OGH 8Ob2/86

OGH8Ob2/863.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dorde K***, Speditionsarbeiter, 6064 Neu-Rum, Glungezerstraße 6, vertreten durch Dr.Heinz Bauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1.) Anna Maria W***, Angestellte, 6060 Absam, Lindenstraße 9, 2.) D*** Allgemeine Versicherungs-AG, 1010 Wien, Schottenring 15, beide vertreten durch Dr.Günther Zeindl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 183.751,60 S s.A., Rente und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 18.Oktober 1985, GZ 6 R 196/85-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 31. Mai 1985, GZ 6 Cg 34/83-35, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers wird nicht, hingegen jener der Beklagten teilweise Folge gegeben und das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung des bestätigten Teiles lautet:

"1) Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen den Betrag von 33.333,34 S samt 4 % Zinsen seit 1.1.1983 zu bezahlen.

2) Das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von 150.418,26 S samt 4 % Zinsen ab 1.1.1983 und auf Zuerkennung eines monatlichen Rentenbetrages von 5.093,20 S wird abgewiesen.

3) Den Beklagten gegenüber wird festgestellt, daß sie für alle Schäden, die der Kläger in Zukunft auf Grund des Verkehrsunfalles vom 12.1.1982 erleidet, zu 1/3 ersatzpflichtig sind, wobei die Haftung der Zweitbeklagten mit der Höhe der Versicherungssumme beschränkt ist.

4) Das Mehrbegehren, es werde den Beklagten gegenüber festgestellt, daß sie zu zwei weiteren Drittel für alle künftigen Schäden, die der Kläger auf Grund dieses Unfalles erleidet, ersatzpflichtig seien, wird abgewiesen.

5) Der Kläger ist schuldig, den Beklagten binnen 14 Tagen die mit 42.829,02 S (davon 3.715,61 S Umsatzsteuer und 1.957,50 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen."

Der Kläger ist weiters schuldig, den Beklagten an Kosten des Berufungsverfahrens 16.258,10 S (darin an Barauslagen 918 S, an Umsatzsteuer 1.394,54 S) und an Kosten des Revisionsverfahrens 11.697,64 S (darin an Barauslagen 1.396,36 S, an Umsatzsteuer 936,48 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 12.Jänner 1982 ereignete sich auf der Bundesstraße 171 in Rum ein Verkehrsunfall, bei welchem die Erstbeklagte mit dem bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten PKW Fiat 126 (polizeiliches Kennzeichen T 672.054) den als Fußgänger die Fahrbahn überquerenden Kläger niederstieß. Der Kläger erlitt schwere Verletzungen. Die Erstbeklagte wurde mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 16.Juni 1982, U 431/82-13, rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 4 erster Fall StGB schuldig erkannt. Die Zweitbeklagte bezahlte dem Kläger als Schadenersatz bisher 40.000 S.

Der Kläger begehrte von den Beklagten die Bezahlung des Betrages von 183.751,60 S s.A. (Schmerzengeld 150.000 S plus kapitalisiertem Verdienstentgang bis 31.Dezember 1984 von 73.751,60 S minus der Teilzahlung von 40.000 S), einer monatlichen Rente von 5.093,20 S ab 1. Jänner 1985 zum Ausgleich des unfallkausalen Verdienstentganges und stellte ein entsprechendes Feststellungsbegehren der Haftung der Beklagten für künftige Schäden. Die Erstbeklagte habe den Unfall durch eine relativ überhöhte Geschwindigkeit und aus Unvorsichtigkeit verschuldet. Den Kläger treffe kein Mitverschulden; der PKW der Erstbeklagten sei zum Zeitpunkt, als der Kläger den Schutzweg betrat, noch so weit entfernt gewesen, daß er die Fahrbahn "angemessen" überschreiten konnte.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Den Kläger treffe ein Mitverschulden von mindestens 2/3, weil er nicht den beleuchteten Schutzweg benützte, sondern die Fahrbahn einige Meter westlich davon zu überqueren versuchte und dabei den herannahenden Verkehr nicht gehörig beachtete.

Im Zuge des Verfahrens anerkannten die Beklagten das Feststellungsbegehren unter Berücksichtigung des eingewendeten Mitverschuldens.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von 119.130,08 S s.A. statt, sprach dem Kläger weiters eine monatliche Rente von 2.701 S ab 1.Mai 1985 zu und stellte fest, daß die Beklagten für alle künftigen Schäden des Klägers aus diesem Verkehrsunfall zu 2/3 ersatzpflichtig sind. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht, hingegen jener der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Kläger nur 66.666,67 S s. A. und eine monatliche Rente von 862,91 S zusprach, den Feststellungsausspruch bestätigte und das Mehrbegehren abwies. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richten sich die Revision des Klägers und der Beklagten je aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO. Der Kläger beantragt die Abänderung des berufungsgerichtlichen Urteiles dahin, daß ihm 111.938,13 S s.A. sowie eine weitere Rente von 3.293,75 S zugesprochen werden; die Beklagten beantragen die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Der Kläger erstattete keine Revisionsbeantwortung; die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht, jene der Beklagten teilweise berechtigt.

