OGH 8ObS1/10w

OGH8ObS1/10w18.2.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Michael Pieber als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei R***** K*****, vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, und des auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der C***** GmbH, *****, gegen die beklagte Partei IEF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Insolvenz-Entgelt (2.017 EUR netto), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Oktober 2009, GZ 7 Rs 57/09w-13, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Juni 2009, GZ 36 Cgs 92/09m-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei sowie dem Nebenintervenienten die jeweils mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 1. 2. 1989 bis 14. 2. 2009 bei der Gemeinschuldnerin bzw deren Rechtsvorgängerin als Angestellter beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis fand der Kollektivvertrag für Handelsangestellte Anwendung. Nach Art XIV leg cit wird dem Angestellten für langjährige Dienste nach einer Beschäftigung im gleichen Betrieb von 20 Jahren mindestens ein Brutto-Monatsgehalt als einmalige Anerkennungszahlung gewährt. Dieser Anspruch des Klägers wurde am 31. 1. 2009 fällig.

Mit Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 7. 10. 2008, AZ 26 S 120/08d, wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Nebenintervenient zum Masseverwalter bestellt. Im Konkursverfahren meldete der Kläger seinen Anspruch auf Jubiläumsgeld mit 1.998 EUR netto als Konkursforderung an. Diese Forderung wurde vom Nebenintervenienten anerkannt. Anlässlich der Berichtstagsatzung vom 26. 11. 2008 wurde zunächst die unbefristete Fortführung des Unternehmens genehmigt. Mit Beschluss vom 12. 2. 2009 wurde die Schließung des Unternehmens angeordnet. Am 14. 2. 2009 trat der Kläger gemäß § 25 KO aus dem Dienstverhältnis aus. Für das als Konkursforderung anerkannte Jubiläumsgeld beantragte er die Gewährung von Insolvenz-Entgelt. Mit Bescheid vom 20. 2. 2009 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Die Klagsforderung ist der Höhe nach unstrittig; der bis zur Konkurseröffnung aliquot berechnete Betrag beläuft sich auf 1.966,75 EUR netto.

Der Kläger begehrte die Zahlung von 2.017 EUR netto (Jubiläumsgeld 1.998 EUR und Anmeldegebühr 19 EUR). Der Anspruch auf Jubiläumsgeld sei nicht als laufendes Entgelt zu qualifizieren und stelle daher eine Konkursforderung dar. Er sei nach § 3b IESG gesichert.

Die Beklagte entgegnete, dass das gesamte Jubiläumsgeld als Masseforderung anzusehen sei. Nach den Erläuterungen zum Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997 handle es sich dabei um laufendes Entgelt, für das das Stichtagsprinzip gelte. Maßgeblich sei somit der Fälligkeitszeitpunkt am 31. 1. 2009.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren über 1.966,75 EUR netto statt; das Mehrbegehren wies es ab. Die Zuordnung des Jubiläumsgeldes als einmalige Sonderzahlung zum laufenden Entgelt führe zum Ergebnis, dass dieses nur zu einem verschwindenden Bruchteil Masseforderung sei, weil die Betriebszugehörigkeit nahezu zur Gänze die Zeit vor der Konkurseröffnung betreffe. Auf das Jubiläumsgeld sei daher das Anwartschaftsprinzip anzuwenden und der gesicherte Anspruch im Verhältnis des Anspruchszeitraums vor und nach Konkurseröffnung aliquot zu berechnen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Qualifikation des Jubiläumsgeldes als Masse- oder Konkursforderung oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Als „laufendes Entgelt" nach § 46 Abs 1 Z 3 KO könnten (nur) die zeitraumbezogenen Ansprüche des Dienstnehmers, die ihm für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft für die Zeit nach der Konkurseröffnung zustünden, verstanden werden. In Ansehung der Sonderzahlungen habe sich der Oberste Gerichtshof für den Aliquotierungsgrundsatz ausgesprochen. Auf Sonderzahlungen sei daher das Anwartschaftsprinzip und nicht das Stichtagsprinzip anzuwenden. Das Berufungsgericht teile zwar die Ansicht, dass es sich beim Jubiläumsgeld nicht um ein laufendes Entgelt im engeren Sinn handle. Das von der Beklagten vertretene Stichtagsprinzip führe allerdings zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Konkursmasse. Das Berufungsgericht teile daher die Lehrmeinungen, nach denen auch für das Jubiläumsgeld das Anwartschaftsprinzip maßgeblich sei. Der vor Konkurseröffnung angewachsene Teil sei daher als Konkursforderung zu qualifizieren.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie eine Abweisung des Klagebegehrens anstrebt. Mit ihren Revisionsbeantwortungen beantragen der Kläger sowie der Nebenintervenient, dem Rechtsmittel der Beklagten den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zu der - in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden - Qualifikation des Jubiläumsgeldes als laufendes Entgelt iSd § 3a IESG keine Rechtsprechung des Höchstgerichts vorliegt. Sie ist aber nicht berechtigt.

