Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.655,68 (darin S 609,28 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war bei dem Beklagten seit 5.9.1988 mit jeweils saisonbedingten Unterbrechungen als Baumschularbeiterin beschäftigt. Ihre Arbeitszeiten waren vom 5.9.1988 bis 1.12.1988, vom 10.3.1989 bis 1.12.1989, vom 26.2.1990 bis 6.12.1990, vom 25.2.1991 bis 12.12.1991 und vom 24.2.1992 bis 15.11.1992. Sowohl Saisonende als auch Saisonbeginn sind witterungsbedingt jeweils zu verschiedenen Zeiten. Üblicherweise werden etwa 50 der insgesamt 80 Dienstnehmer des Baumschulbetriebes des Beklagten zu Saisonende bei der Krankenkasse abgemeldet. Ihre Lohnansprüche werden abgerechnet, sie melden sich beim Arbeitsamt (nunmehr: Arbeitsmarktservice) an und erhalten Arbeitslosengeld. Alljährlich werden die Dienstnehmer zu einer Weihnachtsfeier eingeladen, bei welcher der Beklagte sie auffordert, im Frühjahr wieder zur Arbeit zu kommen. Die Verständigung vom Arbeitsbeginn erfolgt in erster Linie telefonisch und über Dritte oder es suchen die Dienstnehmer von sich aus den Beklagten auf. Saisonbeginn ist üblicherweise im Zeitraum Ende Februar, Anfang März.
Zu Saisonende 1992 (15.11.1992) befand sich die Klägerin im Krankenstand. Der Beklagte teilte ihr telefonisch mit, daß sie nach dem Krankenstand nicht mehr zu kommen brauche, sondern sofort "stempeln" gehen könne. Die Klägerin erhielt ihre Abrechnung sowie eine Arbeitsbescheinigung für das Arbeitsamt übersandt und ging davon aus, daß sie im Frühjahr 1993 ihre Tätigkeit bei dem Beklagten wieder aufnehmen könne. Mit Schreiben vom 21.1.1993 wurden der Klägerin vom zuständigen Arbeitsamt Arbeitsplätze bei zwei Unternehmen mit dem Beisatz zugewiesen, daß sie aufgrund der geänderten Rechtslage ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld verlieren würde, wenn sie die Tätigkeiten grundlos nicht annimmt. Die Klägerin suchte sich daraufhin selbst eine neue Arbeitsstelle und begann dort am 25.1.1993 zu arbeiten.
Von dieser neuen Arbeit verständigte die Klägerin den Beklagten nicht, sie wartete vielmehr darauf, von dem Beklagten über den Saisonbeginn informiert zu werden und hätte in diesem Fall ihr neues Dienstverhältnis wieder aufgelöst. Arbeitsbeginn für den Großteil der Dienstnehmer des Beklagten war der 15.3.1993. Da dem Beklagten jedoch in der Zwischenzeit bekannt geworden war, daß die Klägerin seit Jänner 1993 bei einem anderen Unternehmen arbeitete, wurde sie vom Arbeitsbeginn nicht mehr verständigt. Die Klägerin, die von Arbeitskolleginnen erfahren hatte, daß die Baumschule des Beklagten am 15.3.1993 die Arbeit wieder aufgenommen hatte, richtete am 17.3.1993 an den Beklagten ein Schreiben, in welchem sie darauf hinwies, daß sie im Jänner vom Arbeitsamt auf zwei Arbeitsstellen zugewiesen worden sei und nunmehr in einem Dienstverhältnis stehe. Sie gab bekannt, daß sie aufgrund der bisher bei dem Beklagten zurückgelegten Arbeitszeiten die Auszahlung einer Abfertigung fordere.
Mit ihrer am 17.9.1993 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin die - der Höhe nach außer Streit stehende - Abfertigung. Sie sei von dem Beklagten vereinbarungswidrig zu Saisonbeginn 1993 nicht mehr zur Arbeit einberufen worden. Aufgrund der Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die ihr angebotene Arbeit bei einem anderen Dienstgeber anzunehmen. Durch ihr Schreiben vom 17.3.1993 sei die Klägerin ihrer Verständigungspflicht gemäß § 9 Abs 6 und 7 AlVG nachgekommen. Das Verhalten des Beklagten, die Klägerin nicht zum Wiederantritt der Arbeit aufzufordern, müsse als Kündigung, allenfalls unberechtigte fristlose Entlassung verstanden werden.
