OGH 8Ob29/01z

OGH8Ob29/01z26.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei KR Alois R*****, vertreten durch Mag. Christian Kras, Rechtsanwalt in Obertrum, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Karl Ludwig V*****, Rechtsanwalt in Salzburg, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma A***** GmbH, 2. B***** Aktiengesellschaft, ***** 3. Ö***** I***** AG, ***** diese beiden vertreten durch Preslmayr & Partner, Rechtsanwälte in Wien, und 4. I*****-A*****-F***** beim B*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien, wegen Feststellung (S 215,000.000,--) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. November 2000, GZ 1 R 158/00m-47, womit aus Anlass der Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 11. Mai 2000, GZ 4 Cg 1/99g-39, und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, an Kosten des Rekursverfahrens der erstbeklagten Partei S 317.025,-- (darin S 52.837,50 Umsatzsteuer), den zweit- und drittbeklagten Parteien S 348.727,50 (darin S 58.121,25 Umsatzsteuer) und der viertbeklagten Partei S 264.187,50 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 16. 9. 1994 hat das Landesgericht Salzburg zu 23 S 292/95a den Konkurs über das Vermögen des Klägers eröffnet und RA Dr. Johannes H***** zum Masseverwalter bestellt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das Landesgericht Salzburg auch über das Vermögen der A***** GmbH zu 23 S 293/95y den Konkurs eröffnet; hier wurde der Erstbeklagte zum Masseverwalter bestellt. Am 20. 11. 1995 wurde ein am 17. 11. 1995 im Konkurs des Klägers abgeschlossener Zwangsausgleich bestätigt. Mit Beschluss vom 13. 12. 1995 hat das Landesgericht Salzburg daraufhin den Konkurs über das Vermögen des Klägers gemäß § 157 Abs 2 KO mit der Anordnung aufgehoben, dass der Zwangsausgleich nach §§ 157a ff KO durch den bisherigen Masseverwalter RA Dr. Johannes H***** als Sachwalter der Gläubiger zu überwachen ist.

Das Konkursverfahren A***** GmbH (23 S 293/95y des Landesgerichts Salzburg) ist nach wie vor anhängig.

Der Kläger hatte bis 1993 die Schifabrik A***** als Einzelunternehmen geführt. Mit Einbringungsvertrag vom 12. 11. 1993 brachte der Kläger das Unternehmen mit allen Rechten und Pflichten in die A***** GmbH ein. Der Kläger war alleiniger Gesellschafter sowie Geschäftsführer der A***** GmbH.

Zum Zeitpunkt der Einbringung hatte der Kläger hohe Kreditverbindlichkeiten gegenüber der zweitbeklagten Partei, seiner Hausbank. Er bestätigte gegenüber der zweitbeklagten Partei, dass er im Rahmen der bestehenden Kreditverhältnisse Schuldner der zweitbeklagten Partei bleibe und er mit seinem nach der Einbringung verbleibenden Privatvermögen uneingeschränkt für die Rückführung der aus den bestehenden Kreditverhältnissen resultierenden Verbindlichkeiten hafte. Am 9. 6. 1994 bestätigte der Kläger nochmals schriftlich, neben der übernehmenden Gesellschaft persönlich für die Verbindlichkeiten gegenüber der Zweitbeklagten zu haften.

Zur Besicherung seiner Verbindlichkeiten gegenüber der Zweitbeklagten hatte der Kläger bereits 1977 zwei Sparbücher hinterlegt, welche in der Folge auf eines zusammengelegt wurden. Auf diesem Sparbuch erfolgte eine Vielzahl von Ein- und Auszahlungen. Im Laufe der Jahre erhöhte sich das Guthaben sukzessive. Noch vor dem Einbringungsvertrag 1993 wurde das Sparbuch zur Besicherung der Verbindlichkeiten des Klägers zugunsten der Zweitbeklagten verpfändet. Im Zusammenhang mit dem Einbringungsvertrag fand dieses Sparbuch keine gesonderte Erwähnung.

Am 14. 9. 1994, also zwei Tage vor der Konkurseröffnung, löste die Zweitbeklagte das Sparbuch ein und reduzierte mit dem Realisat von S 63,228.829,-- die solidarischen Kreditverbindlichkeiten des Klägers und der A***** GmbH.

Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Zwangsausgleichs unterwarf sich der Kläger entsprechend seinem Zwangsausgleichsvorschlag der Überwachung der Ausgleichserfüllung durch den Sachwalter der Gläubiger zur weiteren Erfüllung aller Forderungen der zweitbeklagten Partei und übergab "das gesamte, wo immer gelegene inländische oder ausländische, noch nicht verwertete Vermögen mit der unwiderruflichen Ermächtigung zur Verwaltung und zur Verwertung dieses Vermögens". Einige - im Zwangsausgleichsvorschlag näher genannte - Liegenschaften sollten von der Vermögensübernahme ausgenommen sein; diese Ausnahmen sind für den vorliegenden Rechtsstreit unbeachtlich. Der Zwangsausgleichsvorschlag, der in dieser Form auch angenommen wurde, enthält noch zu Punkt 1.k) folgende Bestimmung:

"Sollte aufgrund dieser Vereinbarungen und dieses Zwangsausgleichsvorschlages die rückstehende Gläubigerin, B***** Aktiengesellschaft, eine geringere Barquote als die 20 %ige Quote erhalten, hat sie keinen Anspruch auf Wiederaufleben und Restzahlung, sollte der B***** Aktiengesellschaft dadurch eine höhere als die 20 %ige Quote zukommen, steht ihr dieser höhere Quotenbezug zur Gänze ohne Rückersatzanspruch des Gemeinschuldners zu."

Weiters gab der Kläger in seinem Zwangsausgleichsvorschlag die Erklärung ab, dass er dem Masseverwalter RA Dr. H***** über sein Vermögen vollständig Auskunft gegeben und keine Vermögenswerte verschwiegen habe.

Im Zuge des Zwangsausgleiches bezahlte der Kläger zur Erfüllung des Zwangsausgleiches zumindest S 152 Millionen.

Mit Schreiben vom 14. Jänner 1997, bei Gericht eingelangt am 15. 1. 1997, meldete der Kläger im Konkurs der A***** GesmbH eine Forderung über S 152 Millionen an. Diese Forderungsanmeldung begründete der Kläger wie folgt:

"Ich bin Bürge und Zahler für Kredite, die der Gemeinschuldnerin von der B***** und der I***** AG gewährt wurden. Im Rahmen des Verfahrens 23 S 292/95a des Landesgerichtes Salzburg wurde über mein Vermögen das Konkursverfahren eröffnet, das durch einen Zwangsausgleich am 17.11.1995 abgeschlossen wurde.

Im Rahmen dieses Zwangsausgleiches wurden aufgrund meiner Bürgen- und Zahlerhaftung an die B***** und I***** öS 152,0 Mio ... bezahlt.

Als Bürge und Zahler habe ich einen Rückforderungsanspruch in derselben Höhe an die Gemeinschuldnerin.

Ich melde sohin eine Gesamtforderung von öS 152,0 Mio im Konkursverfahren an, und beantrage, daß diese Forderung als Konkursforderung festgestellt und mir Stimmrecht erteilt wird."

Diese Forderungsanmeldung wies das Konkursgericht mit der Begründung zurück, dass der Sachwalter im Zwangsausgleich des Klägers - mit Genehmigung des Konkursgerichts - diese Forderung nicht im Konkurs über das Vermögen der A***** GmbH angemeldet habe. Dem dagegen erhobenen Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht Folge und hob den erstgerichtlichen Beschluss ersatzlos auf, weil der Ausgleichsschuldner durch die angeordnete Überwachung und die Übergabe seines Vermögens seine Prozessfähigkeit nicht verliere, sodass er neben dem Sachwalter der Gläubiger klagen oder geklagt werden könne, solange die Urteilswirkungen nicht nur den Sachwalter, sondern auch den Ausgleichsschuldner selbst erreichen sollten. Den gegen diesen Beschluss des OLG Linz vom Masseverwalter erhobenen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 22. Oktober 1998 wegen fehlender Rekurslegitimation zurück.

