OGH 8ObA70/14y

OGH8ObA70/14y25.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter, sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Claudia Gründel und Dr. Peter Schnöller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. C***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. September 2014, GZ 10 Ra 50/14t‑18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00070.14Y.0625.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß §§ 2 ASGG, 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob im Einzelfall ausgehend von den konkreten Feststellungen das Verhalten des Arbeitnehmers einen Entlassungsgrund verwirklicht, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0106298 [T8]; RS0103201; RS0029733 [T14]).

Die Zulässigkeit der Revision lässt sich nicht damit begründen, dass der hier anwendbare Kollektivvertrag für die Angestellten der Beklagten eine eigene Definition der Entlassungsgründe enthält. Nach § 7 Abs 2 Z 2 des Kollektivvertrags liegt (unter anderem) ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses vor, wenn die Arbeitnehmerin im Dienst untreu ist oder sich einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflichten oder einer Handlung oder Unterlassung schuldig macht, die sie des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt. Diese Bestimmung deckt sich in den hier wesentlichen Teilen mit § 27 Z 1 AngG, wonach ein Angestellter (unter anderem) dann entlassen werden kann, wenn er im Dienste untreu ist oder wenn er sich einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt. Ein Unterschied zwischen diesen Tatbeständen, der vor dem Hintergrund des hier konkret zu beurteilenden Sachverhalts eine erhebliche Rechtsfrage aufwerfen würde, ist nicht zu erkennen.

Wesentliches Merkmal des Entlassungsgrundes ist in beiden Fällen der vom Dienstnehmer verschuldete, objektiv begründete Vertrauensverlust. Ob durch das Verhalten des Arbeitnehmers ein Schaden verursacht wurde, ist nicht Tatbestandsmerkmal (RIS‑Justiz RS0029833 [T18]).

Die Klägerin hat, nachdem ihr zur Kenntnis gelangt war, an wessen Eigentum sie sich einfach bedient hatte, nicht etwa umgehend Schadensgutmachung geleistet (die auch anonym möglich gewesen wäre), sondern zunächst die Aufklärung boykottiert und sich dann öffentlich noch zu einem überzogenen verbalen Gegenangriff hinreißen lassen.

Soweit das Berufungsgericht dieses Verhaltensmuster einer Dienstnehmerin, der im Rahmen ihrer Tätigkeit unschätzbare Werte anvertraut wurden, nicht mehr nur als minder wesentliche, aus der Situation heraus verständliche Ordnungswidrigkeit wertete, sondern dem Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit unterstellte, liegt darin unter Berücksichtigung des im Beweisverfahren zutage getretenen Gesamtverhaltens der Klägerin eine vertretbare und somit nicht durch den Obersten Gerichtshof überprüfbare Rechtsauffassung im Einzelfall.

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