Der Beklagte brachte dagegen vor, daß die Klägerin vom Beschäftigungstermin verständigt worden, jedoch nicht zur Arbeit erschienen sei. Das Verhalten der Klägerin, welche zwischenzeitig ein anderes Beschäftigungsverhältnis aufgenommen habe, stelle sich als unberechtigter vorzeitiger Austritt dar. Durch die Aussetzungsvereinbarung sei mit der Klägerin keine grundsätzliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern nur eine bis auf weiteres ausgesprochene Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag vereinbart gewesen. Ein Abfertigungsanspruch der Klägerin bestehe schon im Hinblick auf § 15 Z 2 des Kollektivvertrages für die Arbeitnehmer in den Gartenbaubetrieben Oberösterreichs nicht, da die Klägerin nach Unterbrechung das Arbeitsverhältnis nicht wieder aufgenommen habe. Auch sei die neue Arbeitsstelle der Klägerin nicht vom Arbeitsamt vermittelt, sondern von ihr selbst gesucht worden. Sie habe der Beklagten vor dem Wiederantrittstermin das Eingehen des neuen Beschäftigungsverhältnisses nicht bekanntgegeben. Da die Klägerin vertragsbrüchig geworden sei, habe sie im Sinne der Bestimmungen der OÖ. Landarbeitsordnung keinen Anspruch auf Abfertigung. § 9 Abs 6 und 7 AlVG sei verfassungswidrig, da gemäß Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG für Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft lediglich das in die Landesgesetzgebung fallende Ausführungsgesetz der Landarbeitsordnung Gültigkeit habe. Es werde außerdem bestritten, daß der Gesetzgeber im Arbeitslosenversicherungsgesetz arbeitsrechtliche Ansprüche habe regeln wollen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß mangels schriftlicher Zusicherung der Wiedereinstellung eine ausdrückliche Karenzierungsvereinbarung nicht vorliege. Der Anwendbarkeit des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG stehe nicht entgegen, daß die Klägerin keine vom Arbeitsmarktservice vermittelte Arbeitsstelle angenommen, sondern sich den neuen Dienstgeber selbst gesucht habe, da dadurch jedenfalls im Sinne des Gesetzes der Zustand der Arbeitslosigkeit durch Aufnahme eines Dienstverhältnisses beendet worden sei. Dies schade im gegenständlichen Fall jedoch nicht, da der Beklagte die Klägerin von der Wiederaufnahme der Arbeit nicht verständigt habe und die Klägerin bereit gewesen wäre, ihr neues Dienstverhältnis im Falle einer Verständigung durch den Beklagten zu lösen. Der der Höhe nach außer Streit stehende Abfertigungsanspruch sei daher berechtigt.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, innerhalb der Kompetenzbestimmungen des B-VG verschiedene Materien in einem Gesetz zusammenzufassen, weshalb § 9 Abs 6 und 7 AlVG zulässigerweise auch arbeitsrechtliche Vorschriften umfasse. Soferne man § 9 Abs 6 und 7 AlVG als Änderung von Abfertigungsbestimmungen dem Grunde nach auffasse, bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Abänderung des Landarbeitsgesetzes als Bundesgrundsatzgesetz durch das in die Regelungskompetenz des Bundes fallende Arbeitslosenversicherungsgesetz. Tatsächlich greife allerdings die mehrfach zitierte Gesetzesstelle nicht in den Anspruchsgrund ein, sondern enthalte lediglich eine Fälligkeitsregelung. Auch § 15 Abs 3 des Kollektivvertrages stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, da er keine primäre Pflicht des Arbeitnehmers, den Dienst von selbst wieder anzutreten, vorsehe. Vielmehr habe der Dienstgeber hiezu aufzufordern, was gegenständlich nicht geschehen sei. Schließlich sei auf die zu § 9 Abs 6 und 7 AlVG entgangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu verweisen, wonach die Ablehnung des Wiedereintrittes des Dienstnehmers nicht als Vertragsbruch zu sehen sei und somit keine Auswirkungen auf den bereits im Zeitpunkt der Aussetzung der Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses bzw der Unterbrechung erworbenen Abfertigungsanspruch habe. Die von dem Beklagten eingewendete Unterlassung der rechtzeitigen Verständigung von der Nichtaufnahme der Arbeit könne nur bei Ansprüchen im Sinne des § 9 Abs 6 AlVG von Bedeutung sein. Die Abfertigung gehöre aber nicht zu den allenfalls wiederauflebenden Ansprüchen, sondern zu den noch nicht erfüllten Ansprüchen nach § 9 Abs 7 AlVG, deren Geltendmachung nicht von einer Verständigung über die Abstandnahme vom Wiederantritt abhänge.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision des Beklagten kommt keine Berechtigung zu.
