Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.201,72 (darin EUR 200,28 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Vorinstanzen haben den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, weshalb es gem § 510 Abs 3 ZPO ausreicht, auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils zu verweisen. Ergänzend ist anzumerken:
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit wurde geprüft und liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).
Das Berufungsgericht ist von der völlig einheitlichen Rechtsprechung, dass kollektivvertragliche Normen zwar gemäß § 43 Abs 3 ASGG von Amts wegen zu ermitteln sind, jedoch nur dann, wenn sich eine Partei darauf beruft, nicht abgewichen (vgl RIS-Justiz RS0085629 mzwN etwa SZ 60/192; DRdA 1993, 463 [Grillberger] ua; Kuderna, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz2, 260). Wenngleich somit der Inhalt kollektivvertraglicher Normen auch noch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu ermitteln ist, bedarf es des Vortrags der die Anwendung begründenden tatsächlichen Umstände in erster Instanz. Das erst im Rechtsmittelverfahren erstattete Tatsachenvorbringen unterfällt dem Neuerungsverbot (8 ObA 14/02w).
Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung steht dem Arbeitgeber selbst bei nicht ordnungsgemäßer Erbringung der Arbeitsleistung ein Entgeltrückbehaltungsrecht nicht zu. Er darf auch nur unter bestimmten Voraussetzungen mit Gegenforderungen aufrechnen (Adler/Höller in Klang2 V, 271; Krejci in Rummel, ABGB3 Rz 53, 54 zu § 1154 ABGB; Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 51 zu § 1052; Schwarz/Löschnigg Arbeitsrecht8, 395; Jabornegg, Zurückbehaltungsrecht und Einrede des nicht erfüllten Vertrages 194; Mazal, Zurückbehaltung von Arbeitslohn DRdA 1993, 62 f ua; 9 ObA 325/00k ua). Die Judikatur verneinte unter anderem ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers an Arbeitsentgeltforderungen des Arbeitnehmers zur Sicherung einer Endabrechnung (Arb 11.250).
Gemäß § 26 Z 2 AngG ist es unter anderem als wichtiger Grund anzusehen, der den Angestellten zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn der Arbeitgeber das dem Angestellten zukommende Entgelt ungebührlich schmälert oder vorenthält. Von einem "ungebührlichen Vorenthalten" spricht man dann, wenn der Anspruch dem Umfang nach zwar weder bestritten noch bezweifelt, das Entgelt jedoch bei Eintritt des Fälligkeitstermins nicht oder nicht zur Gänze geleistet wird. Für die Verwirklichung dieses Tatbestandes ist es gleichgültig, ob das fällige Entgelt in Benachteiligungsabsicht, aus Nachlässigkeit oder aus Unvermögen vorenthalten wird (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 696 f; Arb 10.147; Arb 10.471; wbl 1993, 325 ua). Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer bei Fälligkeit über das Entgelt verfügen kann; bei bargeldloser Lohnzahlung ist dafür die Gutschrift auf dem dem Arbeitgeber bekanntgegebenen Konto des Arbeitnehmers maßgeblich. Der Arbeitgeber hat seine Dispositionen so rechtzeitig zu treffen, dass unter Berücksichtigung der üblichen Bearbeitungsdauer die Gutschrift auf dem Konto zum Zeitpunkt der Fälligkeit verbucht ist (RdW 1985, 150; wbl 1993, 325; infas 1994, A 64; RIS-Justiz RS0028904 ua). Dies hat auch im Falle der Einräumung einer Nachfrist zu gelten (Reischauer in Rummel, ABGB³ § 905 Rz 22; RIS-Justiz RS0060153). Den Überlegungen der Revisionswerberin, es wäre auf den Zeitpunkt der Erteilung des Überweisungsauftrages abzustellen gewesen, fehlt daher jegliche Grundlage. Verstößt ein Arbeitgeber - wie die Beklagte - über längere Zeit gegen die Fälligkeitsbestimmung des § 15 AngG, dann berechtigt dies den Angestellten in der Regel zum Austritt aus dem Grund des § 26 Z 2 AngG (Martinek/Schwarz/Schwarz AngG7 573; Arb 10.605; DRdA 1990/12 [Eypeltauer]; RdW 1995, 484 ua). Wird durch das Vorenthalten des Entgelts ein rechtswidriger Dauerzustand geschaffen und damit der Austrittsgrund nach § 26 Z 2 AngG immer wieder von Neuem verwirklicht, so muss der Arbeitgeber jederzeit mit der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechnen (wbl 1993, 325). Fordert ein Angestellter den Arbeitgeber unter Fristsetzung zur Zahlung auf, dann muss sich dieser darüber im Klaren sein, dass eine weitere Stundung der fälligen Bezüge nicht mehr in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0028939). Wurde dem Arbeitgeber ohnehin der Umstand, dass das Arbeitsentgelt nicht vollständig eingelangt ist, angezeigt, so trifft ihn in der Folge eine erhöhte Sorgfaltspflicht und wird man ihm zumuten müssen, die rechtzeitige Erfüllung der offenen Forderung genau zu überwachen. Ist er neuerlich säumig, kann aus Sicht des Arbeitnehmers nicht mehr angenommen werden, dass der Arbeitgeber tatsächlich noch seinen Zahlungspflichten nachkommen kann oder will (vgl DRdA 1992/19 [Oberhofer/Grömmer]).
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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