Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.112,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.352,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war beim Beklagten als Koch beschäftigt. Wie dem Kläger bereits bei seinem erstmaligen Eintritt in das Arbeitsverhältnis im Winter 1983 bekannt war, ist das Unternehmen des Beklagten ein Saisonbetrieb. Das Arbeitsverhältnis wurde jeweils in den Zeiten der Zwischensaison im Frühjahr und Herbst unterbrochen, der Kläger von der Sozialversicherung abgemeldet und zu Saisonbeginn wieder angemeldet. Er erhielt nach Ablauf der jeweiligen Saison regelmäßig die vollständigen Abrechnungen einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen und allfälliger Urlaubsabfindungen. Da der Betrieb des Beklagten von der jeweiligen Witterungs- und Auslastungssituation abhängig ist, konnte nicht fix ein Saisonende vereinbart werden, sondern erfuhr der Kläger ca drei Wochen zuvor, wann die Saison enden werde bzw ab welchem Zeitpunkt er wieder Arbeitslosengeld beantragen könne. Vor Ende der Saison konnte seitens der beklagten Partei der neue Arbeitsbeginn des Klägers nicht fixiert werden, da der nächste Saisonbeginn noch nicht bekannt war. Am Ende der Sommersaison wurde dem Kläger seitens Herta W***** erklärt, daß er am 18. oder 20. Dezember des gleichen Jahres wiederum anfangen könne; der Kläger ist dann ein paar Tage vorher gekommen.
Es konnte nicht festgestellt werden, daß zwischen den Streitteilen jemals vereinbart wurde, daß die Rechte und Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis in der Zwischensaison lediglich ruhen würden, das Beschäftigungsverhältnis jedoch weiter aufrecht sei. Weiters war nicht feststellbar, ob der Kläger seinerseits bei Beendigung der einzelnen Saisonen bindende Zusagen für einen neuerlichen Arbeitsantritt in der nächsten Saison abgab.
Der Kläger begehrte eine Abfertigung in der Höhe von S 136.201,67 samt 12 % Zinsen seit 15.4.1996 mit dem Vorbringen, die Arbeitsverhältnisse seien zusammenzurechnen, da sie unmittelbar aneinander schlossen und die Wiedereinstellung jeweils von Anfang an vereinbart gewesen sei.
Das Erstgericht wies dieses Klagebegehren ab, da echte Auflösungen der Arbeitsverhältnisse mit allen arbeitsrechtlichen Folgen vorlägen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.
Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Es habe sich nicht um jeweils selbständige Einzeldienstverhältnisse gehandelt; die jeweiligen Abrechnungen zu Saisonende seien bloß ein einseitiges Vorgehen des Arbeitgebers gewesen, die mangelnde Ablehnung durch den Kläger habe keine rechtliche Bedeutung. Es sei langfristig der gleiche Zustand wie bei einem durchlaufenden Dienstverhältnis mit Karenzierung hergestellt worden. Schon zu Saisonende sei die Wiedereinstellung für die nächste Saison vereinbart worden und so durch Jahre hindurch ein Kontinuum gebildet worden, dessen Sinn es gewesen sei, den Kläger als guten Koch zu halten bzw dauerhaft an sich zu binden. Auch die Überlassung der Dienstwohnung während der Zwischensaison habe diesem Zweck gedient. Insgesamt habe der Beklagte somit eine langdauernde Bindung des Klägers erreichen wollen, das Arbeitgeberrisiko jedoch auf die Arbeitsmarktverwaltung überwälzen wollen. Es sei daher von einem einheitlichen Dienstverhältnis auszugehen, woran auch die Beantragung von Arbeitslosengeld in der Zwischensaison nichts ändere. Gemäß § 23 Abs 1 Satz 3 AngG habe der Kläger somit Anspruch auf Abfertigung. Weiters sei dem Berufungsgericht aufgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung ein sekundärer Feststellungsmangel unterlaufen, da bei richtiger rechtlicher Beurteilung entsprechend festgestellt worden wäre, daß das neue Arbeitsverhältnis bereits regelmäßig vor Beendigung des vorherigen Dienstverhältnisses abgeschlossen worden sei. Das Berufungsgericht habe sich mit den entsprechenden Tatsachenrügen der Berufung nicht ausreichend auseinandergesetzt. Da gemäß § 23 AngG nicht die Benennung eines Rechtsverhältnisses, sondern dessen innerer Gehalt zu entsprechenden Rechtsfolgen führe, liege ein einheitliches Arbeitsverhältnis vor.