Am 16. 6. 1998 fand vor dem Landesgericht Salzburg im Konkurs A***** GmbH eine nachträgliche Prüfungstagsatzung sowie eine Rechnungslegungstagsatzung statt. In dieser Verhandlung dehnte der damals anwaltlich vertretene Kläger seine Forderungsanmeldung um S 63 Millionen auf S 215 Millionen aus und führte zum ausgedehnten Teil Folgendes an:

"Diese Forderung wird aus dem Grund erhoben, weil die B***** ein privates Sparbuch des Gläubigers Alois R***** in Händen hatte und diese Summe von S 63,000.000,-- (übersteigend) vereinnahmt hat vor der Konkurseröffnung, wobei diese S 63,000.000,-- nicht der Firma A***** GmbH gehört haben, sondern diese S 63,000.000,-- ein privates Vermögen des Herrn KR Alois R***** darstellen. Es wird daher die Forderung darauf gestützt, dass diese S 63,000.000,-- für die A***** verwendet wurden ohne entsprechenden Titel und daher hier ein Rückforderungsanspruch oder ein Forderungsanspruch in voller Höhe an die A***** besteht."

Der Erstbeklagte als Masseverwalter bestritt die gesamte vom Kläger angemeldete Forderung von S 215 Millionen, ebenso die zweit- bis viertbeklagten Parteien.

Bereits am 4. 1. 1995 hatte RA Dr.Johannes H***** als Masseverwalter im Konkurs des Klägers den Erlös aus dem gegenständlichen Sparbuch in Höhe von S 63,228.829,-- im Konkurs A***** angemeldet; diese Anmeldung wurde aber bereits am 16. 2. 1995 wieder zur Gänze zurückgenommen.

In der am 16., 17. und 24. 6. 1998 im Konkursverfahren A***** GmbH durchgeführten Rechnungslegungstagsatzung wurde ausführlich die vom Masseverwalter gelegte Rechnung für die Zeit vom 16.9.1994 bis 31.3.1997 erörtert und dem Kläger Gelegenheit gegeben, dazu seine Stellungnahme abzugeben. Mit einem 148-seitigen Beschluss vom 13. April 1999 genehmigte das Konkursgericht die Rechnung des Masseverwalters.

Im Konkursverfahren A***** GmbH (23 S 293/95y des Landesgerichts Salzburg) hat die zweitbeklagte Partei laut Anmeldungsverzeichnis eine Forderung im Gesamtbetrag von S 954,658.798,65 angemeldet; die Forderung wurde in dieser Höhe anerkannt. Die drittbeklagte Partei meldete S 67,838.359,83 an; auch dieser Betrag wurde ebenfalls zur Gänze anerkannt. Insgesamt wurden im Konkurs A***** GmbH Forderungen über S 1,3 Milliarden angemeldet, die Summe der anerkannten Forderungen beträgt S 1.119,599.987,48.

Am 25. August 1999 beantragte der Kläger als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der A***** GmbH die Aufhebung des Konkurses über die Gesellschaft mit der Begründung, dass eine 100%-ige Befriedigung der Gläubiger vorliege. Das Konkursgericht wies diesen Antrag mit Beschluss vom 30. 8. 1999 ab. Dem gegen diese Entscheidung vom Kläger erhobenen Rekurs wurde vom Oberlandesgericht Linz am 21. 10. 1999 nicht Folge gegeben.

Im Zwangsausgleichsverfahren des Klägers wurde die Überwachung bislang nicht für beendet erklärt. Ein in diese Richtung zielender Antrag des Klägers vom 12. 7. 1999 wurde mit Beschluss vom 30. August 1999 abgewiesen. Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das OLG Linz keine Folge. Auch darin setzten sich die Gerichte mit der Behauptung des Klägers auseinander, die zweitbeklagte Partei sei bereits zu mindestens 100 % befriedigt worden.

Am 2. Dezember 1999 brachte der Kläger beim Handelsgericht Wien eine Klage gegen die hier zweitbeklagte Partei ein, mit der er die Unwirksamkeit des zwischen dem Kläger und der zweitbeklagten Partei abgeschlossenen Zwangsausgleiches erreichen will; weiters begehrt er die Feststellung, dass die (hier) zweitbeklagte Partei mit ihrer angemeldeten Forderung vollständig befriedigt sei.

Mit der am 30. 12. 1998 eingebrachten Klage begehrt der Kläger gegenüber den beklagten Parteien die Feststellung, dass im Konkurs der Gemeinschuldnerin A***** GmbH eine Konkursforderung von S 215,000.000,-- zu Recht bestehe.

