Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 6.9.1978 geborene mj. Philipp F*** ist ein eheliches Kind des Peter und der Johanna F***. Er ist ebenso wie seine Eltern österreichischer Staatsangehöriger. Die Ehe der Eltern wurde mit rechtskräftigem Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 19.7.1983, 2 Cg 435/82, gemäß § 55a EheG geschieden. Die Elternrechte stehen der Mutter zu, in deren Pflege und Erziehung sich das Kind befindet. Im August 1985 übersiedelte die Mutter mit dem Kind aus Österreich in die BRD, wo das Kind seither seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Im Juli 1986 beantragte der Vater beim Bezirksgericht Linz unter anderem die Regelung seines Besuchsrechtes; die Pflegschaftssache wurde gemäß § 44 JN dem Bezirksgericht Linz-Land überwiesen. Das Erstgericht regelte das Besuchsrecht des Vaters in der Weise, daß es ihm das Recht einräumte, das Kind an jedem ersten Freitag im Monat von 14 Uhr bis zum darauf folgenden Sonntag 18 Uhr mit sich zu nehmen; überdies räumte es dem Vater ein Besuchsrecht in den großen Sommerferien vom Samstag der 31.Woche 16 Uhr bis Samstag der 33.Woche 16 Uhr ein. Ein darüber hinausgehendes Mehrbegehren des Vaters wies es ab.
Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß das Kind seit der Scheidung der Ehe der Eltern bei seiner Mutter wohnt, die sich zunächst in Linz aufhielt und mit Schreiben vom 12.8.1985 bekanntgab, nach Gauting bei München übersiedelt zu sein. Bis Ostern 1986 wurde das Besuchsrecht des Vaters auf Grund einer einvernehmlichen Regelung der Eltern ausgeübt, und zwar zunächst in Abständen von 14 Tagen. Es traten dann Probleme mit der Freundin bzw. zukünftigen Ehefrau des Vaters auf, die hin und wieder das Kind von München abholte und mit der sich der mj. Philipp nicht besonders gut versteht. Er besucht in Gauting die Volksschule bzw. Grundschule. Das Erstgericht traf detaillierte Feststellungen über die Unterrichtszeiten, deren Wiedergabe im einzelnen unterbleiben kann.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß jede Besuchsrechtsregelung in erster Linie das Wohl des Kindes zu berücksichtigen habe; der Umfang des Besuchsrechtes müsse mit dem wohlverstandenen Interesse des Kindes in Einklang gebracht werden. Im vorliegenden Fall sei vor allem die relativ große räumliche Entfernung zwischen dem Wohnsitz des Kindes und jenem des Vaters zu berücksichtigen. Um dem Rechnung zu tragen, erscheine es angebracht, den Beginn des Besuchsrechtes am Freitag vorzuverlegen; gleiches gelte für den Endzeitpunkt des Besuchsrechtes am Sonntag. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß der mj. Philipp im Lauf der Zeit nach der Scheidung eine gewisse Abneigung gegen die Besuche des Vaters entwickelt habe, sei ein umfangreicheres Besuchsrecht als einmal im Monat derzeit nicht vertretbar, wobei auch in Betracht zu ziehen sei, daß sich das Kind mit der zukünftigen Frau seines Vaters nicht verstehe; allerdings würden die Spannungen zwischen den Eltern für sich nicht ausreichen, um das Besuchsrecht zu verweigern. Eine weitere Einschränkung des Besuchsrechtes in Form eines nur alle zwei Monate stattfindenden Kontaktes würde die Möglichkeit der Beibehaltung bzw. Vertiefung des Vater-Kind-Verhältnisses mit Rücksicht auf die dazwischenliegenden langen Zeiträume verhindern. Im Hinblick auf das diesbezügliche Einverständnis der Mutter und die im Rahmen des laufenden Besuchsrechtes gemachten Einschränkungen sei es gerechtfertigt, dem Vater in den Ferien einen intensiveren und länger andauernden Kontakt mit dem Kind zu ermöglichen. Die ablehnende Stellungnahme des Kindes gegenüber seinem Vater bilde kein Hindernis gegen die getroffene Regelung. Allerdings erscheine aus derzeitiger Sicht mit Rücksicht auf das ablehnende Verhalten des Kindes die Einräumung eines darüber hinausgehenden Besuchsrechtes nicht vertretbar. Die getroffene Regelung entspreche in der derzeitigen Situation dem Kindeswohl und sei geeignet, den Vater-Kind-Kontakt entsprechend zu ermöglichen und zu fördern.
Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Mutter gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge. Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, daß nach § 110 Abs 1 Z 1 JN die inländische Gerichtsbarkeit in Vormundschaftssachen gegeben sei, wenn der Minderjährige österreichischer Staatsbürger sei. Diese erst mit der ZVN 1983 in dieser Form geschaffene Bestimmung stehe auch nicht dem Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA) entgegen, weil dort zwar im Art.1 für die Behördenzuständigkeit grundsätzlich auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Minderjährigen abgestellt werde, nach Art.4 jedoch die Behörden des Staates, dem der Minderjährige angehört, nach ihrem innerstaatlichen Recht zum Schutz der Person oder des Vermögens des Minderjährigen Maßnahmen treffen könnten. Es sei somit die inländische Gerichtsbarkeit hinsichtlich der Besuchsrechtsregelung gegeben.
Daß das zuständige Jugendamt nicht vor der Beschlußfassung gehört wurde, begründe keinen Verfahrensmangel, weil es § 148 Abs 1 ABGB in das Ermessen des Gerichtes stelle, "erforderlichenfalls" die Bezirksverwaltungsbehörde vor Beschlußfassung anzuhören. Da das Gesetz somit keine Anhörung des Jugendamtes vorschreibe, könne durch die Nichtanhörung des Jugendamtes auch keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet sein. Die Anhörung des Jugendamtes wäre im vorliegenden Fall nicht sonderlich erfolgversprechend, weil es jeweils nur einen Elternteil bei seinen Erhebungen über die maßgeblichen Umstände befragen könnte und die direkten Stellungnahmen und Aussagen der Eltern dem Gericht ohenhin vorlägen. Das Besuchsrecht im Sinne des § 148 ABGB sei ein Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung und ein allgemeines Menschenrecht; es dürfe nur aus ganz besonders schwerwiegenden Gründen, insbesondere bei einer Bedrohung der psychischen oder physischen Integrität des Kindes, versagt bzw. eingeschränkt werden. Abstrakte Befürchtungen könnten kein Anlaß für eine Besuchsrechtsschmälerung sein. Grundsätzlich reichten zwischen den Eltern bestehende Spannungen nicht aus, um den nicht erziehungsberechtigten Elternteil ein Besuchsrecht zu verweigern oder zu verkürzen. Ebenso bilde es keinen Grund für eine Einstellung oder Einschränkung des dem Vater zustehenden Besuchsrechtes, wenn sich das Kind vor seinem Vater fürchte und ihn ablehne. Entscheidend sei vielmehr, ob diese Furcht und Ablehnung ihre Grundlage in einem tatsächlichen Fehlverhalten des Vaters habe und vor allem, ob sie ein solches Ausmaß erreiche, daß bei Durchsetzung des Besuchsrechtes eine ernstliche psychische Schädigung des Kindes befürchtet werden müßte.
