Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte leitete mehrere Jahre die "Miss A***** C*****" in Wien. Sie veräußerte das Unternehmen 1994. Seither organisiert sie auf internationaler Ebene die "Queen of the World"-Wahlen.
Katharina O***** hatte die durch die "Miss A***** C*****" veranstalteten Wahlen zur Miss Vienna im Jahr 1997 gewonnen. Eva S***** erreichte im selben Jahr den dritten Platz bei der ebenfalls von der "Miss A***** C*****" veranstalteten Wahl zur Miss Niederösterreich. Geschäftsführerin der "Miss A***** C*****" war damals Cornelia S*****. Corinna S***** war ihre rechte Hand, kümmerte sich um die Mädchen und übernahm die organisatorischen Tätigkeiten bei den Wahlen. Für die Mädchen entstand überdies der Eindruck, dass Franz H***** mit der Miss A***** C***** allenfalls in einem Angestelltenverhältnis zusammenarbeitete. Es ist üblich, dass die bei einer Misswahl platzierten Frauen als Preise innerhalb des folgenden Jahres diverse Modellaufträge erhalten und bei deren Ausführung Bargeld begrenzt mit dem Gewinnbetrag ausgefolgt erhalten.
Kurz nach den Wahlen wurden Katharina O***** und Eva S***** - die späteren Privatanklägerinnen - von Corinna S***** telefonisch zwecks Übernahme eines Modellauftrages in Monte Carlo im Rahmen der Veranstaltung rund um das Grand-Prix-Wochenende, beinhaltend Fotoshootings zu Repräsentationszwecken, kontaktiert.
Die Privatanklägerinnen flogen am 2. 5. 1997 von Wien nach Nizza. Es war ihnen mitgeteilt worden, dass alles organisiert sei, sie müssten sich um nichts kümmern. Der Auftrag sollte drei bis vier Tage dauern. Am Flughafen in Nizza wurden die Privatanklägerinnen von einem Chauffeur mit Limousine abgeholt und in ein Hotel in der Nähe von Monte Carlo gebracht. Das Hotelzimmer wurde von vor der Tür stehenden männlichen Personen bewacht, die die Frauen aufforderten, auf die Anweisungen "des Prinzen" zu warten. Nach einiger Zeit kam ein Mann, der sich als Prinz Sultan B***** T***** vorstellte, ins Zimmer und sah sich die beiden Frauen an. Von den beiden anderen anwesenden Mädchen erfuhren Katharina O***** und Eva S*****, dass es sich bei dem Mann um jenen Prinzen handle, mit dem sie sich in den nächsten drei bis vier Tagen zu unterhalten hätten.
In der Folge wurde Eva S***** nach einem vorangegangenen Vergewaltigungsversuch auf einem Boot nach einem Abendessen in der Suite des Prinzen von diesem vergewaltigt. Bei dem genannten Abendessen versuchte ein neben Katharina O***** platzierter Mann namens "Pascal" mit ihr zu flirten, wobei er ihr erklärte, dass er sie gekauft habe und sie ihm zur Verfügung stehen müsse. Katharina O***** wurde gemeinsam mit diesem Mann in ein Hotelzimmer gebracht. Es kam zu Annäherungsversuchen. Nachdem Katharina O***** erklärt hatte, sie sei zuckerkrank und benötige Medikamente, gestattete ihr der Mann letztlich, zu gehen, kündigte jedoch an, dass das ein Nachspiel haben werde, er werde dem Prinzen sagen, dass sie dem bezahlten Preis nicht entsprochen habe.
