Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.667,80 (einschließlich S 3.111,30 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei begehrte vom beklagten Akzeptanten des am 12.5.1987 von Karl B*** auf ihn gezogenen und an die klagende Partei indossierten Order-eigenen-Wechsels die Zahlung der Wechselsumme von S 1,000.000,-- s.A.
Der Beklagte wendete ein, es handle sich um einen Blankowechsel, den er zur Besicherung einer mit dem Wechselaussteller geschlossenen Vereinbarung vom 12.5.1987 unterfertigt habe. Nach dem Inhalt dieser Vereinbarung hätte er, der Beklagte, alle Rechte an der Firma T*** I*** C*** K*** um einen Kaufpreis von
S 1,050.000,-- erwerben sollen. In der Folge habe sich jedoch herausgestellt, daß Karl B*** keinerlei Rechte an diesem Unternehmen besessen habe; dennoch habe er das Wechselblankett vereinbarungswidrig ausgefüllt und an die klagende Partei indossiert. Beim Erwerb des vertragswidrig ausgefüllten Wechsels habe die klagende Partei von der Hausbank des Beklagten erfahren, daß dieser einem Schwindel aufgesessen sei. Überdies sei der klagenden Partei mitgeteilt worden, die Bonität des Beklagten erlaube kein Geschäft über S 1,000.000,--. Die klagende Partei habe daher bei Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil des Beklagten gehandelt und zumindest grobe Fahrlässigkeit zu verantworten. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Im Jahre 1987 legte Karl B*** der Filiale der klagenden Partei in Telfs einen von der "I*** F*** V***"
ausgestellten, vom Beklagten akzeptierten Wechsel über S 1,000.000,-- zum Ankauf vor. Er legte gleichzeitig eine zwischen Karl B*** und dem Beklagten getroffene Vereinbarung vom 12.5.1987 (Beilage ./1) über den Kauf des in Luxemburg betriebenen Transportunternehmens durch den Beklagten von Karl B*** um S 1,050.000,-- zuzüglich MWSt. vor. Den eingereichten Wechsel hatte für die Ausstellerin Karl B*** unterzeichnet. Die vorgelegte Urkunde Beilage ./1 enthielt damals noch nicht die handschriftlichen Zusätze Punkt 11. und 12., wonach der Wechsel zur Deckung des im Vertrag angeführten Handelsgeschäftes diene und ungültig sei, wenn Herr B*** die Durchführung dieses Vertrages nicht erfüllen könne oder gesetzliche Hindernisse seitens der Luxemburgischen Regierung bestünden.
Da die klagende Partei sich wegen des ausländischen Ausstellers weigerte, den Wechsel hereinzunehmen, überbrachte Karl B*** - entsprechend seiner sofortigen Ankündigung - den diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden und bereits vollständig ausgefüllten Wechsel. Ob dieser Wechsel auch zum Zeitpunkt der Unterfertigung durch den Beklagten bereits vollständig ausgefüllt war, konnte nicht festgestellt werden.
Über Bonitätsanfrage der klagenden Partei teilte der R*** S*** mit, der Beklagte betreibe ein kleines Transportunternehmen mit nur einigen Fahrzeugen und es bestehe eine Frachtfixvereinbarung mit einem der Unternehmen des R***. Die seit mehreren Jahren bestehende Geschäftsverbindung sei angenehm und der Beklagte sei seinen Zahlungsverpflichtungen immer termingerecht nachgekommen. Verpflichtungen in der Größenordnung von S 1,000.000,-- seien dem R*** bisher nicht bekannt geworden und lägen weit über dem dem Beklagten zumutbaren Volumen. Der R*** S*** wollte damit zum Ausdruck bringen, daß er nicht beurteilen könne, ob der Beklagte in der Lage wäre, ein Wechselobligo von S 1,000.000,-- zu erfüllen.
Karl B*** stand mit der Filiale Telfs der klagenden Partei, zum Zeitpunkt der Einreichung dieses Wechsels, seit etwa einem halben Jahr in ständiger Geschäftsverbindung. Es waren einige Geschäfte über S 100.000,--, eines über S 400.000,-- und eines über S 300.000,-- abgewickelt worden. Probleme mit Wechseln waren dabei nicht aufgetreten.
