OGH 9Ob244/97s

OGH9Ob244/97s28.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1) Johanna B*****, 2) Klaus Peter B*****, beide Unternehmer, ***** vertreten durch Dr. Kurt Dellisch, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei 1) Dr. Armin S*****, Universitätsassistent, ***** 2) Ing. Günther W*****, KFZ - Sachverständiger, ***** beide vertreten durch Dr.Christian Tschurtschenthaler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Einverleibung des Eigentums (Streitwert S 52.647), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 4. April 1997, GZ 4 R 137/97g-12, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 12. Dezember 1996, GZ 20 C 2012/96t-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagten sind je zur Hälfte bücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ 445 *****, zu der ua das verfahrensgegenständliche Grundstück 776/7 (46 m**2) gehört. Sie haben diese Eigentumsanteile 1995 bzw. 1983 im Erbweg von Dr. Gerhard S***** und Dr. Egon W***** erworben. Letztere hatten mit Kaufvertrag vom 6. 4. 1978 von Erhard Wenger die Liegenschaft EZ 154 ***** erworben, zu der nach dem Grundbuchstand ua das Grundstück 776/7 gehörte.

Bereits im Jahre 1938 hatte Gustav W*****, der Rechtsvorgänger Erhard W*****s, das Grundstück 776/7 an Annemarie H***** verkauft. Dieser Kaufvertrag wurde jedoch grundbücherlich nicht durchgeführt. Mit Bescheid des Gemeindeamtes P***** vom 5. 11. 1952 wurde der Annemarie H***** der Umbau ihres bestehenden Strandbades "auf der Parzelle 583/1" bewilligt. Zwischen den Parteien ist nicht strittig, daß sich das im Zuge der damaligen Bauarbeiten errichtete oder umgebaute Badehaus zumindest zum Teil auf dem Grundstück 776/7 befindet. Strittig ist allerdings, ob - wie die Kläger behaupten - das genannte Grundstück zur Gänze oder - wie die Beklagten behaupten - nur zum Teil verbaut ist. Mit Kaufvertrag vom 10. 1. 1980 verkaufte Annemarie H***** ihre Liegenschaft EZ 468 ***** je zur Hälfte an die beiden Kläger.

Die Kläger begehren nun von den Beklagten die Einwilligung in die lastenfreie Abschreibung des Grundstückes 776/7 von der Liegenschaft EZ 445, in die Einverleibung ihres Eigentums in Ansehung dieses Grundstückes je zur Hälfte und in dessen Zuschreibung zu der den Kläger je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 468. Eventualiter begehren sie, die Beklagten zu dieser Einwilligung Zug um Zug gegen Zahlung von S 52.647,- zu verpflichten. Gustav W***** habe aufgrund des Kaufvertrages vom 29. 9. 1938 das Grundstück 776/7 der Annemarie H***** übergeben, die es in der Folge genutzt und zur Gänze mit einem Teil ihres Badehauses verbaut habe. Damals seien alle Beteiligten davon ausgegangen, daß das Grundstück 776/7 ein Teil des Grundstückes 583/1 sei. Annemarie H***** habe 1980 ihre gesamte Liegenschaft einschließlich des Grundstückes 776/7 und des darauf befindlichen Badehauses an die Kläger verkauft, die seither das gesamte Grundstück 776/7 in Nutzung hätten. Dieses Grundstück sei zum Grundstück der Beklagten 776/4 in der Natur entlang der Mappengrenze durch einen auf einem Sockel stehenden Maschengeflechtzaun abgegrenzt. Als die Rechtsvorgänger der Beklagten 1978 die Liegenschaft EZ 154 erworben hätten, sei in der Natur aufgrund des Zaunes und des Badehauses klar erkennbar gewesen, daß das Grundstück 776/7 nicht vom Verkäufer Erhard W***** genutzt worden sei. Dr. W***** und Dr. S***** habe bei Besichtigung des Kaufgegenstandes klar sein müssen, daß das Grundstück in Nutzung der Voreigentümerin der Kläger gestanden sei. Es sei daher eine Doppelveräußerung des Grundstückes erfolgt, weshalb die Beklagten, für die die wahren Eigentumsverhältnisses erkennbar gewesen seien, zur Übertragung des Eigentums am genannten Grundstück verpflichtet seien. Das Klagebegehren werde überdies auf Ersitzung gestützt, weil die Kläger unter Einrechnung der Nutzung durch ihre Voreigentümer das Grundstück bereits seit mehr als 60 Jahre nutzten. Die 30-jährige Ersitzungszeit sei bereits bei Abschluß des Kaufvertrages vom 6. 4. 1978 abgelaufen gewesen. Hilfsweise werde das Klagebegehren ferner auf § 418 ABGB gestützt, nach welcher Bestimmung die Beklagten den Klägern das Eigentum am Grundstück gegen Ersatz des mit S 52.647 bezifferten Wertes zu übertragen hätten.

Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Ein der Annemarie H***** allenfalls aufgrund des Kaufvertrages vom 29. 9. 1938 zugestandenes Recht auf Einverleibung des Eigentums am Grundstück sei längst verjährt. Keinesfalls stehe den Klägern ein solches Recht zu, zumal sie mit dem Kaufvertrag vom 10. 1. 1980 das Grundstück 776/7, das in diesem Kaufvertrag nicht erwähnt werde, nicht erworben hätten. Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten das strittige Grundstück im Vertrauen auf den Grundbuchstand erworben. Bei der Besichtigung der insgesamt 699 m**2 großen Liegenschaft sei nicht erkennbar gewesen, daß das strittige Grundstück, das nur 46 m**2 groß sei, zum Teil durch das Badehaus konsenslos überbaut worden sei. Der niedrige Holzzaun, der sich im übrigen nicht an der Grundgrenze befinde, sei wegen des dichten Bewuchses der Liegenschaft nicht sichtbar gewesen. Bei einer Doppelveräußerung falle die Liegenschaft demjenigen zu, der früher um die Einverleibung angesucht habe. Dessen Recht könne nur bei Arglist angefochten werden. Arglist könne aber den Rechtsvorgängern der Beklagten, die nicht einmal fahrlässig gehandelt hätten, nicht vorgeworfen werden. Die Kläger könnten sich auch nicht auf Ersitzung berufen, weil sie das Grundstück von Annemarie H***** gar nicht erworben hätten und ihr Besitz daher nicht rechtmäßig sei. Er sei auch nicht redlich, weil die Kläger aus dem Grundbuch die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse hätten erkennen können. Tatsächlich hätten sie schon beim Erwerb ihrer Liegenschaft gewußt, daß ihre Hütte zum Teil in das Grundstück der Beklagten hineinrage, weshalb damals im Rahmen einer Benützungsvereinbarung vereinbart worden sei, daß die Hütte so lange stehen bleiben könne, als sie unverändert bleibe. Jedenfalls habe der im berechtigten Vertrauen auf den Grundbuchstand erfolgte Erwerb des Grundstückes durch die Voreigentümer der Beklagten eine allfällig Ersitzung unterbrochen. Er stehe auch aus § 418 ABGB abgeleiteten Ansprüchen entgegen. Im übrigen sei das Grundstück nicht S 52.647,-