In der Folge flohen beide Frauen durch den Hinterausgang des Hotels. Sie kontaktierten Corinna S*****, die sie anwies, auf Franz H***** zu warten. H***** traf bei den Privatanklägerinnen ein und erklärte ihnen, er werde mit dem Prinzen über eine finanzielle Entschädigung sprechen. Er erzählte, dass er einen Escortservice mit weltweiten Kontakten besitze und dass von vornherein klar gewesen sei, dass sie mit dem Prinzen oder seinen Gästen Sex haben würden, diese würden dafür bezahlen. Er erklärte auch, dass Cornelia S***** wegen Zuhälterei und Geldunterschlagung in Monaco in Haft sei. Er übernehme aus diesem Grund das Geschäft. Corinna S***** habe nichts mehr zu reden.
Nachdem Teile der Öffentlichkeit von den Vorfällen erfahren hatten, darunter auch der für die Klägerin tätige Journalist Michael J*****, der in der Redaktion der "N***** K*****-Zeitung" die Kolumne "A*****" betreut, beschloss J*****, über die Vorfälle einen Artikel zu schreiben. Im Zuge seiner Recherchen versuchte er, Erich R*****, den Vater der Beklagten, zu kontaktieren. R***** hatte früher die Miss A***** C***** geleitet. Nun moderiert er derartige Veranstaltungen. Michael J***** erreichte jedoch telefonisch nur die Beklagte, die sich zufällig in der Wohnung ihrer Eltern in Linz aufhielt. J***** fragte sie, was sie über die "S*****" wüsste. Die Beklagte erklärte, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass der Prinz, den sie tatsächlich einige Zeit vor den Ereignissen in Monaco als nach ihrem Dafürhalten liebenswerten Menschen kennengelernt hatte, die beiden Missen vergewaltigt hätte, weil er schwer krank sei. Nachdem sie von J***** erfahren hatte, dass nur in Wien von Rechtsanwalt Dr. S***** eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet worden war, sah sie die Angaben der beiden Mädchen in dem Zusammenhang als unglaubwürdig an. J***** erwähnte während des Telefonats nie, dass er die Beklagte "interviewe" oder ihre Angaben veröffentlichen bzw wörtlich zitieren würde.
In der Kolumne "A*****" vom 9. 5. 1997 wurde unter der Überschrift "Mädels, ihr seid selber schuld." ein Artikel J*****s veröffentlicht, in dem er die Angaben der Beklagten wie folgt wiedergab:
"Der Prinz", schäumt Michaela R*****, Tochter des Linzer Miss-Machers Erich R*****, "der Prinz kann gar nicht vergewaltigen. Er ist nämlich schwer krank. Wir glauben vielmehr, dass sich die Mädchen wichtig machen und jetzt viel Geld aus der leidigen Angelegenheit herausschlagen wollen."
Erste offizielle Stellungnahme zu einem Sittenskandal zwischen Monte Carlo, Wien und Biedermannsdorf, in den die zwei österreichischen Schönheitsköniginnen (Katharina O*****, die "regierende" Miss Vienna '97 und Eva S*****, die drittplatzierte Biedermannsdorferin der letzten Wahl zur Miss Niederösterreich) involviert sind und ein geheimnisvoller "Herr Franz" sowie die Misswahlenveranstalterin Cornelia S. verwickelt sein sollen. (...)
In der Niederschrift, die der Wiener Anwalt Dr. Peter S***** nach der Rückkehr der Mädchen auf Grund ihrer Aussagen erstellte, ist die Rede von "versuchter Vergewaltigung, Vergewaltigung, Morddrohungen, Nötigung und Freiheitsberaubung" sowie dem wörtlichen Zitat eines "deutschsprechenden Leibwächters", der zu Katharina O***** lachend gesagt haben soll: "Mädels, ihr seid selber schuld..."
Und genau dieser Meinung ist auch Michaela R***** (Vater Erich weilt zur Zeit im Ausland und ist nicht erreichbar), die uns sagte: "Die Missen haben von der Agentur "Miss A***** C*****" strengste Anweisung, von keiner anderen Agentur Aufträge für irgendwelche Repräsentationsaufgaben anzunehmen. Und die "Miss A***** C*****" hat Katharina und Eva jedenfalls nicht vermittelt. Außerdem lege ich für den beschuldigten Prinzen, den ich persönlich seit langem sehr gut kenne, die Hand ins Feuer... (...)"
