Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Lebensgemeinschaft des Vaters und der Mutter endete im Dezember 2010, die gemeinsame Tochter lebt bei der Mutter. Der Vater beantragte neben der gemeinsamen Obsorge die Einräumung eines Besuchsrechts zur Tochter an jedem Wochenende gerader Kalenderwochen von Freitag, 16:00 Uhr bis Sonntag, 18:00 Uhr und zusätzlich an ungeraden Wochenenden ein Besuchsrecht am Samstag, von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Die Mutter sprach sich gegen den Besuchsrechtsantrag aus, weil der Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter durch den Vater bestehe.
In der Folge beantragte der Vater, der Mutter die Obsorge für die Tochter zu entziehen und sie ihm zu übertragen. Für die Dauer des Obsorgeverfahrens begehrt er - unter Aufrechterhaltung des ursprünglichen Besuchsrechtsantrags - ein vorläufiges Besuchsrecht im Umfang von wöchentlich drei Besuchskontakten im Rahmen eines Besuchscafés für einige Stunden unter Aufsicht. Es habe nie Übergriffe gegeben, die Tochter habe Vertrauen zum Vater. Hingegen verliere die Mutter immer mehr den Bezug zur Realität. Die Mutter begehrte die Abweisung dieser Anträge und stellte ihrerseits den Antrag auf Aussetzung der Besuchskontakte zwischen Vater und Tochter, weil eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls zu befürchten sei.
Das Erstgericht sprach mit dem angefochtenen Beschluss aus, dass dem Vater ein vorläufiges Besuchsrecht von vorerst einer Stunde wöchentlich zustehe, das im Rahmen eines Besuchscafés stattfinden solle. Das das vorläufige Besuchsrecht betreffende Mehrbegehren des Vaters wies das Erstgericht unangefochten ab. Es sprach weiters aus, dass die Auswahl des Besuchscafés und die Festsetzung der Besuchszeiten über Initiative des Vaters stattzufinden habe und die Kosten dafür von den Eltern zu gleichen Teilen zu tragen seien. Den Antrag der Mutter auf Aussetzung des Besuchsrechts wies das Erstgericht ab. Es behielt sich die Entscheidung über das endgültige Besuchsrecht und über den Obsorgeantrag vor. Das Erstgericht stellte fest, dass am 26. 4. 2011 bei der Tochter die Diagnose „Verdacht auf sexuelle Gewalt“ erstellt wurde. Rechtlich führte es aus, dass die Annahme, wonach sexuelle Gewalt vom Vater ausgeübt worden sei, mehr als zu hinterfragen sei. Es sei mit einer längeren Dauer des strafgerichtlichen wie des pflegschaftsgerichtlichen Verfahrens zu rechnen. Sollte sich der Vorwurf gegen den Vater im noch anhängigen Strafverfahren als unberechtigt herausstellen, würde durch die monatelange Unterbrechung des Besuchskontakts ein nicht mehr gutzumachender Schaden in der Beziehung zwischen Vater und Tochter entstehen. Umgekehrt sei, solange der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs nicht entkräftet sei, nicht an unbegleitete Besuchskontakte zu denken. Durch Kontakte im Besuchscafé sei jedenfalls ein geschützter Rahmen hergestellt und die Sicherheit des Kindes gewährleistet, sodass auch der Einwand einer möglichen weiteren Traumatisierung der Tochter nicht greife.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter gegen diesen Beschluss nicht Folge. Gerade bei sehr kleinen Kindern sei die Häufigkeit von Besuchskontakten wichtiger als deren Dauer und wirke sich eine Unterbrechung der Besuchskontakte nachhaltig auf die Beziehung zwischen dem Elternteil und dem Kind aus. Die Schlussfolgerung der Mutter, dass eine dauerhafte Schädigung des Verhältnisses der Tochter zum Vater im Fall einer Aussetzung des Besuchsrechts nicht zu erwarten sei, treffe nicht zu. Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass der Vater auf die erst knapp mehr als zweijährige Tochter im Rahmen einer Besuchsrechtsausübung Druck ausüben könnte, um eine für ihn ungünstige Aussage zu unterbinden. Selbst wenn es durch eine Missbrauchshandlung zu einer Traumatisierung der Tochter gekommen sein sollte, bedeutete dies nicht zwangsläufig, dass weitere Kontakte zum Vater dem Kindeswohl abträglich wären. Im Rahmen begleiteter Besuchskontakte bestehe auch die Möglichkeit, die Reaktionen der Tochter durch geschulte Besuchsbegleiter zu beobachten und entsprechend zu reagieren. Die Rechtsansicht des Erstgerichts über Ausmaß und Form des Besuchsrechts sei daher zu billigen. Ein von Amts wegen angeordnetes begleitetes Besuchsrecht dürfe schließlich nicht an der Frage der Kostentragung scheitern. Aus dem Prinzip der Wahrung des Kindeswohls ergebe sich daher in einem solchen Fall die Kompetenz des Pflegschaftsgerichts auch zur Regelung der Kostentragung.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob das Pflegschaftsgericht die Kompetenz habe, darüber zu entscheiden, wer die Kosten der Besuchsbegleitung, die keine Verfahrenskosten iSd § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG seien, zu tragen habe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der vom Vater beantwortete Revisionsrekurs der Mutter.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs erweist sich, soweit er sich gegen die Entscheidung über die Anträge der Mutter auf Aussetzung des Besuchsrechts des Vaters und über den Besuchsrechtsantrag des Vaters richtet, entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage als unzulässig. Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts im Kostenpunkt richtet, ist er gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig.