Das Verhalten der Parteien anläßlich des Endes der Arbeitssaison 1992 ist dem der Entscheidung ArbSlg 10.772 zugrundeliegenden Sachverhalt sehr ähnlich. Da wie dort kann aufgrund der Feststellungen nicht vom Zustandekommen eines "echten" Aussetzungsvertrages (Karenzierungsvertrag) ausgegangen werden, wurde doch der Klägerin lediglich mitgeteilt, daß sie nach dem Krankenstand nicht mehr zu kommen brauche und sofort "stempeln" gehen könne. Es liegt daher der Fall einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses vor, für welchen der hier zur Anwendung gelangende Kollektivvertrag für die Arbeitnehmer in den Gartenbaubetrieben Oberösterreichs im § 15 vorsieht, daß für die Berechnung von Ansprüchen, die sich nach der Dauer des Dienstverhältnisses richten, eine Zusammenrechnung von bei demselben Dienstgeber zurückgelegten Zeiten auch dann vorzunehmen ist, wenn die Notwendigkeit der Arbeitsunterbrechung vom Dienstgeber aus witterungsbedingten Gründen oder Arbeitsmangel festgestellt wird (vgl hiezu und zur Berechnung SZ 66/159). Gemäß Z 2 der genannten Kollektivvertragsbestimmung findet diese Zusammenrechnung dann nicht statt, wenn der Dienstnehmer nach Wegfall des Hinderungsgrundes die Arbeit nicht wieder aufnimmt. In einem derartigen Fall hat es demnach dabei zu verbleiben, daß gemäß § 31 Abs 1 OÖ Landarbeitsordnung (OÖ LAO) ebenso wie gemäß § 23 AngG dem Dienstnehmer ein Abfertigunganspruch nur bei ununterbrochener Beschäftigung bei demselben Dienstgeber zusteht, wie dies in Entsprechung dieser Gesetzeslage auch im § 14 Z 1 des genannten Kollektivvertrages festgehalten wird.
Durch BGBl 682/1991 wurden mit Wirksamkeit vom 1.1.1992 die Bestimmungen des § 9 Abs 5 bis 7 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) novelliert. Gemäß Abs 5 ist nunmehr eine vermittelte Beschäftigung dem Arbeitslosen auch dann zumutbar, wenn er eine Wiedereinstellungszusage seines früheren Arbeitgebers hat oder er sich zur Aufnahme einer Beschäftigung in der Zukunft verpflichtet hat. Gemäß Abs 6 leg cit ist der Arbeitslose zum Ersatz eines allfälligen Schadens, der aus der Nichterfüllung der Einstellungsvereinbarung wegen Antrittes einer anderen Beschäftigung entstanden ist, nicht verpflichtet. Er soll dem früheren Arbeitgeber sein Abstandnehmen vom Wiederantritt der Beschäftigung vor dem Wiederantrittstermin bekanntgeben. Ansprüche aus einem früheren Arbeitsverhältnis, auf die der Arbeitslose anläßlich der Beendigung nur wegen der erteilten Wiedereinstellungszusage oder nur wegen der geschlossenen Wiedereinstellungsvereinbarung verzichtet hat, leben wieder auf, wenn der Arbeitslose dem früheren Arbeitgeber sein Abstandnehmen vom Wiederantritt der Beschäftigung vor dem Wiederantritt bekanntgibt. Werden infolge eines Wiedereinstellungsvertrages oder einer Wiedereinstellungszusage Ansprüche aus dem beendeten Arbeitsverhältnis nicht oder nicht zur Gänze erfüllt, so werden diese gemäß Abs 7 spätestens zu jenem Zeitpunkt fällig, zu dem der Arbeitnehmer seine Beschäftigung gemäß dem Wiedereinstellungsvertrag (der Wiedereinstellungszusage) hätte aufnehmen müssen, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Verjährungs- und Verfallsfristen verlängern sich um den Zeitraum zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem vereinbarten Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Beschäftigung. Durch diese Novelle sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Bezieher von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe angebotene zumutbare