Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Über das Vermögen der T*****gesellschaft mbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 28. 10. 2004 Konkurs eröffnet. Die Klägerin beantragte am 21. 1. 2005 Insolvenz-Ausfallgeld in der Höhe von 7.782 EUR netto (Abfertigung 7.609 EUR netto plus Zinsen) mit der Behauptung, sie sei bis 30. 7. 2004 bei der Gemeinschuldnerin als Arbeitnehmerin beschäftigt gewesen.
Mit Bescheid vom 9. 4. 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die Klägerin bereits vor Konkurseröffnung Mehrheitseigentümerin des insolventen Unternehmens geworden sei. Mit der fristgerecht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin zunächst Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld „in gesetzlicher Höhe". Die Beklagte wendete unter anderem ein, dass in Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG § 82 ASGG unanwendbar sei. Das lediglich auf Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld „im gesetzlichen Ausmaß" gerichtete Klagebegehren sei daher mangels Bestimmtheit zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 31. 5. 2005 bezifferte die Klägerin - ihrem Antrag an die Beklagte vom 21. 1. 2005 entsprechend - ihr Klagebegehren auf Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld in Höhe von 7.782
EUR.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei in Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG § 82 ASGG unanwendbar. Es müsse daher bei Klagen auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld ein bestimmter Betrag gefordert werden. Ein derartiger inhaltlicher Mangel sei nicht verbesserungsfähig.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil nicht geklärt sei, ob ein lediglich auf Zahlung des Insolvenz-Ausfallgeldes „im gesetzlichen Ausmaß" gestelltes Begehren verbesserungsfähig sei. Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass zwar § 82 Abs 2 ASGG hinsichtlich der hier in Rede stehenden Ansprüche nicht anwendbar sei, dass aber auch im Verfahren nach IESG eine Verbesserung von Inhaltsmängeln der Klage nach §§ 84 f ZPO geboten sei. Die Klägerin habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine entsprechende Verbesserung ihres Klagebegehrens vorgenommen.
Der dagegen von der Beklagten erhobene Rekurs ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, dass in Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG § 82 Abs 3 Z 1 ASGG unanwendbar ist (8 ObS 1/96; 8 ObS 2153/96t; Kuderna ASGG² 513): § 6 Abs 2 IESG fordert, dass schon in der Anmeldung ein bestimmter Betrag geltend zu machen ist. Diesem Bestimmtheitserfordernis hat daher auch eine Klage im Sinne des § 65 Abs 1 Z 7 IESG zu entsprechen.
Der an die Beklagte gestellte Antrag war im Sinne des § 6 Abs 2 IESG ausreichend bestimmt. Dem Wesen der sukzessiven Kompetenz entsprechend steckt dieser ausreichend bestimmte Antrag der Klägerin den Streitgegenstand des gerichtlichen Sozialrechtsverfahrens nach dem IESG ab: Eine qualitative Änderung des Begehrens (Änderung des Ausmaßes der begehrten Versicherungsleistung; Änderung des anspruchsbegründenden Sachverhaltes - RIS-Justiz RS0103949; 8 ObS 113/98w; 8 ObS 119/00h) scheidet aus.
Hier geht es allerdings nicht um eine - Unzulässigkeit des Rechtsweges bewirkende - qualitative Änderung des Begehrens der Klägerin gegenüber ihrem im Verwaltungsverfahren gestellten Antrag auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld. Es geht vielmehr ausschließlich darum, ob eine zunächst aus den dargelegten Gründen unbestimmte Klage nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG einer Verbesserung - die hier bereits erfolgte - zugänglich ist:
Das ist aus folgenden Gründen zu bejahen:
Die Verbesserungsvorschriften der §§ 84 f ZPO gelten auch für das Verfahren nach dem ASGG (Gitschthaler in Rechberger, ZPO² § 85 Rz 2). Seit der ZVN 1983 können auch Inhaltsmängel eines Schriftsatzes zum Anlass eines Verbesserungsverfahrens genommen werden (Kodek in Fasching/Konecny² II/2 §§ 84, 85 ZPO Rz 112 mwN). Ein unbestimmtes Klagebegehren stellt einen Inhaltsmangel dar (Kodek aaO Rz 151) und darf - ebenso wie ein fehlendes oder unschlüssiges Klagebegehren - erst nach einem vergeblichen Verbesserungsversuch abgewiesen werden (Kodek aaO Rz 88; RIS-Justiz RS0037166; RS0036355; zur Bestimmtheit des Klagebegehrens ausdrücklich 5 Ob 511/92).
Warum diese Grundsätze für Klagen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG nicht gelten sollen, ist nicht ersichtlich: Die bereits erwähnte Besonderheit der sukzessiven Kompetenz steht einer Verbesserung der Klage im Gerichtsverfahren nicht entgegen, weil nach erfolgter Präzisierung des Klagebegehrens gerade beurteilbar ist, ob der Streitgegenstand des gerichtlichen Sozialrechtsverfahrens nach dem IESG mit jenem des Verwaltungsverfahrens nach dem IESG ident ist. Der Unterschied zwischen Klagen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG und „normalen" Klagen besteht in der Fristgebundenheit der Klage nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG. Dieses Erfordernis steht jedoch einem Verbesserungsversuch nicht entgegen: Vielmehr ist der gerichtliche Verbesserungsauftrag in diesen Fällen - vergleichbar etwa der Verbesserung von Rechtsmittelschriftsätzen - unter Fristsetzung zu erteilen. Darauf kommt es hier allerdings nicht an, weil die Klägerin das Klagebegehren bereits selbst verbessert hat.
Insoweit der Entscheidung 8 ObS 2153/96t zu entnehmen ist, dass die mangelnde Bestimmtheit eines Klagebegehrens nach IESG keinen verbesserungsfähigen Mangel darstellt, kann diese Auffassung nicht aufrecht erhalten werden.
Das Berufungsgericht ist somit zu Recht davon ausgegangen, dass das von der Klägerin bereits ziffernmäßig präzisierte Klagebegehren, dessen Streitgegenstand jenem des Antrages der Klägerin an die beklagte Partei im Verwaltungsverfahren entspricht, einer inhaltlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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