OGH 8ObA25/14f

OGH8ObA25/14f28.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Rolf Gleißner und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch die Kerschbaum Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 36.743,16 EUR brutto abzüglich 9.054,73 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Jänner 2014, GZ 10 Ra 93/13i‑27, mit dem das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 18. Jänner 2013, GZ 6 Cga 127/11f‑22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.236,56 EUR (darin enthalten 372,76 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.411,04 EUR (darin enthalten 174,84 EUR USt und 1.362 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 19. 3. 1996 bis 22. 12. 1998 und vom 22. 3. 1999 bis 31. 3. 2011 als Blitzschutzmonteur bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Bestimmungen des Kollektivvertrags für das eisen‑ und metallverarbeitende Gewerbe Anwendung fanden, wurde einvernehmlich beendet. Für die Zeit nach der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses hatte der Kläger eine Wiedereinstellungszusage. Zudem wurde mit ihm vereinbart, dass die Unterbrechungszeit (ebenso wie seine Vordienstzeit) bei der Berechnung seiner dienstzeitabhängigen Ansprüche Berücksichtigung findet. Der Kläger erhielt während des aufrechten Arbeitsverhältnisses spätestens jede zweite Woche eine Montageabrechnung; die darin ausgewiesenen Nettobeträge erhielt er teilweise in bar und teilweise durch Überweisung auf sein Bankkonto ausbezahlt. Anlässlich eines Gesprächs mit dem neuen Geschäftsführer der Beklagten wurde dem Kläger eine neue Lohnvereinbarung ab März 2011 angeboten. Nachdem eine solche nicht zustande gekommen war, wurde das Arbeitsverhältnis zum 31. 3. 2011 einvernehmlich beendet.

Der Kläger machte die Abfertigung (sechs Monatsentgelte als Bruttobetrag) sowie zusätzlich eine Lohndifferenz für Mai 2011, den Urlaubszuschuss und die Weihnachtsremuneration aliquot für 2011 und die Urlaubsersatzleistung zuzüglich anteiliger Sonderzahlungen (jeweils in Nettobeträgen) geltend; die erhaltenen (Akonto-)Zahlungen brachte er in Abzug. Er sei nach einem komplizierten Leistungslohnsystem entlohnt worden. Die Auszahlung des Entgelts sei auf Basis der Montageabrechnungen erfolgt. Die Sonderzahlungen seien ihm pauschal ausbezahlt worden. Die Beklagte habe ihm ausdrücklich zugesagt, dass die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses für ihn nicht nachteilig sei und dieser Zeitraum daher für alle dienstzeitabhängigen Ansprüche berücksichtigt werde. Davon ausgehend habe er einen Abfertigungsanspruch in Höhe von sechs Monatsentgelten. Aufgrund eines Gesprächs mit dem neuen Geschäftsführer der Beklagten habe er ausschließlich für März 2011 einen niedrigeren Lohn in Höhe von 2.500 EUR netto akzeptiert. Eine darüber hinausgehende neue Lohnvereinbarung ab März 2011 sei nicht getroffen worden.

Die Beklagte entgegnete, dass mit dem Kläger beginnend mit 1. 3. 2011 eine neue Lohnvereinbarung in Form einer Nettopauschalentlohnung über 2.200 EUR getroffen worden sei. Für die Berechnung der Abfertigung sei zugunsten des Klägers von diesem Nettolohn auf den Bruttolohn hochgerechnet worden. Auch hinsichtlich der Sonderzahlungen und der Urlaubsersatzleistung (für 19 offene Urlaubstage) sei eine solche Umrechnung erfolgt. Die Zeiten der Nichtbeschäftigung des Klägers seien für die Berechnung der Abfertigung nicht heranzuziehen.

Abgesehen von der behaupteten Pauschalentlohnung ab März 2011 hat sich die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht auf eine Nettolohnvereinbarung gestützt. Auch der Kläger hat sich in seinem Vorbringen auf eine solche nicht bezogen. Die Darlegung, welche Beträge (zwangsläufig netto) tatsächlich ausbezahlt wurden, enthält keinen Hinweis auf eine Nettolohnvereinbarung.