Katharina O***** und Eva S***** erhoben aufgrund der in dem genannten Artikel veröffentlichten Angaben der Beklagten gegen diese Privatanklage beim Landesgericht für Strafsachen Wien. Mit Urteil vom 3. 10. 2000 wurde die Beklagte schuldig erkannt, im Frühjahr 1997 die beiden Privatanklägerinnen in einem Druckwerk, wodurch die üble Nachrede einer breiten Öffentlichkeit zugänglich wurde, eines unehrenhaften Verhaltens und eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt zu haben, das geeignet sei, die Privatanklägerinnen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und herabzusetzen. Sie wurde deswegen nach § 111 Abs 1 und 2 StGB verurteilt. Gleichzeitig wurde in dem Urteil ausgesprochen, dass die Klägerin als Haftungsbeteiligte gemäß § 35 MedienG für die Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand mit der Beklagten zu haften habe.
Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 2. 4. 2001 wurde die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil wegen Nichtigkeit zurückgewiesen. Ihrer Schuldberufung wurde nicht Folge gegeben. Der Strafberufung wurde dahin stattgegeben, dass die verhängte Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gleichzeitig wurde der Berufung der haftungsbeteiligten Klägerin nicht Folge gegeben. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9. 7. 2001 wurden die Vertretungskosten der Privatanklägerinnen mit insgesamt S 104.280 inklusive 20 % Umsatzsteuer rechtskräftig bestimmt. Diese Kosten überwies die Klägerin am 27. 7. 2001. Vom Landesgericht für Strafsachen Wien wurde von der Klägerin die angefallene Eingabegebühr für die von ihr erhobene Berufung in Höhe von S 1.200 eingehoben. Die Klägerin überwies diese Gebühr am 8. 10. 2001.
Gestützt auf § 1358 ABGB begehrt die Klägerin Rückersatz von insgesamt EUR 7.665,53 (Verfahrenskosten; Pauschalgebühr für die Berufung im Strafverfahren). Die haftungsweise Mitverpflichtung der Klägerin zur Tragung der der Beklagten primär angelasteten Kostenersatzpflicht gegenüber den Privatanklägerinnen gründe sich nicht auf ein Verschulden der Klägerin, sondern auf eine verschuldensunabhängige gesetzliche Mithaftung. Eine Mittäterschaft der Klägerin liege nicht vor.
Die Beklagte wendet ein, dass es formell richtig sein möge, dass die im § 35 MedienG angeordnete Mithaftung der Klägerin eine "fremde Schuld" darstelle; allerdings sei die Klägerin für die Veröffentlichung des Artikels und für das gesamte Strafverfahren ursächlich. Die Berufung auf § 1358 ABGB erfolge daher rechtsmissbräuchlich. Es sei lediglich einem Zufall zu verdanken, dass die Beklagte und nicht die Klägerin im Strafverfahren belangt worden sei.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von EUR 3.789,16 sA und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von EUR 3.876,37 sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass die den Medieninhaber treffende Haftung gemäß § 35 Abs 1 MedienG unabhängig von einem Verschulden des Medieninhabers eingreife. Dieser habe jedoch seinerseits die Möglichkeit, sich bei dem unmittelbar Verantwortlichen zu regressieren. Grund der Haftung sei die objektive Mitverantwortlichkeit des Unternehmens. An das verurteilende Straferkenntnis sei das Gericht gebunden. Allerdings sei auch das von der Klägerin zu vertretende Mitverschulden zu berücksichtigen. In Anwendung der Zweifelsregel des § 1304 ABGB seien die Verschuldensanteile als gleichwertig anzusehen. Die von der Klägerin überdies geltend gemachte Eingabegebühr von S 1.200 stünde ihr nicht zu, weil es sich um eigenständige, der Klägerin angefallene Prozesskosten handle, die vom Regress nicht erfasst seien.
