OGH 9Ob128/06y

OGH9Ob128/06y15.11.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Klaus L*****, AHS-Lehrer, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Helmut G*****, Versicherungsmakler und Vermögensberater, *****, vertreten durch Mag. Matthias Kucera, Rechtsanwalt in Hard, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Ernst Bosin, Rechtsanwalt in Wörgl, wegen EUR 28.633,30 sA und Feststellung (Streitwert EUR 15.000), über die außerordentliche Revision (Revisionsinteresse EUR 14.544,43) der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 20. September 2006, GZ 3 R 76/06k-24, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit der Judikatur (RIS-Justiz RS0102779) davon aus, dass ein dem Anleger zuzumessendes Mitverschulden seine Schadenersatzansprüche gegenüber einem Anlageberater, der nur unvollständig oder fehlerhaft über Anlagerisken informiert hat, entsprechend mindern kann. Hingegen ist die vom Revisionswerber getroffene einschränkende Auslegung, dass ein Mitverschulden des Anlegers nur dann angenommen werden könne, wenn dieser bei Vertragsabschluss „hervorragende Kenntnisse" auf dem Anlagesektor besessen habe, aus der genannten Rechtsprechung nicht ableitbar. Die konkrete Mitverschuldensjudikatur geht ua auf Welser („Rechtsgrundlagen des Anlegerschutzes" in ecolex 1995, 79f) zurück, der lediglich als ein Beispiel für ein Mitverschulden des Anlegers dessen hervorragende Kenntnisse auf dem Wertpapiersektor, daneben aber - ebenso nur beispielsweise - auch das „blinde Vertrauen" des Kunden erwähnt. Konkret lässt der Revisionswerber die Feststellungen außer Betracht, dass seine Informationsquelle nicht nur der Beklagte war, sondern vor Vertragsschluss schriftliche Unterlagen ausgehändigt worden waren, aus deren Inhalt - nach jedenfalls vertretbarer Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - der Kläger auf die Risikoträchtigkeit der von ihm gewählten Anlageformen hätte schließen müssen.

Zur A***** (AMIS)- „Sparplan"- bzw- „Generationsplan"-Anlage: Hier enthielt der „Antrag" des Klägers einen ausdrücklichen Hinweis auf die Veranlagung der Gelder in Investmentmonds und den „Risikohinweis Investmentfonds" (AS 119). Da der Kläger, wie festgestellt (AS 116), über Kenntnisse der Risken von Investmentfondsveranlagungen verfügte, ist es vertretbar, sein „blindes" Vertrauen in die diesbezüglich nur unvollständigen Erklärungen des Beklagten als „sorglos" und daher mitverschuldensbegründend zu werten.

Zum A*****-„Rentenmodell": Die Vorinstanzen haben das Mitverschulden des Klägers keineswegs nur mit den - nach Vertragsabschluss - zu seiner Kenntnis gelangten Pressemeldungen, sondern auch mit der Nichtbeachtung schon vorher ausgehändigten Informationsmaterials begründet. So wurde sowohl im „Leitfaden" (AS 117) als auch in der schriftlichen Vereinbarung (AS 118) nicht nur auf Vorteile, sondern auch auf die „nicht garantierte", von „nicht deklarierten Schlussboni" abhängige „Ablaufleistung" (die aus dem angekauften Versicherungsvertrag zu erwartende, gewinnabhängige Versicherungsleistung) hingewiesen. Aus der Nichtbeachtung dieser Hinweise ein Mitverschulden abzuleiten, ist ebenfalls vertretbar. Zusammenfassend gehen sowohl die Annahme eines Mitverschuldens als auch dessen Ausmessung in der Bedeutung nicht über den konkreten Einzelfall hinaus, sodass es an einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO mangelt.

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