Das Erstgericht gab dem (ausgedehnten und eingeschränkten) Klagebegehren zur Gänze statt. Soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung führte es aus, dass im Zusammenhang mit der Wiedereinstellungszusage des Klägers keine Karenzierung, sondern eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorliege. Die Zeit der Unterbrechung eines Arbeitsverhältnisses werde für die Bemessung der Abfertigung an sich nicht berücksichtigt. Im Anlassfall gelte jedoch anderes, weil mit dem Kläger einzelvertraglich vereinbart worden sei, dass sowohl seine Vordienstzeiten als auch der Unterbrechungszeitraum berücksichtigt würden. Davon ausgehend gebühre dem Kläger eine Abfertigung in Höhe von sechs Monatsentgelten. Bei der Berechnung der Abfertigung sei von dem für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Entgelt auszugehen. Darunter werde der Durchschnittsverdienst verstanden, der sich aus den mit einer gewissen Regelmäßigkeit zur Auszahlung gelangten Entgelten ergebe. Aufgrund der jahreszeitlichen und wetterabhängigen Schwankungen erscheine es im Fall des Klägers gerechtfertigt, bei der Berechnung des Monatsdurchschnitts einen Beobachtungszeitraum von zwölf Monaten zugrunde zu legen. Davon ausgehend errechne sich das Monatsentgelt für die Abfertigung mit 6.123,86 EUR brutto.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und sprach dem Kläger ‑ ausgehend von einer echten Nettolohnvereinbarung ‑ statt des Betrags von 36.743,16 EUR brutto abzüglich 9.054,73 EUR netto sA nur den Nettobetrag von 11.675,81 EUR sA zu. Der begehrte restliche Lohn für März 2011 sei unstrittig. Die anteiligen Sonderzahlungen für das Jahr 2011 habe das Erstgericht richtig berechnet. Hinsichtlich der vom Erstgericht zugesprochenen Urlaubsersatzleistung sei die Beklagte jedenfalls nicht beschwert. Richtig sei auch, dass der Kläger einen Anspruch auf Abfertigung im Ausmaß von sechs Monatsentgelten habe. Bei der Berechnung dieses Anspruchs habe das Erstgericht allerdings die zwischen den Parteien getroffene echte Nettolohnvereinbarung nicht berücksichtigt. Diese ergebe sich eindeutig daraus, dass der Kläger entsprechend der von ihm gelegten Montageabrechnungen wöchentlich netto entlohnt worden sei, er auch seine anderen Ansprüche (Restlohn, Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung) netto geltend gemacht sowie die Beklagte die Ansprüche des Klägers ausgehend von einer Nettolohnvereinbarung auf brutto hochgerechnet habe. Der Abfertigungsanspruch des Klägers sei daher auf Basis des Durchschnittsverdiensts von 3.056,76 EUR netto zuzüglich Sonderzahlungen zu berechnen. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalls abhängig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens abzielt.

Mit ihrer ‑ durch den Obersten Gerichtshof freigestellten ‑ Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, das Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision zulässig, weil sich die Beurteilung des Berufungsgerichts zu der zugrunde liegenden Lohnvereinbarung als korrekturbedürftig erweist. Die Revision ist dementsprechend auch berechtigt.

1.1 Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Berechnung der Abfertigung strittig. In dieser Hinsicht ist geklärt, dass dem Kläger aufgrund der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit Rücksicht auf die einzelvertragliche Zusage der Anrechnung auch des Unterbrechungszeitraums eine Abfertigung im Ausmaß von sechs Monatsentgelten gebührt, sowie dass aufgrund der stark schwankenden Verdienste des Klägers eine Durchschnittsberechnung über den Zeitraum der letzten zwölf Monate anzustellen ist.

1.2 Das Berufungsgericht reduzierte den Zuspruch des Erstgerichts ausschließlich mit der Begründung, dass das Erstgericht bei der Berechnung der dem Kläger zustehenden Abfertigung den Umstand nicht berücksichtigt habe, dass zwischen den Parteien eine echte Nettolohnvereinbarung getroffen worden sei.

Diese Beurteilung lässt sich mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs allerdings nicht in Einklang bringen.

2.1 Der Streit über die Berechnung der Abfertigung konzentrierte sich im erstinstanzlichen Verfahren auf die Frage, ob die Zeit der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses des Klägers aufgrund einer entsprechenden Zusage des Arbeitgebers zu berücksichtigen ist und dem Kläger daher ein Abfertigungsanspruch in Höhe von sechs Monatsentgelten zusteht.

