OGH 8ObA11/08p

OGH8ObA11/08p28.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Glawischnig und die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gillinger und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, vertreten durch die IAF-Service GmbH, diese vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Rudolf F*****, als Masseverwalter im Konkurs der G***** GmbH, wegen 22.783 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. November 2007, GZ 12 Ra 73/07b-15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit 2.842,14 EUR (darin 473,69 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 22. 6. 2006 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet. Zwischen 23. 7. und 6. 8. 2006 erklärten die Dienstnehmer gemäß § 25 KO ihren vorzeitigen Austritt. Von dem für das Jahr 2006 gebührenden Urlaubszuschuss meldeten die Dienstnehmer den auf den Zeitraum vom 1. 1. bis 22. 6. 2006 entfallenden aliquoten Teil jeweils als Konkursforderung an; in diesem Umfang gewährte die klagende Partei den einzelnen Dienstnehmern Insolvenz-Ausfallgeld. Der anteilig für den Zeitraum zwischen Konkurseröffnung und Austritt gebührende Teil des Urlaubszuschusses wurde vom Beklagten als laufendes Entgelt aus der Masse bezahlt. Den restlichen - aliquot auf den Zeitraum zwischen Austritt und Jahresende entfallenden - Teil des Urlaubszuschusses für 2006 meldeten die Dienstnehmer wiederum als Konkursforderung an. Der Masseverwalter anerkannte diese Forderungen. Die klagende Partei qualifizierte sie als Masseforderungen und gewährte den Dienstnehmern Insolvenz-Ausfallgeld in der Gesamthöhe von 22.783 EUR für die auf die Zeit vom jeweiligen Austritt bis zum 31. 12. 2006 entfallenden Urlaubszuschüsse. In diesem Umfang zog die klagende Partei im Hinblick auf den Übergang dieser Forderung nach § 11 IESG auf sie, die Konkursforderung während des gegenständlichen Verfahrens erster Instanz zurück.

Die klagende Partei begehrt infolge Forderungsübergangs gemäß § 11 Abs 2 IESG die Zahlung von 22.783 EUR aus der Masse mit der Begründung, es handle sich bei dem hier gegenständlichen Teil des Urlaubszuschusses (Zeitraum zwischen der jeweiligen Beendigung des Dienstverhältnisses und Jahresende) um laufendes Entgelt für den Zeitraum nach Konkurseröffnung, das nach ständiger Rechtsprechung eine Masseforderung darstelle. Die Urlaubszuschüsse seien aufgrund betrieblicher Übung jeweils am 15. 7. 2006 in voller Höhe für das gesamte Kalenderjahr fällig geworden.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Urlaubszuschuss werde gemäß Punkt XVII Z 5 des hier zur Anwendung gelangenden Kollektivvertrags für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe jeweils bei Antritt des Urlaubs, spätestens aber mit der Abrechnung für Dezember, fällig. Er habe als Masseverwalter den Urlaubszuschuss bis 31. 12. 2006 vereinbarungsgemäß nur unter der Voraussetzung der Geltendmachung als Konkursforderung anerkannt; da sich die klagende Partei, auf die diese Forderung nunmehr übergegangen sei, nicht an diese Vereinbarung halte und eine Umqualifizierung als Masseforderung vornehme, fühle auch er sich an sein „Anerkenntnis nicht mehr gebunden". Der Beklagte wendet auch ein, dass den Dienstnehmern nur für die Dauer der Kündigungsentschädigung ein Anspruch auf (anteiligen) Urlaubszuschuss zustehe, der das rechtliche Schicksal der Kündigungsentschädigung als Konkursforderung teile; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Sonderzahlungen bis 31. 12. 2006 bestehe mangels Entgeltanspruchs für diesen Zeitraum nicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Rechtlich folgerte es, dass es sich beim Urlaubszuschuss für den Zeitraum vom jeweiligen Austritt bis zum 31. 12. 2006 um einen Beendigungsanspruch handle, den die Dienstnehmer gemäß § 25 Abs 2 KO nur aus dem Titel des Schadenersatzes und daher als Konkursforderung geltend machen könnten. Der Beklagte sei daher nicht verpflichtet, diesen Teil des Urlaubszuschusses aus der Masse zu zahlen.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der klagenden Partei das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Seine rechtliche Beurteilung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Der beklagte Masseverwalter bestreite nicht, dass Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt für die Zeit nach Konkurseröffnung nach dem klaren Wortlaut des § 46 Abs 1 Z 3 KO Masseforderungen darstellen. Laufendes Entgelt gebühre als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft immer nur bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses. Die Zuordnung der Beendigungsansprüche als Masse- oder Konkursforderung hänge von der Art der Beendigung des Dienstverhältnisses ab; erfolge diese - wie hier - durch vorzeitigen Austritt gemäß § 25 KO, liege eine Konkursforderung vor (§ 51 Abs 2 Z 2 lit a KO). Entscheidungswesentlich sei im vorliegenden Fall, ob der Anspruch auf Urlaubszuschuss bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für das gesamte Kalenderjahr in voller Höhe entstanden sei; treffe dies zu, könne der Urlaubszuschuss nicht mehr Gegenstand eines Beendigungsanspruchs sein.