1.1 Nach Ansicht der Beklagten gilt für einmalige Leistungen wie das Jubiläumsgeld das Stichtagsprinzip. Da der Anspruch des Klägers während des Konkursverfahrens entstanden sei, sei dieser zur Gänze als Masseforderung zu qualifizieren. Zu klären sei, ob eine Aliquotierung des Anspruchs nach dem Anwachsungsprinzip in einen Teil als Konkursforderung und einen Teil als Masseforderung vorzunehmen sei. In diesem Zusammenhang bestreitet sie das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 3a Abs 2 Z 5 IESG; der Kläger habe seine Austrittsverpflichtung verletzt.

1.2 Die aufgeworfene Frage, ob hinsichtlich des Anspruchs auf Jubiläumsgeld - als laufendes Entgelt - eine Aliquotierung nach dem Anwartschaftsprinzip bis zur Konkurseröffnung stattzufinden hat, betrifft die Qualifikation als Konkurs- oder Masseforderung. Diese Beurteilung zielt ausschließlich auf die konkursrechtliche Aufteilung eines nach Erreichen des Stichtags (zu einem Zeitpunkt nach Konkurseröffnung) entstandenen Anspruchs ab. Davon ist die IESG-rechtliche Frage der Sicherung dieses Anspruchs durch den IEG-Fonds zu unterscheiden. Wiederum einen anderen Aspekt betrifft die arbeitsrechtliche Qualifikation, etwa bei Beurteilung des Aliquotierungsgebots nach § 16 AngG. Aus der speziellen konkurs- und IESG-rechtlichen Beurteilung ist für die arbeitsrechtliche Qualifikation nichts zu gewinnen. In Ansehung dieser unterschiedlichen Rechtsbereiche bestehen aus Sicht des Gesetzgebers nicht unbedingt deckungsgleiche Interessenslagen, Zielsetzungen und Wertungen.

2.1 § 3a Abs 1 IESG stellt darauf ab, ob der Entgeltanspruch vor Konkurseröffnung fällig wurde (Liebeg, IESG3 § 3a Rz 10). Da dies in Ansehung des hier zu beurteilenden Jubiläumsgeldes nicht der Fall war, kommen als Sicherungsgrundlage nur § 3a Abs 2 IESG (laufendes Entgelt bei Konkurseröffnung) oder § 3b IESG (sonstige Ansprüche) in Betracht.

2.2 Die Beklagte bestreitet die Qualifikation des Jubiläumsgeldes als laufendes Entgelt ausdrücklich nicht. Die Erläuterungen zu § 46 Abs 1 Z 3 KO idF des IRÄG 1997 (RV 734 BlgNR XX. GP 38) sprechen davon, dass „auch das Jubiläumsgeld als ein Teil des laufenden Entgelts zu behandeln ist". Auch in der Literatur wird mehrheitlich dieser Standpunkt vertreten. Engelhart (in Konecny/Schubert § 46 KO Rz 253) und Reissner (in ZellKomm § 46 KO Rz 10) zählen das Jubiläumsgeld zum laufenden Entgelt.