Die Beklagte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren zwar auf eine (echte) Nettolohnvereinbarung berufen, allerdings nur für den Zeitraum ab März 2011. Dazu brachte sie vor, dass für die Berechnung der Abfertigung von diesem letzten Monatslohn auszugehen sei. Nach den Feststellungen ist eine derartige (endgültige) Nettolohnvereinbarung aber nicht zustande gekommen. Auf eine generelle (echte) Nettolohnvereinbarung, also auch für die Zeit vor März 2011, hat sich die Beklagte nicht gestützt. Auch dem Vorbringen des Klägers lässt sich eine derartige Behauptung nicht entnehmen. Vielmehr wurde das Thema einer generellen echten Nettolohnvereinbarung vom Berufungsgericht (überraschend) aufgeworfen.

2.2 Zu einer vergleichbaren Ausgangslage wies der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 72/03h darauf hin, dass das österreichische Zivilprozessrecht vom Verhandlungsgrundsatz beherrscht ist. Danach bestimmen die Parteien den Inhalt und die Auswirkungen ihrer Sachanträge und damit nicht nur, über welche Ansprüche sie ein Urteil des Gerichts begehren, sondern auch, aufgrund welcher Tatsachen die Entscheidung gefällt werden soll. Der Sachverhalt ist daher nicht von Amts wegen aufzuklären. Der Entscheidung dürfen nur die Tatsachen zugrunde gelegt werden, die von den Parteien vorgebracht werden.

2.3 Im Anlassfall haben weder Kläger noch Beklagte ein Vorbringen erstattet, aus dem sich der Abschluss einer generellen echten Nettolohnvereinbarung ergeben hätte. Dass das Berufungsgericht unter diesen Umständen dennoch ohne Vorbringen der Parteien eine echte Nettolohnvereinbarung angenommen und davon ausgehend dem Kläger nur die vom Nettolohn berechnete Abfertigung zugesprochen hat, begründet damit einen Verstoß gegen den Verhandlungsgrundsatz.

3.1 Auch aus den Feststellungen des Erstgerichts lässt sich ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ‑ eine echte Nettolohnvereinbarung nicht ableiten.

Nach gesicherter Rechtsprechung richtet sich die Entgelthöhe im Arbeitsverhältnis primär nach der Vereinbarung, subsidiär nach der Angemessenheit (§ 1152 ABGB) bzw nach dem Ortsgebrauch und der Angemessenheit (§ 6 Abs 1 AngG). Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers richtet sich grundsätzlich auf einen Bruttobetrag, der Arbeitgeber schuldet daher eine Bruttovergütung. Dementsprechend ist der Arbeitnehmer berechtigt, den Bruttolohn einzuklagen. Ein derartiges Klagebegehren ist hinreichend bestimmt und vollstreckbar.

Es steht den Parteien des Arbeitsvertrags jedoch frei, zu vereinbaren, dass der Arbeitgeber die Vergütung netto schuldet. Eine solche Vereinbarung, durch die der Arbeitgeber die sonst vom Arbeitnehmer zu tragenden Abgaben übernimmt, ist zulässig und rechtswirksam. Arbeitsrechtlich ist dabei zwischen der abgeleiteten (unechten) und der originären (echten) Nettolohnvereinbarung zu unterscheiden. Bei der abgeleiteten Nettolohnvereinbarung wird nur eine punktuelle Einigung darüber erzielt, wie viel dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nach Abzug aller Beiträge und Abgaben verbleiben soll, was er also bei Eintritt in das Arbeitsverhältnis „auf die Hand“ erhält. Die maßgebliche Größe ist aber der zugrunde liegende Bruttobetrag, von dem ausgehend bei einer Veränderung der Abgaben auch das Nettoentgelt neu zu berechnen ist. Vertragsgrundlage bleibt jeweils der Bruttobetrag, sodass der Arbeitnehmer bei geänderten Rahmenbedingungen Steuernachteile oder eine Erhöhung des auf ihn entfallenden Beitragsanteils hinnehmen muss. Dem Arbeitnehmer kommen im Gegenzug aber auch Beitrags- und Lohnsteuersenkungen zugute. Abgeleitete Nettolohnvereinbarungen beinhalten somit gleichsam einen Anpassungsvorbehalt. Liegt hingegen eine originäre (echte) Nettolohnvereinbarung vor, so richtet sich der Anspruch des Arbeitnehmers aus der Lohnvereinbarung nur auf den Nettolohn. Das Steuerrisiko trifft in einem derartigen Fall den Arbeitgeber, der nicht nur den Wegfall individueller Steuervorteile, sondern auch generelle Steuererhöhungen zu tragen hat. Andererseits muss er allerdings auch nicht für bestimmte Bezüge gewährte Steuervorteile weitergeben (9 ObA 72/03h mwN). Nur im Fall einer echten Nettolohnvereinbarung ist (auch) bei Berechnung der Abfertigung vom Nettoentgelt auszugehen (8 ObA 214/96).

