Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat seine Verfahrenskosten selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger betreibt in Hard ein Transportunternehmen. Er hatte auch im Jahr 1994 drei LKW eingesetzt, zwei davon standen in seinem Eigentum, beim dritten handelte es sich um ein Leasing-Fahrzeug. Er beschäftigte zwei LKW-Fahrer, seine Gattin besorgte die Buchhaltung und zwar als Dienstnehmerin. Die Dienstnehmer waren zur Sozialversicherung angemeldet und der Kläger behielt von deren Bezügen die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer ein, er selbst wurde vom Finanzamt als Selbständiger behandelt. Neben der Unternehmensleitung führte er auch selbst Transporte (als Fahrer) durch. Er ist Mitglied der Wirtschaftskammer und als Selbständiger sozialversichert. Seit dem Jahre 1992 bis zur Konkurseröffnung über die Firma Heinrich G***** - Gesellschaft mbH führte er ausschließlich für diese Firma Transportaufträge durch. Er mußte auf seinen Firmenfahrzeugen auch den Schriftzug "G*****" aufmalen, wofür diese Firma die Kosten getragen hat. Hinsichtlich des dritten LKW hat die Firma G***** die Zusage abgegeben, daß der Kläger für die Dauer des Leasingvertrages von ihr auch Arbeit bekomme. Durch diese Aufträge war das Unternehmen des Klägers ausgelastet. Die Aufträge waren vom Kläger nach einem fix vereinbarten Stundensatz zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer auszuführen. Außer an Wochenenden waren täglich durchschnittlich während 8,5 Stunden Arbeitsaufträge in Vorarlberg durchzuführen. Mit dem Auftraggeber vereinbarte die Firma G***** jeweils das Entgelt, der Kläger hatte hierauf keinen Einfluß. Ihm wurde es überdies zur Bedingung gestellt, daß er ausschließlich für sie Transporte durchführt, sie hätte es als einen mit Vertragsauflösung zu sanktionierenden Vertragsbruch angesehen, wenn er sich nicht daran gehalten hätte. Auch die Anschaffung der Betriebsmittel und die Einstellung der Arbeitnehmer durch den Kläger erfolgte auf ihre Initiative; der Kläger konnte bei ihr verbilligt Dieseltreibstoff tanken. Vorhandene Transportaufträge erteilte sie zunächst an den Kläger. Seit der am 16.3.1994 erfolgten Konkurseröffnung über ihr Vermögen betreibt der Kläger sein Transportunternehmen mit zwei LKW weiter und arbeitet insbesondere für zwei Vorarlberger Speditionen.
Am 3.5.1994 begehrte der Kläger von der beklagten Partei Insolvenzausfallgeld für "diverse Frachtrechnungen" betreffend den Zeitraum vom 1.11.1993 bis 15.2.1994 und zwar im Betrage von S 531.360,-- zuzüglich Zinsen und Gerichtskosten, insgesamt S 540.555,--.
Mit Bescheid vom 16.12.1994 lehnte die beklagte Partei dieses Begehren zur Gänze mit der Begründung ab, der Kläger sei weder Arbeitnehmer noch eine arbeitnehmerähnliche Person gewesen.
Mit seiner am 17.1.1995 rechtzeitig beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger insgesamt S 733.998,85 an Insolvenzausfallgeld, davon S 623.760,-- aus Rechnungen und Gutschriften und den Restbetrag an Zinsen und Kosten, mit dem Vorbringen, daß er im Hinblick auf seine wirtschaftliche Abhängigkeit von der Gemeinschuldnerin als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren sei.
Die beklagte Partei beantragte die teilweise Abweisung des Klagebegehrens aus den in ihrem Bescheid angeführten Gründen und im übrigen hinsichtlich des den im Bescheid genannten Betrag übersteigenden Begehrens die Zurückweisung der Klage, weil diese insoweit unzulässig sei.