Die Vorinstanzen gingen bei ihren Entscheidungen im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die Bundesstraße 171 verläuft im Unfallsbereich in ostwestlicher Richtung und gerade. Sie weist eine asphaltierte Fahrbahnbreite von 8,50 Metern auf. An der nördlichen Straßenseite schließt sich eine Haltestelle für Linienbusse an, an deren östlichem Ende ein Schutzweg für Fußgänger zur Überquerung der Bundesstraße vorhanden ist. Die südliche Straßenseite wird von einem ca. 60 cm hohen Holzzaun begrenzt, der nur im Bereich des Zebrastreifens unterbrochen ist. Zum Unfallszeitpunkt herrschte Dunkelheit. Eine künstliche Straßenbeleuchtung in Form einer orangefarbigen Straßenlampe ist nur im unmittelbaren Bereich des Schutzweges vorhanden. Die Sichtverhältnisse waren äußerst schlecht, es herrschte zum Unfallszeitpunkt Schneeregen. Die Fahrbahn war naß und schlüpfrig. Links und rechts der Bundesstraße befanden sich Schneeanhäufungen. Im Unfallsbereich besteht eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h.

Die Erstbeklagte lenkte ihr Fahrzeug aus Hall kommend in Richtung Innsbruck. Sie hielt eine Geschwindigkeit von ca. 60 km/h ein und hatte das Abblendlicht eingeschaltet. Der Kläger befand sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte. Er wollte die Bushaltestelle auf der nördlichen Seite der Bundesstraße 171 erreichen. Er überquerte die Fahrbahn - aus der Fahrtrichtung der Erstbeklagten gesehen - von links nach rechts. Er tat dies in einem zügigen Tempo, jedoch nicht laufend. Der Kläger überquerte die Fahrbahn nicht auf dem Schutzweg, sondern einige Meter weiter westlich. Seine genaue Gehrichtung, insbesonders ob er die Straße im rechten Winkel oder schräg zu überqueren versuchte, ist nicht feststellbar.

Als die Erstbeklagte den Kläger erstmals wahrnahm, leitete sie eine Vollbremsung ein, wobei die Bremsreaktion noch vor dem Überfahren des Schutzweges einsetzte. An einem nicht genau feststellbaren Punkt auf der Bundesstraße westlich des Schutzweges wurde der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt die Fahrbahnmitte überschritten hatte, vom PKW der Erstbeklagten angefahren. Der Anstoß erfolgte annähernd im Bereich der Mitte des PKWs auf Höhe der linken Hälfte der Kennzeichentafel. Durch die Anprallwucht kippte der Kläger über den Kofferraumdeckel und schlug auf den oberen Rahmen der Windschutzscheibe auf. Auf diese Weise wurde er mit dem PKW transportiert und schließlich auf die Fahrbahn geschleudert. In der Unfallsendstellung befand sich der PKW der Erstbeklagten 24,60 Meter westlich des Schutzweges.

Bei einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von 60 km/h betrug der Anhalteweg bei einer Bremsverzögerung von 6 m/sec 2 auf der nassen Fahrbahn unter Berücksichtigung einer Reaktionszeit von 1 Sekunde 39,80 Meter. Die Anstoßgeschwindigkeit des PKWs betrug ca. 40 km/h. Die Erstbeklagte faßte ihren Bremsentschluß 1,93 Sekunden vor dem Unfall in einer Entfernung von 29,50 Meter vor dem Anstoßpunkt. Der Kläger legte bei einer Bewegungsgeschwindigkeit von 7 km/h im Zeitraum von 1,93 Sekunden einen Weg von 3,75 Meter zurück. Er befand sich also zum Zeitpunkt, als die Erstbeklagte den Bremsentschluß faßte, ca. 3,75 Meter südlich vom späteren Anstoßpunkt und damit noch auf der südlichen Fahrbahnhälfte. Bei einer Überquerung der Fahrbahn im rechten Winkel mußte der Kläger vom südlichen Fahrbahnrand bis zum Anstoßpunkt einen Weg von 6,50 Meter zurücklegen. Für diese Wegstrecke war bei einer Geschwindigkeit von ca. 7 km/h eine Zeit von 3,34 Sekunden erforderlich. Mit dem am Fahrzeug der Beklagten eingeschalteten Abblendlicht wurde die Fahrbahn auf eine Sichtstrecke von 40 Meter ausgeleuchtet. Da das Abblendlicht jedoch schräg nach unten fällt, werden in einer Entfernung von 40 Meter im wesentlichen nur mehr Gegenstände beleuchtet, die sich knapp über der Fahrbahnebene befinden. Bei den äußerst ungünstigen Sichtverhältnissen zum Unfallszeitpunkt war auf eine Entfernung von 40 Meter durch das Abblendlicht keine ausreichende Ausleuchtung mehr gegeben. Hätte die Erstbeklagte eine Geschwindigkeit von 50 km/h eingehalten, so hätte bei einer Bremsverzögerung von 6,5 m/sec 2 der Anhalteweg 30 Meter betragen.

