Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Zwischen den Streitteilen ist zu 3 C 53/05m des Bezirksgerichts Salzburg ein Unterhaltsverfahren anhängig, die hier Beklagte ist dort Klägerin. Die Unterhaltsklägerin stellte gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a EO den Antrag, den dort Beklagten und jetzigen Nichtigkeits- und Wiederaufnahmskläger - zusätzlich zum laufend bezahlten Unterhalt von 545,05 EUR - zu einem weiteren einstweiligen monatlichen Unterhalt in Höhe von 855 EUR zu verhalten. Das Erstgericht verpflichtete den Unterhaltsbeklagten zur Leistung eines einstweiligen monatlichen Unterhalts von 535 EUR für die Zeit vom 8. 10. 2004 bis 31. 10. 2005 und von 685 EUR ab 1. 11. 2005 bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Unterhaltsprozess, ein Mehrbegehren wurde (rechtskräftig) abgewiesen. Das Landesgericht Salzburg als Rekursgericht gab mit Beschluss vom 29. 6. 2007 (ON 226) dem Rekurs des Unterhaltsbeklagten teilweise Folge, indem es den zusätzlich zu zahlenden Unterhalt für die Zeit vom 8. 10. 2004 bis 31. 10. 2005 mit 417 EUR und beginnend ab 1. 11. 2005 bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Unterhaltsprozess mit 568 EUR festsetzte. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach §§ 78, 402 EO, § 528 Abs 1 ZPO - vorbehaltlich des § 528 Abs 2a ZPO - nicht zulässig sei. Vorsitzender des Rechtsmittelsenats war Dr. I*****. Der Unterhaltsbeklagte stellte einen Antrag auf nachträgliche Zulassung des ordentlichen Revisionsrekurses, in dem als Zulassungsgrund ausgeführt wurde, dass die Entscheidung des Rekursgerichts nichtig sei. An der Entscheidung habe nämlich der vorgenannte Richter teilgenommen, welcher bereits mit Beschluss vom 6. 2. 1997 als für das vorliegende Verfahren befangen erklärt worden sei. Mit dem Zulassungsantrag verband der Unterhaltsbeklagte auch einen ordentlichen Revisionsrekurs. Mit in der gleichen Senatsbesetzung ergangenem Beschluss des Rekursgerichts wies dieses den Antrag des Gegners der gefährdeten Partei auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs ab und den ordentlichen Revisionsrekurs zurück (ON 229). Dieser Beschluss wurde dem Gegner der gefährdeten Partei am 14. 8. 2007 zugestellt.
Mit der am 11. 9. 2007 zur Post gegebenen Klage begehrt der nunmehrige Nichtigkeits- und Wiederaufnahmskläger, die Beschlüsse des Landesgerichts Salzburg vom 29. 6. 2007 und 3. 8. 2007 als nichtig aufzuheben und das Verfahren ab Zustellung des jeweiligen Beschlusses für nichtig zu erklären. Das Rekursgericht wies die bei ihm eingebrachte Nichtigkeitsklage schon im Vorprüfungsverfahren gemäß § 538 Abs 1 ZPO zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass im Verfahren über den einstweiligen Unterhalt gleich dem Wiederaufnahmeverfahren auch das Nichtigkeitsverfahren nach § 529 ZPO zulässig sei. Dennoch sei im vorliegenden Fall die Nichtigkeitsklage unzulässig. § 529 Abs 1 ZPO sei bewusst enger gefasst als § 477 Abs 1 Z 1 ZPO. § 529 Abs 1 ZPO betreffe daher nur den gesetzlich ausgeschlossenen Richter, nicht jedoch die Mitwirkung eines befangenen Richters. Darüber hinaus sei eine Nichtigkeitsklage auch deshalb unzulässig, weil es der nunmehrige Kläger verabsäumt habe, den Ausschließungsgrund nach § 529 Abs 1 Z 1 ZPO in einem gegen die Zurückweisung des Revisionsrekurses möglichen Rekurs erfolgreich geltend zu machen (§ 529 Abs 3 ZPO). Da der im Rekursverfahren strittige laufende monatliche Unterhalt 685 EUR betragen habe, sei der Streitwert über 20.000 EUR gelegen. Auch der Wert des einstweiligen Unterhalts sei nämlich zwingend mit der dreifachen Jahresleistung vorgegeben. Daraus errechne sich ein Entscheidungsgegenstand im Rekursverfahren von 24.660 EUR. Da die Zurückweisung des Revisionsrekurses des nunmehrigen Klägers in Rechtskraft erwachsen sei, sei damit auch das Rechtsmittelrecht konsumiert.