Mit Beschluß vom 16.2.1995, ON 4, hat das Erstgericht die Klage, insoweit damit über den Bescheid des Arbeitsamtes Feldkirch vom 16.12.1994 hinausgehende Ansprüche geltend gemacht wurden, nämlich hinsichtlich eines Betrages von S 193.443,85, als unzulässig zurückgewiesen. Hiezu führte es aus, ein Streit über den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld sei eine Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG und Voraussetzung eines derartigen Verfahrens sei, daß das Bundesamt bzw das früher zuständige Arbeitsamt darüber bereits mit Bescheid entschieden habe. Soweit die vorliegende Klage daher Ansprüche betreffe, die nicht von dem durch sie außer Kraft gesetzten Bescheid umfaßt seien, sei sie daher nicht zulässig. Eine Klage, bei der die Voraussetzungen des § 67 Abs 1 Z 1 ASGG nicht vorlägen, sei in jeder Lage des Verfahrens, ohne daß es einer Einwendung der beklagten Partei bedürfte, zurückzuweisen (§ 73 ASGG).
Mit dem Urteil vom 10.5.1995, ON 9, wurde vom Erstgericht das weitere Klagebegehren abgewiesen. Es verwies darauf, daß bei der Beurteilung, ob Insolvenzausfallgeld zustehe, zwischen wirtschaftlicher "Unselbständigkeit" und wirtschaftlicher "Abhängigkeit" des Anspruchswerbers zu unterscheiden sei. Die wirtschaftliche Unselbständigkeit der "arbeiternehmerähnlichen" Person bestehe aus zwei Komponenten, nämlich einer finanziellen und einer organisatorischen, die zueinander in einem Verhältnis partieller gegenseitiger Kompensierbarkeit stünden. Von einer organisatorischen Unselbständigkeit des Klägers könne keine Rede sein, weil sein Unternehmen annähernd nach Art und Ausmaß eines Vollkaufmannes eingerichtet gewesen sei, eine Buchhaltung geführt sowie eine Lohnverrechnung für zumindest drei Arbeitnehmer vorgenommen worden seien, und er die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt habe. Die Gemeinschuldnerin habe in dieser Organisation dem Kläger auch keinerlei Weisungen erteilen können. Schon zufolge seiner organisatorischen Selbständigkeit könne daher wirtschaftliche Unselbständigkeit im Sinne des § 51 Abs 3 Z 2 ASGG nicht bestehen. Die geltend gemachten Ansprüche seien somit aber nicht nach dem IESG gesichert.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes nicht Folge und begründete diese Entscheidung rechtlich damit, daß gemäß § 10 IESG beim Streit über den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld die Bestimmungen des ASGG sinngemäß anzuwenden seien. Gemäß § 67 Abs 1 Z 1 ASGG könne in einer Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG vom Versicherten eine Klage nur erhoben werden, wenn der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden habe, was hier aber nicht der Fall sei. Das Rekursgericht sprach aus, der Revisionsrekurs sei nicht zulässig, da sich die Rekursentscheidung im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung halte.
Der Berufung der klagenden Partei wurde vom Berufungsgericht nicht Folge gegeben. Gemäß § 2 Z 3 IESG fänden die Bestimmungen dieses Gesetzes zwar auch auf die Ansprüche von arbeitnehmerähnlichen Personen gemäß § 51 Abs 3 Z 2 ASGG sinngemäß Anwendung. Dabei handle es sich um Personen, die weder mit gewerblicher Heimarbeit beschäftigt seien, noch in einem Arbeitsverhältnis stünden, jedoch im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisteten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen seien. Der Kläger betreibe ein selbständiges Unternehmen, woran auch nichts ändere, daß er ausschließlich für ein anderes Unternehmen arbeite. Er sei somit nicht als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu dem entscheidenden Rechtsproblem keine Judikatur vorläge.
Rechtliche Beurteilung
I. Zum Revisionsrekurs:
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß aufzuheben (abzuändern), in der Sache selbst zu entscheiden und der Klage im Umfang der Zurückweisung stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Zur Zulässigkeit führt der Rekurswerber aus, daß Rekursgericht sei von der in WBl 1994, 201 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ohne hinreichende Begründung abgewichen. Nach dieser Entscheidung sei in Rechtsstreitigkeiten nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG betreffend die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem IESG die Bestimmung des § 86 ASGG in jenen Fällen analog anzuwenden, in denen eine quantitative Änderung des sich aus demselben Versicherungsfall ergebenden Begehrens schon mit der Klage selbst vorgenommen werde und dadurch nur eine Erweiterung des Ausmaßes der begehrten Leistung erfolge.
Gemäß § 47 Abs 1 iVm § 46 Abs 1 ASGG ist der Rekurs auch gegen einen bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
Der Revisionsrekurs ist zulässig; das Rekursgericht hat sich mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 86 ASGG iVm § 10 IESG nicht befaßt.
