OGH 8Ob60/85

OGH8Ob60/8518.9.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Johann R*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß und Dr. Hans Pucher, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 85.353,66 S samt Anhang und Feststellung (Gesamtstreitwert und Revisionsstreitwert 115.353,66 S), infolge ao Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 15. 3. 1985, GZ 15 R 26/85‑21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten vom 7. 11. 1984, GZ 6 Cg 182/84‑12, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1985:0080OB00060.850.0918.000

 

Spruch:

 

Die außerordentliche Revision wird in Ansehung der Bestätigung des abweisenden Teiles der erstinstanzlichen Entscheidung zurückgewiesen.

Im übrigen wird der außerordentlichen Revision Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß auch das die Haftung für ein weiteres Drittel der künftigen Leistungen der Klägerin aus dem gegenständlichen Unfallsereignis betreffende Feststellungsmehrbegehren im Spruch der Entscheidung abgewiesen wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Entscheidungsgründe:

Am 20. April 1982 gegen 20,50 Uhr ereignete sich auf der Bundesstraße 14 zwischen Tulln und Langenlebarn im Freilandgebiet ein Verkehrsunfall, an dem Anton S***** mit dem bei der Klägerin kasko‑ und haftpflichtversicherten PKW Mitsubishi Lancer Turbo (*****) und der Beklagte mit seinem unbeleuchteten Fahrrad beteiligt waren. Dabei wurden Anton S***** und der im PKW mitfahrende Karl R***** verletzt; am PKW entstand Totalschaden in der Höhe von 124.000 S. Die Klägerin zahlte an Roswitha R*****, die Eigentümerin des beschädigten PKW auf Grund des mit ihr abgeschlossenen Kaskoversicherungsvertrages am 11. 5. 1982 den Betrag von 155.800 S und an die niederösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte auf Grund der ihr von dieser am 9. 8. 1982 bekanntgegebenen Forderung auf Ersatz eines Betrages von 4.030,60 S im Zusammenhang mit dem Krankenstand des beim Unfall verletzten Karl R***** den Betrag von 2.418,40 S.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten gemäß § 67 VVG die Bezahlung des Betrages von 85.353,66 S samt Anhang und die Feststellung, daß der Beklagte ihr für alle Leistungen, die sie auf Grund des Unfallereignisses vom 20. 4. 1982 zu erbringen habe, zu 2/3 hafte. Der Beklagte habe am 20. 4. 1982 nach Einbruch der Dunkelheit sein unbeleuchtetes Fahrrad von Langenlebarn in Richtung Tulln gelenkt und dadurch ein Auslenkmanöver des in gleicher Richtung fahrenden PKW Mitsubishi Lancer Turbo veranlaßt. Dadurch sei der Kraftwagen von der Fahrbahn abgekommen und habe es einen Totalschaden erlitten. Die Klägerin habe als Versicherungsgesellschaft außer der Versicherungssumme von 155.800 S noch weitere 4.030,60 S an die niederösterreichische Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte für deren Aufwand im Zusammenhang mit dem verletzten Insassen des PKW Karl R***** bezahlen müssen. Unter Berücksichtigung eines mit 2/3 anzunehmenden Verschuldensanteils des Beklagten, eines Zeitwertes von 130.000 S sowie eines Restwertes von 6.000 S ergebe sich der begehrte Betrag.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei wohl richtig, daß er zunächst mit seinem Fahrrad ohne Licht gefahren sei, weil das Licht ausgefallen sei, was von ihm infolge der bestehenden Straßenbeleuchtung zunächst aber nicht habe wahrgenommen werden können. Schließlich sei ihm dies doch aufgefallen und sei er aufs Bankett hinausgefahren und abgestiegen. Erst in der Folge sei er von dem PKW überholt worden. Sein Verhalten stünde mit dem Unfall in keinem ursächlichen Zusammenhang. Der Lenker des PKWs sei vielmehr infolge überhöhter Geschwindigkeit ins Schleudern gekommen und nach rechts über die Straßenböschung gestürzt.

