OGH 9Ob70/18m

OGH9Ob70/18m27.9.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** W*****, 2. H***** W*****, beide *****, vertreten durch Dr. Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H***** S*****, vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in Graz, wegen 100.800 EUR sA und Feststellung (20.000 EUR), über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 1. August 2018, GZ 4 R 83/18k‑31, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00070.18M.0927.000

 

Spruch:

Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der klagenden Parteien wird einschließlich der Anträge auf Vorlage gemäß Art 89 B-VG und gemäß Art 267 AEUV zurückgewiesen.

 

Begründung:

Soweit revisionsrekursgegenständlich, beantragten die Kläger mit Einbringung ihrer Klage die Gewährung von Verfahrenshilfe und infolge des Auftrags des Erstgerichts, die Verfahrenshilfeanträge zu verbessern, die Führung eines von der Akteneinsicht durch den Beklagten ausgenommenen „Subakts“, weil die internen Vermögensverhältnisse der Kläger weder Angelegenheiten des Beklagten noch des Verfahrens seien.

Das Erstgericht wies die Anträge ab (Spruchpunkt 1. bis 3.) und unterbrach über Antrag des Beklagten das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Verfahrens des Landesgerichts Leoben 26 Cg 61/18s (Spruchpunkt 4.).

Der Verfassungsgerichtshof wies mit Beschluss vom 12. 6. 2018, G 136/2018‑6, den Parteiantrag der Kläger auf Normenkontrolle wegen vermeintlicher Verfassungswidrigkeit der §§ 68 Abs 2, 72 Abs 2 und 190 ZPO zurück (ON 30).

Das Rekursgericht wies den Antrag der Kläger auf Vorlage gemäß Art 89 Abs 2 B-VG zurück, gab dem gegen den erstgerichtlichen Beschluss gerichteten Rekurs der Kläger hinsichtlich der Spruchpunkte 1. bis 3. keine Folge, hinsichtlich des Spruchpunktes 4. dagegen Folge und wies den Unterbrechungsantrag ab. Die Kosten des Rekursverfahrens wurden gegeneinander aufgehoben. Der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig.

In ihrem dagegen gerichteten „außerordentlichen“ Revisionsrekurs werfen die Kläger zahlreiche Fragen zur Verfahrenshilfe, insbesondere im Zusammenhang mit der Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse, auf und beantragen die Stattgabe ihrer Anträge auf Erstellung eines „Subakts“ und auf Bewilligung der Verfahrenshilfe, weiter eine Änderung der Kostenentscheidung und die neuerliche Vorlage der Rechtssache gemäß Art 89 B-VG an den Verfassungsgerichtshof bzw gemäß Art 267 AEUV an den Europäischen Gerichtshof; hilfsweise stellen sie auch einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

1.  Gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO ist der Revisionsrekurs über die Verfahrenshilfe jedenfalls unzulässig. Nach dieser Bestimmung können Entscheidungen über die Verfahrenshilfe unabhängig von der Art der Erledigung des Rekursgerichts und selbst bei Vorliegen erheblicher Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 iVm § 502 Abs 1 ZPO nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS-Justiz RS0052781 [T9]; RS0036078 [T8]). Hiezu zählen Beschlüsse über die Bewilligung, die Erweiterung, das gänzliche oder teilweise Erlöschen und die Entziehung der Verfahrenshilfe, die Bewilligung oder Verweigerung der einzelnen Begünstigungen, ferner Entscheidungen über die Bestimmung der Kosten des zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalts und die Bewilligung von Vorschüssen an ihn oder die im selben Verfahren einer Lösung zugeführten Zuständigkeitsfrage (s RIS-Justiz RS0036078 [T2; T10]). Dem Obersten Gerichtshof kommt daher nicht nur über die Sachentscheidung, sondern auch über das Verfahren zur Bewilligung der Verfahrenshilfe keine Kognitionsbefugnis zu. Im Hinblick auf die Bestätigung der Abweisung des Antrags, einen Subakt anzulegen, läge aber auch ein Konformatsbeschluss des Rekursgerichts vor, gegen den ein Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist. Der Ausnahmetatbestand einer Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung aus formalen Gründen liegt nicht vor (s 9 Ob 59/18v).

2. Soweit sich die Kläger gegen den Kostenausspruch des Rekursgerichts richten, ist der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig (s auch RIS-Justiz RS0053407).

3. Ein Antrag einer Partei auf Befassung des Verfassungsgerichtshofs ist zurückzuweisen, weil den Parteien ein diesbezügliches Antragsrecht nicht zukommt (RIS-Justiz RS0056514; RS0058452). Das Gleiche gilt auch für die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs, weil die Parteien nur ein entsprechendes Ersuchen anregen können (RIS-Justiz RS0058452 [T17]). Auch bei einer Deutung der Anträge als bloße Anregung ist hier für Erwägungen zu einer Vorlage gemäß Art 89 B-VG bzw Art 267 AEUV kein Raum, weil der Revisionsrekurs über die bezughabende Verfahrenshilfe und die Kosten jedenfalls unzulässig und damit keiner Behandlung zugänglich ist.

4. Der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Kläger ist danach einschließlich der genannten Vorlageanträge zurückzuweisen.

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