Nach Punkt XVII Z 6 des Kollektivvertrags für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe werde der Anspruch auf den Urlaubszuschuss mit Antritt des Urlaubs fällig. Allen Arbeitnehmern, die ihren Urlaub im Jahr 2006 vor Beendigung des Dienstverhältnisses angetreten und verbraucht haben, gebühre der Urlaubszuschuss demnach ungekürzt für das gesamte Kalenderjahr. Nichts anderes könne gelten, wenn - wie die klagende Partei behaupte - der Urlaubszuschuss unabhängig vom konkreten Urlaubsverbrauch zu einem bestimmten Stichtag zur Gänze fällig werde; auch in einem solchen Fall sei der Urlaubszuschuss, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Kalenderjahrs ende, nur in den im Kollektivvertrag ausdrücklich vorgesehenen Fällen zurückzuzahlen. Weiters entspreche es ständiger Rechtsprechung, dass bei regelmäßiger Gewährung des gesamten Urlaubszuschusses bereits zu einem früheren als dem im Kollektivvertrag bestimmten Fälligkeitszeitpunkt der Arbeitgeber von dieser Übung nicht einseitig abgehen und den Arbeitnehmer auf die ungünstigere Regelung des Kollektivvertrags verweisen könne. Das Erstgericht habe allerdings weder Feststellungen über den konkreten Urlaubsverbrauch der Arbeitnehmer noch über die behauptete, vom tatsächlichen Urlaubsverbrauch abweichende, Auszahlungspraxis getroffen. Auf diese Feststellungen komme es im Ergebnis aber auch nicht an:

Ungeachtet der in Punkt XVII Z 9 KV für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses enthaltenen Aliquotierungsregel haben die Arbeitnehmer ihren Anspruch auf den Urlaubszuschuss ungekürzt - und damit auch für den gesamten hier strittigen Zeitraum zwischen Austritt und Jahresende - geltend gemacht und neben der individuellen Kündigungsentschädigung als eigene Konkursforderung angemeldet. Der Masseverwalter habe diesen Anspruch zur Gänze anerkannt, ohne von der kollektivvertraglichen Aliquotierung Gebrauch zu machen. Aufgrund des Anerkenntnisses ihrer Forderungen stehe den Arbeitnehmern daher für das Kalenderjahr 2006 ein Anspruch auf ungekürzte Zahlung des Urlaubszuschusses zu. Die unterschiedlichen Rechtsansichten der Parteien über das Vorliegen einer Konkurs- oder Masseforderung könnten nichts daran ändern, dass der geltend gemachte Anspruch auf vollen Urlaubszuschuss vom Beklagten weder seinerzeit als Konkursforderung noch nunmehr als Masseforderung substantiiert bestritten worden sei. Insbesondere habe der Beklagte kein Tatsachenvorbringen erstattet, inwieweit sich die kollektivvertragliche Regelung des Punktes XVII Z 5 auf den, für die einzelnen Arbeitnehmer konkret geltend gemachten, Anspruch auswirke. Es sei daher von einem ungekürzten Anspruch der Arbeitnehmer auf den Urlaubszuschuss für das Jahr 2006 auszugehen, bei dem es sich um laufendes (aperiodisches) Entgelt handle. Die Qualifikationen einer Sonderzahlung als Konkurs- oder Masseforderung richte sich im Regelfall, also wenn die Sonderzahlung für das Rumpfjahr nur anteilig bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses gebühre, stets nach dem Verhältnis der Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses vor Konkurseröffnung zur restlichen Dauer nach Konkurseröffnung. Gebühre, wie hier, die Sonderzahlung ungekürzt für das gesamte Kalenderjahr, obwohl das Dienstverhältnis vor Ablauf des Jahres ende, sei die Sonderzahlung ebenso - allerdings in voller Höhe - anteilsmäßig im Verhältnis der vor der Konkurseröffnung liegenden Beschäftigungszeiten als Konkursforderung und im Verhältnis der zwischen Konkurseröffnung und Beendigung des Dienstverhältnisses liegenden Zeiten als Masseforderung zu qualifizieren. Dies bedeute am Beispiel eines vorzeitigen Austritts genau mit Ablauf des 31. 7. 2006, dass der volle Urlaubszuschuss (also unter Einschluss des hier strittigen, auf den Zeitraum vom 1. 8. bis 31. 12. 2006 entfallenden Teils) in 112 Kalendertagen bis 31. 7. dieses Jahres zuzuordnen sei; 172 von 212 Teilen (entsprechend den 172 Kalendertagen vom 1. 1. bis einschließlich 21. 6.) stellen demnach eine Konkursforderung dar, während die restlichen 40 Teile (entsprechend den 40 verbleibenden Tagen zwischen Konkurseröffnung und Austritt) eine Masseforderung bilden. Von dieser Masseforderung könne die klagende Partei im gegenständlichen Verfahren nur noch den Differenzbetrag auf die vom beklagten Masseverwalter für die Zeit nach Konkurseröffnung bereits geleistete Zahlung mit Erfolg geltend machen. Der weit überwiegende Teil des Klagsbetrags stelle hingegen eine Konkursforderung dar. Da das Erstgericht, von einer vom Berufungsgericht nicht geteilten Rechtsansicht ausgehend, über die Höhe des den einzelnen Arbeitnehmern insgesamt gebührenden Urlaubszuschusses und der vom Beklagten darauf geleisteten Zahlungen keine Feststellungen getroffen habe, müsse die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Arbeitsrechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil die Frage der Qualifikation einer für ein Rumpfjahr ungekürzt gebührenden Sonderzahlung als Konkurs- oder Masseforderung über den Einzelfall hinaus von erheblicher Bedeutung für die Rechtssicherheit sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist zulässig und im Sinne einer Wiederherstellung des klagsabweisenden Ersturteils auch berechtigt. Vorauszuschicken ist, dass aufgrund der nachstehenden Erwägungen weder die Frage, ob den Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin vorliegend ungeachtet der Beendigung ihrer Dienstverhältnisse während des laufenden Kalenderjahrs ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf Urlaubszuschuss für das gesamte Kalenderjahr aufgrund des hier anzuwendenden Kollektivvertrags zusteht, noch ob angesichts der unstrittigen Rückziehung der auf derartige Ansprüche entfallenden Konkursforderung durch die klagende Partei die Berufung auf ein vom Masseverwalter abgegebenes diesbezügliches Anerkenntnis nicht (mehr) in Betracht kommt.