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob ein Abfertigungsanspruch aus einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis (§ 23 Abs 1 AngG) zusteht, zutreffend verneint und im Sinne der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entschieden (RdW 1996, 28). Die Frage, ob die Parteien eine Unterbrechung oder Karenzierung des Arbeitsverhältnisses vereinbaren wollten, ist durch Erforschung der wahren Parteienabsicht im Sinne der §§ 914 f ABGB zu beantworten. Es sind in einer Gesamtbeurteilung sämtliche Umstände, unter denen die Willenserklärung abgegeben wurde, zu berücksichtigen (SZ 62/46). Im vorliegenden Fall überwiegen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, jene Elemente, die für das Vorliegen einer Wiedereinstellungsvereinbarung sprechen. Vor allem aus der konsequenten Abrechnung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zu jedem Saisonende, sowie der Auszahlung der aliquoten Sonderzahlungen und einer allfälligen Urlaubsabfindung läßt sich der Erklärungswert gewinnen, daß das Dienstverhältnis beendet und nicht bloß karenziert werden soll (RdW 1988, 98; RdW 1996, 28; 9 ObA 222/97f). Hingegen spricht die Nichtauszahlung einer Abfertigung nicht eindeutig für eine Karenzierung, da bei saisonalen Arbeitsverhältnissen wegen der regelmäßigen Unterbrechungen und somit Nichterreichung der Dreijahresfrist des § 23 Abs 1 AngG ein Abfertigungsanspruch oftmals gar nicht entsteht (9 ObA 105/95). Auch die Bereitschaft der beklagten Partei, dem Kläger während der Zwischensaison ein Zimmer zu überlassen, ist eine bloße Gefälligkeit, der keine entscheidende Bedeutung zukommt (RdW 1996, 28). Eine Berücksichtigung all dieser Umstände, wie auch der jeweils erfolgten An- und Abmeldung bei der Sozialversicherung, führt somit zum Ergebnis, daß nach dem Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers die Parteien eine "echte" Beendigung der jeweiligen Arbeitsverhältnisse vereinbarten.
Letztlich war zu prüfen, ob diese Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverträge unter dem Gesichtspunkt des § 879 ABGB zulässig war. Nach ständiger Rechtsprechung sind sogenannte Kettendienstverträge nur dann rechtswirksam, wenn die Aneinanderreihung der einzelnen Verträge durch besondere wirtschaftliche oder soziale Gründe gerechtfertigt ist, um der Gefahr der Umgehung zwingender, den Arbeitnehmer schützender Rechtsnormen zu begegnen. Es ist eine Überprüfung im Einzelfall erforderlich, wobei die wirtschaftlichen und sozialen Anforderungen an die Rechtfertigung nicht überspannt werden dürfen. So erfordert die Berücksichtigung der rechtsgeschäftlichen Privatautonomie des Arbeitgebers einerseits und des Bestandschutzinteresses des Arbeitnehmers andererseits, ein sorgfältiges Abwägen; je öfter die Aneinanderreihung erfolgt, desto strenger sind die inhaltlichen Anforderungen an die Rechtfertigungsgründe (Schrank, Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als Schutzobjekt der Rechtsordnung, 250). Auch die Dauer der Befristung und die Art der Arbeitsleistung sind in die Überlegungen einzubeziehen. Trotz der sich häufig wiederholenden Befristungen im vorliegenden Fall ist eine sachliche Rechtfertigung aus wirtschaftlichen Gründen zu bejahen. Wie die Vorinstanzen festgestellt haben, ist der Betrieb des Beklagten von der jeweiligen Witterung bzw der Auslastungssituation abhängig, von Faktoren also, die dieser nicht beeinflussen kann. Es wäre unbillig, den Beklagten zur bloßen Karenzierung, welche mit erheblichen Nachteilen für ihn verbunden wäre, oder zu ständigem Wechsel des Personals mit jeder Saison zu zwingen. Anders als bei selbstbestimmter Schließung des Betriebes für eine bestimmte Zeit des Jahres (RdW 1994, 317), ist in der erforderlichen Einschränkung oder gar Stillegung eines Betriebes in einer "toten Saison" sehr wohl eine Rechtfertigung für den wiederholten Abschluß befristeter Arbeitsverträge zu sehen. Hier liegt eben nicht eine Abwälzung des typischen Betriebsrisikos der Ungewißheit über den Stand der Aufträge vor, sondern es steht (unabwendbar) fest, daß die Auslastung des Betriebes während einer bestimmten Jahreszeit die Beschäftigung des Klägers nicht ermöglicht, die Beendigung des Dienstverhältnisses also einem dringenden Bedürfnis der betrieblichen Organisation entspringt (Martinek-Schwarz, Abfertigung, 326). Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß auch der Gesetzgeber im Vorliegen eines Saisonbetriebes einen Rechtfertigungsgrund besonderer Art erblickt, wenn er in § 10 a Abs 2 MSchG vorsieht, daß die Befristung eines Dienstverhältnisses sachlich gerechtfertigt im Sinne des § 10a Abs 1 MSchG sei, wenn diese Befristung für die Zeit der Saison erfolgte (SZ 69/6 = DRdA 1996/48, 498 [Knöfler] = EvBl 1996/102, 622). Auch bei dieser Norm steht die Überlegung im Hintergrund, daß die Gefahr sittenwidriger Umgehungen des Schutzzweckes der Norm nicht besteht, da konkret vorgegebene Umstände die Befristung erforderlich machen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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