OGH 9Ob106/03h

OGH9Ob106/03h8.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach dem am 1. November 2001 verstorbenen Marcus W*****, zuletzt wohnhaft ***** vertreten durch Dr. Sonja Schindlholzer, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sabine H*****, Lehrerin, ***** , vertreten durch DDr. Michael Wagner, Rechtsanwalt in Grödig, wegen EUR 27.289,32 sA (Revisionsinteresse EUR 21.359,48), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. Juni 2003, GZ 1 R 44/03a-45, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine Rechtsfrage dieser Qualität wird von der Revisionswerberin nicht aufgezeigt:

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) und eine Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Die Revisionswerberin sei jedoch darauf verwiesen, dass das Berufungsgericht zutreffend ausführte, dass Verweisungen in der Berufung auf den Inhalt einer früheren Rechtsmittelschrift unbeachtlich sind. Es ist unzulässig, den Inhalt eines anderen Rechtsmittelschriftsatzes zum Inhalt eines Rechtsmittels zu machen. Es können daher nur solche Ausführungen berücksichtigt werden, die im Rechtsmittel selbst geltend gemacht werden (9 ObA 184/98v; RIS-Justiz RS0043579 ua). Auf Erörterungen der Revisionswerberin, inwieweit es sich bei ihren Ausführungen in der Berufung um "bloße" Verweisungen (oder mehr) handelte, braucht nicht eingegangen werden, weil die Auslegung des Prozessvorbringens einer Partei eine Frage des Einzelfalls und daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO ist (RIS-Justiz RS0044273 ua).

Auch die Revisionswerberin räumt ein, dass schriftliche Zeugenaussagen dem österreichischen Recht fremd sind. Diese laufen sowohl dem Grundsatz der Unmittelbarkeit als auch dem Gebot der Mündlichkeit zuwider und sind somit als Beweismittel unzulässig. Zeugen sind im Verfahren mündlich - und nicht im Wege schriftlicher eidesstättiger Erklärungen - zu vernehmen (RIS-Justiz RS0036711).

Die Entscheidung, ob § 273 ZPO anzuwenden ist, ist eine rein verfahrensrechtliche. Soweit das Berufungsgericht die erstgerichtliche Anwendung des § 273 ZPO billigte, ist eine nochmalige Überprüfung im Revisionsverfahren nicht mehr möglich (RIS-Justiz RS0040282). Gravierende, an die Grenzen des Missbrauchs gehende Fehler bei der Anwendung des richterlichen Ermessens im Rahmen der Bemessung nach § 273 ZPO können zwar gemäß § 502 Abs 1 ZPO an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS-Justiz RS0007104); von einem "Ermessensexzess" kann hier jedoch keine Rede sein.

Der Einwand der Revisionswerberin, es wäre verfehlt, ihr in einem bestimmten Punkt ein fehlendes Vorbringen zu unterstellen, weil sie ohnedies im Rahmen ihrer Vernehmung zu diesem Thema Angaben gemacht habe, lässt unbeachtet, dass eine Parteienaussage ein fehlendes Prozessvorbringen nicht ersetzen kann (RIS-Justiz RS0043157).

Geht man schließlich von den erstgerichtlichen Feststellungen aus, dann ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes keineswegs "vollkommen unrichtig"; es ist nämlich durchaus vertretbar, spätestens in der auf Auszahlung des Überschusses gerichteten Klage einen Widerruf des Geschäftsbesorgungsverhältnisses zu erblicken. Dass sich die Beklagte durch allfällige weitere Aktivitäten nach Klageeinbringung nicht an diesen Widerruf hielt, ändert daran nichts.

Die Revisionswerberin missversteht im Übrigen den Hinweis des Berufungsgerichtes auf die §§ 204, 206 AußStrG im Rahmen der Behandlung der Tatsachenrüge. Das Berufungsgericht bezog sich nicht darauf, dass der vormalige verstorbene Kläger als "Mündel eine Handlung oder Fabrik" besaß, sondern darauf, dass auch im Familienverband entsprechende Anforderungen an die Pflegschaftsrechnung zu stellen sind.

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