Das Berufungsgericht gab den von beiden Parteien erhobenen Berufungen nicht Folge und bestätigte das Ersturteil. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zum Regressanspruch "auf Basis des § 35 MedienG" fehle. Rechtlich teilte das Berufungsgericht im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin lediglich eine fremde Schuld bezahlt habe. Die Haftung des Medieninhabers gemäß § 35 Abs 1 MedienG entspreche der Überlegung, dass eine eigene - wenn auch allenfalls schuldlose - Mitverantwortlichkeit des Medieninhabers vorliege. Entgegen der Fassung des § 41 Abs 3 durch die Regierungsvorlage sei nun in § 35 MedienG eine subsidiäre Haftung des Medieninhabers nicht vorgesehen. Da die Klägerin mit der Zahlung der Prozesskosten keine fremde Schuld beglichen habe, stehe ihr kein voller Regress im Sinn des § 1358 ABGB zu. In Anwendung des § 896 ABGB sei das Verschulden der Beklagten am Schaden (den entstandenen Kosten) gegenüber der Mitverantwortlichkeit des Medieninhabers abzuwägen. Im Zweifel sei davon auszugehen, dass die Parteien als Solidarschuldner zu gleichen Teilen einzustehen hätten. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgehen wolle, dass dem Medieninhaber ein Entlastungsbeweis im Sinne des § 6 Abs 2 MedienG offenstünde, sei dieser Entlastungsbeweis jedenfalls nicht gelungen. Sie habe die Beklagte nicht völlig korrekt zitiert. Andererseits habe die Beklagte nicht unbedingt wissen müssen, dass ihre Äußerungen veröffentlicht würden. Überdies habe J***** ohne Anhaltspunkte die Angaben der Beklagten als "offizielle Stellungnahme" veröffentlicht. Offenbar habe die medieninterne Kontrolle durch die Medienmitarbeiter versagt.
Die von der Klägerin begehrte Eingabegebühr sei vom Erstgericht zutreffend abgewiesen worden, weil ein Regressanspruch wegen eigener Verfahrenskosten aus § 35 Abs 1 MedienG nicht ableitbar sei.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen beider Parteien. Die Klägerin strebt eine gänzliche Stattgebung des Klagebegehrens an; die Beklagte eine gänzliche Klageabweisung. Die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens wurde bereits im Berufungsverfahren inhaltlich nicht bekämpft.
Beide Parteien beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie sind jedoch nicht berechtigt.
Gemäß § 35 Abs 1 MedienG ist im Strafurteil wegen eines Medieninhaltsdelikts die Haftung des Medieninhabers (Verlegers) eines periodischen Mediums zur ungeteilten Hand mit dem Verurteilten für die Geldstrafe und Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Urteilsveröffentlichung auszusprechen.
Diese Regelung wird von der Lehre als verschuldensunabhängige Unternehmenshaftung verstanden (Brandstetter-Schmid MedienG² § 35 Rz 1; Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz, § 35 Rz 1; Weiß, Zur straf- und medienrechtlichen Haftung für Ehrenbeleidigungen MR 1990, 10 [36]). Ansatzpunkt der Haftung soll die objektive Mitverantwortlichkeit des Unternehmens sein, die sich durch die Kausalität bestimme und nicht an einem Schuldvorwurf orientiert sei. Medieninhaltsdelikte entsprängen der journalistischen Tätigkeit im Medienunternehmen und seien nicht Taten von Einzelgängern hinter dem Rücken redaktioneller Vorgesetzter und Kollegen. Periodische Medien könnten daher für Medieninhaltsdelikte nicht "missbraucht" werden. Vielmehr könnten Medieninhaltsdelikte nicht begangen werden, stellte nicht der Medieninhaber die redaktionellen Mittel zur Verfügung und sorgte er nicht für die Verbreitung des Ergebnisses (Brandstetter-Schmid aaO; siehe auch Weiß aaO zum "medialen Multiplikationseffekt" vgl 11 Os 53/01).
