OGH 8ObS39/02x

OGH8ObS39/02x16.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Limani D*****, vertreten durch Dr. Helmut Grubmüller, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei IAF-Service GesmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 2.829,14 netto (sA) Insolvenz-Ausfallgeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. November 2001, GZ 7 Rs 375/01w-13, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Juni 2001, GZ 11 Cgs 67/01z-6 abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger war vom 4. 5. 1992 bis 26. 6. 1999 bei der späteren Gemeinschuldnerin beschäftigt; das Dienstverhältnis endete durch Dienstgeberkündigung. Mit Beschluss vom 17. 6. 1999 wurde über das Vermögen des Dienstgebers das Konkursverfahren eröffnet. Der Kläger stellte am 10. 9. 1999 einen Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld, in dem er einen Gesamtbetrag von S 188.765,92 geltend machte. Im Konkurs meldete der Kläger nur einen Betrag von S 149.835,99 an, weil er sich - wie sich aus der Beilage, die eine detaillierte Berechnung enthielt, ersichtlich ist - bei der Stellung des Antrages im Konkursverfahren offensichtlich in der Zeile geirrt hat und dort nur einen Pauschalbetrag von S 149.835,99 anführte anstelle des in der nachfolgenden Zeile der Beilage genannten Betrages von S 188.765,92.

Mit Beschluss vom 12. 4. 2000 wurde das Konkursverfahren aufgehoben. In der Folge lehnte die beklagte Partei die Auszahlung von Insolvenz-Ausfallgeld in der Höhe des Differenzbetrages von S 38.929,92 mit Bescheid vom 12. 2. 2001 ab, obwohl ihr - wie sich aus einem Amtsvermerk im Verwaltungsverfahren ergibt - der Irrtum des Klägers auffiel. Als der Klagevertreter den Irrtum entdeckte, war der Konkurs bereits aufgehoben, sodass eine nachträgliche Anmeldung nicht mehr möglich war.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil es keinen berücksichtigungswürdigen Grund iSd § 6 Abs 1 IESG als gegeben ansah. Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung in der Hauptsache im klagsstattgebenen Sinn ab (die Abweisung des Zinsenbegehrens ist in Rechtskraft erwachsen), weil es den Irrtum des Klagevertreters als berücksichtigungswürdig ansah. Die ordentliche Revision ließ es zu, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Korrektur einer im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Partei ist mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die beklagte Partei gesteht zu, dass grundsätzlich auch in einem solchen Fall der versäumten Korrektur einer Forderungsanmeldung im Konkursverfahren eine Nachsicht möglich wäre, meint aber, ein solch berücksichtigungswürdiger Fall liege nicht vor, weil dann infolge der Aufhebung des Konkursverfahrens der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds den eingeklagten Differenzbetrag mangels "Regressmöglichkeit" jedenfalls aus eigenem tragen müsste.

Ein Anspruch auf Auszahlung von Insolvenz-Ausfallgeld für eine an sich gesicherte Forderung - was hier unstrittig ist - besteht grundsätzlich nur, wenn diese im Falle der Möglichkeit der Anmeldung im Insolvenzverfahren auch angemeldet worden ist. Dies bedeutet aber nicht einen "absoluten Ausschlusstatbestand" bei Versäumung der Anmeldung im Insolvenzverfahren. Kann die Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren zwar nicht mehr nachgeholt werden, liegen aber berücksichtigungswürdige Gründe für die Versäumung iSd § 6 Abs 1 IESG vor, so sind nicht nur die Rechtsfolgen der Versäumung der Frist zur Antragstellung auf Insolvenz-Ausfallgeld, sondern auch die Rechtsfolgen der Versäumung der Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren nachzusehen (8 ObS 3/96 = SZ 69/164 ua; zuletzt 8 ObS 44/00d = Arb 12.041).

Der verhinderten Anmeldung einer Forderung im Konkurs muss aber auch Kraft Größenschlusses die infolge Konkursaufhebung nicht mehr mögliche Korrektur einer bereits angemeldeten Forderung gleich gehalten werden. Dies ist so eindeutig und wird von der beklagten Partei auch nicht grundsätzlich bestritten, sondern als richtig anerkannt, dass hierin keine erhebliche Rechtsfrage, die einer expliziten Klärung durch den Obersten Gerichtshofes bedürfte, erblickt werden kann.

Die Frage, ob ein berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt, betrifft einen Einzelfall (zuletzt 8 ObS 44/00d = Arb 12.041), den das Berufungsgericht im Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst hat, ohne dass ihm hiebei eine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Der dem Vertreter des Klägers unterlaufene Fehler, der dem Kläger zuzurechnen ist, kann nicht als ein grobes Versehen gewertet werden, der eine Berücksichtigung ausschließen würde (vgl 9 ObS 17/89 = AnwBl 1990, 451 ua).

Dass die beklagte Partei infolge Konkursaufhebung auch nicht mehr theoretisch Regress nehmen kann, trifft auch in anderen berücksichtigungswürdigen Fällen zu, sodass allein hieraus kein für sie günstigeres Ergebnis abgeleitet werden kann.

Die Kosten der Revisionsbeantwortung hat der Kläger selbst zu tragen, weil er auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat. § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG ist auf eine derartige Fallkonstellation nicht anzuwenden.

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