In seiner Rechtsrüge führt der Rekurswerber aus, daß die mit der Klage vorgenommenen, rein quantitativen Änderungen sich aus dem selben Versicherungsfall ergäben und auf dem gleichen Klagegrunde beruhten, außerdem sei der vorliegende Sachverhalt jenem, der der in WBl 1994, 201 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshof zugrundelag, vergleichbar. Die Zurückweisung eines Teiles seines Klagebegehrens sei daher verfehlt.
Die beklagte Partei beantragt, den Revisionsrekurs zuzulassen, ihm allerdings nicht Folge zu geben und den angefochtenen Beschluß zu bestätigen.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Änderung der Klage (§ 86 ASGG) ist zufolge der das Verfahren in Sozialrechtssachen bestimmenden "sukzessiven Zuständigkeit" erheblich eingeschränkt, denn insoweit der Versicherungsträger über den Streitgegenstand nicht bereits mit Bescheid entschieden hat fehlt es an den Verfahrensvoraussetzungen gemäß § 67 Abs 1 Z 1 ASGG. Die Privilegierung der Klagsänderung durch § 86 ASGG kommt für Sozialrechtssachen gemäß § 65 Abs 1 Z 7 ASGG - wenn überhaupt - nur hinsichtlich des Ausmaßes der vom Versicherten eingeklagten Versicherungsleistung in Betracht. Wegen der Anführung des Betrages der Forderung und der Tatsachen, auf die sie sich gründet, in der Anmeldung (§ 6 Abs 2 IESG) könnte im Sinne der als herrschend anzusehenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie (dazu Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 15 vor § 226 mwN) nur eine derartige Erweiterung des Klagebegehrens zulässig sein.
Ausgehend vom Gleichklang des § 6 Abs 2 IESG und § 103 KO hinsichtlich des Inhaltes der Anmeldung gilt weiters nach § 110 Abs 1
2. Satz KO, daß das Klagebegehren nicht auf einen höheren als den dort (dh in der Anmeldung gemäß § 103 KO) angegebenen Betrag gerichtet werden kann. Die Begrenzung der Prüfungsklage gemäß § 110 Abs 1 KO ist jederzeit von Amts wegen zu beachten (SZ 39/76 = JBl 1967, 215; eine Umrechnung vom Brutto- auf den entsprechenden Nettobetrag ändert allerdings nichts an der Zulässigkeit des Rechtsweges = 8 Ob S 283/94). Auch davon ausgehend ist eine Klagsänderung nur eingeschränkt zulässig. Aus diesen Gründen ist somit die Bestimmung des § 86 ASGG teleologisch zu reduzieren, indem die Einschränkung, die in § 75 Abs 1 ASGG durch die ASGG-Nov 1994 hinsichtlich der Sozialrechtssachen nach § 65 Abs 1 Z 7 ASGG vorgenommen wurde, insoweit auch hinsichtlich der Zulässigkeit der Änderung der Klage vorzunehmen ist. Für diese teleologische Reduktion spricht ebenso die Unanwendbarkeit des § 82 ASGG in Sozialrechtssachen gemäß § 67 Abs 1 Z 7 ASGG, denn es erscheint widersprüchlich, daß ein "hinreichend bestimmtes Begehren" dh ein Begehren im gesetzlichen Ausmaß in der Klage genügen sollte, wenn gemäß § 6 Abs 2 IESG schon in der Anmeldung ein bestimmter Betrag der Forderung geltend zu machen ist. Der Funktionswandel (dazu Bydlinski-Rummel, ABGB2, Rz 26 zu § 6 ABGB) bei der Übernahme der früheren Bestimmung des § 383 a Abs 1 Z 3 ASVG durch Einbeziehung der Sozialrechtssachen gemäß § 67 Abs 1 Z 7 ASGG wurde - anders als im Einschub des § 75 Abs 1 ASGG durch die ASGG-Nov 1994 - nicht beachtet, sodaß auch hinsichtlich des § 82 ASGG eine teleologische Reduktion geboten ist.
