des Bestellvorgangs mit den für die unterschiedlichen „Versandoptionen“ von der Beklagten verlangten Kosten rechnen müsse, die noch vor Abschluss des Bestellvorgangs der Höhe nach für die gewählte Zustellart unter der Überschrift „Service- & Versandkosten“ ausgewiesen würden, und zwar mit dem gleichen Auffälligkeitswert wie der Ticketpreis und die Bearbeitungsgebühr und die letztlich zu bezahlende Gesamtsumme. Einem durchschnittlich sorgfältigen Leser müssten daher die gerügten Bestimmungen vor Vertragsabschluss in die Augen fallen.
Alle Klauseln seien aber gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die Hauptleistung der Beklagten bestehe darin, die dem Veranstalter gehörigen Eintrittskarten an den Kunden auf die von diesem online gewünschte Art zu vermitteln. Dass der Kunde die vermittelten Tickets auch in irgendeiner Form zur Verfügung gestellt bekomme, sei als Nebenpflicht der Beklagten aus dem Vermittlungsvertrag zu beurteilen, das hierfür in den Klauseln verlangte Entgelt sei damit kontrollfähig iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Erfüllungsort bei der Hinterlegung der Tickets zur Abholung sei der Ort, an dem die Beklagte nach Wahl des Kunden die Abholung anbiete. Der Verkäufer habe nach § 1063a ABGB die Kosten für das „abholbereite Bereitstellen“ zu tragen. Dass die Beklagte ihren Kunden mit den Klauseln 3 bis 5 Gebühren für die Hinterlegung der Tickets zur Abholung verrechne, weiche vom dispositiven Recht ab. Mangels sachlicher Rechtfertigung hierfür seien diese Klauseln gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Auch bei den Klauseln 1 und 2 müsste nach dem dispositiven Recht des § 1063a ABGB die Beklagte die Kosten dafür tragen, dass sie dem Kunden die Tickets zum Ausdruck oder zum Versand auf das Mobiltelefon zur Verfügung stelle, und zwar unabhängig davon, ob man von einer Hol- oder Schickschuld ausgehe. In beiden Fällen wäre der Kunde nur verpflichtet, die „Transportkosten“, also allenfalls die Kosten für die Übermittlung der Daten, zu zahlen. Dass der Beklagten Kosten für den Datentransfer bei „print@home“ und „mobile tickets“ entstünden, bringe sie gar nicht vor. Jedenfalls müsse der Kunde nicht die Kosten für die dahinterstehende Technologie ersetzen. Auch die Klauseln 1 und 2 seien daher gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
Die Unangemessenheit aller fünf Klauseln zeige sich auch daran, dass das von der Beklagten verrechnete Zusatzentgelt für die der Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten (Zurverfügungstellung der Tickets) dienenden Leistungen der Regel- und nicht bloß der Ausnahmefall sei und der Kunde keine Möglichkeit habe, ohne weitere Kosten zu dem vermittelten Ticket zu kommen.
Das Berufungsgericht ließ die Revision aufgrund der Bedeutung der streitgegenständlichen Klauseln für eine größere Anzahl von Kunden und damit Verbrauchern zu.
In ihrer dagegen aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Revision beantragt die Beklagte die Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinn einer Klagsabweisung hinsichtlich sämtlicher Klauseln; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig.
Sie ist auch teilweise berechtigt.
I. Die Verneinung einer Verletzung des § 864a ABGB durch das Berufungsgericht aus dem Grund, dass keine Überrumpelung der Verbraucher vorliege, erachtet der Senat als zutreffend; der Kläger vermag hiergegen in der Revisionsbeantwortung nichts Überzeugendes einzuwenden. Es kann nach § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden. Die Begründungserleichterung nach § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO ist im Weg der Analogie auch auf Fälle anzuwenden, in denen der Oberste Gerichtshof das Berufungsurteil zwar nicht bestätigt (was nach dem Wortlaut der Bestimmung Voraussetzung ihrer Anwendung wäre), sich aber die Behandlung bestimmter Anspruchsgrundlagen oder Einwendungen durch das Berufungsgericht als zutreffend erweist (vgl 9 ObA 61/02i; 10 ObS 149/10z [in Punkt 3.]; 2 Ob 13/14x [in Punkt 2.6.] ua).