sondern S 1.150.000,- wert.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren ab. Es erachtete die Aufnahme des Großteils der angebotenen Beweise als entbehrlich und stützte sich lediglich auf das beiderseitige Vorbringen und auf die vorgelegten Urkunden. Danach sei nicht feststellbar, daß das strittige Grundstück Gegenstand des Kaufvertrages vom 10. 1. 1980 gewesen sei, mit dem die Kläger die Liegenschaft der Annemarie H***** erworben hätten. Ebenso sei "zumindest derzeit" nicht feststellbar, ob und inwieweit das Grundstück vom 1952 erfolgten Umbau des Strandbades betroffen sei. Daraus folge in rechtlicher Hinsicht, daß die Kläger nicht aktiv legitimiert seien, weil die Kläger nicht bewiesen hätten, daß ihnen Annemarie H***** mit dem Kaufvertrag vom 10. 1. 1980 ihre Rechte am strittigen Grundstück übertragen habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Rechtsvorgänger der Beklagten Eigentümer des strittigen Grundstückes geworden seien, weil aufgrund des Kaufvertrages vom 6. 4. 1978 ihr Eigentum einverleibt worden sei. Nach der Rechtsprechung zu Fällen der Doppelveräußerung hätte ihre schadenersatzrechtliche Herausgabepflicht die wissentliche Verleitung ihres Rechtsvorgängers zum Vertragsbruch bzw. eine arglistige Kollusion zur Voraussetzung. Selbst wenn es den Tatsachen entsprechen sollte, daß Annemarie H***** das Grundstück bereits in den dreißiger Jahren übergeben erhalten und seither genutzt habe, könnten sich die Kläger wegen des im Vertrauen auf den Grundbuchstand erfolgten gutgläubigen Erwerbes des Grundstückes durch die Voreigentümer der Beklagten auch auf Ersitzung nicht berufen. Da die damals erworbene Liegenschaft 699 m**2 groß gewesen sei, habe den Erwerbern auch bei einer Besichtigung nicht ins Auge fallen können, daß das nur 46 m**2 große strittige Grundstück teilweise von der Badehütte überbaut sei. Zu weiteren Nachforschungen seien sie daher nicht verpflichtet gewesen, umsomehr, als es Annemarie H***** durch viele Jahre unterlassen habe, das von ihr allenfalls ersessene Eigentum intabulieren zu lassen. Durch den Erwerb der Rechtsvorgänger der Beklagten sei daher bis dahin allenfalls ersessenes Eigentum wieder verloren gegangen. Aus eben diesem Grunde könnten die Kläger auch aus § 418 ABGB keine Rechte ableiten. Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen iS § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen seien.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es aufzuheben und die Rechtssache an das Erst- oder an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise wird die Abänderung des Urteiles im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens beantragt.

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die angefochtene Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht. Sie ist auch berechtigt.

Die Revisionswerber wenden sich primär gegen die Meinung des Berufungsgerichtes, daß schon aufgrund der bisherigen Entscheidungsgrundlage davon auszugehen sei, daß die Rechtsvorgänger der Beklagten das strittige Grundstück im Jahre 1978 gutgläubig im Vertrauen auf den Grundbuchstand erworben hätten, sodaß iS § 1500 ABGB die Ansprüche der Kläger, soweit sie auf Ersitzung, aber auch auf § 418 ABGB gestützt wurden, schon jetzt zu verneinen seien.

Diesem Einwand ist zuzustimmen:

Um den Liegenschaftserwerber des Schutzes des § 1500 ABGB teilhaftig werden zu lassen, ist es erforderlich, daß diesem sowohl im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs als auch in jenem der Antragstellung auf Einverleibung seines Eigentumsrechts eine allenfalls vom Grundbuchstand abweichende wahre Sachlage unbekannt war. Der Erwerber wird jedoch nicht geschützt, wenn seine irrige Vorstellung über den Umfang eines fremden Rechts auf Fahrlässigkeit beruht (SZ 68/194; SZ 63/35; SZ 59/38; SZ 55/46; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 1500; Mader in Schwimann, ABGB**2 Rz 7 zu § 1500). Für einen Fahrlässigkeitsvorwurf genügt bereits die Kenntnis einer nicht völlig geklärten Rechtslage (SZ 68/194; SZ 59/38; SZ 55/46); die Gutgläubigkeit wird auch bereits durch leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen (SZ 68/194; SZ 63/35), wobei die Sorgfaltsanforderungen nur nicht überspannt werden dürfen (SZ 68/194; SZ 57/38; Koziol/Welser9 II 110).

Im vorliegenden Fall hat zwar das Erstgericht als "zumindest derzeit" nicht feststellbar erachtet, ob und inwieweit das strittige Grundstück vom 1952 durchgeführten Umbau des Badehauses berührt war. Damit wollte der Erstrichter erkennbar auch offen lassen, ob sich überhaupt Teile des von Annemarie H***** errichteten Badehauses auf dem strittigen Grundstück befinden. Diese negative Feststellung ist aber - wie offenbar auch das Berufungsgericht erkannte - unbeachtlich, weil zwischen den Streitteilen gar nicht strittig ist, daß das gegenständliche Grundstück zumindest teilweise mit dem Badehaus verbaut ist. Die Kläger, die die gänzliche Verbauung des strittigen Grundstückes behauptet haben, machten überdies geltend, daß dieses Grundstück (schon 1978) durch einen deutlich erkennbaren Maschendrahtzaun vom daran anschließenden Grundstück abgetrennt gewesen sei. Zu dieser zuletzt wiedergegebenen Behauptung, die die Beklagten in dieser Form bestritten haben, fehlt es an erstgerichtlichen Feststellungen.