Im vorliegenden Fall lehnte das Arbeitsamt Feldkirch den Antrag des Klägers auf Auszahlung von Insolvenzausfallgeld ab, wobei der Ablehnung der Anspruch im Ausmaß des Betrages von S 540.555,-- zugrundelag. Der Kläger machte beim Erstgericht einen darüber hinausgehenden Betrag von S 733.998,85 geltend. Zufolge der teleologischen Reduktion des § 86 ASGG für Sozialrechtssachen gemäß § 67 Abs 1 Z 7 ASGG und der Unzulässigkeit der Geltendmachung eines neuen (zusätzlichen) Klagegrundes für den nicht in der Anmeldung enthaltenen Forderungsteil war dem Kläger die Ausdehnung des Klagebegehrens somit verwehrt.
II. Zur Revision
Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß der Klage gänzlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Der Revisionswerber macht den Nichtigkeitsgrund gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO geltend, da die Fassung des berufungsgerichtlichen Urteiles so mangelhaft sei, daß seine Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden könne; das Urteil stehe teilweise mit sich selbst in Widerspruch. Insbesondere führt der Kläger an, das Berufungsgericht habe zusätzliche Feststellungen getroffen, wobei nicht feststehe, aufgrund welcher Feststellungen (erstgerichtliche oder berufungsgerichtliche) der vorliegende Sachverhalt rechtlich zu beurteilen sei.
Diese Rügen sind nicht berechtigt. Das Urteil ist überprüfbar und seine Begründung ist nicht widersprüchlich. Das Berufungsgericht führte auf Seite 9 seiner Entscheidung ausdrücklich aus, daß selbst die vom Berufungswerber begehrten zusätzlichen (in Klammer angeführten) Feststellungen an der rechtlichen Beurteilung nichts ändern könnten.
In seiner Rechtsrüge behauptet der Kläger, das Erst- sowie das Berufungsgericht hätten zu Unrecht seine Arbeitnehmerähnlichkeit verneint. Dies ließe sich auch mit der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes belegen. Insbesondere betont der Revisionswerber, daß selbst ein rechtlich selbständiger Unternehmer bei wirtschaftlicher Abhängigkeit als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen sei; zudem liege soziale Schutzbedürftigkeit vor.
Diesen Ausführungen ist zu entgegnen:
Gemäß § 2 Z 3 IESG finden die Bestimmungen dieses Gesetzes auf Ansprüche von arbeitnehmerähnlichen Personen gemäß § 51 Abs 3 Z 3 ASGG sinngemäß Anwendung. § 51 Abs 3 Z 2 ASGG definiert diese als sonstige, nicht mit gewerblicher Heimarbeit beschäftigte Personen die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. Arbeitnehmerähnlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, daß an sich ein Arbeitsverhältnis nicht vorliegt, jedoch die Kriterien fremdbestimmter Arbeit in einem gewissen Umfang gegeben sind. Es handelt sich um Personen, die eine Art Mittelstellung zwischen dem
rechtlich und wirtschaftlich unselbständigen Arbeitnehmer und dem
rechtlich und wirtschaftlich selbständigen Unternehmer einnehmen (Schwarz-Löschnigg, ArbR5, 165 f). Der Typus "arbeitnehmerähnliche Person" ergibt sich aus einer Reihe von Qualifikationsmerkmalen bei Personen, die der ökonomischen Situation von Arbeitnehmern ähnlich sind, ohne daß auf sie die juristischen Kriterien des Arbeitnehmerbegriffs zutreffen (Martinek ua, AngG7, 57 f). Trotz vorhandener rechtlicher Selbständigkeit sind sie wirtschaftlich unselbständig und stehen deshalb dem Arbeitnehmer näher als dem Unternehmer (W.Schwarz ua, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz3, 150). Aus den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes lassen sich folgende Kriterien ableiten: Wirtschaftliche Abhängigkeit von einem oder mehreren, nicht aber von einer unbegrenzten, ständig wechselnden Anzahl von Unternehmern; Regelmäßigkeit der Arbeitsleistung; Erbringung der Arbeitsleistung in wirtschaftlicher Unterordnung für die Zwecke eines anderen; Bestreitung des Lebensunterhaltes zu einem nicht unerheblichen Teil aus den Einkünften dieser Tätigkeit; Fremdbestimmung der Arbeit; Beschränkung des Beschäftigten in seiner Entschlußfähigkeit bezüglich der ausgeübten Tätigkeit auf ein Minimum; Erbringung der Arbeitsleistung nicht im Rahmen eines eigenen Unternehmens, sondern in Einordnung in den fremden Betrieb. Von Bedeutung ist auch die soziale Schutzbedürftigkeit, letztlich die Gesamtbeurteilung der Kriterien (Kuderna, aaO, 274 f).