Das 13. und 14. Monatsgehalt sind in Österreich so üblich geworden, dass sie ein fixer Bestandteil der Lohnpolitik sind und der ursprüngliche Anlass (Weihnachten bzw Urlaubsbeginn) im Lauf der Zeit und der Entwicklung des Arbeitsrechts an Bedeutung zurückgetreten ist (9 ObA 104/02p mwN). Der Oberste Gerichtshof vertritt in nunmehr ständiger Rechtsprechung, dass zum Entgelt des Arbeitnehmers nicht nur das eigentliche Gehalt, sondern auch alle übrigen ordentlichen und außerordentlichen Leistungen zusätzlicher Art gehören. Dabei kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern nur auf die tatsächliche Funktion der Leistung an. Soweit es sich um einen Teil der Gegenleistung des Arbeitgebers für die Überlassung der Arbeitskraft durch den Arbeitgeber handelt, gehören auch Sonderzahlungen (Urlaubszuschüsse, Weihnachtsremunerationen) dazu. Diese sind eine Form aperiodischen Entgelts, dh mit abweichenden Fälligkeitsterminen. Wegen der Gleichartigkeit der Sonderzahlungen mit dem übrigen Entgelt des Arbeitnehmers - abgesehen von der Fälligkeit - gehören sie zum „laufenden Entgelt" (8 Ob 6/96; 8 Ob 16/98f).

Grundlage für einen Anspruch auf Urlaubszuschuss ist im hier zu beurteilenden Fall Punkt XVII des Kollektivvertrags für die Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe, der auszugsweise lautet:

5.) Der Arbeitnehmer hat einmal in jedem Kalenderjahr zum gesetzlichen Urlaubsentgelt Anspruch auf einen Urlaubszuschuss ...

6.) Der Urlaubszuschuss ist bei Antritt des Urlaubs fällig. Bei Teilung des Urlaubs gebührt nur der entsprechende Teil des Urlaubszuschusses. Wird ein Urlaub, auf den bereits Anspruch besteht, in einem Kalenderjahr nicht angetreten bzw verbraucht, ist der für dieses Kalenderjahr noch zustehende Urlaubszuschuss mit der Abrechnung für Dezember auszubezahlen.

7.) Arbeitnehmer erhalten im Eintrittsjahr den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses ...

8.) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahrs endet, haben den auf den restlichen Teil des Kalenderjahrs entfallenden Anteil des Urlaubszuschusses dann zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis auf eine der nachstehenden Arten aufgelöst wird:

  1. a) Kündigung durch den Arbeitnehmer,
  2. b) Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers,
  3. c) Austritt ohne wichtigen Grund.

    9.) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet, haben Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses, entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit (jede Woche ein 1/52stel). Dieser Anspruch entfällt bei:

  1. a) Entlassung aus Verschulden des Arbeitnehmers,
  2. b) Austritt ohne wichtigen Grund.

    10.) Fallen in ein Kalenderjahr Zeiten eines Präsenzdienstes oder eines Karenzurlaubs, so vermindert sich der Urlaubszuschuss die Woche je um 1/52stel) anteilsmäßig.