Er sei Mitschuldner für Kredite gewesen, die die zweit- und die drittbeklagte Partei der A***** GmbH gewährt haben. Im Zuge des Zwangsausgleiches sei der Kläger in Anspruch genommen worden und habe zumindest S 152,000.000,-- bezahlt. Unabhängig von schuldrechtlichen Beziehungen trete der zahlende Mitschuldner bereits aufgrund des Gesetzes in die Rechte des Gläubigers ein. Aufgrund dieser Einlösung der Forderung könne der Kläger als zahlender Mitschuldner von der Gemeinschuldnerin Erfüllung verlangen. Dem Kläger stehe ein Rückgriff gegen die Gemeinschuldnerin zu.

Außerdem habe er bei der zweitbeklagten Bank zum Zweck der Besicherung offener Verbindlichkeiten ein privates Sparbuch als Sicherungsmittel hinterlegt. Unmittelbar vor Konkurseröffnung sei dieses Sparbuch ohne Einwilligung des Klägers durch die B***** unter Berufung auf ihr Pfandrecht realisiert und der auf dem Sparbuch befindliche Gesamtbetrag von zumindest S 63 Millionen zum Zweck der teilweisen Abdeckung des offenen Saldos der Gemeinschuldnerin verwendet worden. Da dieser Bestandteil des privaten Vermögens des Klägers somit zum Nutzen der Gemeinschuldnerin verwendet worden sei, stehe dem Kläger ein entsprechender Anspruch gegen die Gemeinschuldnerin zu. Alle beklagen Parteien seien bereits zur Gänze oder sogar darüber hinaus befriedigt worden. Allfällige restliche Forderungen seien aus dem beim Masseverwalter erliegenden Guthaben abzudecken, sodass eine 100%ige Befriedigung der Konkursgläubiger gewährleistet sei.

Die Aktivlegitimation des Klägers liege vor, weil sich die erst später angemeldete Forderung von S 152,000.000,-- zum Zeitpunkt der Bestätigung des Ausgleiches am 20. 11. 1995 noch nicht im Vermögen des Klägers befunden habe, das dem Sachwalter übertragen worden sei. Außerdem würde im Falle eines erfolgreichen Prozessausganges jedenfalls ein wesentlicher Teil der Forderung im Vermögen des Klägers verbleiben, sodass die Urteilswirkungen auch und überwiegend den Kläger selbst erreichen würden. Das Sparbuch mit der Einlage von ca. S 63 Millionen sei dem privaten Vermögen des Klägers zuzuordnen, die Einzahlungen stammten aus privaten Mitteln.

Die beklagten Parteien wendeten dagegen zusammengefasst Folgendes ein: Der Kläger sei im Hinblick auf die Vereinbarung im Zwangsausgleich, wonach das gesamte Vermögen zur Verwaltung und Verwertung dem Sachwalter übergeben worden sei, aktiv nicht legitimiert. Es fehle auch an einem Teilnahmeanspruch des Klägers im Konkurs A***** GmbH. Da die Hauptgläubiger nach wie vor ihre Ansprüche im Konkurs A***** geltend machen, sei es unzulässig, dass für dieselbe Forderung der Hauptgläubiger den Konkursanteil ausbezahlt und der Rückgriffsgläubiger denselben Anteil sichergestellt erhalte. Solange und in dem Maße, als sich der Hauptgläubiger am Konkurs beteilige und seine Verbindlichkeit nicht zur Gänze erfüllt sei, stehe dem Rückgriffsgläubiger kein Teilnahmerecht im Konkurs zu. Die zweit- bis viertbeklagten Parteien seien nicht voll befriedigt, und es ergebe sich auch kein Überschuss für diese Gläubiger. Außerdem stünden die Regeln des Eigenkapitalersatzrechts einem Teilnahmeanspruch des Klägers im Konkurs der Gesellschaft entgegen, deren alleiniger Gesellschafter er sei.

Das vor Konkurseröffnung eingelöste Sparbuch sei dem Vermögen der A***** GmbH zuzuordnen gewesen.

Das Erstgericht wies - ausgehend von dem eingangs dargestellten Sachverhalt - das Klagebegehren ab. Es hielt Feststellungen zur Behauptung des Klägers, dass alle beklagten Parteien bereits zu mehr als 100% befriedigt worden seien, aus rechtlichen Gründen ebenso für entbehrlich wie Feststellungen darüber, woher die einzelnen Einzahlungen auf das unmittelbar vor Konkurseröffnung eingelöste Sparbuch stammen.