Ohne Klarstellung des strittigen Sachverhaltes den Rechtsvorgängern der Beklagten den Schutz des § 1500 ABGB zuzubilligen, hätte daher zur Voraussetzung, daß sie auch dann als gutgläubig iS der oben dargestellten Rechtslage anzusehen wären, wenn - wie in der Klage behauptet - zum Zeitpunkt ihres Erwerbes das strittige Grundstück zumindest zum Teil vom Badehaus der Annemarie H***** überbaut und überdies durch einen deutlich erkennbaren Maschendrahtzaun vom (restlichen) Gutsbestand des Veräußerers abgetrennt war. Davon kann aber nicht die Rede sein. Unter dieser zuletzt genannten Voraussetzung hätten nämlich die Rechtsvorgänger der Beklagten keineswegs darauf vertrauen dürfen, daß die eingezäunte und somit in der Natur der Nachbarliegenschaft zugehörige, überdies zumindest zum Teil mit einem sich am Nachbargrund fortsetzenden Bauwerk verbaute Grundfläche dem Gutsbestand des Veräußerers zugehöre (JBl 1989, 582). Träfe daher die Darstellung der Kläger zu, käme den Rechtsvorgängern der Beklagten der Schutz des § 1500 ABGB nicht zu, sodaß sie die Liegenschaft des Veräußerers nur in dem durch die (behauptete) Ersitzung durch Annemarie H***** beschränkten Umfang erworben hätten (vgl. JBl 1959, 349; EvBl 1967/101; Ris-Justiz RS0002959). Ob die Rechtsvorgänger der Beklagten die von ihnen erworbene Liegenschaft tatsächlich besichtigt haben, ist dabei ohne Belang, weil ihnen die Unterlassung einer solchen Besichtigung als den Vorwurf der Fahrlässigkeit rechtfertigende Sorgfaltsverletzung angelastet werden müßte (SZ 55/191; Mader aaO, Rz 8 zu § 1500).

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, der geltend gemachte Anspruch der Kläger sei - soweit er auf Ersitzung und auf § 418 ABGB gestützt werde - schon jetzt im Hinblick auf den gutgläubigen lastenfreien Erwerb der Rechtsvorgänger der Beklagten zu verneinen, ist daher verfehlt.

Soweit sich die Kläger in ihrer Klage auf die Rechtsprechung zur "Doppelveräußerung" stützen und daraus die Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe des strittigen Grundstückes ableiten, machen sie - wie auch das Berufungsgericht erkannt hat - einen Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB wegen schuldhaften Eingriffes in ein Forderungsrecht geltend. Auch in diesem Zusammenhang stehen die Ausführungen des Berufungsgerichtes mit der einhelligen jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht in Einklang:

Nach dieser Rechtsprechung steht im Falle der Doppelveräußerung einer Liegenschaft dem ersten Käufer gegenüber dem zweiten Erwerber dann ein Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB mit dem Ziel auf Rückgabe der gekauften Liegenschaft zu, wenn das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers für seinen Gegner deutlich erkennbar war. In diesem Falle genügt es bereits, daß sein Gegner seine obligatorische Position kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte; sonst ist diese Pflicht erst dann gegeben, wenn der zweite Erwerber den Verkäufer wissentlich zum Vertragsbruch verleitet bzw. arglistige Kollusion zwischen Zweiterwerber und Verkäufer vorliegt (SZ 63/186; SZ 62/80; JBl 1987, 318; MietSlg 42069 uva; Aicher in Rummel, ABGB2 Rz 13 und 14 zu § 1053 und die dort [Rz 14 aE] angeführte Rechtsprechung; zuletzt 9 Ob 1733/91; 4 Ob 1572/95).