II. Der Kläger stützt hinsichtlich sämtlicher fünf Klauseln sein Unterlassungsbegehren auch darauf, dass die Preisgestaltung der Beklagten intransparent wäre. Der Verbraucher werde bei der Buchung der Veranstaltungskarten in vielen Fällen eine kurze Internetrecherche zum Preisvergleich durchführen, im Rahmen dieser Recherche jedoch nicht sämtliche Buchungsschritte bis zum Ende vornehmen und so die zusätzlichen erst im Laufe der Buchung hinzukommenden Gebühren und den tatsächlich zu bezahlenden Endpreis bei einer Buchung bei der Beklagten zunächst nicht erfahren. Er werde vielmehr lediglich die vorab ausgewiesenen Preise vergleichen. Durch die beanstandeten, erst im Laufe der Buchung hinzukommenden und den Endpreis entsprechend erhöhenden Gebühren trete die Beklagte intransparent mit einem geringeren Preis an den Kunden heran und ermögliche diesem keinen effektiven Preisvergleich.
Dem ist zu erwidern, dass sowohl die beanstandeten fünf Klauseln leicht verständlich als auch der Bestellvorgang transparent ist, weshalb die Verbraucher letztlich (auch) genau wissen, wieviel sie für die Eintrittskarte insgesamt zahlen müssen und wieviel ihnen die gewählte Zustellung kostet. Im Fernabsatz und E‑Commerce ist die Verrechnung von Versandkosten üblich, was auch aus den Bestimmungen des § 4 Abs 1 Z 4 iVm Abs 5 FAGG und des § 5 Abs 2 ECG hervorleuchtet. Aus § 4 Abs 1 Z 4 FAGG ist im Übrigen abzuleiten, dass grundsätzlich die Kosten der Versendung mit einem gesonderten Betrag auszuweisen sind (vgl Dehn in Schwimann/Kodek , ABGB 4 Va § 4 FAGG Rz 14). Auch rechnet der durchschnittliche Verbraucher durchaus damit, dass ihm bei der Online-Bestellung einer Ware (moderate) Versandkosten anfallen (vgl Ernst in Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht2 § 1 PAngV Rz 37), somit gerade nicht damit, dass ein bloßer Vergleich von „Grundpreisen“ bereits eine sichere Aussage darüber zulässt, welcher Anbieter der Günstigste ist.
Auf eine Intransparenz der Preisgestaltung lässt sich das Klagebegehren damit nicht stützen.
Zu § 879 Abs 3 ABGB:
III. Eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist nach § 879 Abs 3 ABGB jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.
Für die Klauselkontrolle sind alle Umstände des Falles zu berücksichtigen. Es reicht nicht aus, dass eine Klausel den anderen benachteiligt, sondern die Benachteiligung muss (unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles) gröblich sein. Bei der
Abweichung einer Klausel von
dispositiven Rechtsvorschriften liegt gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners schon dann vor, wenn sie unangemessen ist (RIS‑Justiz RS0016914 [T1]). Liegt kein dispositives Recht vor, entspricht die Gröblichkeit der Benachteiligung iSv Abs 3 hingegen der Auffälligkeit des Leistungswertmissverhältnisses iSv § 879 Abs 2 Z 4 ABGB. Diesfalls kommt es somit auf dass Vorliegen einer übermäßigen, leicht erkennbaren Äquivalenzstörung, die nicht durch die besonderen Umstände des Falles gerechtfertigt ist, an (Krejci in Rummel/Lukas, ABGB4 § 879 Rz 358, 381 mwN).
Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen (RIS‑Justiz RS0037797; RS0039939). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 879 Abs 3 ABGB muss im Verbandsprozess damit der Verband unter Beweis stellen.