Rechtlich führte das Erstgericht zusammengefasst aus:

Den angemeldeten Betrag von S 152,000.000,-- habe der Kläger in seiner Forderungsanmeldung damit begründet, er sei Bürge und Zahler für Kredite, die der Gemeinschuldnerin von den zweit- und drittbeklagten Parteien gewährt worden seien; im Rahmen seines Zwangsausgleichs habe der Kläger auf Grund seiner Bürgen- und Zahlerhaftung an diese beiden Gläubiger S 152,000.000,-- bezahlt. Demgegenüber sei in der Klagserzählung nicht mehr die Rede von einer Bürgen- und Zahlerhaftung, sondern davon, dass der Kläger als Mitschuldner für von den zweit- und drittbeklagten Parteien gewährte Kredite zumindest S 152,000.000,-- an die Gemeinschuldnerin bezahlt habe, sodass ihm ein Rückgriff gemäß § 17 Abs 1 KO zustehe.

Die Konkursforderung über S 63,000.000,-- habe der Kläger anlässlich der Anmeldung damit begründet, dass die zweitbeklagte Partei das in ihren Händen befindliche private Sparbuch des Klägers für die Gemeinschuldnerin A***** ohne entsprechenden Titel verwertet habe. In der gegenständlichen Klage werde dagegen vorgebracht, dass dieses private Sparbuch als Sicherungsmittel hinterlegt worden sei; die zweitbeklagte Partei habe unter Berufung auf ihr Pfandrecht dieses Sparbuch realisiert. Da das Sparbuch zum privaten Vermögen des Klägers gezählt habe, stehe ihm nun ein Rückforderungsanspruch gemäß § 17 KO zu.

Im Prüfungsprozess sei nur die Feststellung einer im Prüfungsverfahren bestrittenen Forderung zulässig, die in der Anmeldung ausreichend substanziiert und konkretisiert worden sei. Die im Prüfungsprozess geltend gemachte Forderung müsse mit der im Konkursverfahren angemeldeten Forderung ident sein. Auch wenn man den strengen Maßstab der Rechtsprechung anwende, könne im vorliegenden Fall gerade noch eine ausreichende Substanziierung und Konkretisierung angenommen werden, zumal sich am anspruchsbegründenden Sachverhalt nur Unwesentliches geändert habe. Die Forderungsanmeldungen seien daher zur Überprüfung der geltend gemachten Konkursforderung gerade noch geeignet, weshalb von einer Zurückweisung der Klage und Nichtigerklärung des Verfahrens abgesehen werde.

Hingegen fehle es an der Aktivlegitimation des Klägers, der als Ausgleichsschuldner sein gesamtes Vermögen mit der unwiderruflichen Ermächtigung zur Verwaltung und Verwertung dem Sachwalter RA Dr. Johannes H***** übergeben habe. Der Sachwalter habe dadurch Eigenrechte zur Geltendmachung im fremden Interesse erworben. Auch wenn der Schuldner Eigentümer des Treuguts bleibe, verfüge der Sachwalter darüber im eigenen Namen nach Maßgabe des Ausgleichs. Dass der Sachwalter der Klagsführung des Klägers zugestimmt habe werde weder behauptet noch gehe dies aus den Akten hervor. Außerdem sähen die Forderungsanmeldungen und das Klagebegehren nicht vor, dass der festzustellende Anspruch dem Sachwalter der Gläubiger zukommen solle.

Der Einwand des Klägers, die gegenständlichen Forderungen seien erst lange Zeit nach Bestätigung des Ausgleichs geltend gemacht worden, gehe schon deshalb ins Leere, weil der Zeitpunkt der Geltendmachung einer Forderung nicht mit dem der Entstehung ident sei. Die Verwertung des Sparbuchs sei noch vor Konkurseröffnung erfolgt, sodass daraus abgeleitete Ansprüche jedenfalls vor Abschluss des Zwangsausgleiches entstanden seien.