Das Erstgericht sprach der Klägerin – ausgehend von einer Verschuldensteilung der am Unfall beteiligten Fahrzeuglenker im Verhältnis 2 : 1 zu Lasten des PKW‑Lenkers – den Betrag von 42.676,83 S sA unter Abweisung des Mehrbegehrens in der selben Höhe sowie eines Zinsenmehrbegehrens ab und gab dem Feststellungsbegehren – ohne das darüber hinausgehende Mehrbegehren spruchmäßig abzuweisen – dahin statt, daß der Beklagte der Klägerin für 1/3 aller zukünftigen Leistungen, die sie auf Grund des vorliegenden Unfallsereignisses zu erbringen habe, hafte.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge; die Berufung des Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, verwarf es, wobei die im Spruch erfolgte materielle Erledigung offensichtlich auf einem Vergreifen im Ausdruck beruht. Im übrigen gab das Berufungsgericht der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das gesamte Klagebegehren zur Gänze mit dem Ausspruch abwies, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, hinsichtlich des bestätigenden Teiles der Entscheidung nicht den Betrag von 60.000 S hinsichtlich des abändernden Teiles nicht 300.000 S übersteigt und die Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Leistungs‑ und Feststellungsbegehrens abzuändern.

Der Beklagte beantragte in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung (§ 508a Abs 2 ZPO) der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, insoweit sie sich gegen den bestätigenden Teil des Berufungsgerichtes wendet, gemäß § 502 Abs 3 Satz 1 ZPO unzulässig; in Ansehung der Bekämpfung des die erstgerichtliche Entscheidung abändernden Teiles ist sie hingegen zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung der Frage der Haftung im Falle der Geltendmachung eines Verstosses gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB abhängt, der hier im Hinblick darauf, daß das Berufungsgericht von der diesbezüglichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abwich, erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zukommt. In diesem Umfang ist sie auch berechtigt.