III.1. Im vorliegenden Fall können die Verbraucher bei der Beklagten Tickets (Eintrittskarten) für Theater, Konzerte, Sportveranstaltungen und dergleichen erwerben. Veranstalter der Theater, Konzerte usw ist unstrittig ein Dritter (also nicht die Beklagte).
Mit Eintrittskarten ist nach Art der unvollkommenen Inhaberpapiere ein übertragbares Recht des Inhabers gegen den Aussteller (hier: Veranstalter der Theater, Konzerte usw) verknüpft (Ehrenzweig/Mayrhofer, Schuldrecht AT3 246 f; zu Fahrkarten vgl 2 Ob 206/11z [in Punkt 2.3.]). Der Aussteller einer Eintrittskarte gibt zu erkennen, dass er dem jeweiligen Inhaber zur Leistung verpflichtet sein will (Richardi, Wertpapierrecht 72, 93 f). Die Eintrittskarten haben in der Regel Wertpapiercharakter, weil die in ihnen verbriefte Forderung nach den Verkehrsgepflogenheiten nur unter Vorlage des Papiers geltend gemacht werden kann (Marburger in Staudinger [2015] § 807 BGB Rz 2). Eintrittskarten sind damit wertpapierähnlich (Ehrenzweig/Mayrhofer, Schuldrecht AT3 247), sofern sie nicht im Einzelfall sogar tatsächlich ein Wertpapier sein sollten (vgl Keinert, Handbuch des Wertpapierrechts nach österreichischem und deutschem Recht I Rz 132: „zumeist Wertpapiere“).
All dem entspricht, dass Eintrittskarten – so wie auch Wertpapiere (Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 1054 Rz 8; Apathy/Perner in KBB5 § 1054 Rz 3; vgl auch Philadelphy, Zur Gewährleistung beim Erwerb von Wertpapieren, in Welser [Hrsg], Haftung bei Wertpapierveräußerung II [2017] 71 [75 f]) – Gegenstand eines Kaufs sein können (zumindest implizit:
6 Ob 160/00y; 9 Ob 86/15k [in Punkt 4.2.]; zur Weitergabe durch anschließendes Tauschen, Verkaufen oder Schenken vgl VwGH 2005/15/0117; zum dt Recht vgl jüngst Wilkens/Müller-Eiselt, Rechtsnatur und Weiterveräußerbarkeit von Eintrittskarten, SpuRt 2018, 46 mwH).
III.2. Einem „Ticketservice“, wie es die Beklagte betreibt, liegt entweder ein Kommissionärsmodell zugrunde, bei dem das Ticketservice als Kommissionär der Veranstalter tätig wird und es den Verkauf der Eintrittskarten im eigenen Namen für Rechnung der Veranstalter durchführt. Oder das Ticketservice verkauft die Eintrittskarten ausschließlich im Namen und für Rechnung der Veranstalter, wofür es sich von diesen Vertretungsmacht einräumen lässt (dt Bundeskartellamt B 6 35/17 = BeckRS 2017, 143034 Rz 21, 58).