Beschäftigungen mit der Begründung ablehnen konnten, daß sie bereits einen Einstellungs- bzw Wiedereinstellungsvertrag hätten. Dadurch war die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsmarktverwaltung eingeschränkt und wurden andererseits die Kosten saisonaler Schwankungen (Saisonende, Auftragsmangel), die in den Bereich des Arbeitgeberrisikos fallen, zunehmend auf die Arbeitsmarktverwaltung überwälzt (AB 321 BlgNR 18.GP 1; Dirschmied, Neuerungen in der Arbeitslosenversicherung DRdA 1993, 441 ff). Unter diesen Umständen war es ein sachgerechtes Anliegen des Gesetzgebers, die Arbeitsmarktverwaltung von den Kosten saisonaler Schwankungen, die sonst zum typischen Betriebsrisikobereich des Arbeitgebers zählen, zu entlasten. Zur Erreichung des angestrebten Zweckes bedurfte es auch der Regelung materiellrechtlicher Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die mit dem Betriebsrisiko der saisonalen Schwankungen und dem dadurch letztlich entstandenen Anspruch auf Arbeitslosengeld zusammenhängen. Durch die angestrebte Entlastung der Arbeitsmarktverwaltung sollte dem Arbeitnehmer aus der Vermittlung eines neuen Dienstpostens kein Schaden entstehen und sollten seine Ansprüche, die zur Zeit der "Beendigung" des alten Dienstverhältnisses bestanden, gewahrt bleiben. Hiebei ist unerheblich, ob die Parteien von einer unechten oder echten Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses ausgingen und es kommt auch nicht auf die Art der späteren Erklärung, die Arbeit nicht mehr antreten zu wollen, an. Nur dadurch ist im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Gleichbehandlung aller bei saisonalen Schwankungen von Arbeitslosigkeit betroffener Arbeitnehmer gewährleistet, weil es bei gleicher Ausgangslage nicht vom Formulierungsgeschick der Arbeitsvertragspartner abhängen kann, eine Karenzierung oder Unterbrechung der Arbeitsverhältnisse mit den damit verbundenen unterschiedlichen Rechtsfolgen bei den verschiedenartig gestaltbaren Saisonarbeitsverhältnissen anzunehmen (Dirschmied aaO 449). Für die auflösungsabhängigen Ansprüche, wie Abfertigung und Urlaubsentschädigung ist maßgeblich, wem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zuzurechnen ist. Auch bei Aussetzungsvereinbarungen erfolgt die Beendigung der Tätigkeit des Arbeitnehmers in allen Fällen immer über Initiative des Arbeitgebers aus in seiner Sphäre eingetretenen und von ihm zu vertretenden Gründen, die vom Arbeitnehmer nicht beeinflußt werden können; sie sind von dessen Willen unabhängig. Der Arbeitnehmer wird im Hinblick auf den drohenden Verlust des Arbeitsplatzes mehr oder minder gezwungen, einer Arbeitszusage für die Zukunft gegenüber dem Verlangen auf Erfüllung des Arbeitsvertrages den Vorzug gegeben. Durch diese Regelung erfolgt kein ungerechtfertigter Eingriff in schutzwürdige Güter des Arbeitgebers, sondern wird vielmehr die durch arbeitsvertragliche Konstruktionen gegenüber der Arbeitsmarktverwaltung herbeigeführte ungerechtfertigte Überwälzung des Betriebsrisikos auf die Allgemeinheit gemildert und dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Haftung für das typische Betriebsrisiko nach § 1155 ABGB belassen. Das Vertrauen des Arbeitgebers darauf, daß die ihn aufgrund des Betriebsrisikos treffenden Lasten von der Arbeitsmarktverwaltung getragen werden und er dennoch aufgrund einer Wiedereinstellungsvereinbarung auf den Stammarbeiter bei Bedarf zurückgreifen könne und der Arbeitnehmer sich vertragsgetreu zu verhalten habe, ist nicht schützenswert.