Die von den Vorinstanzen über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der Beklagte verließ am 20. 4. 1982 gegen 20,45 Uhr die Bundesheerkaserne in Langenlebarn und bestieg sein Fahrrad, nachdem er dessen Dynamo eingeschaltet hatte. In Anbetracht der öffentlichen Straßenbeleuchtung in der Ortschaft Langenlebarn war ihm zunächst nicht aufgefallen, daß seine Fahrradbeleuchtung ausgefallen war. Auch als ihn nach Durchfahren des Ortsteiles „in der Au“ 120 m nach der letzten Neonpeitschenleuchte ein entgegenkommendes Kraftfahrzeug anblinkte, setzte er seine Heimfahrt knapp links der weißen Randlinie der B 14 zunächst fort und bezog erst ein gleiches Lichtsignal eines weiteren Gegenfahrzeuges – augenscheinlich des zweiten Fahrzeuges der in Richtung Langenlebarn heimfahrenden und aus vier Bundesheerkraftfahrzeugen bestehenden Kolonne – auf das von ihm gelenkte Fahrrad und als er bei dessen genauerer Besichtigung bemerkte, daß die Beleuchtung ausgefallen war, lenkte er sogleich das Rad nach rechts über die 0,35 m in die 6 m breite Asphaltfahrbahn der B 14 hineinragende weiße Randlinie auf das daran anschließende 0,75 m breite niveaugleiche Sandbankett, wo er es nach ein paar Metern des Ausrollens anhielt und dann abstieg. Unmittelbar vorher hatte der den bei der Klägerin versicherten PKW „Mitsubishi Lancer Turbo“ (*****) mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 km/h in der gleichen Richtung lenkende Anton S*****, der diese Geschwindigkeit auch nach Abblendung des Scheinwerferlichtes wegen der entgegenkommenden Bundesheerfahrzeuge beibehalten hatte, nach Durchführung des Begegnungsverkehrs mit dem zweiten Bundesheerfahrzeug den in diesem Zeitpunkt noch links der Randlinie fahrenden Beklagten im Kegel seines im Mittelteil ca. 40 m und im rechten Teil 60–70 m reichenden Abblendlichtes wahrgenommen und darauf mit einer Linkslenkung reagiert, welche jedoch im Hinblick auf seine wegen der hohen Geschwindigkeit und des Gegenverkehrs ziemlich weit rechts gewählte Fahrspur erst zu einem Zeitpunkt wirksam wurde, als sich der Beklagte bereits rechts der Randlinie befunden hatte. In Anbetracht des in diesem Zeitpunkt nur mehr 50–100 m entfernten dritten Bundesheerfahrzeuges bremste S***** leicht und lenkte außerdem zwecks Vermeidung einer Kollision mit diesem sofort wieder nach rechts, worauf der Mitsubishi nach Hinterlassung von 40 m langen Driftspuren auf der trockenen Asphaltfahrbahn – Spureneinsatz 42 m nach dem Überholen des Beklagten und 2,8 m vom linken Asphaltrand entfernt – und einer Drehung von über 90 Grad nach rechts über die Böschung in den Auwald stützte, wo er nach ca. 30 m mit der Frontseite zur Fahrbahn zum Stillstand gelangte. Auf welche Distanz S***** und sein Beifahrer R***** den Beklagten erstmalig auf seinem unbeleuchteten Fahrrad wahrgenommen hatten, konnte nicht geklärt werden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß das Verschulden des Fahrzeuglenkers S*****, der ungeachtet der beschränkten Reichweite seines Abblendlichtes seine mindestens 100 km/h betragende Geschwindigkeit auch nach dem durch den Gegenverkehr ausgelösten Abblenden des ursprünglich eingeschaltet gewesenen Scheinwerferlichtes beibehalten hätte, gegenüber dem Beklagten der den Ausfall seiner Fahrradbeleuchtung bei Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit schon wesentlich früher, spätestens aber 50 m nach der letzten Neon‑Peitschenleuchte der Ortsbeleuchtung wahrnehmen hätte können, als doppelt so schwer zu qualifizieren sei, sodaß der Klägerin neben einem Drittel des um den Restwert verminderten Zeitwertes des bei ihr vorgeschriebenen PKWs auch noch ein Drittel der Regreßforderung der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse im Gesamtausmaß von 4.030,60 S für Krankenbehandlung Karl R*****s samt gesetzlichen Zinsen zuzusprechen und dem Feststellungsbegehren im Sinne der Feststellung der Haftung des Beklagten im Ausmaß eines Drittels stattzugeben gewesen sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung; während es das Ersturteil in seinem klagsabweisenden Teil bestätigte, erachtete es die Rechtsrüge des Beklagten, wonach seine Haftung schon dem Grunde nach nicht gegeben sei, als berechtigt. Dem Beklagten sei in der Klage lediglich vorgeworfen worden, er habe sein Fahrrad unbeleuchtet benutzt. Darin liege aber für sich allein noch kein rechtswidriges Verhalten: Dieses könne nur darin erblickt werden, daß der Lenker das Fahrrad in Betrieb nehme, obwohl ihm bei Anwendung entsprechender Sorgfalt dessen mangelhafter Zustand erkennbar gewesen wäre; oder aber darin, daß er, wenn er diesen Zustand erst beheben könne, die Fahrt nicht nur bis zum nächsten Ort fortsetze, wo der vorschriftswidrige Zustand behoben werden könne (§ 58 Abs. 2 StVO), sondern darüber hinaus. Der erstgenannte Vorwurf werde dem Beklagten überhaupt erstmals im Berufungsverfahren gemacht, der letztere auch hier nicht. Es bliebe daher nur derjenige übrig, daß er auf einer (nicht verbotswidrig angetretenen) Fahrt den mangelnden Zustand seiner Beleuchtung nicht schon früher, spätestens jedoch 50 m nach der letzten Neon‑Peitschenleuchte der Ortsbeleuchtung wahrgenommen habe. Ein rechtmäßiges Verhalten des Beklagten hätte also nur dazu geführt, daß er diesen Mangel etwas früher bemerkt und er sein Fahrrad früher auf das Bankett gelenkt hätte. Nach ständiger Rechtsprechung sei jedoch auch ein das Fahrrad schiebender Radfahrer als Radfahrer zu behandeln (ZVR 1968/176; ZVR 1977/251; ZVR 1984/31 uza) und könne er daher die (rechte) Fahrbahn benützen (ZVR 1967/123), zumal keine Vorschrift bestehe, wonach er ein vorhandenes Straßenbankett benützen müsse (ZVR 1968/176) und ihm das Gesetz sogar das Schieben in der Längsrichtung auf Gehsteigen und Gehwegen verbiete (§ 68 Abs. 1 StVO). Ein früheres Erkennen der mangelhaften Beleuchtung des Fahrrades durch den Beklagten hätte somit nur dazu geführt daß er früher abgestiegen und dieses geschoben hätte, nicht aber dazu, daß er für den nachkommenden Verkehr leichter erkennbar gewesen wäre. Ein darüber hinausgehender Verstoß gegen die Bestimmung des § 58 Abs. 2 StVO sei dem Beklagten jedoch nicht vorgeworfen worden. Damit fehle es aber am Rechtswidrigkeitszusammenhangs zwischen dem im angefochtenen Urteil angeführten Fehlverhalten des Beklagten und dem von der Klägerin getragenen und noch zu tragenden Schaden aus dem Unfallsereignis. Das Berufungsgericht brachte ergänzend seine Ansicht weiters dahin zum Ausdruck, daß eine Beurteilung dieses Rechtsfalles nach den Prinzipien des rechtmäßigen Alternativverhaltens ( Koziol , Haftpflichtrecht 2 I 163 ff mwN) zum selben Ergebnis führen würde. Da dem Beklagten somit das Zustandekommen des gegenständlichen Unfalles nicht anzulasten sei, sei das angefochtene Urteil im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung abzuändern gewesen.