Die Klägerin, die aufgrund dieser Haftungsbestimmung zur Zahlung der Verfahrenskosten der Privatanklägerinnen im Strafverfahren verurteilt wurde, begehrt nun Rückersatz dieser Kosten gemäß § 1358 ABGB. Gemäß § 1358 ABGB tritt derjenige, der eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, vom Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Der Anwendungsbereich des § 1358 ABGB geht nach völlig herrschender Auffassung weit über die Regelung des Bürgenregresses hinaus. Er erfasst ganz allgemein jeden Fall der Zahlung einer fremden Schuld, für die der Zahler persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet (Gamerith in Rummel³ § 1358 ABGB Rz 1; RIS-Justiz RS0112742; vgl auch RS0032424). § 1358 ABGB ist auch anzuwenden, wenn Haftung für fremde Schuld unmittelbar auf Gesetz beruht (Gamerith aaO Rz 1 und 3). Fremde Schuld ist die Verbindlichkeit eines Dritten. Für die Anwendung des § 1358 ABGB genügt es, wenn aus der Sicht des Hauptschuldners eine formell eigene, materiell aber fremde Schuld vorliegt (Gamerith aaO; Schwimann/Mader ABGB VII² § 1358 Rz 1; RIS-Justiz RS0102645). Erfüllte daher die Klägerin bei Zahlung der Verfahrenskosten der Privatanklägerinnen eine auch materielle eigene Verpflichtung, käme § 1358 ABGB nicht zur Anwendung (1 Ob 2011/96h; Gamerith aaO). Umgekehrt verdrängt der gesetzliche Forderungsübergang nach § 1358 ABGB den gesetzlichen Rückgriffsanspruch nach § 896 ABGB (SZ 58/132).
Dass es sich nach herrschender Auffassung bei der in § 35 Abs 1 MedienG normierten Haftungsverpflichtung um einen Unterfall einer Unternehmerhaftung handelt, lässt noch nicht den Rückschluss zu, dass eine eigenständige materiell-rechtliche Verpflichtung der Klägerin begründet wird. Vielmehr existieren verschiedentlich gesetzlich normierte Haftungsverpflichtungen Dritter, die gerade keine materiell eigene Schuld des Haftungsverpflichteten betreffen (vgl zB SZ 60/136 und SZ 70/132 zur Haftung des Arbeitgebers für die Steuerverbindlichkeiten des Arbeitnehmers; ÖBl 1983, 68 zur Haftung des Lizenzgebers für Steuerverbindlichkeiten des Lizenznehmers; weitere Fälle bei Gamerith aaO Rz 3).
Der Klägerin ist nun darin beizupflichten, dass die im § 35 MedienG normierte Haftung eine bloß formell, nicht aber materiell eigene Schuld des Medieninhabers begründet: Dafür spricht zunächst die Abhängigkeit der Haftung von einem gegen eine bestimmte Person geführten Strafverfahren und vom Vorliegen einer strafgerichtlichen Verurteilung (vgl Brandstetter-Schmid aaO Rz 4; Polley aaO Rz 2 Weiß aaO 36 ff). Darin unterscheidet sich die im § 35 MedienG angeordnete Haftung von der Möglichkeit der Geltendmachung eines Entschädigungsbetrages nach §§ 6 bis 7c MedienG in einem selbständigen Einziehungs- oder Entschädigungsverfahren (vgl dazu Brandstetter-Schmid aaO § 8 Rz 1). Der Text der Regierungsvorlage lässt nicht den vom Berufungsgericht gezogenen Schluss zu, dass der auf den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage zum Mediengesetz gegründete Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage eine Änderung dahin anstrebte, dass aus einer ursprünglich beabsichtigten bloß formellen Schuld des Medieninhabers eine eigenständige materielle Verpflichtung durch § 35 Abs 1 MedienG begründet werden sollte: In der Regierungsvorlage betreffend das Mediengesetz war (§ 41 Abs 3) vorgesehen, dass die Haftung des Herausgebers und des Medieninhabers (nur) in Anspruch genommen werden kann, wenn die Geldstrafe oder die Kosten aus dem beweglichen Vermögen des Verurteilten nicht eingebracht werden können, wobei der Einbringungsversuch unterbleiben kann, wenn Einbringungsmaßnahmen offenkundig aussichtslos sind. Im Bericht des Justizausschusses (743 BlgNR XV. GP) findet sich zu § 35 (§ 41 RV) folgende Anmerkung: "Diese Bestimmung konnte vereinfacht werden, ein Teil wurde überdies in § 41 überstellt...."