Der Kläger hätte den Unfall verhindern können, wenn er bis nach vollzogener Vorbeifahrt des PKWs der Erstbeklagten vom Überqueren der Fahrbahn Abstand genommen oder in der Fahrbahnmitte angehalten und das Passieren des Fahrzeuges der Erstbeklagten abgewartet hätte. Der Kläger erlitt eine laterobasale Schädelfraktur rechts, eine Rißquetschwunde sowie Prellungen am Schädel, einen Beckenringbruch rechts mit begleitender Harnröhrenläsion, einen Kleinfingergrundgliedbruch rechts sowie einen zweitgradig offen Unterschenkelbruch rechts. Nach der Einlieferung in die Klinik erfolgte die operative Versorgung des offenen Unterschenkelbruches, wobei der Knochen mit einer Metallplatte und Schrauben stabilisiert wurde. Zur Harnableitung erhielt der Kläger eine suprabulbische Blasenfistel und wurde unter antibiotischer Abschirmung stationär aufgenommen. Der stationäre Aufenthalt dauerte bis zum 15.Februar 1982. Am Entlassungstag war der Kläger an zwei Stützkrücken bescheiden gehfähig und trug bis zum 10.März 1982 einen Oberschenkelgips. Der Gipsverband am Kleinfinger wurde bereits am 12. Februar 1982 abgenommen. Vom 12.August 1982 bis zum 21.Oktober 1982 befand sich der Kläger stationär im Rehabilitationszentrum Bad Häring.

Die Schädelfraktur ist ohne Mitbeteiligung des Mittel- oder Innenohres sowie des Gleichgewichtsorganes erfolgt und folgenlos abgeheilt. Es bestand auch kein substantielles Schädelhirntrauma. Auch aus den mehrfachen Prellungen und Wunden liegen keine Folgen mehr vor. Der Beckenringbruch ist unauffällig und ohne bedeutende Folgen abgeheilt. Der gebrochene Kleinfinger ist mit Fehlstellung verheilt, wobei eine auf Dauer verbleibende Bewegungseinschränkung mit Teilversteifung im Mittelgelenk und eine Achsfehlstellung bestehen. Das Kleinfingergelenk stellt sich als zu 30 Grad streckgebeugt und zu 30 Grad beugegehemmt dar. Der Finger kann nicht mehr voll an die Hohlhand herangebracht werden. Eine Korrekturmöglichkeit besteht hier chirurgisch nicht mehr. Betreffend dem erlittenen Unterschenkelbruch bestehen Dauerfolgen in Form einer deutlichen und ausmeßbaren muskulären Beinschwäche. Keine bleibenden Schäden ergaben sich aus der bulbären Harnröhrenverletzung. Als Folge der Unfallsverletzung mußte der Kläger bis zur ärztlichen Letztuntersuchung in der Klinik vom 23.Juni 1982 in komprimierter Form ca. 10 Tage Schmerzen schweren Grades, weitere vier Wochen Schmerzen mittleren Grades und weitere sechs Wochen Schmerzen leichten Grades erdulden. Bei diesen Schmerzperioden handelt es sich nicht um eine globale Einschätzung, da sich der Kläger auch nach dem 23.Juni 1982 noch in Nachbehandlung befand. Seit 1.Jänner 1985 erhält der Kläger von der

P*** DER A*** eine Invaliditätspension

im Ausmaß von monatlich 2.556,50 S (14mal jährlich) sowie von der

A*** U*** eine Versehrtenrente von

monatlich 2.350,30 S (ebenfalls 14mal jährlich). Zusammen erhält der Kläger damit Leistungen im Umfang von 5.724,59 S monatlich (12mal jährlich). Ohne den Unfall hätte der Kläger bei der Firma W*** im Jahre 1985 ein monatliches Nettoeinkommen von 9.881,25 S erzielt, sodaß sich ein monatlicher Verdienstentgang des Klägers von 4.156,66 S ergibt.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß das Verschulden mit 1 : 2 zu Lasten der Beklagten zu teilen sei. Beim Schmerzengeld sei von einem Betrag von 100.000 S auszugehen. Der monatliche Verdienstentgang von 4.156,66 S ab 1.Mai 1985 rechtfertige unter Bedachtnahme auf das Mitverschulden eine monatliche Verdienstentgangsrente von 2.771 S.