Im Schrifttum wird vom Abschluss originärer Nettolohnvereinbarungen eher abgeraten, weshalb solche Vereinbarungen in der Praxis auch eher die Ausnahme darstellen. Grundsätzlich trifft den Arbeitnehmer die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen einer originären Nettolohnvereinbarung. Im Zweifel ist nur eine abgeleitete Nettolohnvereinbarung anzunehmen, sofern nicht ausdrücklich eine originäre Nettolohnvereinbarung getroffen wurde (9 ObA 72/03h mwN).

3.2 Nach den Feststellungen erhielt der Kläger spätestens jede zweite Woche eine Montageabrechnung und die darin ersichtlichen Nettobeträge ausbezahlt. Die ‑ zur Ermittlung des Auszahlungsbetrags bestimmte ‑ Abrechnung von Nettobeträgen lässt allerdings keinen Rückschluss auf die Art der zugrunde liegenden Lohnvereinbarung zu. Wenn der Kläger seine (übrigen) Ansprüche ausgehend von jenen Entgeltbeträgen berechnet, die er tatsächlich netto ausbezahlt erhielt, so ist dies ebenfalls kein stichhaltiger Hinweis auf eine echte Nettolohnvereinbarung. Der Kläger hat schon in der Klage den Netto- und den entsprechenden Bruttobetrag seines durchschnittlichen Monatslohns nebeneinander angeführt. Daraus ist nicht einmal der Ausgangswert für die Umrechnung erkennbar. Das Berufungsgericht übersieht aber vor allem, dass das Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung nicht gleichzeitig bedeutet, dass es sich um eine echte Nettolohnvereinbarung handelt. Dafür müsste auf Tatsachenebene feststehen, dass eine solche Vereinbarung ausdrücklich getroffen wurde. Im Zweifel wäre nur eine abgeleitete Nettolohnvereinbarung anzunehmen. Schließlich ist auch das Argument des Berufungsgerichts unzutreffend, dass die Beklagte die aus ihrer Sicht zustehenden Ansprüche des Klägers ausgehend von einer Nettolohnvereinbarung auf brutto hochgerechnet habe. In Wirklichkeit ist die Beklagte bei ihrer (Kontroll‑)Rechnung hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche zunächst von den Bruttobeträgen ausgegangen, die sie in Nettobeträge umgerechnet hat (vgl etwa ON 5, 3). Die vom Berufungsgericht erwähnte Hochrechnung vom Nettolohn auf den Bruttolohn hat die Beklagte ausschließlich auf die ‑ allerdings nicht festgestellte ‑ angeblich neue Lohnvereinbarung ab März 2011 bezogen.

Insgesamt kann im Anlassfall somit nicht von einer echten Nettolohnvereinbarung ausgegangen werden.

4.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Geht das Gericht ohne Vorbringen der Parteien von einer echten Nettolohnvereinbarung aus, so verstößt es gegen den Verhandlungsgrundsatz. Im Zweifel ist nur eine abgeleitete Nettolohnvereinbarung anzunehmen. Bei einer solchen bleibt der Bruttobetrag die maßgebliche Berechnungsgröße für den Entgeltanspruch.

4.2 Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof somit nicht stand. In Stattgebung der Revision des Klägers war das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzuändern. Auf das Zinsenbegehren ist die Beklagte in der Revisionsbeantwortung nicht mehr eingegangen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 ASGG. Für die Berufungsbeantwortung beträgt der ERV‑Zuschlag nur 1,80 EUR.

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