Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind schwedische Staatsbürger, deren Ehe mit Urteil des Erstgerichtes vom 17. 6. 1996 zu 4 C 20/90c nach materiellem schwedischen Recht ohne Ausspruch eines Verschuldens geschieden wurde.
Im gegenständlichen Unterhaltsverfahren begehrt die Klägerin mit Klage vom 25. 6. 1996 einen monatlichen Unterhalt von S 37.500,--. Der Klägerin wurde mit Beschluss vom 16. 11. 1998 durch das Erstgericht ein einstweiliger Unterhalt von S 25.000,-- zuerkannt. Der vom Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei erhobene außerordentliche Revisionsrekurs wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 18. 3. 1999, 8 Ob 64/99s, mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen. Das Rekursgericht habe sich mit der Frage des auf den gegenständlichen Unterhaltsanspruch anzuwendenden Rechts auseinandergesetzt und zutreffend dargelegt, dass das gemäß § 18 Abs 1 Z 1 IPRG anzuwendende schwedische Recht bezüglich des Unterhaltsanspruches des geschiedenen Ehegatten auf das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes bzw des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes der geschiedenen Ehegatten und damit auf österreichisches Recht verweise. Diese Rückverweisung sei gemäß § 5 Abs 2 IPRG zu beachten. Da der Revisionsrekurswerber nicht dargelegt habe, dass das ausländische Kollisionsrecht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich dieses Rechtes in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hinangesetzt worden wäre, liege keine erhebliche Rechtsfrage vor.
Der Beklagte beantragte nunmehr im Hauptverfahren mit Zwischenurteil auszusprechen, dass der Klägerin dem Grunde nach kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch zukomme, weil davon auszugehen sei, dass die Scheidung nach österreichischem Recht ohne Ausspruch eines Verschuldens erfolgt sei und ihr danach mangels Vorliegens der Voraussetzungen kein Unterhaltsanspruch gebühre.
Die Klägerin sprach sich dagegen aus.
Mit Zwischenurteil vom 20. 3. 2000 wies das Erstgericht den Antrag des Beklagten auf Feststellung, dass der Klägerin dem Grunde nach kein Anspruch auf gesetzlichen Unterhalt gegen den Beklagten zustehe, mit ausführlicher Begründung ab.
Das Berufungsgericht bestätigte im Wesentlichen unter Berufung auf § 500a ZPO diese Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob einem Ehepartner ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch in Österreich dann verschlossen sei, wenn die Ehe nach schwedischem Recht ohne Verschuldensausspruch geschieden wurde, fehle. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhebt der Beklagte Revision wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen; hilfsweise begehrt er die Abänderung im Sinn der Stattgebung seines Feststellungsantrages. Die Klägerin beantragt die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist zwar als zulässig anzusehen, weil zur grundsätzlichen, vom Berufungsgericht als relevant bezeichneten erheblichen Rechtsfrage, nämlich ob einem Ehepartner ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch nach österreichischem Recht dann verschlossen sei, wenn die Ehe nach ausländischem Recht, welches nur eine Scheidung ohne Verschuldensausspruch kennt, geschieden wurde, eine ausdrückliche oberstgerichtliche Judikatur fehlt; sie ist aber nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, dass die Vorinstanzen völlig zu Recht davon ausgegangen sind, dass die Ehe der Streitteile vom Erstgericht rechtskräftig und vom Beklagten unbekämpft unter Anwendung des materiellen schwedischen Rechts und somit ohne Ausspruch eines Verschuldens geschieden wurde, weil das schwedische Eherecht einen Verschuldensausspruch nicht kennt. Es ist daher schon deshalb verfehlt, nunmehr zu behaupten, die Ehe wäre nach österreichischem Recht ohne Verschuldensausspruch geschieden worden. Dass im Urteilstenor nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, dass die Scheidung nach schwedischem Recht erfolgt sei, ändert nichts daran, weil ein solcher Ausspruch im Urteilstenor nicht vorgesehen ist und Spruch und Gründe, auch wenn sie äußerlich zu trennen sind (§ 417 Abs 2 ZPO), inhaltlich eine Einheit bilden.