Gemäß § 9 Abs 1 AlVG gilt der arbeitslose Arbeitnehmer nicht nur dann als arbeitswillig, wenn er bereit ist, eine durch das Arbeitsamt vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sondern auch, wenn er von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch macht. Die Voraussetzungen des § 9 Abs 7 AlVG zur Geltendmachung der nicht zur Gänze erfüllten Arbeitnehmeransprüche sind daher auch dann erfüllt, wenn der arbeitslose Arbeitnehmer eine nicht vom Arbeitsamt vermittelte Beschäftigung angetreten und auch zur Zeit der vereinbarten Wiedereinstellung beibehalten hat. Dem Zweck des Gesetzes, Arbeitnehmer mit einer Wiedereinstellungszusage oder -vereinbarung uneingeschränkt dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, ist auch damit entsprochen (9 ObA 27/95 = RdW 1995, 481; 8 ObA 300, 301/95).
Umgelegt auf den hier zu entscheidenden Fall bedeutet diese Rechtsansicht, daß weder das Vorliegen der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses noch der Umstand, daß die Klägerin eine nicht vom Arbeitsmarktservice vermittelte Stellung angenommen hat, ihre Ansprüche nach § 9 Abs 6 und 7 AlVG hindern könnte. Auch bedarf es keiner weiteren Stellungnahme zu der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsansicht, der Regelungsinhalt der Abs 6 und 7 des § 9 AlVG sei derart verschieden, daß die Klägerin auch bei Annahme der nicht rechtzeitigen Verständigung des Beklagten vom Unterbleiben des Wiederantrittes ihres Abfertigungsanspruches nicht verlustig gehen könnte, da nach den der Beurteilung zugrundezulegenden Feststellungen in jedem Falle auch die in Abs 6 geforderten Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anspruches gegeben sind: Entgegen dem Vorbringen des Beklagten ist nämlich ein bestimmter Termin für den Beginn der Saison nicht im vorhinein festgestanden und wurde somit der Wiederantrittstermin im Sinne des § 9 Abs 6 AlVG ausschließlich durch die Aufforderung zum Wiederantritt bestimmt. Eine derartige Verständigung ist aber der Klägerin nicht zugekommen, sodaß ihr Schreiben vom 17.3.1993 als fristgerecht und damit anspruchswahrend zu betrachten ist.
Es bleibt somit die Frage zu prüfen, ob die Bestimmungen des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG auch auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbar sind. Dazu ist vorerst darauf zu verweisen, daß die Kompetenzregelung der Bundesverfassung unter anderem zwischen jenen Angelegenheiten, hinsichtlich welcher Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist (Art 10 B-VG) und solchen, in denen die Gesetzgebung über die Grundsätze Bundessache, die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung jedoch Landessache ist (Art 12 B-VG) unterscheidet. Der Kompetenztypus der Grundsatzgesetzgebung ist dadurch gekennzeichnet, daß die Wirksamkeit gesetzgeberischer Maßnahmen für den Bereich der Vollziehung zweier gesetzgeberischer Akte bedarf. Das Grundsatzgesetz, das an den Ausführungsgesetzgeber gerichtet ist, begrenzt zwar den Inhalt der Ausführungsregelung, ohne ihn aber durch Umschreibung der wesentlichen Merkmale zu bestimmen. Ausschließlich dem Ausführungsgesetz obliegt als der für die Vollziehung maßgeblichen Rechtsgrundlage eine Determinierung im Sinne des Art 18 Abs 1 B-VG (VfGHSlg 8833). Da das Arbeitslosenversicherungsgesetz kein Grundsatzgesetz ist, wollte und kann es schon seinem Inhalte nach ein bestehendes Grundsatzgesetz nicht abändern. Der vom Berufungsgericht eingeschlagene Weg, das verfassungsrechtliche Problem der Anwendbarkeit des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG auf Land- und Forstarbeiter zu klären, ist daher nicht gangbar.
Gemäß Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG ist unter anderem Bundessache das Arbeitsrecht, soweit es nicht unter Art 12 fällt. Gemäß Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG ist Arbeiterrecht, sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt, Bundessache nur in der Grundsatzgesetzgebung, Landessache jedoch in der Erlassung von Ausführungsgesetzen und der Vollziehung. Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung erging das Bundesgesetz BGBl 287/1984 betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 1984-LAG). Aufgrund dieses Grundsatzgesetzes wurden die Landarbeitsordnungen der verschiedenen Bundesländer erlassen (vgl. die Übersicht in Dittrich/Tades, Arbeitsrecht, 1945), unter welchen sich auch die auf den gegenständlichen Fall anzuwendende OÖ Landarbeitsordnung 1989 befindet. § 31 OÖ LAO regelt in den wesentlichen Bestimmungen gleichlautend wie § 31 des Grundsatzgesetzes den Abfertigungsanspruch dahingehend, daß er die ununterbrochene Beschäftigung bei demselben Dienstgeber durch eine bestimmte Zeit voraussetzt. Die Frage, was bei saisonal bedingter Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses zu gelten habe, wird vom Gesetz nicht gelöst, § 31 Abs 9 OÖ LAO läßt jedoch ausdrücklich Bestimmungen in Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen und Dienstverträgen, die den Anspruch auf Abfertigung günstiger regeln, insoweit unberührt. Die hier interessierende Frage der Zusammenrechnung von saisonbedingt unterbrochenen Dienstzeiten bei Berechnung von Ansprüchen, die sich nach der Dauer des Dienstverhältnisses richten, wird somit ausschließlich durch § 15 des mehrfach erwähnten Kollektivvertrages geregelt.
