Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Rekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mit dem am 18.November 1986 beim Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht (das am 12.Juni 1986 der von Dipl.Ing. Alexius R*** in der von ihm gegen die W*** A*** Versicherungs-AG und Roland W*** wegen Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall anhängig gemachten Rechtssache erhobenen Berufung keine Folge gegeben hatte - 17 R 107/86-50 - ) eingelangten Schriftsatz lehnte Dipl.Ing. R*** DDr. Paul N*** als Mitglied des Berufungsgerichtes als befangen ab. Am 22.Jänner 1987 wies das Oberlandesgericht Wien diesen Ablehnungsantrag zurück (13 Nc 4/86-2). Nach der Aktenlage wurde dieser Beschluß dem Vertreter Dipl.Ing. R*** am 30.Jänner 1987 zugestellt. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 26.März 1987, 8 Ob 6/87, - bis dahin war ein Rekurs gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrages nicht eingelangt - wurde der von Dipl.Ing. R*** gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht (17 R 107/86-50) erhobenen Berufung nicht Folge gegeben. Diese Entscheidung wurde den Prozeßparteien auch zugestellt (ON 62 dA).
In dem am 3.April 1987 zur Post gegebenen Schriftsatz beantragte Dipl.Ing. R*** die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Rekurses gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsantrages durch das Berufungsgericht (13 Nc 4/86-2); gleichzeitig führte er auch das Rechtsmittel des Rekurses gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsantrages aus. Eine Ausfertigung des Zurückweisungsbeschlusses sei ihm nicht zugekommen. Entweder sei sie dem Rückscheinkuvert nicht beigelegt gewesen oder sei sie von seiner langjährigen verläßlichen Kanzleiangestellten beim Öffnen der Post dem Kuvert nicht entnommen und weggeworfen worden.
Das Oberlandesgericht Wien wies sowohl den von Dipl.Ing. R*** erhobenen Wiedereinsetzungsantrag als auch den Rekurs zurück (13 Nc 4/86-5). Es vertrat dabei die Ansicht, daß auf den Inhalt des Wiedereinsetzungsantrages nicht einzugehen sei, weil es Dipl.Ing. R*** infolge zeitlicher Überholung ebenso wie für eine Erledigung seines Rekurses an einer Beschwer mangle. Durch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 26.März 1987 sei die Rechtssache wegen Schadenersatz rechtskräftig entschieden worden, die amtswegige Wahrnehmung eines allfälligen Nichtigkeitsgrundes aus Anlaß der Revision daher nicht mehr möglich. Die Aufhebung der rechtskräftigen Entscheidung, durch die die Sache erledigt worden sei, wäre deshalb nur im Wege einer Nichtigkeitsklage möglich, jedoch nur aus den im § 529 Abs 1 Z 1 und 2 ZPO genannten Nichtigkeitsgründen. Der Nichtigkeitsgrund nach Z 1 leg.cit. sei aber nur gegeben, wenn (im Vorprozeß) ein erkennender Richter von der Ausübung des Richteramtes im Rechtsstreit kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen wäre. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 529 Abs 1 Z 1 ZPO, der im Gegensatz zu § 477 Abs 1 Z 1 ZPO den abgelehnten Richter nicht erwähne, genüge somit das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes nicht. Da somit auch im Falle des Vorliegens einer Befangenheit des abgelehnten Richters keine Rechtsfolgen für Dipl.Ing. R*** mehr abgeleitet werden könnten, mangle es sowohl für den Wiedereinsetzungsantrag als auch für den Rekurs an der Voraussetzung des Bestandes einer Beschwer, weshalb der Wiedereinsetzungsantrag und der Rekurs hätten zurückgewiesen werden müssen.