Daraus ist lediglich zu folgern, dass die zunächst vorgesehene generelle Subsidiarität der Haftungsverpflichtung des Medieninhabers fallengelassen wurde. Die Aufgabe der Subsidiarität im Außenverhältnis führt jedoch nicht zur Beurteilung, dass eine in der Regierungsvorlage eindeutig bloß formelle Schuld des Haftungsverpflichteten nun in eine eigenständige materielle Schuld geändert werden sollte. Der Hinweis auf die Vereinfachung lässt vielmehr eher die Annahme zu, dass eine inhaltliche Änderung der Haftungsverpflichtung (mit Ausnahme der ursprünglich vorgesehenen Subsidiarität) nicht verbunden sein sollte. Insbesondere die Abhängigkeit der Haftungsverpflichtung von einer Verurteilung des Täters des Medieninhaltsdeliktes (Medienmitarbeiter, aber auch - wie hier - medienexterne Personen - vgl Weiß aaO 36) spricht dafür, dass es sich bei der Haftungsverpflichtung bloß um eine formell, nicht aber materiell eigene Schuld des Medieninhabers handelt. Dabei ist der erkennbare Zweck der Haftungsverpflichtung hervorzuheben: Nicht der Täter soll durch § 35 MedienG entlastet werden, sondern das Einbringlichkeitsrisiko des Geschädigten minimiert werden. Die im Bericht des Justizausschusses erwähnte Vereinfachung gegenüber dem Wortlaut der Regierungsvorlage ist daher darauf zu beziehen, dass der Privatankläger keinerlei Eintreibungsversuche beim Verurteilten anstellen muss, sondern sich gleich an den Medieninhaber wenden kann.
Bejaht man aber aus den dargelegten Gründen die Anwendbarkeit des § 1358 ABGB (so wohl auch Hanusch Kommentar zum Mediengesetz § 35 Rz 1), ist für die von den Vorinstanzen angenommene "Haftungsteilung" nach § 896 ABGB oder § 1304 ABGB im Innenverhältnis kein Raum: Grundsätzlich steht dem, der eine bloß formell eigene Schuld beglich, voller Rückersatz nach § 1358 ABGB zu. Weder aus dem hier nicht anwendbaren § 896 ABGB (1 Ob 2011/96h) noch aus §§ 1302, 1304 ABGB (die überdies Schadenersatzansprüche betreffen) lässt sich daher eine Minderung des Regressanspruches der Klägerin ableiten.
Dem gesetzlichen Rückgriffsanspruch des für eine fremde Schuld haftenden Zahlers kann der Hauptschuldner nur ein besonderes Innenverhältnis entgegensetzen, das den gesetzlichen Anspruch (teilweise) verdrängen könnte. Besteht ein solches besonderes Innenverhältnis, wäre einerseits ein weitergehender Ersatzanspruch möglich, andererseits könnte der Rückgriff beschränkt oder überhaupt ausgeschlossen sein (vgl dazu Gamerith aaO Rz 11; JBl 1988, 253). Dafür trifft die Beklagte die Beweislast (Gamerith aaO; JBl 1988, 253).
