European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00060.18H.0529.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird
mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§§ 528a, 510 Abs 3 Satz 4 ZPO iVm § 252 IO).
Begründung:
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 25. 7. 2017 das Insolvenzverfahren eröffnet und unter einem ein Gläubigerausschuss bestehend aus Alpenländischer Kreditorenverband, Kreditschutzverband von 1870, Österreichischer Verband Creditreform und Insolvenzschutzverband für ArbeitnehmerInnen bestellt. Das Erstgericht bestellte mit Beschluss vom 29. 8. 2017 eine Bank und mit Beschluss vom 7. 9. 2017 die nunmehr als Revisionsrekurswerberin auftretende Gläubigerin zu weiteren Mitgliedern des Gläubigerausschusses.
Das Erstgericht enthob mit Beschluss vom 23. 1. 2018 die Gläubigerin als Mitglied des Gläubigerausschusses gemäß § 88 Abs 3 IO. Der Beschluss wurde am 25. 1. 2018 in der Insolvenzdatei bekanntgemacht; eine Ausfertigung wurde der rechtsfreundlichen Vertreterin der Gläubigerin am 26. 1. 2018 zugestellt.
Das Rekursgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den von der Gläubigerin am 9. 2. 2018 gegen ihre Enthebung als Mitglied des Gläubigerausschusses erhobenen Rekurs zurück. Es begründete seine Entscheidung damit, dass ein Insolvenzgläubiger kein Recht darauf habe, seine Aufnahme in den Gläubigerausschuss zu begehren und eine diesen Wunsch ablehnende Entscheidung anzufechten, sodass ihm auch kein Anspruch darauf zuzubilligen sei, die einmal erlangte Stellung eines Ausschussmitglieds auf Dauer zu behaupten. In diesem Sinn sei kein Recht bzw rechtliches und nicht bloß wirtschaftliches Interesse der Rekurswerberin ersichtlich, das durch die angefochtene Entscheidung verletzt sein könnte, was zur Verneinung ihrer Rekurslegitimation führe.
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR und ließ den Revisionsrekurs mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Rekurslegitimation eines enthobenen Gläubigerausschussmitglieds zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 252 IO) nicht zulässig.
Nach § 88 Abs 1 IO hat das Insolvenzgericht bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen dem Insolvenzverwalter einen Gläubigerausschuss von drei bis sieben Mitgliedern beizuordnen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung sind die Beiordnung des Gläubigerausschusses und die Namen der Mitglieder öffentlich bekanntzumachen.
Nach § 88 Abs 3 IO hat das Gericht Mitglieder des Gläubigerausschusses von Amts wegen oder auf Antrag der ersten oder einer späteren zur Verhandlung dieses Gegenstands einberufenen Gläubigerversammlung (§ 91 Abs 1 IO) aus wichtigen Gründen, insbesondere wenn sie ihren Obliegenheiten nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, zu entheben.
§ 88 Abs 1 letzter Satz IO wurde (in die damalige KO) durch Art II Z 10 lit b Insolvenzrechts-Novelle 2002 (BGBl I 2002/75) eingefügt. Der Gesetzgeber bezweckt (auch) mit der Anordnung der Veröffentlichung der Beiordnung (Bestellung) eines Gläubigerausschusses sowie der Namen seiner Mitglieder in der Insolvenzdatei eine Verbesserung der Informationslage, wodurch wiederum eine Verminderung entsprechender Anfragen an das Insolvenzgericht und damit eine Gerichtsentlastung erreicht werden soll (vgl ErläutRV 988 BlgNR 21. GP 15; Mohr, Insolvenzrecht 2002 [ecolex-Spezial] 23). Die Enthebung eines Gläubigerausschussmitglieds stellt den contrarius actus zu seiner Bestellung dar. Würde allein die Bestellung, nicht aber die Enthebung kundgemacht, würde die Insolvenzdatei im Falle einer Enthebung ein falsches Bild bieten. Aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der öffentlichen Bekanntmachung auch der Namen der Mitglieder des beigeordneten Gläubigerausschusses muss zwingend auch die Enthebung eines Gläubigerausschussmitglieds öffentlich bekanntgemacht werden. Dem wurde durch Einschaltung in die Insolvenzdatei am 25. 1. 2018 vom Erstgericht entsprochen.
Nach § 257 Abs 2 IO treten, wenn neben der öffentlichen Bekanntmachung eine besondere Zustellung vorgeschrieben ist, die Folgen der Zustellung schon durch die öffentliche Bekanntmachung ein, auch wenn die besondere Zustellung unterblieben ist. Nach ständiger Rechtsprechung wird daher die Rechtsmittelfrist bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung durch Aufnahme in die Insolvenzdatei in Lauf gesetzt, und zwar unabhängig davon, ob eine individuelle Zustellung erfolgt ist (RIS-Justiz RS0065237; 8 Ob 61/16b; ebenso Mohr aaO 24; Konecny, Die Zulässigkeit des Rekurses gegen Beschlüsse der Insolvenzgerichte, ÖJZ 2012, 1035 [1042]).
Damit war wegen der Veröffentlichung der Enthebung der Gläubigerin als Gläubigerausschussmitglied in der Insolvenzdatei am 25. 1. 2018 der am 9. 2. 2018 erhobene Rekurs verspätet, weshalb dieser jedenfalls im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen wurde. Die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels ist eine besondere Voraussetzung seiner Zulässigkeit ( Schramm in Gitschthaler/Höllwerth , § 67 AußStrG Rz 8; Kodek/Mayr , Zivilprozessrecht 3 Rz 1009 uva). Die Frage der Rekurslegitimation ist hier somit nicht entscheidungsrelevant. Die Zurückweisung eines Rekurses gegen einen Beschluss des Erstgerichts durch die zweite Instanz ist nur mit Revisionsrekurs nach den Voraussetzungen gemäß § 528 ZPO anfechtbar (RIS‑Justiz RS0044501 [T18]), sodass es der Relevanz einer erheblichen Rechtsfrage bedarf. Mangels einer solchen war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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