I. Zum Besuchsrecht:
Ob, in welchem Ausmaß und unter welchen Bedingungen, einem Elternteil das Besuchsrecht einzuräumen ist, ist grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls abhängig, ohne dass eine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage zu lösen wäre (RIS-Justiz RS0097114; RS0087024). Eine krasse Fehlbeurteilung, die eine Korrektur der rekursgerichtlichen Entscheidung erforderlich erscheinen ließe, ist nicht zu erkennen. Steht wie hier der bloße Verdacht eines dem Kindeswohl widersprechenden Fehlverhaltens des nicht betreuenden Elternteils im Raum, der bisher nicht verifiziert werden konnte, haben die Gerichte nach ihrem - am Kindeswohl zu orientierenden (RIS-Justiz RS0047782) - Ermessen zu beurteilen, ob die dennoch verbliebenen Verdachtsmomente im Sinn eines „qualifizierten“ Verdachts so groß sind, dass es eher angezeigt erscheint, die Elternrechte des betroffenen Elternteils durch erhebliche Beschränkungen des Besuchsrechts zu reduzieren, als das Risiko eines neuerlichen (gleichartigen) Fehlverhaltens zum Nachteil des Kindes in Kauf zu nehmen (1 Ob 207/10p mwH). Die Vorinstanzen haben hier auf das Wohl des Kindes umfassend Bedacht genommen und begründet dargelegt, dass selbst unter der Annahme, dass die - im Revisionsrekurs im Wesentlichen wiederholten - Vorwürfe der Mutter zutreffend wären, gerade ein begleitetes Besuchsrecht ebenso Schutz vor Übergriffen wie vor Beeinflussung des Kindes durch den Vater bietet. Geschulte Besuchsbegleiter seien, worauf das Berufungsgericht hingewiesen hat, auch am ehesten in der Lage, ein - von der Revisionsrekurswerberin behauptetes - auffälliges Verhalten der Tochter zu beobachten, wodurch das Kindeswohl am bestmöglichen gewahrt werden könne. Der Revisionsrekurs ist daher mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG als unzulässig zurückzuweisen.
II. Zur Entscheidung im Kostenpunkt:
1. Der Rechtsmittelausschluss des § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG erstreckt sich nach ständiger Rechtsprechung auf sämtliche Entscheidungen, mit denen in irgendeiner Form (auch „nur“ dem Grunde nach) über Kosten abgesprochen wird (RIS-Justiz RS0044233; RS0111498; RS0044110). So wurden in der Rechtsprechung nicht nur Entscheidungen über die Kosten der Partei und ihres Vertreters im Verfahren, sondern unter anderem auch solche über das Entgelt des Kurators, des Sachwalters oder des Vormunds, sowie über die Entschädigung des Vereins für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft als Entscheidungen „über den Kostenpunkt“ angesehen (Fucik/Kloiber, AußStrG § 62 Rz 4 mwH). Dies betrifft nicht nur die Bemessung der Höhe solcher Kosten, sondern auch die Frage, von wem, aus welchem Vermögen und für welche Leistungen diese Kosten vorschussweise oder endgültig zu tragen sind (RIS-Justiz RS0007696). So wurde bereits ausgesprochen, dass auch die Entscheidung, mit der einem Elternteil der Ersatz von aus Amtsgeldern bezahlten Kosten einer Beratungsstelle auferlegt wird, die bei der Ausübung des Besuchsrechts entstanden sind, den Kostenpunkt betrifft (5 Ob 115/99v).
2. Die Materialien zur Vorläuferbestimmung des § 111 AußStrG 2005, dem § 185c AußStrG idF KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135, erwähnen die Kosten des Besuchsbegleiters ausdrücklich und enthalten auch Überlegungen über eine Erweiterung der Verfahrenshilfe, um die Kosten des Besuchsbegleiters abzufedern (296 BlgNR 21. GP, abgedruckt bei Fucik/Kloiber aaO § 111, 363 f). Der Besuchsbegleiter ist auch keine verfahrensfremde Person, sondern ist gemäß § 111 Satz 3 AußStrG die in Aussicht genommene Person oder Stelle am Verfahren zu beteiligen. Dem Besuchsbegleiter kommt damit eine Stellung zu, die jener der in § 43 Abs 1 ZPO genannten Personen sehr nahe ist. Es spricht daher einiges dafür, die durch die Besuchsbegleitung entstehenden Barauslagen der Bestimmung des § 78 Abs 3 AußStrG zu unterstellen, zumal sich gemäß § 107 Abs 3 AußStrG keine Ersatzansprüche gemäß § 78 Abs 2 AußStrG ergeben.
3. Aus all dem ergibt sich, dass es sich bei der Entscheidung darüber, wer die Kosten der Besuchsbegleitung zu tragen hat, um eine solche „über den Kostenpunkt“ iSd § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG handelt (so bereits 2 Ob 143/11k; 2 Ob 207/11x). Der Revisionsrekurs der Mutter war daher in diesem Umfang als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
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