Schwerwiegende Verfehlungen des Vaters, die eine Entziehung seines Besuchsrechtes erforderlich erscheinen ließen, seien von der Mutter nie behauptet worden. Sie selbst habe im bisherigen Verfahren dem Vater ein Besuchsrecht (allerdings in längeren Abständen als vom Erstgericht beschlossen) einräumen wollen. Aber auch der Wunsch der Mutter, dem Vater ein Besuchsrecht nur alle zwei Monate einzuräumen, sei nicht berechtigt. Zur Erreichung des Zweckes des Besuchsrechtes sei in der Regel ein mindestens zweimaliger monatlicher Kontakt von ausreichender zusammenhängender Dauer erforderlich. Das Erstgericht habe bei seiner Entscheidung ohnehin den Umständen ausreichend Rechnung getragen, daß das Verhältnis des Minderjährigen zum Vater - aus welchem Grund immer - derzeit etwas gestört sei und relativ lange Fahrzeiten für die Strecken zwischen Linz und München bei der Ausübung des Besuchsrechtes durch den Vater zurückzulegen seien. Es habe deshalb das Besuchsrecht etwa auf die Hälfte des Ausmaßes beschränkt, das sonst in vergleichbaren Fällen festgesetzt werde. Eine weitergehende Einschränkung des Besuchsrechtes sei nicht vertretbar, weil dann die Gefahr bestünde, daß sich der Minderjährige von seinem Vater noch weiter entfremde, statt das derzeit etwas gestörte Verhältnis wieder zu verbessern. Der vorliegende Fall sei dadurch gekennzeichnet, daß zwischen den geschiedenen Eltern des Minderjährigen gerade im Zusammenhang mit der neuen Freundin bzw. Verlobten des Vaters Spannungen bestünden, die zu Auseinandersetzungen hinsichtlich des vom Vater an die Mutter zu zahlenden Unterhaltes führten und bei denen das neunjährige Kind naturgemäß eher auf Seite der Mutter stehe, bei welcher es ständig lebe. Solche Spannungszustände seien zwischen geschiedenen Ehegatten mit einem gemeinsamen Kind nicht selten und führten immer wieder zu psychischen Belastungen der Kinder aus der geschiedenen Ehe. Im Verfahren sei nichts hervorgekommen und auch im Rekurs der Mutter werde nichts aufgezeigt, was den Vater als eine konkrete und erhebliche Gefahr für die psychische und physische Integrität des Kindes erscheinen lassen könnte. Auch die Mutter habe diesbezüglich nichts Konkretes und Gravierendes vorbringen können, was über gängige Streitereien zwischen geschiedenen Eheleuten hinausginge. In dieser Situation habe es keines kinderpsychologischen Gutachtens zur Entscheidung über das dem Vater einzuräumende Besuchsrecht bedurft.
Die Entscheidung des Erstgerichtes sei somit frei von Verfahrensmängeln und rechtlich zutreffend.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter mit dem Antrag, das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den vom Vater gestellten Antrag auf Besuchsrechtsregelung zurückzuweisen, allenfalls den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Vater ein Besuchsrecht nur an einem Wochenende alle zwei Monate und für zwei Wochen in den großen Sommerferien zuerkannt werde; schließlich wird noch hilfsweise beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Dieses Rechtsmittel ist zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 16 Abs 1 AußStrG findet gegen bestätigende Entscheidungen des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt. Die Mutter versucht in ihrem Revisionsrekurs, den Rechtsmittelgrund der Nichtigkeit aus der Behauptung abzuleiten, daß nach den Bestimmungen des MSA (BGBl 1975/446) die inländische Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über den Antrag des Vaters auf Regelung seines Besuchsrechtes nicht gegeben sei.
Dem ist nicht zu folgen.
Österreich hat sich gemäß Art 13 Abs 3 MSA vorbehalten, die Anwendung des Übereinkommens auf Minderjährige zu beschränken, die einem der Vertragsstaaten angehören. Der mj Philipp ist österreichischer Staatsangehöriger und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD; diese ist ebenso wie Österreich Vertragsstaat. Die Anwendbarkeit des MSA blieb sowohl vom Inkrafttreten des IPRG unberührt (§ 53 IPRG) als auch vom Inkrafttreten der Bestimmungen der ZVN 1983 (insbesondere § 110 JN;
vgl EB zur RV 669 BlgNR 15-GP zu § 110 JN, Punkt 5; EFSlg.46.583;
EFSlg.49.230).