Außerdem könne der Mitschuldner im Konkurs nicht gegen den Hauptschuldner regressieren, da der Gläubiger zur vollen Konkursteilnahme berechtigt sei. Nur im Falle einer vollen Befriedigung der Gläubiger könnte der Kläger im Rahmen der §§ 17 f KO einen Anspruch geltend machen. Die vom Konkursgericht nicht geteilte Behauptung des Klägers, dass alle beklagten Parteien bereits mit mehr als 100 % befriedigt worden seien, könne nur im Rahmen eines streitigen Verfahrens abgeklärt werden; eine entsprechende Klage gegen die zweitbeklagte Partei sei vom Kläger auch tatsächlich eingebracht worden. Ein Feststellungsverfahren nach § 110 KO sei zur Überprüfung der Frage, ob sämtliche Gläubiger im Konkurs bereits befriedigt seien oder nicht, nicht geeignet.

Schließlich stünden einem Konkursteilnahmeanspruch des Klägers noch die Regeln des Eigenkapitalersatzrechts entgegen.

Das Berufungsgericht hob aus Anlass der Berufung des Klägers das Ersturteil und das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück, weil hinsichtlich beider Forderungen eine erhebliche Abweichung zwischen Forderungsanmeldung und Prüfungsklage vorliege.

Betreffend die Forderung von S 152,000.000,-- habe der Kläger in der ersten Forderungsanmeldung geltend gemacht, dass er als Bürge und Zahler eine Zahlung an die zweitbeklagte Bank geleistet habe. Bei der Bürge- und Zahlerhaftung handelt es sich um eine spezielle Form der Mitschuldnerhaftung. Nach dem Klagsvorbringen und den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen liege hingegen eine andere Form von Mitschuldnerhaftung vor, nämlich aufgrund eines gesetzlichen Schuldbeitrittes im Sinne des § 1409 ABGB bzw des § 25 Abs 1 HGB. Ein Rückgriff des Klägers gegen die Gemeinschuldnerin könne in diesem Fall nur auf § 896 ABGB gestützt werden. Im Gegensatz zu § 1358 ABGB erfolge hiebei kein Eintritt in die Rechte des Gläubigers. § 1358 ABGB könne auf den Kläger als sonstigen Mitschuldner nicht angewendet werden, weil er für eine materiell eigene Schuld gehaftet habe.

Auch wenn § 17 Abs 1 KO die Mitschuldner zur ungeteilten Hand und die Bürgen des Gemeinschuldners in gewissem Sinne gleichstelle, so bestehe doch keine generelle Gleichbehandlung im Konkursrecht. Eine teilweise Einlösung der Forderung des Gläubigers gegen die Gemeinschuldnerin nach § 17 Abs 3 KO sei nicht behauptet worden.

Wenn ein Bürge gemäß § 1358 ABGB in die Rechte des Gläubigers eintrete oder ein Mitschuldner die Forderung des Gläubigers gemäß § 17 Abs 3 KO einlöse, gelange er insoweit in die Rechtsstellung eines Gläubigers, der seine Forderung gegen die Gemeinschuldnerin angemeldet habe und dessen Forderung in der Prüfungstagsatzung anerkannt worden sei. Es bedürfe dann keiner eigenen Forderungsanmeldung und Prüfungsklage des Bürgen bzw des einlösenden Mitschuldners mehr. Diese Möglichkeit sei bei einem bloßen Solidarschuldnerregress gemäß § 896 ABGB nicht gegeben.

Die zweite Forderungsanmeldung (S 63,000.000,---) gehe von einem Anspruch des Klägers gegen die Gemeinschuldnerin aus, weil die zweitbeklagte Partei - zur teilweisen Abdeckung ihrer Forderung gegen die Gemeinschuldnerin - ein in ihren Händen befindliches privates Sparbuch des Klägers "ohne entsprechenden Titel" verwendet habe. Dieses Vorbringen sei so zu verstehen, dass die Schuld der Gemeinschuldnerin aus einem der Gläubigerin nicht haftenden Vermögensobjekt des Klägers teilweise abgedeckt worden sei. Dies sei aber als ein Fall des § 1422 ABGB anzusehen.

Demgegenüber werde in der Klage geltend gemacht, dass die zweitbeklagte Partei ihr Pfandrecht an diesem Sparbuch des Klägers ohne seine Zustimmung realisiert habe. Dies stelle den in § 1358 ABGB genannten Fall einer Haftung mit bestimmten Vermögensstücken dar.

Während nach § 1358 ABGB der Zahler ipso iure in die Rechte des Gläubigers eintrete, verlange § 1422 ABGB ein zumindest schlüssiges Verlangen auf Abtretung der Rechte des Gläubigers. Der Forderungsanmeldung sei keine Bezugnahme des Klägers auf eine Solidarhaftung mit der Gemeinschuldnerin gegenüber der zweitbeklagten Partei zu entnehmen.