Das Rekurs- und Nichtigkeitsklagegericht sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei, weil der hier behandelten Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Nichtigkeitsklägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Nichtigkeitsklage zugelassen und darüber verhandelt werde, in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Rechtsprechung steht einer generellen analogen Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Wiederaufnahmsklage auf das Provisorialverfahren grundsätzlich ablehnend gegenüber. Allerdings werden Wiederaufnahmsanträge - analog den Bestimmungen der §§ 530 f ZPO - im Sicherungsverfahren über die Bestimmung eines einstweiligen Unterhalts für zulässig erachtet (RIS-Justiz RS0011766). Es besteht nämlich im Sinne Faschings (LB2 Rz 2042) auch in Sicherungsverfahren, in denen eine die Sache erledigende Entscheidung, wie bei der Bestimmung des einstweiligen Unterhalts, ergehe, ein besonderes Schutzbedürfnis, einen sacherledigenden Beschluss zu beseitigen, weil dieser auf andere Art und Weise nicht beseitigt werden kann, seine Beseitigung aber geboten ist (8 Ob 585/93 = EvBl 1994/60). Diese für eine ausdehnende Anwendung des Wiederaufnahmeverfahrens dargelegten Grundsätze müssen wegen gleichgelagerter Interessen auch für eine analoge Anwendung des § 529 ZPO Gültigkeit haben (Fasching LB Rz 2042; Jelinek in Fasching/Konecny2 IV/1 Vor §§ 529 ff Rz 52). Dennoch ist die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall zu verneinen:
Zunächst hat das Erstgericht zutreffend auf die Rechtsprechung verwiesen, nach der nur die Ausgeschlossenheit und nicht die Befangenheit des erkennenden Richters vom Klagegrund des § 529 Abs 1 Z 1 ZPO umfasst ist (RIS-Justiz RS0042070). Die vom Rechtsmittelwerber gegen die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung im vorliegenden Fall ins Treffen geführten Argumente können auf sich beruhen, weil, wie vom Rekursgericht zutreffend erkannt, auch die Bestimmung des § 529 Abs 3 ZPO einer sachlichen Behandlung der Nichtigkeitsklage entgegensteht. Gemäß § 535 ZPO sind für die Anfechtbarkeit von Entscheidungen, die ein höheres Gericht im Zuge eines bei ihm anhängigen Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsverfahrens fällt, diejenigen Bestimmungen maßgebend, welche für dieses Gericht als Rechtsmittelinstanz maßgebend wären. Es gelten daher die Rekursbeschränkungen der §§ 519 und 528 ZPO (5 Ob 234/01z, RIS-Justiz RS0043868). Da im vorliegenden Fall die Nichtigkeitsklage einen Beschluss des Rekursgerichts des Hauptprozesses betrifft, ist die Vorschrift des § 528 ZPO anzuwenden (5 Ob 234/01z mwN). Gemäß § 528 Abs 2 Z 1a ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls - vorbehaltlich des Abs 2a - in Streitigkeiten unzulässig, in denen der Entscheidungsgegenstand zwar 4.000 EUR, nicht aber insgesamt 20.000 EUR übersteigt und in familienrechtlichen Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt (§ 502 Abs 4), wenn das Gericht zweiter Instanz ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig ist. Gemäß § 528 Abs 2a ZPO sind die Bestimmungen über einen Antrag auf Abänderung des Ausspruchs nach § 500 Abs 2 Z 3 verbunden mit einer ordentlichen Revision (§ 508) sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 58 Abs 1 JN ist der Wert auch des einstweiligen Unterhalts zwingend mit der dreifachen Jahresleistung vorgegeben (6 Ob 65/06m mwN). Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands des Rekurs- oder Berufungsgerichts in Unterhaltsverfahren kommt es, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Fällige Unterhaltsbeträge sind dann relevant, wenn deren dreijähriger Durchschnitt bereits höher ist (RIS-Justiz RS0103147). Zutreffend weist das Rekursgericht darauf hin, dass im Rekursverfahren der strittige laufende monatliche Unterhalt 685 EUR betrug, das 36-fache davon daher einen Betrag von 24.660 EUR ergibt. Damit wäre es dem jetzigen Kläger aber unabhängig vom Ausspruch durch das Rekursgericht möglich gewesen, einen außerordentlichen Revisionsrekurs zu erheben. Wenn nun der Nichtigkeitskläger unrichtig einen Abänderungsantrag erhoben hat, welcher vom Rekursgericht zu Unrecht samt dem gleichzeitig erhobenen Revisionsrekurs zurückgewiesen wurde, anstatt ihn als Rechtsmittel des außerordentlichen Revisionsrekurses zu behandeln und erwächst dieser Beschluss mangels Anfechtung in Rechtskraft, so ist die Erhebung eines weiteren inhaltsgleichen außerordentlichen Revisionsrekurses infolge Verbrauchs des Rechtsmittelrechts unzulässig (7 Ob 150/00k). Da es der Nichtigkeitskläger unterlassen hat, die unrichtige Zurückweisung mit Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu bekämpfen, hat er sich der Möglichkeit beraubt, die mögliche Nichtigkeit erfolgreich geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 402 Abs 4 und § 78 EO.
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