Der Begriff „laufendes Entgelt" iSd § 3a IESG (vgl auch § 46 Abs 1 Z 3 KO) ist im weiteren Sinn zu verstehen (Liebeg aaO § 3a Rz 93). Allgemein werden dazu die zeitbezogenen Ansprüche des Arbeitnehmers gezählt, die ihm für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft als Erfüllung des zweiseitigen Arbeitsvertrags zustehen (Engelhart aaO § 46 KO Rz 252). Dieser Bezug kann etwa durch periodische Fälligkeit bei für einen bestimmten Zeitraum gebührenden und fortlaufend anwachsenden Ansprüchen, aber auch durch Erfüllung einer bestimmten Wartezeit bei einmaligen Leistungen hergestellt werden (Winkler, Aliquotierungsgebot und Jubiläumsgelder, RdW 1996, 367 [369]). Bei Jubiläumsgeldern handelt es sich um Treueprämien, die bei aufrechtem Dienstverhältnis alle fünf, zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre oder noch seltener fällig werden. Auch wenn der Anspruch an die Vollendung einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit geknüpft ist (4 Ob 2/77), stellt sich nach Eintritt der Bedingungen für sein Entstehen dennoch die IESG-rechtliche Frage, ob Jubiläumsgeld als „laufendes Entgelt einschließlich Sonderzahlungen für die regelmäßige Arbeitsleistung" gebührt.

2.3 Der wesentliche systematische Unterschied zwischen der Sicherungsdauer nach § 3a Abs 2 IESG und § 3b IESG besteht darin, dass eine dem § 3a Abs 2 Z 5 IESG vergleichbare allgemeine Ausfallshaftung nach Ablauf der Sicherungsfristen in § 3b IESG für die „weiteren Ansprüche" mit Ausnahme der Beendigungsansprüche nicht vorgesehen ist. Nur Beendigungsansprüche sind vergleichbar mit § 3a Abs 2 Z 5 IESG gesichert.

Nach dem Zweck der Regelungen über die zeitliche Absicherung der Ansprüche soll einerseits die Unternehmensfortführung nicht behindert und andererseits das Risiko einer erfolglosen Unternehmensfortführung nicht auf den IEG-Fonds überwälzt werden (8 ObS 316/01f; 8 ObA 126/02s). Der Begrenzung des Risikos des IEG-Fonds dient auch die in § 3a Abs 2 Z 5 IESG vorgesehene Austrittsobliegenheit, sobald der Masseverwalter das gebührende Entgelt erstmals nicht vollständig zahlt. Nach diesem System spricht das Ziel der Aufrechterhaltung des Betriebs dafür, dass die betriebstreuen Arbeitnehmer solange mit der Sicherung ihrer Entgeltansprüche rechnen können, als sie der Masseverwalter nicht mehr befriedigen kann. Dazu gehören aber auch solche Ansprüche, deren Entstehen zulässigerweise nicht allein an die laufende Arbeitsleistung, sondern auch an die Betriebstreue gebunden ist.

Für dieses Ergebnis spricht letztlich auch eine systematische Betrachtung. § 1 Abs 2 Z 1 IESG nennt an Entgeltansprüchen im Wesentlichen nur solche auf laufendes Entgelt sowie aus der Beendigung. Eine dritte Kategorie von Entgeltansprüchen wurde bei der Ausgestaltung des Systems der zeitlichen Sicherung im Rahmen der Abgrenzung zwischen §§ 3a und 3b IESG offenbar nicht bedacht.

2.4 Nach Ansicht des erkennenden Senats ist das Jubiläumsgeld daher - in Übereinstimmungen mit den Erläuterungen zum IRÄG 1997 und der überwiegenden Literatur - als Teil des laufenden Entgelts iSd § 3a IESG zu behandeln.

3.1 Nach den zeitlichen Sicherungsgrenzen kommt im vorliegenden Fall nur § 3a Abs 2 Z 5 IESG in Betracht. Diese Bestimmung normiert (grundsätzlich) eine Ausfallshaftung der Beklagten, die nach Abs 4 leg cit nur dann und insoweit eintritt, als der Masseverwalter schriftlich erklärt, dass die Masse zur Zahlung nicht oder nicht vollständig in der Lage ist. Insolvenz-Entgelt gebührt somit nur dann, wenn die Konkursmasse wegen fehlender Mittel zur Zahlung nicht in der Lage ist und eine entsprechende Erklärung des Masseverwalters vorliegt (Liebeg aaO § 3a Rz 112). Eine solche Bestätigung kann sich aber nur auf Masseforderungen beziehen. Damit stellt sich die Frage, ob der konkrete Anspruch des Klägers als Konkurs- oder Masseforderung zu beurteilen ist.