Die Beklagte behauptete auch ein solches besonderes Innenverhältnis, das darin bestehe, dass die Klägerin für die Veröffentlichung des Artikels und für das Strafverfahren ursächlich sei; die Berufung auf § 1358 ABGB sei daher rechtsmissbräuchlich.
Im Regelfall trifft den Medieninhaber die Haftungsverpflichtung für bei ihm tätige Medienmitarbeiter. Das zwischen Medieninhaber und Medienmitarbeiter bestehende Vertragsverhältnis wird ein solches besonderes Innenverhältnis darstellen, das dazu führen kann, dass der Regressanspruch des Medieninhabers nach § 1358 ABGB gemindert wird oder gänzlich entfällt. Im hier zu beurteilenden Fall beging die Beklagte als medienexterne Person das Medieninhaltsdelikt. Medieninhaltsdelikte sind ganz generell auf mangelhafte journalistische oder redaktionelle Tätigkeit im Medienunternehmen zurückzuführen. Im Falle der Veröffentlichung etwa eines beleidigenden Lesebriefes soll der Medieninhaber haften, weil offenbar die medieninterne Kontrolle durch Medienmitarbeiter versagt hat und der Medieninhaber dafür die Verantwortung trägt. So gesehen liegt auch beim Medieninhaltsdelikt durch einen Leserbriefschreiber (oder wie hier einen Interviewpartner) eine Haftung des Medieninhabers für Verschulden von Medienmitarbeitern vor (Weiß aaO [36]). Sieht man aber die Beklagte in diesem weiteren Sinn als "Medienmitarbeiterin" an, erscheint es sachgerecht, im konkreten Fall ein besonderes Innenverhältnis zwischen den Streitteilen zu bejahen, welches einem ungekürzten Regressanspruch der Klägerin nach § 1358 ABGB entgegensteht: Dabei ist hervorzuheben, dass sich die Klägerin der Beklagten zur Verfolgung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen (Veröffentlichung des Artikels) bedient hat. Dabei hat sich überdies ein Risiko realisiert, das ausschließlich der Sphäre der Klägerin zuzurechnen ist: Die Beklagte konnte ein Medieninhaltsdelikt überhaupt nur mit Mitwirkung der Klägerin begehen, die das Interview veröffentlichte. Neben diesen beiden Kriterien (Verwendung der Aussagen der Beklagten für die Interessen der Klägerin; Ermöglichung der Begehung eines Medieninhaltsdeliktes durch die Klägerin), ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte für die Klägerin unentgeltlich tätig wurde und die Initiative zum Interview vom Mitarbeiter der Klägerin ausging. Setzt man diese Faktoren (vgl dazu auch Oberhofer, Die Risikohaftung wegen Tätigkeit in fremdem Interesse als allgemeines Haftungsprinzip, JBl 1995, 217 ff ) in Relation zum Verschulden der Beklagten, so ist die von den Vorinstanzen vorgenommene Haftungsteilung im Ergebnis zu billigen. Von dem Verschulden der Beklagten ist auszugehen: Der OGH hält trotz der Kritik Oberhammers (ecolex 1998,395) daran fest, dass eine rechtskräftige Verurteilung in Privatanklageverfahren bzw nach § 6 MedienG für den Zivilrichter bindend ist (6 Ob 14/01d; 6 Ob 265/00i).