Bei einem Treffen des Beklagten mit Karl B*** in Salzburg, bei dem der Beklagte den diesem Rechtsstreit zugrundeligenden Wechsel unterfertigte, bestätigte er die ordnungsgemäße Übergabe der Geschäftsanteile des Karl B***, wie es im Vertrag vereinbart war, und erklärte, daß die angeführten Vertragsklauseln ihre Wirkung zur Gänze verlören.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die klagende Partei habe beim Erwerb des Wechsels nicht bewußt zum Nachteil des Schuldners gehandelt, so daß ihr dieser Einwendungen aus dem Grundgeschäft nicht entgegensetzen könne. Wegen des vorgewiesenen Vertrages zwischen Karl B*** und dem Beklagten habe die klagende Partei gewußt, daß zwischen dem Aussteller des Wechsels und dem Akzeptanten geschäftliche Beziehungen bestehen. Die Wechselsumme sei aber nicht so hoch gewesen, daß es der klagenden Partei hätte als ungewöhnlich auffallen müssen. Es liege nicht einmal grobe Fahrlässigkeit der klagenden Partei vor, die ihr gemäß Art 10 WG überdies nur dann vorgehalten werden könne, wenn der Wechsel zum Zeitpunkt des Ankaufes unvollständig ausgefüllt gewesen wäre. Dies sei nicht einmal behauptet worden.
Das Berufungsgericht übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie unbedenklicher Beweiswürdigung und führte rechtlich folgendes aus:
Von Art 10 WG sei auszugehen, wenn der Wechsel bei der Begebung unvollständig war. Die vereinbarungswidrige Ausfüllung eines Blankowechsels könne dessen Inhaber nicht entgegengesetzt werden, es sei denn, daß er den Wechsel in bösem Glauben erworben habe oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last falle. Diese Bestimmung gelte sowohl, wenn der Inhaber den ursprünglich unvollständig begegebenen Wechsel bereits von einem Vormann ausgefüllt erworben habe, als auch dann, wenn der Inhaber den Blankowechsel erwerbe und selbst ausfülle. Für Bösgläubigkeit bestehe kein Anhaltspunkt. Grobe Fahrlässigkeit läge nur dann vor, wenn der Wechselinhaber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und das unbeachtet lassen habe, was im gegegebenen Fall jedem Branchenangehörigen hätte einleuchten müssen. Nur dann, wenn dem Erwerber des Wechsels auf die Fragwürdigkeit der Wechselverpflichtung hinweisende Umstände in einem solchen Ausmaß erkennbar gewesen wären, daß sie jeden Angehörigen des betreffenden Erwerbszweiges aufgefallen wären, könne von grober Fahrlässigkeit beim Erwerb des Wechsels die Rede sein. Dabei sei nur im Falle der Ausfüllung des Wechselblanketts durch den Erwerber selbst ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Bank, die einen ausgefüllten Wechsel hereinnehme, sei nicht verpflichtet, beim Akzeptanten entsprechende Erkundigungen über die abredegemäße Ausfüllung einzuholen, sofern nicht besondere Umstände - etwa Vertrauensunwürdigkeit des Einreichers oder die außergewöhnliche Höhe der Wechselsumme - hiezu Anlaß geben.
Die der Klägerin bekannten Umstände in Ansehung des Ausstellers des Wechsels hätten nicht auf eine vereinbarungswidrige Ausfüllung des Wechselblanketts hingedeutet. Die Auskunft des
R*** S***, wonach die Wechselverpflichtung weit
über dem dem Beklagten zumutbaren Volumen liege, hätte keine Verpflilchtung der klagenden Partei zu weitergehenden Erkundigungen beim Akzeptanten bewirkt, weil es sich bei dieser Mitteilung bloß um ein wirtschaftliches Beurteilungskriterium handelte, jedoch keinen Anhaltspunkt für eine Fragwürdigkeit der Wechselverpflichtung enthalte.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.
Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Wechsel im Zeitpunkt der Begebung durch den Beklagten bereits vollständig ausgefüllt war. Sollte dies der Fall gewesen sein, so könnte der Beklagte der klagenden Partei als Wechselinhaberin Einwendungen, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zum Aussteller gründen, nur entgegenhalten, wenn die klagende Partei beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil des Schuldners gehandelt hätte. Hiefür bieten die Feststellungen der Vorinstanzen keinerlei Anhaltspunkte. Diese zunächst erhobene Einwendung wird vom Beklagten in der Revision auch nicht mehr aufrecht erhalten.
Sollte es sich aber um einen Blankowechsel im Sinne des Art 10 WG gehandelt haben, so könnte der Beklagte der klagenden Partei die vereinbarungswidrige Wechselausfüllung nur entgegengehalten werden, wenn sie den Wechsel in bösem Glauben erworben hätte oder ihr grobe Fahrlässigkeit beim Wechselerwerb zur Last fiele. Nach dem Vorbringen des Beklagten (AS 25) und den Feststellungen der Vorinstanzen (AS 123 = S 8 des erstgerichtlichen Urteiles) war der Wechsel zum Zeitpunkt des Erwerbes durch die klagende Partei vollständig ausgefüllt. Feststellungen des Inhaltes, die klagende Partei hätte gewußt oder wissen müssen, daß es sich um einen Blankowechsel, d.h. um einen bei Begebung durch den Beklagten unvollständig ausgefüllten Wechsel handelte, konnten von den Vorinstanzen nicht getroffen werden. Der Beklagte selbst stellte eine derartige ausdrückliche Behauptung gar nicht auf. Voraussetzung für das grob fahrlässige Unterlassen der Prüfung eines Wechsels auf allfällige Verdachtsmomente ist aber, daß dem Wechselinhaber bewußt sein mußte, er könnte zu einer solchen Prüfung verpflichtet sein. Würde es sich um einen Vollwechsel handeln, so wäre eine Prüfung auf Verdachtsmomente entbehrlich, weil in diesem Fall dem Wechselinhaber gemäß Art 17 WG nur dann Einwendungen aus den unmittelbaren Beziehungen zwischen dem Aussteller und einen früheren Inhaber entgegengesetzt werden könnten, wenn der Inhaber bei Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil des Schuldners gehandelt hätte. Wenn daher der Inhaber des Wechsels bei Erwerb des bereits vervollständigten vormaligen Blankowechsels nicht wußte oder wissen mußte, daß es sich um einen Blankowechsel gehandelt hat, kann das Unterlassen von Erwägungen über etwaige Verdachtsmomente keine grobe Fahrlässigkeit begründen, weil sich solche Erwägungen im Falle des Erwerbes eines Vollwechsels erübrigt hätten (SZ 59/162 mwN; 7 Ob 719/87). Unter diesen Umständen bestand für die klagende Partei auch keine Pflicht zur Einziehung weiterer Erkundigungen; dazu ist sie im Regelfall nicht verpflichtet (SZ 45/6). Dazu bot auch die Höhe der Wechselsumme, die unter bestimmten Umständen den Verdacht auf das Vorliegen eines Blankowechsels nahelegen könnte (vgl SZ 59/162), im Zusammenhang mit der Auskunft der Hausbank des Beklagten, wonach Verpflichtungen in dieser Höhe dem R*** bisher nicht bekannt geworden seien und weit über dem dem Beklagten zumutbaren Volumen lägen, keinen Anlaß. Der klagenden Partei war nämlich durch die Vorlage des Vertrages Beilage ./1 bekannt, daß es sich hiebei nicht um einen im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb des Beklagten eingetretenen Geschäftsfall handelte, sondern um einen ungewöhnlichen, nämlich den Erwerb eines fremden Unternehmens zum Zwecke der Vegrößerung des eigenen Unternehmens. Bei derartigen ungewöhnlichen Geschäften werden aber im allgemeinen erheblich größere Geldmittel eingesetzt, als sie der laufenden Geschäftsgebarung eines Unternehmens erfordert. Entgegen der in der Revision vertretenen Rechtsmeinung hätte daher die Höhe der Wechselsumme allein selbst dann die klagende Partei nicht zu weiteren Erkundigungen veranlassen müssen, wenn ihr die allenfalls erfolgte Begebung eines Blankoakzeptes durch den Beklagten bekannt gewesen wäre.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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