European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00113.20F.1123.000
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Auslegung von Vereinbarungen ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und wirft nur dann eine revisible erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936). Dies ist hier nicht der Fall.
Weder die Beklagte, die im festgestellten Verhalten des Klägers einen Verzicht auf den Naturalbezug erblicken möchte, noch der Kläger, der aus dem Sachverhalt einen Anspruch auf ein Fahrzeug der Luxusklasse ableiten will, sprechen damit eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 ZPO an.
Vor Beginn des zweiten, hier maßgeblichen, Dienstverhältnisses wurde der Fahrzeugwunsch des Klägers diskutiert, aber von der Beklagten nicht akzeptiert und nicht im Dienstvertrag aufgenommen. Dem Umstand, dass dem Kläger ein bereits vorhandenes und seinen Vorstellungen entsprechendes Fahrzeug bis zum Ablauf der vorgesehenen Nutzungsdauer weiter überlassen wurde, haben die Vorinstanzen angesichts der klaren Ablehnung der Beklagten ohne Rechtsirrtum keinen gegenteiligen schlüssigen Erklärungswert beigemessen.
2. Soweit die Revision des Klägers dennoch bei der Berechnung des Begehrens von einem Anspruch auf ein Luxusfahrzeug ausgeht, der gesondert abzugelten wäre, finden seine Ausführungen im Sachverhalt keine Grundlage.
Genauso wenig ist aus dem Sachverhalt der Standpunkt der Revision der Beklagten nachvollziehbar, der Kläger habe auf den Sachbezug oder dessen Äquivalent verzichtet oder die Anschaffung eines Fahrzeugs nach den Vorstellungen der Beklagten treuwidrig vereitelt. Die Beklagte übergeht, dass sie selbst den Kläger vor die Wahl zwischen einem angebotenen Fahrzeug oder dem Ersatz des Geldwerts des Sachbezugs gestellt hat.
3. Können Naturalleistungen während des Arbeitsverhältnisses nicht in Anspruch genommen werden, sind sie mit Geld abzulösen. Anstelle der Naturalleistung wird das geschuldet, was sich der Arbeitnehmer durch den Bezug der Leistung ersparen konnte (RS0103306; 9 ObA 25/16s). In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wurde bei der Ermittlung des Werts des Naturalbezugs der Privatnutzung eines Dienstwagens wiederholt die nach der Sachbezugswerteverordnung vorzunehmende fiskalische Bewertung als brauchbare Orientierungshilfe akzeptiert (RS0027994; 8 ObA 42/98d). Dies ändert aber nichts daran, dass Naturalbezüge grundsätzlich mit ihrem tatsächlichen Wert zu berücksichtigen sind und bei einem erheblichen Auseinanderfallen der fiskalischen Bewertung vom tatsächlichen Wert daher auf diese Berechnungshilfe nicht zurückgegriffen werden kann, sondern auf den tatsächlichen Wert des Naturalbezugs abgestellt werden muss (RS0103306; 9 ObA 25/16s).
Angesichts dessen, dass der Sachbezug des Klägers nach seinem unbestritten gebliebenen Vorbringen nicht nur die Bereitstellung eines Pkws zur unbeschränkten Nutzung, sondern auch alle Treibstoffkosten für die Privatfahrten umfasste, sind die Vorinstanzen hier in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zu einem den fiskalischen Sachbezugswert übersteigenden Betrag gelangt, dessen Ausmittlung nach § 273 ZPO auf Grundlage des amtlichen Kilometergeldes (RS0047476) sich jedenfalls im Rahmen des den Gerichten bei der Anwendung dieser Bestimmung offen stehenden Ermessens hält (vgl 9 ObA 25/16s). Der bei Anwendung des § 273 ZPO nach freier Überzeugung vorzunehmenden Schätzung kommt im Übrigen grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu (RS0121220).
Da sich die Höhe des Geldersatzes am Nutzen zu orientieren hat, der dem Kläger entzogenen wurde, kam es mangels einer anderweitigen Vereinbarung nicht darauf an, ob der Geschäftsführer der Beklagten ihm diesen Betrag zugestehen wollte.
4. Der Anspruch auf Geldersatz für einen nicht konsumierten Naturalbezug ist ebenso wie der Sachbezugswert eine Bruttoforderung, die den gesetzlich vorgesehenen Abzügen für Steuern und Sozialversicherung unterliegt (9 ObA 25/16s). Ist die Vertragsgrundlage ein Bruttobetrag, dann hat der Arbeitnehmer bei geänderten Rahmenbedingungen Steuernachteile oder eine Erhöhung des auf ihn entfallenden Beitragsanteils hinzunehmen. Im Gegenzug kommen ihm aber auch Beitrags‑ und Lohnsteuersenkungen zugute (8 ObA 25/14f). Inwiefern ein Ausgleich aus dem Titel des Schadenersatzes in Frage kommen könnte, ist hier mangels Anlass nicht zu prüfen.
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 2 ASGG, § 510 Abs 3 ZPO).
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