Damit kann aber auch der von den Klägern geltend gemachte Schadenersatzanspruch auf Grund der bisherigen Entscheidungsgrundlage nicht verneint werden. Die Meinung des Berufungsgerichtes, der Schadenersatzanspruch setze die wissentliche Verleitung zum Vertragsbruch oder Kollusion voraus, trifft nämlich nach der eben wiedergegebenen Rechtsprechung nicht zu, wenn das Forderungsrecht des Ersterwerbers - hier der Annemarie H***** - durch den Besitz der betroffenen Liegenschaft verstärkt war. Gerade das wird aber hier von den Klägern erkennbar behauptet, die überdies geltend machen, daß für die Rechtsvorgänger der Beklagten die tatsächlichen "Eigentumsverhältnisse" erkennbar waren. Dazu fehlen aber bislang Feststellungen. Vor der Klarstellung des maßgebenden Sachverhaltes kann daher auch der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht verneint werden.

Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der geltend gemachte Eingriff in das Forderungsrecht der Annemarie H***** erfolgte, von der die Kläger erst in weiterer Folge - jedenfalls nach ihren Behauptungen - das strittige Grundstück kauften: Nach Pkt. II des zwischen ihnen und Annemarie H***** abgeschlossenen Kaufvertrages vom 10. 1. 1980 - dieser ist Bestandteil der erstgerichtlichen Feststellungen - haben sie nämlich den Kaufgegenstand "mit allen Rechten und Pflichten, mit denen die Verkäuferin diese Grundstücke bisher besessen und benützt hat bzw. zu besitzen und zu benützen berechtigt war" gekauft. Zu diesen Rechten gehört auch der Schadenersatzanspruch, der nach den Behauptungen der Kläger der Annemarie H***** durch den Eingriff in ihr Forderungsrecht entstanden ist. Sollte daher dieser Schadenersatzanspruch tatsächlich bestehen, wären die Kläger berechtigt, ihn gegen die Beklagten - die Gesamtrechtsnachfolger der Zweiterwerber der Liegenschaft sind - geltend zu machen.

Da somit die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche auf der bisherigen Entscheidungsgrundlage nicht verneint werden können, ist es notwendig, die bisher unvollständig gebliebenen Feststellungen in mehrfacher Hinsicht zu ergänzen: Vor allem fehlen bislang konkrete Feststellungen darüber, ob - wie von den Klägern behauptet - das strittige Grundstück bereits in den dreißiger Jahren der Annemarie H***** übergeben und in der Folge von ihr benützt wurde. Ebenso fehlen - wie schon ausgeführt - Feststellungen, die eine Beurteilung erlauben, ob der von Annemarie H***** allenfalls ausgeübte Besitz für die Rechtsvorgänger der Beklagten erkennbar war; dazu bedarf es vor allem der Klarstellung, wann und in welchem Ausmaß das Grundstück von Annemarie H***** überbaut und eingezäunt wurde. Ferner wird festzustellen sein, ob dieses Grundstück Gegenstand des zwischen Annemarie H***** und den Klägern geschlossenen Kaufvertrages vom 10. 1. 1980 war. Daß das Erstgericht dies in Form einer negativen Feststellung verneint hat, ist ohne Relevanz, weil es sich bei dieser "Feststellung" in Wahrheit um eine rechtliche Beurteilung handelt, die sich ausschließlich am Text des schriftlichen Vertrages orientiert. Das strittige Grundstück war aber auch dann Gegenstand des Vertrages, wenn es im Vertrag zwar nicht ausdrücklich durch Zitierung der Grundstücksnummer genannt wurde, wenn es aber nach dem übereinstimmenden Willen der vertragsschließenden Parteien mitverkauft werden sollte. Dies läge jedenfalls dann nahe, wenn das strittige Grundstück zum Zeitpunkt des Erwerbes der Kläger tatsächlich zur Gänze mit dem Badehaus der Annemarie H***** verbaut und eingezäunt war. Auch dazu und zu allen weiteren für die Entscheidung relevanten strittigen Fragen sind Feststellungen erforderlich, sodaß - da es einer Verhandlung in erster Instanz bedarf - die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben waren und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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