Die Klägerin hat die Haftung des Beklagten für die Unfallsfolgen auf die Behauptung gestützt, der Beklagte habe das Fahrrad trotz Dunkelheit unbeleuchtet benützt, und ihm damit einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 60 Abs. 3 StVO, wonach Fahrzeuge – und dazu gehören auch Fahrräder (§ 2 Abs. 1 Z 22 StVO) – ua bei Dunkelheit auf der Fahrbahn zu beleuchten sind, also gegen ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB (ZVR 1981/187) und die in der MGA ABGB 32 unter Nr. 69 zu § 1311 abgedruckten Entscheidungen) zum Vorwurf gemacht. Die in dieser Bestimmung normierte Ausnahme liegt nicht vor, weil der Beklagte das Fahrrad nicht geschoben hat, sondern damit gefahren ist. Der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht, die Klägerin habe dem Beklagten damit noch kein rechtswidriges Verhalten angelastet, kann somit nicht gefolgt werden. Daß der Beklagte vor Antritt der Fahrt den Zustand seiner Lichtanlage auf ihre Wirksamkeit geprüft, sich also davon überzeugt hätte, daß er der ihm nach § 66 Abs. 3 StVO obliegenden Pflicht, die Beleuchtungseinrichtung (im Sinne des Abs. 2 leg.cit.) in voll wirksamen Zustand zu erhalten, entsprochen hat, wurde von ihm nicht behauptet. Er hat vielmehr in diesem Zusammenhang nur vorgebracht, es sei richtig, daß er zunächst wegen des Ausfalles des Lichtes ohne Licht gefahren sei, was er aber wegen der Straßenbeleuchtung zunächst nicht habe wahrnehmen können. Die Voraussetzungen für die alleinige Prüfung des Verhaltens des Beklagten dahin, ob er der Bestimmung des § 58 Abs. 2 StVO entsprochen hat, mit der Folge der Ablehnung seiner Haftung für die Unfallsfolgen für den Fall der Einhaltung dieser Bestimmung, liegen daher nicht vor. Daß die Vorschrift über die Beleuchtung von Fahrzeugen bei Dunkelheit der besseren Erkennbarkeit des Fahrrades bei Dunkelheit und damit der Vermeidung von Auffahrunfällen und Unfällen im Zuge von Überholmanövern dient, bedarf keiner weiteren Erörterung. Hat aber der Schädiger erwiesenermaßen ein Schutzgesetz übertreten, das gerade der eingetretenen Beschädigung vorbeugen sollte, dann obliegt ihm der Beweis, daß der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens eingetreten wäre (vgl. MGA ABGB 32 § 1311/39). In dieser Richtung geht jede verbleibende Unklarheit zu Lasten dessen, der die Schutznorm übertreten hat. Da der Beklagte nicht den Beweis erbracht hat, daß der Unfall in gleicher Weise auch dann eingetreten wäre, wenn sein Fahrrad vorschriftsmäßig beleuchtet gewesen wäre, hat er ein Verschulden an dem erfolgten Unfall zu vertreten und damit für die Unfallsfolgen auch zu haften.

Daß den Lenker des bei der Klägerin versicherten Fahrzeuges ein Mitverschulden an dem Unfall trifft, ist nicht strittig. Das Erstgericht hat entgegen der Ansicht der Klägerin eine Verschuldensteilung im Ausmaß von 2 : 1 zu Lasten des PKW‑Lenkers als angemessen erachtet und das aus einer weitergehenden Haftung abgeleitete Klagebegehren abgewiesen. In diesem Umfang wurde das Urteil des Erstgerichtes bestätigt. Nach dem Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision gegen den bestätigenden Teil seiner Entscheidung, also in Ansehung der Annahme eines Mitverschuldens des Lenkers des Fahrzeuges der Klägerin im Ausmaß von zwei Drittel nicht zulässig. Das festgestellte Verhalten des Beklagten rechtfertigt aber jedenfalls die Annahme seines diesen treffenden, mit einem Drittel zu bewertenden Mitverschuldens, weshalb sich die außerordentliche Revision der Klägerin hinsichtlich des abändernden Teiles der berufungsgerichtlichen Entscheidung als berechtigt erweist.

Es mußte daher das Urteil des Gerichtes zweiter Instanz im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung mit der Maßgabe abgeändert werden, daß auch das Feststellungsmehrbegehren im Spruch der Entscheidung abzuweisen war.

Die Entscheidung über die Prozeßkosten und die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf § 43 Abs. 1 und § 50 ZPO.

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