Wachter (Wesensmerkmale der arbeitnehmerähnlichen Personen, 94 ff) fordert als Voraussetzung der Arbeitnehmerähnlichkeit ein geringeres Maß an wirtschaftlicher Unselbständigkeit als beim Arbeitnehmer. Die wirtschaftliche Unselbständigkeit bestehe aus einer organisatorischen (persönliche Abhängigkeit) und einer finanziellen (wirtschaftliche Abhängigkeit) Komponente, wobei beide Komponenten gegeben und im Einzelfall geprüft werden sollten. Belanglos seien hingegen die sozialversicherungs- und steuerrechtliche Behandlung des betreffenden Verhältnisses, seine gewerberechtliche Beurteilung, die wirtschaftliche Unterordnung, die Fremdbestimmung, das Unternehmerrisiko sowie das Vorhandensein eines Unternehmens (vgl auch Kuderna, aaO, 277; ähnlich Liebeg, IESG, 115).
Der Oberste Gerichtshof hat die arbeitnehmerähnliche Stellung dann ausgeschlossen, wenn die Arbeitsleistung im Rahmen einer Organisation, die als eigenes Unternehmen anzusehen ist, und ohne Einordnung in einen fremden Betrieb erbracht wird (Arb 10.019). Bei einem dem vorliegenden Fall allerdings nur entfernt ähnlichen Sachverhalt hat er die Arbeitnehmerähnlichkeit bejaht. Es handelte sich um einen allein tätigen Frachtführer, der vertraglich verpflichtet war, die ihm von einem Unternehmer erteilten Frachtaufträge jeweils durchzuführen und zu diesem Zweck ständig und ausschließlich sein Zugfahrzeug bereit zu halten und der keine anderen Einnahmen bezog, wobei sich das Entgelt für die ihm aufgetragenen Fahrten nach den Straßenkilometern richtete und wobei der Umfang der ihm vom Vertragspartner erteilten Frachtaufträge somit den Umfang seiner Tätigkeiten und seines Einkommens bestimmte (4 Ob 92/76 = Arb 9518).
Unter Zugrundelegung der von der Judikatur (vgl dazu W.Schwarz, aaO, 153 ff) und Wachter entwickelten Kriterien ist zwar auch hier sicherlich die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers gegeben, doch mangelt es vollständig an der persönlichen Abhängigkeit, zumal ein eigener, organisatorisch von der Gemeinschuldnerin völlig getrennter Betrieb vorliegt; auch die wirtschaftliche Unselbständigkeit ist im Sinne des anzustellenden Typenvergleiches (Wachter aaO; F.Bydlinski, Methodenlehre2, 543 und 548) nicht als besonders ausgeprägt anzusehen, sodaß insgesamt betrachtet auf den Kläger der typologische Begriff (typologische Begriffsbestimmung vgl JBl 1995, 713) der Arbeitnehmerähnlichkeit nicht zutrifft. Bei dieser Beurteilung erscheint bedeutsam, daß wegen Inäquivalenz der Beitragsleistungen, die vom Arbeitgeber nur für Arbeitnehmer im engeren Sinn erbracht werden (§ 12 Abs 1 Z 5 IESG), und wegen der aus sozialpolitschen Gründen (ohne Finanzierungsbeitrag) normierten Einbeziehung arbeitnehmerähnlicher Personen in den Schutzbereich des § 2 Z 3 IESG der Begriff (richtig Typus) der Arbeitnehmerähnlichkeit im ungeachtet der Bemühung um eine typologische Zuordnung verbleibenden "Unschärfebereich" im Zweifel auch eng auszulegen ist.
Bei dem gegenteiligen Verständnis des Klägers wäre selbst ein mehr oder weniger alleiniger Zulieferbetrieb (von Waren oder Dienstleistungen) eines insolventen Unternehmens in den Schutzbereich des IESG einzubeziehen, womit es zu unhaltbaren Ergebnissen käme. Dies zeigt, daß die wirtschaftliche Abhängigkeit nicht mit der wirtschaftlichen Unselbständigkeit, wie sie für den Typus der arbeitnehmerähnlichen Person mitbestimmend ist, verwechselt werden darf.
Aus allen diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs und der Revision der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; besondere Billigkeitsgründe wurden vom Kläger weder bescheinigt noch sind solche ersichtlich.
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