III.3. Die AGB der Beklagten beginnen mit folgender Präambel (Beilage ./C; vgl RIS‑Justiz RS0121557 [T3]):
„Die C***** GmbH ist nicht selbst Veranstalter der angebotenen Veranstaltungen. Diese werden durch den jeweiligen Veranstalter durchgeführt, der auch Aussteller der Tickets ist. Die Leistungen im Zusammenhang mit dem Veranstaltungsbesuch schuldet ausschließlich der Veranstalter gegenüber dem Karteninhaber (Kunden). Möglicherweise gelten für diese rechtlichen Beziehungen eigene Allgemeine Geschäftsbedingungen des Veranstalters. Die C***** GmbH ist bei Veranstaltungen in Österreich lediglich Besorger, bei Veranstaltungen im Ausland lediglich Vermittler der Eintrittskarten, es sei denn, sie ist im Einzelfall ausdrücklich selbst als Veranstalter ausgewiesen. Mit der Bestellung von Tickets beauftragt der Kunde die C***** GmbH mit der Abwicklung des Kartenkaufes einschließlich Versand. Hinsichtlich des Kartenkaufes tritt der Kunde mit C***** GmbH in eine Vertragsbeziehung.“
Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte bei Veranstaltungen in Österreich die Eintrittskarten „besorgt“, bei Veranstaltungen im Ausland hingegen grundsätzlich nur „vermittelt“. Wenn nach dem letzten Satz der Präambel der Kunde „hinsichtlich des Kartenkaufes mit der Beklagten in eine Vertragsbeziehung tritt“ und zudem nach Punkt VII. der AGB Beilage ./C (vgl erneut RIS‑Justiz RS0121557 [T3]) die Beklagte sich bei einem Verbraucher „das Eigentum an der Kaufsache bis zur vollständigen Zahlung des Rechnungsbetrags vorbehält“, muss all dies dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte zumindest in Hinsicht auf Veranstaltungen in Österreich selbst als Verkäufer der Eintrittskarten gegenüber dem einzelnen Verbraucher als Käufer auftritt. Zumal den AGB nicht zu entnehmen ist, dass die Beklagte den jeweiligen Veranstalter lediglich vertreten würde, ist von einem Kommissionärsmodell auszugehen. Soweit die Vorinstanzen davon ausgehen, die Beklagte sei lediglich Vermittler, vermag sich der Senat dem daher nicht anzuschließen.
III.4. Die Ausnahme von der im § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle – die Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten – ist möglichst eng zu verstehen (RIS‑Justiz RS0016908 [T24]). Hauptleistungspflicht des Verkäufers beim Kaufvertrag ist die Übereignung der Kaufsache. Wie noch zu zeigen sein wird, liegt hier in Hinsicht auf die Klauseln 1 bis 4 ein Versendungskauf vor, in Hinsicht auf die Klausel 5 eine Holschuld. Wenn die Beklagte für die Versendung der Eintrittskarten eine Gebühr verlangt (Klauseln 1 bis 4), so betrifft dies allein eine Nebenleistung iSd § 879 Abs 3 ABGB. Gleiches gilt, wenn sie für das Bereitstellen der Eintrittskarten in einem ihrer Servicecenter eine Gebühr verlangt (Klausel 5). Nebenleistungen sind durch § 879 Abs 3 ABGB von der Inhaltskontrolle nicht ausgenommen, sodass die Zulässigkeit der fünf Klauseln anhand dieser Bestimmung zu prüfen ist.
III.5. In Ermangelung einer abweichenden, sich allenfalls auch aus der Natur oder dem Zweck des Geschäfts ergebenden Vereinbarung ist im Zweifel der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners nach § 905 Abs 1 ABGB der Erfüllungsort und damit eine Holschuld gegeben (Welser/Zöchling-Jud, Bürgerliches Recht II14 Rz 150; Bollenberger in KBB5 § 905 ABGB Rz 4; Aichberger-Beig in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 ErgBd § 905 ABGB Rz 41). Schon die Fülle der verschiedenen Alternativen, zum Ticket zu kommen, die etwa eine Abholung in einem Servicecenter der Beklagten, eine Zusendung nach Hause oder eine Abholung bei der Abendkasse ermöglichen, zeigt, dass sich im vorliegenden Fall aus der Natur oder dem Zweck des Geschäfts nicht zwingend ein Erfüllungsort ableiten lässt. Mag auch bei online abgeschlossenen Kaufverträgen im Regelfall ein Versendungskauf vorliegen (Janisch in Jahnel/Mader/Staudegger, IT-Recht3 88), wäre doch im Zweifel in der hypothetischen Situation, dass ein Verbraucher keine Wahl zwischen den ihm angebotenen Varianten, zum Ticket zu kommen, getroffen hat, davon auszugehen, dass der Sitz der Beklagten bzw der Ort ihrer Niederlassung, zu der die engste Beziehung besteht (Aichberger-Beig in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 ErgBd § 905 ABGB Rz 42), der Erfüllungsort ist. Nach der Vorschrift des § 905 Abs 2 ABGB wäre nämlich selbst bei Übernahme der Kosten der Versendung durch die Beklagte als Schuldnerin daraus allein noch nicht zu folgern, dass der Ort, an den die Versendung zu erfolgen hat, für die Beklagte als Erfüllungsort zu gelten hat (Aichberger-Beig in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 ErgBd § 905 ABGB Rz 23, 45). Dies muss umso mehr gelten, wenn es – wie hier nach der vertraglichen Vereinbarung in den Klauseln – der Käufer (Gläubiger) ist, der die Kosten der Versendung übernimmt.