Weiche nun der in der Prüfungsklage geltend gemachte Rechtsgrund von jenem in der Forderungsanmeldung ab, sei zu beachten, dass der nunmehr geltend gemachte Klagsgrund nicht Gegenstand des konkursgerichtlichen Prüfungsverfahrens gewesen sei und somit diesbezüglich die Unzulässigkeit des Rechtsweges vorliege. Die Begrenzung der Prüfungsklage, die daraus resultierende Nichtigkeit des Ersturteils und des hiezu führenden Verfahrens sowie die Unzulässigkeit der Prüfungsklage seien jederzeit auch von Amts wegen wahrzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Nach § 103 KO sind in der Forderungsanmeldung der Betrag der Forderung und die Tatsachen, auf die sie sich gründet, anzugeben und die Beweismittel zu bezeichnen, die zum Nachweis der behaupteten Forderung beigebracht werden können. Der Inhalt der Forderungsanmeldung wird grundsätzlich durch die Erfordernisse des § 226 ZPO bestimmt; an die Beurteilung, ob eine Forderungsanmeldung im Konkurs die gesetzlichen Inhaltserfordernisse erfüllt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (8 Ob 31/95 = EvBl 1996/137 = ZIK 1992, 629). In der Forderungsanmeldung müssen alle anspruchsbegründenden Tatsachen enthalten sein, auf die später die Prüfungsklage gestützt wird (8 Ob 1009/92 = ecolex 1992, 629).

Im Prüfungsprozess nach § 110 KO können nur jene Ansprüche geltend gemacht werden, die bereits im Konkursverfahren angemeldet wurden. Das Klagebegehren im Prüfungsprozess kann nur auf den Rechtsgrund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist (tw aA Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 110 KO Rz 40, unter Berufung auf Riel, Die Befugnisse des Masseverwalters im Zivilverfahrensrecht [1995], 119), denn die ordnungsgemäße Abwicklung des Prüfungsverfahrens erfordert, daß es keinen Prüfungsprozess ohne vorhergehende Forderungsanmeldung gibt. Diese Begrenzung der Prüfungsklage ist jederzeit von Amts wegen jederzeit zu beachten (RIS-Justiz RS0039281).

Im Vergleich zur Forderungsanmeldung sind also alle Änderungen (Abweichungen) in der Prüfungsklage unzulässig, die einer den Streitgegenstand modifizierenden Klagsänderung nach § 235 ZPO gleichkommen würden. Zulässig sind nur bloße Ergänzungen im Tatsachenvorbringen oder im Beweisanbot im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO, sofern die Forderung schon in der Anmeldung eindeutig individualisiert wurde (8 Ob 269/98m = ZIK 1999, 172; 8 Ob 174/98s = ZIK 1999, 205).

Unter dem Klagegrund (Rechtsgrund) sind nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff die "rechtserzeugenden Tatsachen" (anspruchsbegründenden Tatsachen) zu verstehen, also jene, die zur Erfüllung des in Anspruch genommenen materiell-rechtlichen Tatbestands erforderlich sind. Eine rechtliche Qualifkation dieser Tatsachen durch den Kläger ist aber nicht erforderlich. Zur Abgrenzung bei Unterschieden in den vorgebrachten Tatsachen bieten sich zwei Lösungsmöglichkeiten an (anstatt vieler Fasching, Zivilprozessrecht**2 Rz 1157 und Gottwald, Streitgegenstandslehre und Sinnzusammenhänge, in FS Schwab [Dogmatische Grundfragen des Zivilprozesses im geeinten Europa, 2000], 85 ff):

Eine Möglichkeit besteht darin, zur Abgrenzung den Tatbestand der Rechtsnorm heranzuziehen, die zur Entscheidung über den Sachantrag erforderlich ist. Liegen die abweichenden Tatsachen eines neuen Vorbringens innerhalb des gesetzlichen Tatbestands, besteht Identität des Streitgegenstandselements (sachverhaltsergänzende Tatsachen). Erfordern jedoch neu vorgebrachte Tatsachen die Subsumtion unter einen anderen Tatbestand, ist der Streitgegenstand nicht mehr ident (sachverhaltsbegründende Tatsachen).