Nach einhelliger Lehre - der Verfassungsgerichtshof hat sich, soweit überblickbar, mit dieser Frage noch nicht befaßt - ist das gemäß Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG ebenfalls in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallende allgemeine Zivilrecht auch auf das Land- und Forstarbeiterrecht anzuwenden, weil das Vertragsverhältnis eben ein zivilrechtliches ist und es geradezu absurd wäre, das Vertragsverhältnis dieser Personengruppen unter Außerachtlassung etwa der allgemeinen Irrtums- oder Auslegungsregeln ausschließlich nach Landesrecht beurteilen zu wollen (Dirschmied, Das österreichische Landarbeitsrecht und seine verfassungsgesetzlichen Hypotheken (II), DRdA 1976, 201, 202 f; Spielbüchler, Vertragsrecht, Arbeitsvertragsrecht und Vertragsbedienstetenrecht, FS Strasser 1993, 341, 383; Thienel, Arbeitsvertragsrecht und Vertragsbedienstetenrecht in der Kompetenzverteilung DRdA 1994, 222, 240). Die Anwendbarkeit allgemeinen Arbeitsrechtes im Rahmen des "Landarbeiterrechtes" des Art 12 B-VG wird hingegen von Thienel aaO mit dem Hinweis verneint, daß zumindest seit der B-VG-Novelle 1974 das Arbeitsvertragsrecht zur Gänze aus der Zivilrechtskompetenz herausgelöst sei und sich für die Unterscheidung in ein "allgemeines" und ein "besonderes" Arbeitsvertragsrecht dieser Arbeitnehmer auch bei historischer Betrachtung kein Anhaltspunkt finde. Die Kompetenzbereiche des Art 10 B-VG und Art 12 B-VG stünden zueinander entsprechend dem Erkenntnis des VfGH, Slg 7932, im Verhältnis der Komplementarität, was zu heißen habe, daß sie einander ergänzen, nicht aber "überlagern" (Thienel aaO 231). Gerade das letztgenannte Argument Thienels vermag den erkennenden Senat nicht zu überzeugen, da in dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes die Fragestellung in eine völlig andere Richtung ging, nämlich jene der Anwendbarkeit des Art 15 B-VG (subsidiäre Kompetenz der Länder) und die zitierte Fundstelle daher nur so verstanden werden kann, daß im Bereich des land- und forstwirtschaftlichen Arbeiterrechtes einer der beiden Kompetenztatbestände jedenfalls gegeben ist.