Der Oberste Gerichtshof ist, wie bereits erwähnt, in der zitierten Entscheidung über die Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses des Beklagten im Sicherungsverfahren davon ausgegangen, dass sich der Unterhaltsanspruch geschiedener schwedischer Staatsbürger nach deren gemeinsamen bzw letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt und somit nach österreichischem Recht richtet und der Revisionsrekurswerber nicht dargelegt hat, dass das ausländische Kollisionsrecht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich dieses Rechtes in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre. Wenn der Beklagte nunmehr in allen Instanzen völlig unsubstantiiert und ohne jede Begründung oder Nachweis - nur unter Hinweis auf seinen "schwedischen Informanten, auf den er sich verlassen müsse" behauptet, dass es zwischenzeitig zu einer Gesetzesänderung bzw Änderung in der Judikatur gekommen sei, ist dies kein ausreichender Anlass, die vom Bundesministerium für Justiz im vorliegenden Fall bereits ermittelte (§ 4 IPRG) und vom Obersten Gerichtshof gebilligte Rechtsansicht nochmals überprüfen zu lassen bzw von sich aus neue Nachforschungen anzustellen. Darauf, ob der Beklagte noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, kommt es nicht an, weil der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der ehemaligen Ehepartner für den Unterhaltsanspruch maßgeblich ist; dieser lag in Österreich. Die vom Bundesministerium für Justiz eingeholte Auskunft erwähnt auch, dass nach neuerer schwedischer Rechtsprechung das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten maßgebend sein soll (ON 20a); auch dieser liegt in Österreich.
Der Oberste Gerichtshof hat in der zitierten Vorentscheidung 8 Ob 64/99s über den einstweiligen Unterhalt bereits implizite bejaht, dass der Klägerin ein nach österreichischem Recht zu beurteilender Unterhaltsanspruch auch im Fall einer Scheidung ohne Verschuldensausspruch zustehen kann, wenn die auf die Scheidung anzuwendende Rechtsordnung einen solchen Verschuldensausspruch nicht kennt. Auch eine ausdrückliche Überprüfung dieser Rechtsfrage ergibt, dass die Rechtsansicht der Vorinstanzen zutreffend ist, dass ein fehlender Verschuldensausspruch im Scheidungsurteil in einem solchen Fall nicht zu einer grundsätzlichen Verneinung des nachehelichen Unterhalts führt:
Nach nunmehr einhelliger Rechtsprechung (1 Ob 2131/96 = SZ 69/146 = JBl 1997, 105, mwN zur bis dahin divergierenden Judikatur) gewährt der Oberste Gerichtshof Billigkeitsunterhalt in analoger Anwendung des § 69 Abs 3 EheG bei von vorneherein rechtsunwirksamer oder rechtsunwirksam gewordener Unterhaltsvereinbarung iSd § 55a Abs 2 EheG.
Die dort angestellten Erwägungen gelten ebenso für den vorliegenden Fall.
Ganz augenscheinlich hat der österreichische Gesetzgeber die sich für den Fall einer Ehescheidung nach ausländischem Recht ohne Verschuldensausspruch aufdrängende Frage, ob und welchem Ausmaß dem unterhaltsbedürftigen Teil gegen den anderen ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch zustehen kann, nicht bedacht. Zu berücksichtigen ist, dass nach den der gesetzlichen Regelung der nachehelichen Unterhaltssprüche zugrunde liegenden Intentionen des Gesetzgebers mit der Auflösung des Ehebandes nicht alle Rechtswirkungen der Ehe beendet sind, sondern gerade die mit der Eheschließung eingegangene gegenseitige Beistandspflicht, die der wechselseitig übernommenen Verantwortung der den Partner entspricht, fortdauert. Diesen Gedanken folgend ergibt sich im Fall einer Scheidung nach ausländischem Recht, das keinen Verschuldensausspruch kennt, die Notwendigkeit, dieses Regelungsdefizit als echte Gesezteslücke im Sinn einer planwidrigen Unvollständigkeit des positiven Rechtes zu deuten, die im Wege der Analogie zu schließen ist. Hiefür drängt sich die Bestimmung des § 69 Abs 3 EheG geradezu auf, welche dem bedürftigen Ehegatten unter den dort umschriebenen Voraussetzungen trotz fehlenden Verschuldensausspruchs einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Teil zubilligt.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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