    Für Angestellte regelt § 16 AngG, dass diese auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses während des Jahres Anspruch auf jenen Teil der Sonderzahlung haben, die ihrer Dienstzeit während des laufenden Jahres entspricht. Aus der zwingenden Wirkung dieses Gesetzes ergibt sich, dass Vereinbarungen, wonach der Anspruch des Arbeitnehmers auf den aliquoten Teil der bereits ins Verdienen gebrachten periodischen Sonderzahlung unter gewissen Voraussetzungen entfällt, unwirksam sind (9 ObA 104/02p mwN). Die für Angestellte zwingend vorgeschriebene Aliquotierung, die der Oberste Gerichtshof - wenngleich mit hier nicht zu erörternder anderer Begründung - auch für Arbeiter bejaht, ist ohnehin in Punkt XVII 8. des Kollektivvertrags festgeschrieben. Unter bestimmten in Punkt 6 normierten Voraussetzungen ist der Urlaubszuschuss allerdings zur Gänze bei Antritt des Urlaubs fällig. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dann, wenn im Laufe eines Jahres Sonderzahlungen geleistet werden, die grundsätzlich für das ganze Jahr gebühren, jedoch zu einem früheren Zeitpunkt als dem Jahresende fällig werden, sich der Arbeitnehmer darüber im Klaren sein muss, dass ihm dieser Betrag unter der entsprechenden Zweckwidmung (grundsätzlich) nur zusteht, wenn das Arbeitsverhältnis das ganze Jahr dauert, und dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Jahresende im Sinn einer Aliquotierung ein Teil dieses Betrags gegen später fällig werdende Ansprüche aufgerechnet wird (9 ObA 34/94; 9 ObA 104/02p). Es kann dahingestellt bleiben, ob sich aus der Regelung des Punkts 6. des KV, wonach der Urlaubszuschuss bei Antritt des Urlaubs fällig wird, bereits ein Anspruch auf den gesamten Urlaubszuschuss bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen ergibt, weil sich sowohl aus den Aliquotierungsregelungen des Kollektivvertrags als auch aus der zitierten Rechtsprechung ableiten lässt, dass die Sonderzahlungen laufend während des aufrechten Dienstverhältnisses als Teil des Entgelts „verdient" werden und lediglich eine kollektivvertragliche Bestimmung, die die Rückzahlungsverpflichtung eines „Überbezugs an Sonderzahlungen" an bestimmte Bedingungen knüpft, bedeutet, dass dem Arbeitnehmer der Überbezug verbleibt (s 8 ObS 2/04h). Auch die Regelung des Punktes 10. des Kollektivvertrags, wonach Zeiten eines Präsenzdienstes oder Karenzurlaubs den Anspruch auf Urlaubszuschuss anteilsmäßig verringern, ebenso wie die angeführten Aliquotierungs- und Rückzahlungsregelungen, sprechen dafür, dass der Kollektivvertrag grundsätzlich den Anspruch auf Urlaubszuschuss im Sinn der synallagmatischen Beziehung an das Bestehen eines Entgeltanspruchs knüpfen wollte.

    Aus dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag ergibt sich daher, dass der Urlaubszuschuss grundsätzlich für die Dauer der Erbringung der Arbeitsleistung gebührt. Nur wenn der Betrag bereits fällig (und ausbezahlt) ist, gebührt mangels Vorliegens eines Rückzahlungstatbestands bei Beendigung im laufenden Jahr ein überproportionaler Teil des Urlaubszuschusses gemessen an der tatsächlichen Arbeitsleistung. Dies ergibt sich auch aus der Rückzahlungsregelung des Punktes 8. des KV, wonach Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses jedoch vor Ablauf des Kalenderjahrs endet, den auf den restlichen Teil des Kalenderjahrs entfallenden Anteil des Urlaubszuschusses unter den in weiterer Folge genannten Voraussetzungen zurückzuzahlen haben.

    Für die insolvenzrechtliche Beurteilung eines allfälligen, über den während des aufrechten Dienstverhältnisses „verdienten" Teil des Urlaubszuschusses hinausgehenden Anspruch auf Urlaubszuschuss für das gesamte Kalenderjahr ist daher Folgendes auszuführen:

    Gemäß § 46 Abs 1 Z 3 KO sind Masseforderungen Forderungen der Arbeitnehmer (arbeitnehmerähnlichen Personen) auf laufendes Entgelt (einschließlich Sonderzahlungen) für die Zeit nach Konkurseröffnung. Beendigungsansprüche stellen nach Z 3a leg cit Masseforderungen dar, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor Konkurseröffnung eingegangen worden ist und danach, jedoch nicht nach § 25, durch den Masseverwalter oder - wenn die Beendigung auf eine Rechtshandlung oder ein sonstiges Verhalten des Masseverwalters, insbesondere die Nichtzahlung des Entgelts, zurückzuführen ist - durch den Arbeitnehmer (die arbeitnehmerähnliche Person) gelöst wird. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in seiner Entscheidung 8 ObA 24/05w neuerlich klargestellt, dass nach § 46 Abs 1 Z 3 KO Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt einschließlich Sonderzahlungen für die Zeit nach der Konkurseröffnung Masseforderungen darstellen. Davon erfasst sollen jene Ansprüche des Dienstnehmers sein, die für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft für diesen Zeitraum gebühren (Engelhart in Konecny/Schubert KO § 46 Rz 252 ff). Es soll hier jener Vorteil, der der Masse durch das Zurverfügungstehen des Arbeitnehmers im Rahmen des Arbeitsvertrags zukommt, auch als Masseforderung abgegolten werden. Bereits in der Entscheidung 8 Ob 30/95 hat der Oberste Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass nicht einzusehen sei, warum die Sonderzahlungen eine andere insolvenzrechtliche Behandlung erfahren sollten als das laufende Entgelt. Diese Auffassung ergibt sich auch zwanglos aus § 46 Abs 1 Z 3 KO. Es liegt daher auf der Hand, dass die auf den Zeitraum nach Konkurseröffnung bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses entfallenden und „verdienten" Sonderzahlungsanteile eine Masseforderung im Sinn des § 46 Abs 1 Z 3 KO darstellen. Diese Erwägungen können aber für jenen Teil der Sonderzahlungen, auf die zwar ein arbeitsvertraglicher Anspruch besteht, die aber mangels aufrechten Bestands eines Dienstverhältnisses nicht mehr „verdient" werden können, nicht gelten. Der Terminus „laufendes Entgelt" setzt schon begrifflich das Bestehen eines aufrechten Dienstverhältnisses voraus. Ähnlich wie der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung der unter den Voraussetzungen des § 10 UrlG zusteht, wenn der Arbeitnehmer wegen Beendigung des Dienstverhältnisses während des Urlaubsjahrs seinen Urlaub nicht in natura verbrauchen konnte, ist auch der Anspruch auf vorzeitig fälligen, überproportionalen Urlaubszuschuss, der mangels Bestehens eines aufrechten Dienstverhältnisses schon begrifflich nicht mehr „verdient" werden kann, als Beendigungsanspruch anzusehen. Treten die Arbeitnehmer gemäß § 25 KO vorzeitig aus, wird das Arbeitsverhältnis sofort aufgelöst. Diese sofortige Auflösung löst Ansprüche aus, die zwar betragsmäßig dem laufenden Entgelt bis zum Ende der Kündigungsfrist entsprechen (§§ 1162 ABGB, 29 AngG), doch handelt es sich bei dieser „Kündigungsentschädigung" nach herrschender Ansicht um einen aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Ersatzanspruch. Dies muss auch für den auf die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses entfallenden „überproportionalen" Teil des Urlaubszuschusses gelten, hinsichtlich dessen sich ein (allfälliger) Anspruch unmittelbar aus dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag ergibt. Im Hinblick auf das vom Obersten Gerichtshof vertretene Anwartschaftsprinzip (8 Ob 30/95), wonach der Teil der Sonderzahlungen, der auf die Zeit vor Konkurseröffnung entfällt, als Konkursforderung anzusehen ist, jener Teil, der auf die Zeit nach der Konkurseröffnung (bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses) fällt, als laufendes Entgelt und damit als Masseforderung anzusehen ist, erscheint es nur konsequent, einen auf den Zeitraum nach Beendigung des Dienstverhältnisses entfallenden Anspruch an Urlaubszuschuss als Beendigungsanspruch - und im vorliegenden Fall daher als Konkursforderung - zu qualifizieren. Gemäß § 519 ZPO hat der Oberste Gerichtshof bei Spruchreife in der Sache selbst zu erkennen, weil mit der Erhebung des Rekurses die Entscheidungskompetenz auf ihn übergegangen ist (Kodek in Rechberger ZPO3 § 519 Rz 24 mwN).

    Es ist daher mangels Bestehens einer das Klagebegehren rechtfertigenden Masseforderung das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

    Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 ASGG.

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