Die Klägerin führt in diesem Zusammenhang ins Treffen, dass § 35 MedienG als verfassungswidrig zu betrachten wäre, gelangte man zur Auslegung, dass im Innenverhältnis voller Rückersatz ausscheidet: Die Haftung orientiere sich nicht an einem Schuldvorwurf, sondern beruhe auf dem Gedanken einer abgeschwächten Sach- oder Gefährdungshaftung. Der Medieninhaber könne sich auf den Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG berufen. Werde nun im Innenverhältnis eine (Mit-)Haftung des Medieninhabers trotz Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes des § 6 Abs 2 Z 4 MedienG bejaht, widerspreche das der durch Art 10 EMRK geschützten Meinungs- und Informationsfreiheit.
Ob der Klägerin voller Rückersatz zuzugestehen wäre, hätte sie sich in einem gegen sie eingeleiteten Strafverfahren auf § 6 Abs 2 Z 4 MedienG berufen können, muss hier allerdings nicht geprüft werden: Die Beklagte war zum maßgeblichen Zeitpunkt weder Inhaberin, noch Angestellte oder sonstige Mitarbeiterin der "Miss A***** C*****". Das in § 6 Abs 2 Z 4 MedG vorausgesetzte Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung der Beklagten, das jenes der Verletzten übertreffen müsste, ist daher nicht erkennbar. Weder eine besondere Stellung der Beklagten in der Öffentlichkeit noch eine aktuelle, besondere Wichtigkeit des behandelten Themas, das keinen zeitlichen Aufschub zur Durchführung von Recherchen zuließ (SZ 69/113; 6 Ob 322/98s ua) ist ersichtlich. Gerade weil die Beklagte zum Zeitpunkt der Vorfälle in Monte Carlo in keinerlei Beziehung zur "Miss A***** C*****" stand, durfte die Klägerin (deren Mitarbeiter auch nicht die Beklagte, sondern deren Vater zu erreichen suchte) überdies nicht darauf vertrauen, dass die Beklagte über die Hintergründe der Vorfälle informiert war. Ein Eigenverschulden auf Seiten des in fremdem Interesse Tätigen führt nicht zwingend dazu, dass dem im Außenverhältnis haftenden Unternehmer voller Regress zusteht (vgl dazu im Detail ebenfalls Oberhofer aaO [223]).
Die Klägerin wurde im Strafverfahren nicht für ein Vergehen oder Verbrechen strafgerichtlich verurteilt. Es wurde lediglich ihre Haftungsverpflichtung für Verfahrenskosten der verurteilten Beklagten ausgesprochen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen § 35 Abs 1 MedienG im Hinblick auf § 4 StGB werden daher vom erkennenden Senat nicht geteilt. Schließlich kann aber auch der Revision der Beklagten, die Klägerin sei zu 100 Prozent mitverantwortlich, weshalb der Rückersatz zur Gänze ausgeschlossen sei, nicht gefolgt werden: Wie bereits hervorgehoben, besteht eine Bindung an die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung der Beklagten. Eine gänzliche Vernachlässigung des die Beklagte treffenden Verschuldens kommt daher nicht in Betracht.
Unberechtigt sind die Revisionsausführungen der Klägerin auch im Umfang des von ihr ebenfalls begehrten "Rückersatzes" der ihr gegenüber eingehobenen Eingabegebühr für das Berufungsverfahren: In diesem Zusammenhang ist auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen (§ 510 Abs 3 ZPO) zu verweisen. Diesen Ausführungen ist lediglich hinzuzufügen, dass der Gläubiger gemäß § 1358 ABGB nur den Ersatz der bezahlten Schuld verlangen kann. Den Ersatz sonstiger Schäden und Kosten kann er, gestützt auf § 1358 ABGB, nicht begehren (Gamerith aaO § 1358 ABGB Rz 11; SZ 69/40; 8 Ob 1565/92). Ein besonderes Rechtsverhältnis, das den Zuspruch der der Klägerin selbst entstandenen Aufwendung (Eingabegebühr) rechtfertigen würde, behauptet die Klägerin, die auch diesen Anspruch auf § 1358 ABGB stützte, nicht.
Beiden Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die § 43 Abs 1 ZPO iVm § 50 ZPO.
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