Durch die B-VG-Novelle 1974 wurde Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG dahin neu gefaßt, daß anstelle der bisherigen Wendung "Arbeiterrecht, sowie Arbeiter- und Angestelltenschutz, soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt", durch die Wendung "Arbeitsrecht, soweit es nicht unter Art 12 fällt" ersetzt. Durch die die Novelle betreffende Regierungsvorlage (182 BlgNR 18.GP) wurde klargestellt, daß der nunmehr verwendete Begriff "Arbeitsrecht" im weitesten Sinn verstanden wird; es fallen darunter alle in herkömmlicher Weise rechtswissenschaftlich dem Arbeitsrecht zuzuzählenden Normen. Insbesondere erfasse der Begriff "Arbeitsrecht" auch den Arbeitsvertrag aller Angestelltengruppen, die Angelegenheiten der Heimarbeiter und arbeitnehmerähnlicher Vertragsverhältnisse, das Kollektivvertragsrecht, den Arbeitnehmerschutz und die betriebliche Vertretung der Arbeitnehmerschaft (VfGHSlg 7932). Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG hat den Ausdruck "Arbeiterrecht" jedoch beibehalten. So wirkt dieser alte Begriff noch in den neuen Kompetenztatbestand Arbeitsrecht hinein und verbietet lediglich die Anwendung jener arbeitsrechtlichen Vorschriften des Bundes auf Land- und Forstarbeiter, die dem alten Kompetenztatbestand "Arbeiterrecht" entsprochen haben. Andere arbeitsrechtliche Vorschriften des Bundes gelten statt wie bisher als Zivilrecht nunmehr als Arbeitsrecht auch für Land- und Forstarbeiter, aber ebenso wie die allgemeinen Regeln des Zivilrechts nur insoweit, als die Angelegenheit nicht für Land- und Forstarbeiter (weil insofern zum "Arbeiterrecht" gehörend) eine abweichende Regelung gefunden hat. Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG und Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG schließen einander daher nicht zur Gänze aus, vielmehr steht der in Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG gemachte Vorbehalt nur der Geltung arbeiterrechtlicher Bundesvorschriften für Land- und Forstarbeiter entgegen (Spielbüchler aaO 371). Unter Arbeiterrecht ist alles zu verstehen, was nur für Arbeiter gilt. Es muß nicht nach Produktionszweigen zersplittert sein, wenn es der zuständige Gesetzgeber vereinheitlichen will. Nur für Arbeiter geltendes Arbeitsvertragsrecht bleibt auch dann Arbeiterrecht, wenn es ausnahmslos alle Arbeiter aber doch nur Arbeiter erfaßt. Zum Arbeitsrecht gehören dagegen jene Normen des Arbeitsvertragsrechtes, die für Arbeitsverhältnisse schlechthin, also ohne Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten oder auch nur für Angestellte gelten (wie etwa das Gutsangestelltengesetz des Bundes) und das allgemeine Vertragsrecht wie das gesamte Rechtsgeschäftsrecht des ABGB (Spielbüchler aaO 369). Alles, was nicht Arbeiterrecht ist, ist in Ermangelung von Landesgesetzen auch auf Land- und Forstarbeiter anzuwenden. Zivilrecht und allgemeines Arbeitsvertragsrecht gelten daher subsidiär, soweit und solange das Landarbeitsrecht nichts anderes verfügt (Spielbüchler aaO 388; Spielbüchler, Der Arbeitsvertrag in der Kompetenzverteilung DRdA 1994, 297).
Gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG 1977 hat dieses Gesetz für alle Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, somit für Arbeiter und Angestellte und nach den lit b bis i für weitere einzeln aufgezählte Personengruppen Geltung. Es handelt sich somit im Sinne der Terminologie der beiden Kompetenztatbestände der Bundesverfassung nicht um Arbeiterrecht, sondern um Arbeitsrecht, welches allgemein auf alle Dienstnehmer zugeschnitten ist. Auch finden sich die Land- und Forstarbeiter nicht in dem gemäß Abs 2 des § 1 AlVG 1977 von der Geltung ausgenommenen Personenkreis. Mangels ausdrücklicher Regelung in Landarbeitsgesetz und Landarbeitsordnung ist daher davon auszugehen, daß die mit - wie bereits dargestellt - sachlicher Berechtigung in die Bestimmung des § 9 AlVG 1977 eingefügten materiellen Arbeitsrechtsnormen, obwohl Bundesrecht, auch für den Bereich der Land- und Forstarbeiter Geltung haben.
Die Anwendung der Bestimmungen des § 9 Abs 5 bis 7 AlVG auch auf Land- und Forstarbeiter, somit auch auf die Ansprüche der Klägerin, ist daher verfassungskonform. Diesen nach ihrem Zweck zwingenden gesetzlichen Anordnungen muß die Bestimmung des § 15 Z 2 1.Absatz des Kollektivvertrages für Arbeitnehmer in den Gartenbaubetrieben Oberösterreichs, wonach die Zusammenrechnung dann nicht stattzufinden hat, wenn der Dienstnehmer nach Wegfall des Hinderungsgrundes die Arbeit nicht wieder aufnimmt, als (nunmehr) gesetzwidrig weichen. Anderenfalls würde nämlich der vom Gesetz angestrebte Zweck, das Risiko saisonaler Schwankungen beim Dienstgeber zu belassen, vereitelt, da die Belastungen auf den Dienstnehmer überwälzt würden, der nur mehr die Wahl hätte, auf Arbeitslosengeld oder die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Ansprüche zu verzichten.
Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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