III.6. Eine andere Frage ist, wer die Versendungskosten zu tragen hat. Wie oben begründet ist Kaufrecht anzuwenden. Nach der kaufrechtlichen Bestimmung des § 1063a HalbS 2 ABGB fallen die „Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache an einen anderen Ort als den Erfüllungsort“ dem Käufer zur Last. Weil beim Versendungskauf der Verkäufer dem Käufer an einen anderen Ort als den Erfüllungsort die Ware zuzusenden hat, treffen nach allgemeiner Ansicht den Käufer die Versendungskosten (Schauer in Krejci, Reform-Kommentar § 1063a ABGB Rz 1; Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1063a Rz 3 uva).
III.7. Dass beim Versendungskauf der Käufer die Versendungskosten zu tragen hat, gilt auch nach dem Inkrafttreten des VRUG, weil mit der neu eingeführten– Art 20 Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU ) umsetzenden – Regelung des § 7b KSchG über den
Gefahrenübergang bei Übersendung der Ware keine Änderung des Erfüllungsorts verbunden ist (Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4 Va § 7a KSchG 3; Verschraegen in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.05 § 1063a Rz 4; implizit auch P. Bydlinski, Allgemeines Verbrauchervertragsrecht, in P. Bydlinski/Lurger, Die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher [2012] 99 [116: Österreich kann Grundsatz der Holschuld nach § 905 Abs 1 ABGB beibehalten]; aA Kronthaler/Schwangler, Zum Erfüllungsort beim Versendungskauf, ÖJZ 2016, 437 ff; dies, Versendungskauf und Werklieferungsverträge nach österreichischem und deutschem Verbraucherrecht, ZfRV 2017, 280 ff). Dies folgt bereits daraus, dass der Ort und die Modalitäten der Lieferung und die Regeln für die Bestimmung der Bedingungen und des Zeitpunkts des Übergangs des Eigentums an den Waren von der Verbraucherrechte-Richtlinie zufolge von deren Erwägungsgrund 51 Satz 3 gerade nicht berührt werden, sondern weiterhin dem einzelstaatlichen Recht unterliegen. Damit geben die Verbraucherrechte-Richtlinie und ihre Umsetzung durch das VRUG keine Veranlassung, den Erfüllungsort beim Versandhandel mit Verbrauchern abweichend vom allgemeinen Zivilrecht zu bestimmen.
III.8. Auch wenn der Verkäufer den Transport selbst oder mit eigenen Leuten durchführt, kann er nach § 1063a ABGB die Versendungskosten vom Käufer verlangen (Grunewald in Erman, BGB15 I § 448 Rz 3; Faust in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK‑BGB44 § 448 Rz 6 vgl auch Apathy in Jabornegg/Artmann, UGB2 § 396 Rz 13). Diesfalls dürfen aber die dem Käufer in Rechnung gestellten Kosten jenen Betrag nicht überschreiten, den der Verkäufer aufzuwenden hätte, würde er den Transport nicht selbst durchführen, sondern damit ein Transportunternehmen beauftragen (vgl Faust aaO § 447 Rz 24).