Das MSA hat eine "Verteilung der Zuständigkeiten" für Schutzmaßnahmen auf den Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes (Art 1 und 2) und auf den Heimatstaat (Art 4) geschaffen, welche Zuständigkeiten nebeneinander bestehen. Diese Zuständigkeitsregelung hat zur Folge, daß bei einem Mangel der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach dem MSA der Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit vorliegt (EvBl 1978/128; 8 Ob 587/85), der nach ständiger Rechtsprechung (EFSlg.30.552; EFSlg 35.064 uva) den Rechtsmittelgrund der Nullität im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG begründet.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (EvBl 1978/128; 8 Ob 573/84; 8 Ob 587/85 ua), erfaßt der Sachanwendungsbereich des MSA alle Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens des Minderjährigen (Art 1, 2, 4 MSA). Da als derartige Maßnahmen alle schützenden Eingriffe und regelnden Maßnahmen mit Gestaltungscharakter zur Wahrung und Förderung des Kindeswohles zu werten sind, gehört dazu auch die Regelung des Besuchsrechtes (Schwimann, Grundriß des IPR 248; SZ 55/153). Nach Art 1 MSA sind die Behörden des Staates, in dem ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, vorbehaltlich der Bestimmungen der Art 3, 4 und 5 Abs 3 dafür zuständig, Maßnahmen zum Schutz der Person und des Vermögens des Minderjährigen zu treffen. Nach Art 4 Abs 1 MSA können die Behörden des Staates, dem der Minderjährige angehört, wenn es nach ihrer Auffassung das Wohl des Minderjährigen erfordert, nach ihrem eigenen Sachrecht Schutzmaßnahmen treffen, nachdem sie die Behörden jenes Staates verständigt haben, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Schutzmaßnahmen der Behörden am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes hindern den Heimatstaat nicht (Art 4 Abs 4 MSA); sie fallen höchstens bei der Prüfung der Erforderlichkeit ins Gewicht. Die Maßnahmen der Heimatbehörden verdrängen jene der Behörden am gewöhnlichen Aufenthaltsort (Art 4 Abs 4, Art 5 Abs 3 MSA) und schließen für die Zeit ihrer Dauer (mit Ausnahme der Gefährdungszuständigkeit nach Art 8 MSA) auch die weitere Zuständigkeit der Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltes aus (Art 1 MSA). Es besteht daher ein ganz eindeutiger Vorrang der Heimatbehörden (Schwimann in JBl 1976,241; SZ 55/153). Die Frage, welche Wirkungen die Verletzung der im Art 4 Abs 1 MSA vorgesehenen Verständigungspflicht hat, ob nämlich die Verständigung der Behörde des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes des Minderjährigen bedingende Voraussetzung für die Zuständigkeit der Behörden des Heimatstaates (= inländische Gerichtsbarkeit) ist oder ob ihre Unterlassung nur einen Verfahrensmangel begründet, ist im MSA ohne ausdrückliche Regelung geblieben (Schwimann in JBl 1976,242; derselbe in Grundriß des IPR 251 und in Internationales Zivilverfahrensrecht 91; EvBl 1978/128; SZ 55/153). Sie ist davon ausgehend zu lösen, daß Lehre und Rechtsprechung die spätere Nachholung der im Art 4 Abs 1 MSA vorgesehenen Verständigung als zulässig ansehen (Schwimann, Grundriß des IPR 251; EvBl.1978/128; SZ 55/153) und daß in der Lehre die Auffassung vertreten wird, daß die Wirkung einer Maßnahme des Heimatstaates im Sinne des Art 4 Abs 1 MSA im Aufenthaltsstaat im Fall der zunächst unterbliebenen Verständigung erst mit ihrer Nachholung eintritt und daß gemäß Art 5 Abs 3 MSA ohne Verständigung die Maßnahmen der Heimatbehörden im "neuen" Staat in Kraft bleiben, wenn der Minderjährige nach Maßnahmenanordnung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Vertragsstaat verlegt (Schwimann in JBl.1976, 242; derselbe in Internationales Zivilverfahrensrecht 91 und in Grundriß des IPR 251). Geht man aber davon aus, dann kann es sich bei der Verständigung der Behörde des Aufenthaltsstaates im Sinne des Art 4 Abs 1 MSA nicht um eine bedingende Voraussetzung für die Zuständigkeit der Behörden des Heimatsstaates nach dieser Vorschrift handeln; diese ist vielmehr bereits dann zu bejahen, wenn nach ihrer Auffassung das Wohl des Minderjährigen die Setzung bestimmter Maßnahmen erfordert.
