Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Beklagte unterfertigte einen Kaufantrag zum Erwerb eines neuen PKW, wobei sein bisheriges Leasingfahrzeug eingetauscht werden sollte. Nach dem zunächst mit der Klägerin besprochenen Leasingmodell hätte der Beklagte eine „Aufzahlung" von 7.721,50 EUR zu leisten gehabt. Den Restwert für das alte Leasingfahrzeug, das von der Klägerin bei der Leasinggesellschaft eingelöst wurde, hätte er nicht zahlen müssen. Da ihm für den Fall des Ankaufs durch Barzahlung ein Bonus von 500 EUR zugesagt wurde, entschied sich der Beklagte für diese Variante, worauf der Aufzahlungsbetrag auf 7.221,50 EUR korrigiert wurde. Über die Zahlung des Restwerts wurde nicht gesprochen. Der Beklagte ging davon aus, dass das Leasingfahrzeug von der Klägerin auf deren Kosten von der Leasinggesellschaft eingelöst werde. Die Klägerin ging davon aus, dass der Beklagte den von der Klägerin zu bevorschussenden Restwert des Leasingfahrzeugs zu zahlen habe. Nach Rückstellung des alten Fahrzeugs und Leistung der Aufzahlung wurde dem Beklagten das neue Fahrzeug übergeben. In der Folge verweigerte er den Ersatz der von der Klägerin aufgewendeten Restwertkosten.
Die Klägerin begehrt die Zahlung des Restkaufpreises. Es könne kein Zweifel darüber bestehen, dass der Beklagte bei Inanspruchnahme der Barzahlungsvariante Eigentümer des einzutauschenden Fahrzeugs sein müsse und daher den zur Einlösung des Fahrzeugs bei der Leasinggesellschaft erforderlichen Betrag zu zahlen habe. Der Beklagte wendet ein, dass ihm von der Klägerin gegen Zahlung von 7.221,50 EUR und Rückstellung des alten Fahrzeugs ein neuer PKW versprochen worden sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dem Beklagten hätte klar sein müssen, dass ihm das Fahrzeug, das beim Kauf eines neuen Fahrzeugs als Gegenwert eingetauscht werde, gehören müsse. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Die Nichterörterung des Umstands, wer den Restwert des Gebrauchtwagens wirtschaftlich zu tragen habe, bewirke die Unvollständigkeit bzw Mehrdeutigkeit der abgegebenen Willenserklärungen, sodass - da die Parteien unterschiedliche Vorstellungen gehabt hätten - ein versteckter Dissens vorliege. Die Klägerin könne sich daher auf keine vertragliche Anspruchsgrundlage berufen. Andere Rechtsgründe habe sie nicht geltend gemacht. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision deshalb zulässig sei, weil die Meinung vertreten werden könnte, dass die in der Entscheidung 1 Ob 15/09a in einem vergleichbaren Fall behandelten Anspruchsgrundlagen nach §§ 1014 bzw 1042 ABGB - auch wenn es kein in diese Richtung weisendes Prozessvorbringen der Klägerin gäbe - auch hier zu prüfen wären.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer entscheidungsrelevanten erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
I. Nach dem der Entscheidung 1 Ob 15/09a zugrunde liegenden Sachverhalt war zwischen den Parteien vereinbart, dass der Käufer das von ihm eingetauschte Leasingfahrzeug vor Übergabe an die Klägerin von der Leasinggesellschaft ankauft und der Klägerin unbeschränktes Eigentum überträgt, was er vereinbarungswidrig aber nicht tat, weshalb die Klägerin das Fahrzeug selbst von der Leasinggesellschaft erwarb. Durch Zahlung des Auslösebetrags wurde der Fahrzeugkäufer somit von einer Verbindlichkeit befreit, die er aufgrund der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung zu tragen gehabt hätte. In dieser Situation wurde ausgesprochen, dass dann, wenn der beklagte Fahrzeugkäufer die von ihm nach der mit der Klägerin getroffenen Vereinbarung geschuldete Abwicklung mit der Leasinggesellschaft der Klägerin überlassen hat, diese iSd § 1014 ABGB den Ersatz ihres entsprechenden Aufwands verlangen könne. Auch ohne entsprechende Ermächtigung stünde der Klägerin nach § 1042 ABGB der Ersatz jenes Betrags zu, den sie aufgewendet habe, um den beklagten Käufer von Verbindlichkeiten zu befreien.
Anders als in diesem Fall gelangte das Berufungsgericht in der hier zu entscheidenden Rechtssache gerade nicht zum Ergebnis, dass nach der getroffenen Vereinbarung der Beklagte bei Inanspruchnahme der Barzahlungsvariante die Einlösung seines alten Leasingfahrzeugs schuldet und die Restwertkosten zu tragen hat. Davon, dass den Beklagten die Pflicht zur Eigentumsverschaffung auf seine Kosten getroffen hat, kann dementsprechend nicht ausgegangen werden. Mangels eines vergleichbaren Sachverhalts kann sich die Klägerin somit nicht auf die in der zitierten Entscheidung angeführten Anspruchsgrundlagen und ebenso wenig auf einen Rechtsmangel betreffend die Verschaffung des Eigentumsrechts durch den Beklagten berufen. In diesem Zusammenhang wird daher keine erhebliche Rechtsfrage angesprochen.
II. Einen Bereicherungsanspruch hat die Klägerin in erster Instanz nicht geltend gemacht. Der nun von ihr aus der Annahme eines Dissenses abgeleitete Anspruch auf Rückstellung der von ihr erbrachten Leistung (also auf Rückgabe des Fahrzeugs) war nie Gegenstand des Verfahrens.
III. Die Frage, ob nach dem objektiven Erklärungswert übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen und demnach Konsens besteht, hängt von der Auslegung der Vertragsgrundlagen, hier des Kaufantrags und der Erklärungen anlässlich des Gesprächs vom 8. 3. 2008, ab. Die Ermittlung des Erklärungsinhalts im Wege der Auslegung stellt eine typische Einzelfallbeurteilung dar (RIS-Justiz RS0042555; RS0044298; RS0042936; RS0042776) und kann daher - von Fällen unvertretbarer Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen. Die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, die Vereinbarung der Parteien sei unter den gegebenen Umständen wegen des Fehlens jeglicher Regelung betreffend die Zahlung des Restwerts für das Leasingfahrzeug unvollständig bzw mehrdeutig, sodass - weil die Parteien die Vereinbarung tatsächlich unterschiedlich ausgelegt haben - ein versteckter Dissens anzunehmen sei, ist jedenfalls vertretbar (RIS-Justiz RS0014701; 2 Ob 40/05d), sodass auch die dagegen erhobenen Einwände die Zulässigkeit der Revision nicht begründen können.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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