III.9. Auch die Kosten einer elektronischen Zurverfügungstellung einer Ware sind Kosten der Versendung (vgl Lütcke, Fernabsatzrecht § 312c Rz 37).
III.10. Es ist zulässig, einen
Aufwand- bzw Kostenersatzanspruch bereits vorweg festzulegen, was eine
Pauschalierung voraussetzt. Dass Kosten pauschal abgegolten werden, ändert am Charakter der Abgeltung als Aufwand- bzw Kostenersatz nichts, sofern die Pauschalzahlungen nicht unrealistisch hoch angesetzt wurden (4 Ob 126/16g [in Punkt 3.3. mwN]; 4 Ob 143/17h [in Punkt 2.3. mwN]).
All dies bedeutet für die einzelnen fünf Klauseln:
III.11.1. Die Klausel Nr 1 ermöglicht dem Verbraucher, die Eintrittskarte selbst auszudrucken (und damit über diese sofort verfügen zu können), wofür ihm 2,50 EUR abverlangt werden.
Die Beklagte hat dazu unter anderem auch vorgebracht, dass sie für diese Möglichkeit einer Zustellung erst aufwendig eine Software entwickeln habe müssen, was mehrere hundert Tausend Euro gekostet habe. Zusätzlich zur Software-Entwicklung habe Vorsorge getroffen werden müssen und sei auch nach wie vor dafür erforderlich, „dass jedes einzelne Ticket für eine Veranstaltung mit einem uniquen Barcode versehen wird; dass das Ticket in ein auf einem A4-Drucker darstellbares Layout gebracht wird; dass Ticket & Barcode elektronisch zugestellt werden können; dass bei der Veranstaltung dann auch spezielle Barcode-Lesegräte und entsprechendes Personal von der beklagten Partei bereitgestellt wird; und dass das Ticket in Echtzeit elektronisch erfasst und im System verifiziert bzw abgelehnt werden kann.
Der Kläger hat dieses Vorbringen nicht substantiiert bestritten, sondern sich auf den rechtlichen Standpunkt gestellt, dass die „Investitionen“ der Beklagten in ihren Betrieb per se keine Rechtfertigung für die Überwälzung der im Interesse des Unternehmens stehenden Kosten auf die Verbraucher bilden könnten. Damit ist aber das Vorbringen der Beklagten in tatsächlicher Hinsicht als unstrittig zu betrachten. Es ist prozessual unbedenklich,
unstrittiges Vorbringen ohne Weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen. Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht (2 Ob 173/12y [in Punkt 1.2.]; 2 Ob 237/14p [in Punkt 3.]).
Es ist jedoch zwischen den Kosten des Produkts und den Kosten der Versendung des Produkts an den Käufer zu unterscheiden. Erstere abzudecken dient der Kaufpreis, nur hinsichtlich letzterer darf der Verkäufer nach § 1063a ABGB einen (wenn gewünscht auch pauschalierten) Aufwandersatz verlangen (vgl Strasser in Rummel, ABGB3 §§ 1014 f Rz 3). Gleichgültig, für welche der insgesamt sieben Varianten sich der Käufer entscheidet, verfügt er letztlich über eine Eintrittskarte. Wie sich die Eintrittskarte gestaltet, ist für ihn ohne Relevanz. Es wird bei Gewährung des Einlasses auch kein Unterschied gemacht, wie er die Eintrittskarte bezog. Zumal die Übereignung der Eintrittskarte (welche das Recht, an der Veranstaltung als Zuseher teilzunehmen, verbrieft) Hauptleistungspflicht der Beklagten als Verkäuferin ist, können sämtliche Kosten, welche mit der Gestaltung der Eintrittskarte einhergehen, keine Kosten der Versendung iSd § 1063a ABGB sein, möge es auch erforderlich sein, die Eintrittskarte so zu gestalten oder umzugestalten, dass sie der Käufer problemlos zu Hause ausdrucken kann. Verrechenbar (im Wege eines pauschalierten Aufwandersatzes) sind nur jene Kosten, die die Versendung selbst betreffen. Auf diesem Weg dürfen dem Käufer nicht Ersatz für Kosten abverlangt werden, die der Verkäufer auch ohne Versendung hätte (vgl Rubin in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.03 § 1014 Rz 7; Apathy in Jabornegg/Artmann , UGB 2 § 396 Rz 12). Es ist damit das (pauschale) Vorbringen der Beklagten, sie hätte für die Ermöglichung der Zustellart „print@home“ erst aufwendig eine Software entwickeln müssen, was mehrere hundert Tausend Euro gekostet habe, erörterungsbedürftig.