Das Berufungsgericht teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß das Verschulden im Verhältnis von 1 : 2 zu Lasten der Beklagten zu teilen sei. Es erachtete das gleiche Schmerzengeld wie das Erstgericht für angemessen, gelangte jedoch unter Anwendung des Quotenvorrechtes der Sozialversicherungsträger zu einer anderen Berechnung des Verdienstentganges und der Verdienstentgangsrente. Im Schadenersatzprozeß des sozialversicherten Verletzten gegen den Schädiger seien vom Schadensbetrag zuerst alle unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigenden Leistungen Dritter abzuziehen, dann sei die verbleibende Differenz dem Mitschuldverhältnis entsprechend zu teilen und schließlich sei von dem danach verbleibenden Betrag, soweit die Legalzession nach § 332 ASVG eingreift, die ganze dem Verletzten zugekommene Sozialversicherungsleistung abzuziehen. Verringere man den vom Kläger in der Zeit vom 9.März 1982 bis 30.April 1985 erlittenen Verdienstentgang von 345.299,90 S um die Mitverschuldensquote von 1/3, so verbelibe dem Kläger noch ein Schadenersatzanspruch aus dem Titel des Verdienstentganges für diesen Zeitraum von 230.199,92 S. Da der Kläger für denselben Zeitraum zum Ausgleich des unfallsbedingten Verdienstentganges Leistungen in Höhe von 266.604,77 S erhalten hat, verbleibe für den Kläger kein Anspruch auf Ersatz von Verdienstentgang für die Zeit vom 9.März 1982 bis 30. April 1985. Für die Berechnung des Rentenanspruches des Klägers ab dem 1.Mai 1985 sei zunächst der monatliche Verdienstentgang von 9.881,25 S um die Mitverschuldensquote von 1/3 zu kürzen, sodaß sich ein Anspruch auf eine monatliche Rente von 6.587,50 S errechnet. Davon seien die Renten- und Pensionsleistungen der Sozialversicherungsträger von monatlich 5.724,59 S abzuziehen, sodaß sich noch ein dem Kläger zuzusprechender Rentenanspruch von monatlich 862,91 S ab 1.Mai 1985 ergibt.

1.) Beide Revisionen bekämpfen zunächst die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung. Der Kläger vertritt den Standpunkt, daß die Erstbeklagte den Unfall allein verschuldet habe, während die Beklagten ihm ein Mitverschulden von 2/3 anzulasten trachten. Da die Rechtsmittel insoweit zusammenhängen, werden sie zum Streitpunkt der Verschuldensteilung gemeinsam behandelt:

Der Erstbeklagten liegt zur Last, entgegen § 20 Abs. 1 StVO eine relativ überhöhte Geschwindigkeit von 60 km/h gefahren zu sein und den äußerst schlechten Sichtverhältnissen bei eingeschaltetem Abblendlicht sowie den nassen bzw. schlüpfrigen Fahrbahnverhältnissen nicht entsprechend Rechnung getragen zu haben. Ihr Verhalten auch unter dem Gesichtspunkt einer zu raschen Annäherung an den Schutzweg im Sinne des § 9 Abs. 2 StVO zu beurteilen, scheidet aus, weil sich darauf niemand befand, der Kläger vielmehr außerhalb des Schutzweges - nach den Feststellungen einige Meter weit davon entfernt - die Fahrbahn zu überqueren suchte. Demgegenüber hat der Kläger zunächst gegen § 76 Abs. 6 StVO verstoßen, wonach Fußgänger, wenn Schutzwege vorhanden sind, diese zu benützen haben. Er hat weiters eine grobe Unachtsamkeit zu verantworten, weil nach ständiger Rechtsprechung Fußgänger vor dem Betreten der Fahrbahn sorgfältig zu prüfen haben, ob sie die Straße noch vor dem Eintreffen von PKWs mit Sicherheit überqueren können (ZVR 1973/128; ZVR 1975/93; ZVR 1978/126; ZVR 1984/112 uza). Notfalls hat der Fußgänger in der Fahrbahnmitte stehenzubleiben und sich nochmals zu vergewissern, ob der Weg gefahrlos fortgesetzt werden kann (ZVR 1960/323; JBl. 1985, 551 u.a.). Stellt man diesen groben Verkehrsverstoß des Klägers mit seiner gravierenden Selbstgefährdung der relativ geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung der Erstbeklagten gegenüber, kann die von den Vorinstanzen vorgenommene Verschuldensteilung nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr erscheint eine solche von 2 : 1 zu Lasten des Klägers berechtigt.