3.2 Zur Behandlung von Sonderzahlungen hat der erkennende Senat in der Entscheidung 8 ObA 11/08p unter Hinweis auf seine Entscheidungen 8 Ob 30/95 und 8 ObA 24/05w neuerlich klargestellt, dass Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt einschließlich Sonderzahlungen für die Zeit nach der Konkurseröffnung nach § 46 Abs 1 Z 3 KO Masseforderungen darstellen. Davon sollen jene Ansprüche des Dienstnehmers erfasst sein, die für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft für diesen Zeitraum gebühren. Jener Vorteil, der der Masse durch das Zurverfügungstehen des Arbeitnehmers im Rahmen des Arbeitsvertrags zukommt, soll auch als Masseforderung abgegolten werden. Nicht einzusehen sei nämlich, warum die Sonderzahlungen eine andere insolvenzrechtliche Behandlung als das laufende Entgelt erfahren sollten. Diese Auffassung ergebe sich auch zwanglos aus § 46 Abs 1 Z 3 KO. Es liege auf der Hand, dass die auf den Zeitraum nach Konkurseröffnung bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses entfallenden und verdienten Sonderzahlungsanteile eine Masseforderung iSd § 46 Abs 1 Z 3 KO darstellen.

In der Rechtsprechung ist somit geklärt, das für Sonderzahlungen das Anwartschafts- bzw Anwachsungsprinzip gilt (vgl Weber, Arbeitsverhältnisse in Insolvenzverfahren 90). Demnach ist jener Teil der Sonderzahlungen, der auf die Zeit vor Konkurseröffnung entfällt, als Konkursforderung anzusehen (vgl RIS-Justiz RS0081634; Reissner aaO § 46 KO Rz 7).

3.3 Fraglich bleibt, ob Jubiläumsgelder auch in Ansehung der (konkurs- und IESG-rechtlichen) Aliquotierung - als ebenfalls zeitbezogene Entgeltansprüche - wie Sonderzahlungen zu behandeln sind oder ob eine unterschiedliche Behandlung dieser Ansprüche im Konkurs des Arbeitgebers gerechtfertigt ist.

Die Erläuterungen zu § 46 Abs 1 Z 3 KO idF des IRÄG 1997 (RV 734 BlgNR XX. GP 38) enthalten im Anschluss an die Aussage, dass auch das Jubiläumsgeld als ein Teil des laufenden Entgelts zu behandeln ist, den Halbsatz „hiefür gilt somit das Stichtagsprinzip". Das Wort „hiefür" bezieht sich auf das laufende Entgelt an sich und nicht etwa nur auf das Jubiläumsgeld. Weber (aaO 91 f) weist daher zutreffend darauf hin, dass sich die Erläuterungen zum IRÄG 1997 (genauer der zitierte Halbsatz) mit der (bisherigen) Rechtsprechung nicht in Einklang bringen lassen. Mit Weber ist die Bezugnahme auf das Stichtagsprinzip als Redaktionsversehen zu werten, zumal lediglich die bisherige Rechtslage referiert und davon nicht abgewichen werden sollte. In diesem Sinn führt Reissner (aaO § 46 KO Rz 10) aus, dass die Zuordnung einmaliger Sonderzahlungen, wie etwa Jubiläumsgelder, zum laufenden Entgelt bedeute, dass nur zu einem geringen Teil eine Masseforderung vorliege, weil die vorausgesetzte langjährige Betriebszugehörigkeit so gut wie zur Gänze vor Konkurseröffnung liege. Auch Engelhart (aaO § 46 KO Rz 253) vertritt die Ansicht, dass die Aliquotierung nach dem Anwartschaftsprinzip - so wie auf laufendes Entgelt, wie zB Sonderzahlungen - auch auf einmalige Sonderzahlungen wie zB ein Jubiläumsgeld, das - durch Vollendung der erforderlichen Dauer des Dienstverhältnisses - erst nach Verfahrenseröffnung zustehe, anzuwenden sei. Ebenso gelangt Weber (aaO 91 f) zum Ergebnis, dass die Aliquotierung für die insolvenzrechtliche Qualifikation von allen Sonderzahlungen einschließlich des Jubiläumsgeldes maßgeblich sei.