Das Gericht darf die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung
überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (RIS‑Justiz RS0037300). Das Verbot von Überraschungsentscheidungen gilt auch für den Obersten Gerichtshof (Rassi in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 §§ 182, 182a ZPO Rz 99 mwN). Es ist daher notwendig, dass das Erstgericht die Rechtslage mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit gegeben wird, angesichts der Rechtslage erheblich erscheinendes Vorbringen zu erstatten und entsprechende Beweisanbote zu machen. Im weiteren wird das Erstgericht über das Vorbringen der Streitteile ein Beweisverfahren durchzuführen und den Sachverhalt festzustellen haben.
Keinesfalls unter § 1063a ABGB fallen jedenfalls jene Kosten, die dadurch entstehen, dass „bei der Veranstaltung dann auch spezielle Barcode-Lesegräte und entsprechendes Personal von der beklagten Partei bereitgestellt wird; und dass das Ticket in Echtzeit elektronisch erfasst und im System verifiziert bzw abgelehnt werden kann“. Diese Kosten gehen der Versendung nach; sie fallen selbst dann an, wenn der Ticketkäufer zur Veranstaltung nicht erscheint.
III.11.2. Das soeben zur Klausel 1 Ausgeführte gilt sinngemäß für die Möglichkeit, dass dem Käufer gegen einen Betrag von 2,50 EUR ein elektronisches Ticket zur Verfügung gestellt wird (Klausel 2). Auch in Bezug auf diese Klausel hat die Beklagte (erkennbar) vorgetragen, enorme EDV-Kosten gehabt zu haben, ohne dass aber dabei unterschieden worden wäre, inwiefern diese die eigentliche (elektronische) Zusendung oder aber die Gestaltung des Produkts (Ticket) betrafen. Auch in Hinsicht auf diese Klausel erscheint daher die Rechtssache noch nicht spruchreif.
III.11.3. Die Klausel Nr 3 bietet die Möglichkeit, die Karte an der Abendkasse abzuholen, wofür dem Verbraucher 2,90 EUR abverlangt werden. Die Abendkasse befindet sich am jeweiligen Veranstaltungsort, somit nicht am Sitz der Beklagten oder in einer ihrer Niederlassungen. Die Beklagte muss daher die Eintrittskarten erst an diesen Ort verbringen, das heißt iSd § 1063a ABGB an einen anderen Ort versenden. Ein „anderer Ort als der Erfüllungsort“ iSd § 1063a ABGB (sowie auch der Bestimmung des § 905 Abs 3 ABGB) ist nämlich jeder vom Gläubiger bestimmte, vom Sitz des Schuldners oder einer seiner Niederlassungen verschiedene Ort, mag es sich dabei auch nicht um den Sitz des Gläubigers handeln (idS Aichberger-Beig in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 ErgBd § 905 ABGB Rz 53). Damit muss nach § 1063a ABGB der Käufer die Kosten der Versendung zur Abendkasse übernehmen.
Die Feststellungen lassen nicht erkennen, ob das Ticket von der Beklagten der Abendkasse physisch übermittelt oder erst dort ausgedruckt wird. Im ersteren Fall würde der hierfür verlangte – als pauschalierter Kostenersatz zu betrachtende – Betrag von 2,90 EUR nicht von vornherein unrealistisch hoch erscheinen, wären doch auch in jenem Fall, dass die Beklagte das Ticket an einen Postdienstleister übergibt und diesen mit der Überbringung an die Abendkasse beauftragt, gewisse Kosten verbunden. Diesfalls stünde es der Klägerin – was mit den Parteien noch nicht erörtert wurde – frei, unter Beweis zu stellen, dass die von einem Dritten für die Übermittlung an die Abendkasse verlangten Kosten jene, die die Beklagte den Verbrauchern für ebendieses abverlangt, erheblich unterschreiten.