Die zweite Möglichkeit vermeidet jeden Rückgriff auf das materielle Recht und greift auf den "einheitlichen Lebenssachverhalt" zurück. Entstammen die neu vorgebrachten Tatsachen dem gleichen einheitlichen Lebenssachverhalt, bleibt die Identität des Tatsachenelements im Streitgegenstandsbegriff erhalten.

Während der EuGH bei der Beurteilung der Rechtshängigkeit den Streitgegenstand durch den Lebenssachverhalt bestimmt (siehe etwa Gottwald aaO 91 mwN), erfolgt in Österreich die Abgrenzung überwiegend mittels Rückgriffs auf den materiellrechtlichen Tatbestand (vgl RIS-Justiz RS0037522; eingehend wird der österreichische Meinungsstand zum Streitgegenstandsbegriff zuletzt im Vorabentscheidungsersuchen vom 22.2.2001, 6 Ob 295/00a, dargestellt).

Betreffend die Forderung von S 152,000.000,-- bestand die Anspruchsgrundlage laut Anmeldung im Regress des Bürgen und Zahlers nach § 1358 ABGB. Diese Bestimmung sieht mit der Zahlung der fremden Schuld eine Legalzession auf den Bürgen und Zahler vor; es bedarf keiner eigenen Forderungsanmeldung und Prüfungsklage des Bürgen bzw des einlösenden Mitschuldners.

Demgegenüber wird in der Prüfungsklage auf ein mitschuldnerisches Verhältnis abgestellt, das seine Grundlage im konkreten Fall darin hat, dass der Kläger sein Einzelunternehmen in die nunmehrige Gemeinschuldnerin eingebracht und gegenüber der Hausbank bestätigt hat, im Rahmen der bestehenden Kreditverhältnisse Schuldner zu bleiben und uneingeschränkt für die Rückführung der (nach ihrer Entstehungsgrundlage zumindest auch eigenen) Verbindlichkeiten zu haften. Ein Rückgriff des Klägers gegen die Gemeinschuldnerin kann in diesem Fall nur auf § 896 ABGB gestützt werden, was allerdings die Abdeckung der gesamten Verbindlichkeit durch den Kläger voraussetzen würde (Gamerith in Rummel, ABGB3, § 896 Rz 3). Im Gegensatz zu § 1358 ABGB erfolgt im Falle des § 896 ABGB kein Eintritt in die Rechte des Gläubigers.

Hinsichtlich der Forderung aus der Realisierung des Sparbuchs geht die Forderungsanmeldung davon aus, dass die zweitbeklagte Partei das Sparbuchguthaben des Klägers ohne entsprechenden Titel verwendet habe, dh dass ein nicht haftendes Objekt realisiert worden sei. Demgegenüber wird in der Klage geltend gemacht, dass die zweitbeklagte Partei ihr Pfandrecht (nicht ein nur behauptetes, tatsächlich aber nicht existierendes Pfandrecht) an diesem Sparbuch des Klägers ohne dessen Zustimmung realisiert habe, also ein haftendes Objekt in Anspruch genommen habe. Auch die Sachverhaltsfeststellungen gehen von einer Verpfändung des Sparbuchs zur Sicherung von Verbindlichkeiten des Klägers aus.

In diesem Sinne ist die Ansicht des Berufungsgerichts zu bestätigen, das hinsichtlich beider Forderungen den hinter der Prüfungsklage stehenden Rechtsgrund als aliud zu dem in der Forderungsanmeldung angegebenen Grund gesehen hat. Da jeweils unterschiedliches Tatsachenvorbringen erforderlich ist, um die einerseits in der Anmeldung und andererseits in der Prüfungsklage angestrebte Rechtsfolge zu erzielen, liegt nicht nur eine unterschiedliche rechtliche Qualifikation vor. Bei Beurteilung im Sinne des § 235 ZPO wäre in beiden Fällen die Divergenz als den Streitgegenstand modifizierende Klagsänderung zu qualifizieren.

Dem Rekurs des Klägers ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Weil der Wert des Streitgegenstandes im Prüfungsprozess der bestrittenen Forderung entspricht, deren Feststellung begehrt wird (RIS-Justiz RS0113703), ist von einer Bemessungsgrundlage von S 215,000.000,-- auszugehen, sodass der Tarifansatz nach TP 3C des RAT S 176.125,-- beträgt.

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