2.) Zur Revision des Klägers im einzelnen:

Der Kläger sucht einen Vorteil dadurch zu erlangen, daß er sich zugute hält, nicht auf dem Schutzweg gegangen zu sein. "Paradoxerweise" habe seine festgestellte Fehlhandlung die Unfallsfolgen geringer gehalten. Dem hat jedoch schon das Berufungsgericht zutreffend entgegengehalten, daß der Kläger bei der Benützung des Schutzweges wegen der dort vorhandenen Straßenbeleuchtung von der Erstbeklagten besser wahrgenommen worden wäre, was deren frühere Reaktion ausgelöst hätte. Davon abgesehen kann der Kläger nicht in Abrede stellen, daß er durch die Überquerung der Fahrbahn nicht auf dem hiefür vorgesehenen Schutzweg gegen eine Schutzvorschrift verstoßen hat; nach ständiger Rechtsprechung wäre es daher an ihm gelegen nachzuweisen, daß der Schade auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens in gleicher Weise eingetreten wäre (ZVR 1984/139; 8 Ob 60/85 u.z.a.). Dies ist ihm jedoch nicht gelungen. Seine Ausführungen gehen daher ins Leere.

3.) Zur Revision der Beklagten hinsichtlich Schmerzengeld:

Wie schon in der Berufung vertreten die Beklagten auch in der Revision den Standpunkt, daß bei der Schmerzengeldberechnung von einer Höchstsumme von 80.000 S auszugehen sei. Außerdem sei der bereits bezahlte Betrag von 40.000 S auf die Schmerzengeldforderung anzurechnen. Auf letzteres Vorbringen ist jedoch nicht mehr einzugehen, weil eine diesbezügliche Rüge im Berufungsverfahren nicht erhoben wurde. Insoweit aber das auf der Basis von 100.000 S ausgemessene Schmerzengeld bekämpft wird, genügt es darauf zu verweisen, daß der Kläger u.a. eine schwere Schädelfraktur, einen Beckenringbruch und einen offenen Unterschenkelbruch erlitt, weshalb die Ausführungen der Revision jeglicher Berechtigung entbehren.

4.) Werden die der Höhe nach berechtigten Ergebnisse des Berufungsverfahrens unter Anwendung der durch die Parteien im übrigen unbestritten gebliebenen Berechnungsmethoden des Berufungsgerichtes und unter Berücksichtigung des Quotenvorrechtes der Sozialversicherungsträger (EvBl 1953/251; 2 Ob 262/76; 8 Ob 45/82 u.z.a.) der abgeänderten Verschuldensteilung unterzogen, ergibt sich folgende Berechnung:

a) Der Verdienstentgang vom 9.März

1982 bis 30.April 1985 S 345.299,--

verkürzt um die Mitverschuldensquote

von 2/3 S 230.199,40

ergibt S 115.099,60

Da der Kläger in diesem Zeitraum

zum Ausgleich des unfallsbedingten

Verdienstentganges Sozialversiche-

rungsleistungen von S 266.604,77

erhielt, verbleibt für den Kläger

kein Anspruch auf Ersatz von

Verdienstentgang.

b) Der Rentenanspruch des Klägers

ab 1.Mai 1985 errechnet sich aus dem

monatlichen Verdienstentgang von S 9.881,25

verkürzt um die Mitverschuldensquote

von 2/3 S 6.587,50

S 3.293,75

Bei Abzug der Renten- und Pensions-

leistungen der Sozialversicherungs-

träger von monatlich S 5.724,59

ergibt sich für den Kläger auch kein

Rentenanspruch.

c) Es verbleiben ihm daher lediglich der Schmerzengeldanspruch, der auf

der Grundlage der Verschuldensteilung

von 2 : 1 eine Kürzung auf S 33.333,34

s. A. erfährt und das auf dieser Grundlage berechtigte Feststellungsbegehren.

Demgemäß war der Revision des Klägers der Erfolg zu versagen, wogegen jener der Beklagten teilweise Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen war.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 43 Abs. 1, 50 ZPO.

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