European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00025.17K.0328.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Im Verfahren zu 5 C 254/04m des Bezirksgerichts Melk begehrt der Ablehnungswerber als Kläger vom beklagten Facharzt Dr. H***** die Feststellung der Haftung für Schäden, die dieser ihm durch fahrlässig falsch erstattete Gerichtsgutachten (in Gerichtsverfahren nach einem Arbeitsunfall des Klägers) verursacht habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Urteil vom 28. Juni 2016 ab. In seiner dagegen erhobenen Berufung lehnte der Kläger den Präsidenten sowie die Vizepräsidentin des Landesgerichts St. Pölten und alle im Einzelnen namentlich genannte Richterinnen und Richter des Gerichtshofs als befangen ab. Zu dieser Ablehnung verwies er auf einen seit Jahren zwischen ihm und dem Ehegatten einer Richterin des Landesgerichts vor dem Bezirksgericht Purkersdorf geführten Schadenersatzprozess, in dem mit einem Beschluss des Oberlandesgerichts Wien die Ehefrau seines Gegners als ausgeschlossen und alle anderen Richter des Landesgerichts als befangen erachtet worden seien. Da der genannte Schadenersatzprozess noch anhängig sei, könne für das vorliegende Verfahren nichts anderes gelten.
In ihren Stellungnahmen zu diesem Antrag erklärten der Präsident sowie die Vizepräsidentin des Landesgerichts St. Pölten und insgesamt zwanzig Richterinnen und Richter des Landesgerichts St. Pölten, sich in der Rechtssache für nicht befangen zu erachten. Neun weitere Richterinnen und Richter zeigten ihre Befangenheit an und begründeten dies damit, dass sie den Beklagten regelmäßig als Sachverständigen bestellten. Ein weiterer Richter teilte mit, er sei mit dem Beklagten befreundet, und eine Richterin verwies in der Anzeige ihrer Befangenheit auf den Prozess zwischen dem Ablehnungswerber und ihrem Ehemann.
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Oberlandesgericht Wien aus, dass elf namentlich genannte Richterinnen und Richter des Landesgerichts St. Pölten in dieser Rechtssache befangen seien. Gleichzeitig wies es den Ablehnungsantrag gegen die anderen abgelehnten Richterinnen und Richter (ein Name wurde doppelt genannt) zurück.
Zur Begründung des zurückweisenden Spruchpunkts wurde ausgeführt, insbesondere bei größeren Gerichten reiche es nicht aus, dass ein (nicht demselben Senat angehörender) Kollege (oder eine Kollegin) in ein anhängiges Verfahren involviert sein könnte, um die Befangenheit aller anderen Mitglieder dieses Gerichts auch dann anzunehmen, wenn sie selbst erklärten, nicht befangen zu sein und nur berufliche Kontakte mit diesem Kollegen (dieser Kollegin) zu haben. Der Umstand, dass der Ablehnungswerber auch einen– mit der hier gegenständlichen Rechtssache in keinem Zusammenhang stehenden – Prozess gegen den Ehemann einer Richterin des Landesgerichts St. Pölten führe, könne daher eine Befangenheit der anderen Richter des Landesgerichts für sich allein nicht begründen. Zwei der abgelehnten Richterinnen seien außerdem nicht mehr am Gerichtshof tätig, weshalb der Ablehnungsantrag gegen diese (auch ohne eine Stellungnahme) ebenfalls zurückzuweisen sei.
Gegen den zurückweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, auch die Befangenheit des Präsidenten und der Vizepräsidentin des Landesgerichts St. Pölten sowie die der weiteren namentlich genannten Richterinnen und Richter des Landesgerichts festzustellen.
Eine Rekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Der Rekurswerber verweist (neuerlich) auf das von ihm gegen den Ehemann einer Richterin des Landesgerichts St. Pölten geführte Verfahren vor dem Bezirksgericht Purkersdorf. Damals habe das Oberlandesgericht Wien in einer Entscheidung vom 26. Jänner 2005 die Befangenheit sämtlicher Richter des Landesgerichts St. Pölten ausgesprochen; es sei nicht einzusehen, weshalb sich im vorliegenden Fall nicht ebenfalls alle Richter des Landesgerichts für befangen erklärt hätten.
Mit diesem Vorbringen hat der Ablehnungswerber im vorliegenden Verfahren bereits einmal sämtliche Richterinnen und Richter des Landesgerichts St. Pölten abgelehnt. Bereits damals wurde ein Teil der abgelehnten Richterinnen und Richter (aufgrund ihrer Äußerungen zur Ablehnung) als befangen erachtet, der Ablehnungsantrag gegen jene, die sich nicht als befangen erklärt hatten, aber zurückgewiesen. Bereits damals
wurde ausgeführt, dass das vom Ablehnungswerber angesprochene Verfahren vor dem Bezirksgericht Purkersdorf gegen den Ehemann einer Richterin des Landesgerichts St. Pölten nicht einmal den Anschein einer Befangenheit der damals nicht als befangen erachteten Richterinnen und Richter begründen könne. Die Feststellung der Befangenheit der übrigen Richterinnen und Richter des Landesgerichts im anderen Verfahren erlaube auf das nun zu beurteilende Verfahren, an dem der Ehemann der Richterin nicht beteiligt und in dem auch keinerlei vergleichbare Konstellation gegeben ist, keine Rückschlüsse (8 Ob 77/16f).
Schon deshalb ist das Vorbringen des Ablehnungswerbers nicht geeignet, seine (hier noch verfahrensgegenständliche) Ablehnung zu rechtfertigen: Wiederholte,
auf bereits für ungerechtfertigt erkanntes Vorbringen gestützte Ablehnungsanträge sind unzulässig (8 Ob 20/89).
Konkrete andere als die bereits früher erfolglos geltend gemachten Gründe wurden aber vom Ablehnungswerber in seiner Ablehnung mit keinem Wort behauptet.
Auf den Umstand, dass zwei der erfolglos abgelehnten Richterinnen (wie aus ihrer Äußerung zur Ablehnung hervorgeht) „einmal Patientin des Beklagten“ gewesen sind, hat der Ablehnungswerber seine Ablehnung in erster Instanz nicht gestützt. Sein dazu nun im Rekurs erstattetes Vorbringen stellt im Übrigen keinen Grund für die Annahme der Befangenheit der beiden Richterinnen dar. Wenngleich die durch ein jahrelanges Arzt-Patienten-Verhältnis entstehende Bekanntschaft den Anschein der Befangenheit erwecken kann (RIS‑Justiz RS0045975 [T7]), so kann hier von einem derartigen jahrelangen Arzt-Patienten-Verhältnis angesichts der Erklärungen der beiden Richterinnen, „lediglich einmal“ Patientin des beklagten Arztes gewesen zu sein, nicht die Rede sein.
Dem Rekurs kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.
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