European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00066.16P.1125.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Beide Vorinstanzen qualifizierten den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch als Schadenersatzanspruch. Das Rekursgericht beurteilte diesen Anspruch als Amtshaftungsanspruch. Dies entspricht – worauf die Beklagte im außerordentlichen Revisionsrekurs zutreffend verweist – auch dem Standpunkt der Klägerin, die einen Überweisungsantrag an das sachlich zuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (als Amtshaftungsgericht) gestellt hat.
2. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs kommt es darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird. Dafür ist der Wortlaut des Klagebegehrens und der in der Klage behauptete Sachverhalt maßgebend. Das Vorbringen des Beklagten ist für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ohne Bedeutung und kann nur insoweit herangezogen werden, als dadurch das Klagsvorbringen verdeutlicht wird. In rechtlicher Hinsicht kommt es auf die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an (RIS‑Justiz RS0045644; RS0045584; 8 ObA 8/12b; 8 ObA 23/13k).
3. Nach diesen Grundsätzen stellt sich die Frage, ob der konkret geltend gemachte Anspruch (hier auf Zahlung und Feststellung) zivilrechtlicher oder öffentlich‑rechtlicher Natur ist.
Richtig ist, dass Ansprüchen aus einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegensteht. Dafür ist vorausgesetzt, dass es sich um einen Anspruch handelt, der unmittelbar aus dem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis resultiert oder der mit solchen typisch öffentlich‑rechtlichen Ansprüchen in einem unauflöslichen, untrennbaren Zusammenhang steht (RIS‑Justiz RS0045438). In dieser Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass die aus einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte und Pflichten – mangels eines ausdrücklich eingeräumten gesetzlichen Gestaltungsrechts – nicht rechtswirksam gestaltet werden können. Im Rahmen eines öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnisses können Rechte und Pflichten somit nur insoweit entstehen, als dies das Gesetz vorsieht (8 ObA 23/13k mwN; Rebhahn, Vertrauensschutz in gesetzlich determinierten Dienstverhältnissen, DRdA 2002, 202).
Daraus folgt, dass Ansprüche aus einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis ausdrücklich im Gesetz festgelegt sein müssen und es sich somit um subjektive Rechte handelt, die im öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis begründet sind. Beim geltend gemachten Anspruch muss es sich um einen gesetzlich normierten Anspruch handeln, dessen Berechtigung sich unmittelbar aus dem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis ergibt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist es demgegenüber nicht ausreichend, dass die geltend gemachten Ansprüche mit dem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis verbunden sind oder sich der Höhe nach nach einem öffentlich‑rechtlichen Anspruch bemessen.
4. Im Anlassfall macht die Klägerin eine entgangene Entlohnung geltend, die sie nach ihren Behauptungen aus der rechtswidrig unterlassenen Schaffung eines Dienstpostens für die Leitung des Lehrhotels und der daraus ergebenden rechtswidrig unterlassenen Bestellung zur Direktorin des Lehrhotels ableitet. Damit behauptet sie nicht, dass ihr aufgrund ihres öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnisses und ihrer ausgeübten Funktion auf Basis der öffentlich‑rechtlichen Vorschriften entsprechende (Erfüllungs‑)Ansprüche zustünden. Vielmehr macht sie geltend, dass die Beklagte für eine aus Sicht der Klägerin gesonderte Funktion keinen gesonderten Dienstposten geschaffen hat, was nach Ansicht der Klägerin rechtswidrig ist. Nach dem Inhalt der Klage macht die Klägerin damit einen Schadenersatzanspruch geltend, den das Rekursgericht zutreffend als Amtshaftungsanspruch beurteilt hat.
5. Auf die im außerordentlichen Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen.
In der Entscheidung 9 ObA 66/11p wurde beurteilt, dass der dort geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer betrieblichen Pensionskassenzusage aus § 22a Abs 1 GehG resultiere und dieser Anspruch durch den besonderen, vom Bund abzuschließenden Kollektivvertrag nur umgesetzt werde. Der Anspruch ergebe sich daher ausschließlich aus dem Gehaltsgesetz. Maßgebend war somit, dass es sich beim geltend gemachten Anspruch um einen öffentlich‑rechtlichen Anspruch handelte.
Ähnliche Überlegungen gelten für die Entscheidung zu 9 ObA 199/02h. Darin wurde festgehalten, dass durch die Erteilung eines remunerierten Lehrauftrags ein öffentlich‑rechtliches Rechtsverhältnis sui generis mit eigenständigen gesetzlichen Vergütungsregelungen entstehe.
In der Entscheidung zu 9 ObA 68/10f wurde die Zulässigkeit des Rechtswegs für eine Klage des Betriebsrats gegen einen Krankenanstaltenträger nach § 54 Abs 1 ASGG bejaht. Dafür war maßgebend, dass von der Klage zum einen Mitarbeiter betroffen waren, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur medizinischen Universität standen, und zum anderen dem beklagten Privatrechtsträger zugewiesene Beamte, die nicht Ansprüche aus ihrem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis zur Gebietskörperschaft, sondern gesonderte Ansprüche gegen den Privatrechtsträger als Dritten geltend machten.
6. Insgesamt zeigt die Beklagte mit ihren Ausführungen kein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage auf. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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