Gegen diesen Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien richtet sich der rechtzeitig erhobene Rekurs Dipl.Ing. R*** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrages und auch des Rekurses gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrages abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf zur Beseitigung der Folgen prozessualer Rechtsversäumnisse. Durch ihre Bewilligung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Eintritt der Versäumung befunden hat (§ 150 Abs 1 ZPO) (Fasching, Lehrbuch, Rz 573, 582). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung hat die Aufhebung der infolge der Versäumung ergangenen, das Verfahren beendenden Entscheidungen zur Folge. Ist die Entscheidung selbst nicht auf die Säumnis zurückzuführen, so wird sie durch die Aufhebung nicht erfaßt (vgl. Fasching, Kommentar II 746).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Säumnis Dipl.Ing. R*** in einem Zwischenverfahren, nämlich im Ablehnungsverfahren, eingetreten ist, mit dem Wiedereinsetzungsantrag aber die Aufhebung der den geltend gemachten Schadenersatzanspruch betreffenden Endentscheidung erreicht werden soll. Dies wäre aber schon aus prozeßrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen. Im Falle der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung des Rekurses gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrages wäre nämlich jedenfalls nur dieser Zurückweisungsbeschluß aufzuheben gewesen, weil durch diese Entscheidung nur das von der Säumnis allein betroffene Ablehnungsverfahren beendet wurde; die den Schadenersatzprozeß beendende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (8 Ob 6/87) wäre durch die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses keinesfalls erfaßt worden, weil diese Entscheidung in der Hauptsache nicht auf die Säumnis selbst zurückzuführen war. Auf das materielle Rechtsverhältnis zwischen den Parteien - hier also den Schadenersatzanspruch
Dipl.Ing. R*** - konnten sich die mit der Unterlassung des Rekurses verbundenen Säumnisfolgen somit nicht auswirken. Bestand aber rechtlich keine Möglichkeit, im Rahmen des Wiedereinsetzungsverfahrens die Endentscheidung in der Hauptsache zu beseitigen, so kommen die mit der - mit der Zustellung an die Parteien bewirkten - formellen Rechtskraft dieser den Hauptprozeß beendenden Entscheidung verbundenen Folgen zum Tragen; dies bedeutet, daß diese Entscheidung in dem Rechtsstreit, in dem sie ergangen ist, unangreifbar geworden ist (vgl. Fasching, Kommentar, III 690 f; Fasching, Lehrbuch, Rz 1493). Liegt aber eine Folge der formellen Rechtskraft der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Schadenersatzprozeß im Ausschluß der Geltendmachung von Tatsachen und Erwägungen, die in diesem Verfahren zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, ist das Rechtsschutzinteresse Dipl.Ing. R*** an der materiellen Erledigung des von ihm gestellten Ablehnungsantrages durch die endgültige Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Hauptsache weggefallen. Da das Bestehen dieses Rechtsschutzinteresses eine Voraussetzung für die Zulässigkeit sowohl des von Dipl.Ing. R*** für den Fall, daß ihm der Zurückweisungsbeschluß noch nicht zugestellt worden sein sollte, erhobenen Rekurses als auch der von ihm beantragten Wiedereinsetzung in den vorigen Zustand darstellt, entspricht die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages und des damit verbundenen Rekurses gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrages durch das Oberlandesgericht Wien der Sach- und Rechtslage.
Dem Oberlandesgericht Wien ist auch darin beizupflichten, daß selbst eine die Befangenheit des abgelehnten Richters des Berufungsgerichtes ergebende Entscheidung über den Ablehnungsantrag nicht zu dem von Dipl.Ing. R*** gewünschten Ergebnis, nämlich einer abermaligen Entscheidung über sein Schadenersatzbegehren führen könnte. Die Beseitigung der rechtskräftigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 8 Ob 6/87 könnte nämlich tatsächlich nur im Wege einer Nichtigkeitsklage erfolgen. Die Mitwirkung eines selbst rechtskräftig abgelehnten Richters bei der Berufungsentscheidung im Schadenersatzprozeß würde aber - wie das Oberlandesgericht Wien auch zutreffend erkannte - keinen Nichtigkeitsgrund bilden, weil jener des § 529 Abs 1 Z 1 ZPO nur dann gegeben ist, wenn ein erkennender Richter von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war (Pollak, System2, 620; Wolff, Grundriß des österr.Zivilprozeßrechts2, 372; Fasching, Kommentar, IV 488; Fasching, Lehrbuch, Rz 2046; 8 Ob 551/83; 6 Ob 526/85). Damit erweist sich aber der Rekurs Dipl.Ing. R*** sowohl gegen die Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsantrages als auch seines Rekurses als unberechtigt.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekurses gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.
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