Sollten es hingegen allein Daten sein, die an die Abendkasse übermittelt werden und unter Verarbeitung dieser sodann an Ort und Stelle das Ticket hergestellt (ausgedruckt) werden, wäre nicht ersichtlich, welche Versendungskosten die Beklagte haben sollte. Namhafte Kosten der Erstellung einer Software hat sie in Hinsicht auf diese Klausel nicht vorgebracht, ebenso wenig hat sie – wie bereits vom Berufungsgericht ins Treffen geführt – vorgebracht, dass sie hierdurch (ins Gewicht fallende) Datentransferkosten hätte. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wird insoweit in der Revision nicht behauptet.
III.11.4. Selbiges wie für die Klausel Nr 3 gilt für die Klausel Nr 4, wonach sich der Verbraucher für eine Abholung der Eintrittskarte in einer L*****-Filiale seiner Wahl entscheiden kann. Auch hier ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, ob die Beklagte die Eintrittskarte physisch an die vom Käufer gewählte L*****-Filiale (und damit an einen vom Erfüllungsort verschiedenen Ort) sendet oder ob sie erst dort ausgedruckt wird.
III.11.5. Bereits spruchreif ist allein die Klausel Nr 5, wonach der Verbraucher für die Abholung in einem „o***** Center“ – also an dem Sitz oder zumindest einer Niederlassung der Beklagten – 1,90 EUR zahlen muss. Mangels einer anderen – auf Versendung oder gar Bringschuld lautenden – Vereinbarung hat der Käufer die Kaufsache beim Verkäufer abzuholen, letzter aber die damit korrespondierende Verpflichtung, die Übernahme der Sache durch
Bereitstellen zu ermöglichen (Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1062 Rz 22). § 1063a ABGB beruht – wie die ihm als Vorbild dienende Bestimmung des § 448 BGB (Grunewald in Erman, BGB15 I § 448 Rz 1; Beckmann in Staudinger [2013] § 448 BGB Rz 2; Westermann in Münchener Kommentar zum BGB7 § 448 Rz 3) – auf der Grundüberlegung, dass der Verkäufer die Kosten für die Handlungen tragen soll, die er schuldet. Somit hat die Beklagte als Verkäuferin die mit der Bereitstellung der Ware (Ticket) zur Abholung in einem ihrer Servicecenter einhergehenden Kosten zu tragen (Binder/Spitzer in Schwimann/Kodek, ABGB4 IV § 1063a Rz 3; Grunewald in Erman, BGB15 I § 448 Rz 4; Beckmann in Staudinger [2013] § 448 BGB Rz 6). Für die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung darf ein Verkäufer sich nicht vertraglich einen Kostenersatz versprechen lassen, zumal er ansonsten seine Hauptleistungspflicht – Übergabe der Kaufsache am Erfüllungsort – aushöhlen würde (vgl RIS‑Justiz RS0016908 [T5, T8, T10]). Die Klausel Nr 5 ist damit gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.
III.12. Zusammengefasst verstößt die Klausel Nr 5 gegen § 879 Abs 3 ABGB. Hinsichtlich der anderen vier Klauseln ist dem Erstgericht zur Beurteilung eines allfälligen Verstoßes gegen § 879 Abs 3 ABGB die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Es waren damit die Urteile der Vorinstanzen in Hinsicht auf die Klauseln 1 bis 4 aufzuheben und die Klagsstattgebung (Unterlassung, Urteilsveröffentlichung) in Hinsicht auf die Klausel 5 zu bestätigen.
IV. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)