Wolligger (Arbeitnehmeransprüche bei Arbeitgeberinsolvenz 61) zählt Treueprämien und Jubiläumsgelder zu den Sonderzahlungen. Wenn sie an anderer Stelle (aaO 52) Entgeltformen einmaliger oder sporadischer Art, wie zB Jubiläumsgelder, als „sonstiges Entgelt" qualifiziert, erscheint dies nicht konsequent. Weber-Wilfert (in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht II XXI Rz 26) bezeichnet den erörterten Halbsatz in den Erläuterungen zum IRÄG 1997, wonach das Stichtagsprinzip gelte, ohne weitere Begründung als Klarstellung. Die Ansicht in Holzer/Reissner/Schwarz (Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4 143), wonach Entgeltformen einmaliger oder sporadischer Art, wie Jubiläumsgelder oder ähnliche Leistungen zur Kategorie „sonstiges Entgelt" gehörten, erscheint durch den dargelegten Standpunkt von Reissner im ZellKomm (§ 46 KO Rz 10) revidiert.

3.4 In Übereinstimmung mit den überwiegenden Literaturmeinungen vertritt der erkennende Senat zusammengefasst die Ansicht, dass der Anspruch des Klägers auf Jubiläumsgeld, der nach Eröffnung des Konkursverfahrens entstanden ist und fällig wurde, aus konkursrechtlicher Sicht zur Abgrenzung zwischen Masse- und Konkursforderungen nach dem Anwartschaftsprinzip zu aliquotieren ist. Der Zahlungsanspruch, der auf die Zeitspanne vor Konkurseröffnung entfällt, ist daher als Konkursforderung zu qualifizieren. Auch für die Aliquotierung ist jedoch vorausgesetzt, dass das Dienstverhältnis zum Stichtag für das Entstehen des Anspruchs noch aufrecht war.

3.5 Ausgehend von diesem Ergebnis kann sich bei der Beurteilung der hier in Betracht kommenden Bestimmung des § 3a Abs 2 Z 5 IESG die schriftliche Erklärung des Masseverwalters über die Unzulänglichkeit der Masse nur auf Masseforderungen beziehen. Für die im Revisionsverfahren ausschließlich maßgeblichen Konkursforderungen kommt es für die Sicherung des Anspruchs des Klägers durch den IEG-Fonds auf die Erklärung des Masseverwalters also gar nicht an. Die Ansicht, dass im Rahmen der Ausfallshaftung Insolvenz-Entgelt nur für Masseforderungen zustehe (Liebeg aaO § 3a Rz 112), trifft insoweit nicht zu.

4.1 Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe seine Austrittsobliegenheit nach § 3a Abs 2 Z 5 IESG verletzt, ist schon deshalb nicht berechtigt, weil im Vergleich zu einem sofort nach Fälligkeit des Jubiläumsgeldes am 31. 1. 2009 erklärten Austritt keine größere Belastung des IEG-Fonds und damit kein Nachteil für die Beklagte eingetreten ist. Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen, dass der in § 3a Abs 2 Z 5 IESG normierten Austrittsobliegenheit kein Pönalecharakter zukommt und deren Verletzung nicht anspruchsvernichtend wirken kann, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass dieser Umstand auf den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten keinen Einfluss hatte (RIS-Justiz RS0119672; Liebeg aaO § 3a Rz 111).

4.2 Für Beendigungsansprüche bestehen sowohl konkursrechtliche als auch IESG-rechtliche Sonderregelungen, weshalb sich die Beklagte darauf nicht berufen kann.

5. Der Revision der Beklagten war damit der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich hinsichtlich des Klägers auf § 77 Abs 1 iVm § 66 Abs 1 ASGG. Der verzeichnete Streitgenossenzuschlag gebührt dem Kläger nach § 15 RATG nicht. Im Verhältnis zum Nebenintervenienten gilt § 77 ASGG nicht (vgl 8 ObS 13/04a = SSV-NF 18/79); der Kostenzuspruch stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG.

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