Wenn daher im vorliegenden Fall das österreichische Pflegschaftsgericht im Interesse des Wohles des mj Philipp eine Regelung des Besuchsrechtes seines Vaters im Sinne des § 148 ABGB für erforderlich erachtete und eine derartige Regelung traf, so liegt darin, zumal eine derartige Regelung bisher von den Behörden des Aufenthaltsstaates des Minderjährigen nicht getroffen wurde, keine Überschreitung der inländischen Gerichtsbarkeit nach den Bestimmungen des MSA. Die Verständigung der Behörden des Aufenthaltsstaates im Sinne des Art 4 Abs 1 MSA wird nachzuholen sein.
Soweit die Rechtsmittelwerberin geltend macht, daß die Entscheidung des Erstgerichtes ohne Anhörung der Bezirksverwaltungsbehörde erging und in diesem Zusammenhang auf § 110 Abs 2 JN verweist, ist der Hinweis auf diese Gesetzesstelle nicht recht verständlich, weil es sich im vorliegenden Fall nicht darum handelt, ob das Erstgericht berechtigterweise von der Einleitung oder Fortsetzung des Verfahrens abgesehen hat. Ein die Regelung des Besuchsrechtes des Vaters betreffendes Verfahren vor einer Behörde des Aufenthaltsstaates des Kindes ist nach der Aktenlage nicht anhängig. Gemäß § 148 Abs 1 ABGB hat das Pflegschaftsgericht über einen Antrag auf Besuchsrechtsregelung zu entscheiden, nachdem es erforderlichenfalls die Bezirksverwaltungsbehörde angehört hat. Die Anhörung der Bezirksverwaltungsbehörde ist somit nicht zwingend vorgeschrieben. Ihre Unterlassung kann unter diesen Umständen wohl einen Verfahrensverstoß, nicht aber einen solchen vom Gewicht einer Nichtigkeit begründen. Bloße Verfahrensmängel, die nicht das Gewicht einer Nichtigkeit erreichen, bilden aber keinen Rechtsmittelgrund im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG (SZ 43/228; SZ 47/105; SZ 51/140 uva). Das gleiche gilt auch für die im Revisionsrekurs der Mutter gerügte Unterlassung der Einholung eines Gutachtens eines Kinderpsychologen. Gewiß wurde in der Rechtsprechung wiederholt die Auffassung vertreten, daß eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG vorliegt, wenn das für eine Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes maßgebliche Wohl des Kindes gänzlich außer acht gelassen wird (EFSlg.37.392 ua). Derartiges liegt aber hier nicht vor. Die Vorinstanzen haben zu den Einwendungen der Mutter gegen das dem Vater eingeräumte Besuchsrecht Stellung genommen und gelangten ohne erkennbaren Ermessensmißbrauch zu dem Ergebnis, daß das dem Vater zuerkannte Besuchsrecht dem Wohl des Kindes entspreche. Von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG, die nach ständiger Rechtsprechung (SZ 39/103 uva) nur vorliegt, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde, kann keine Rede sein.
Mangels Vorliegens eines im § 16 Abs 1 AußStrG normierten Rechtsmittelgrundes war daher der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter zurückzuweisen.
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