OGH 8Ob12/84

OGH8Ob12/8422.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Utho Hosp, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1.) Johann M*****, 2.) Karl A*****, und 3.) V*****, sämtliche vertreten durch Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 500.000 S sA und Feststellung (Feststellungsinteresse 50.000 S) (Revisionsstreitwert 383.333,34 S und Feststellung: 33.333,33 S) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 15. November 1983, GZ 4 R 203/83‑35, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. Juni 1983, GZ 9 Cg 538/81‑25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00012.840.1122.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit 14.239,37 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 640 S an Barauslagen und 1.236,30 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 22. 12. 1980 ereignete sich gegen 18:45 Uhr in Eugendorf im Berich der Kreuzung der Wienerstraße mit der Obertrumer Landesstraße ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Fußgänger und der Erstbeklagte mit dem bei der Drittbeklagten haftpflichtversicherten PKW Peugeot (Kastenwagen) 581 T (*****) beteiligt waren. Dabei wurde der Kläger schwer verletzt.

Der Kläger begehrte aus dem Titel des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall nach Ausdehnung des Klagebegehrens den Zuspruch eines Schmerzengeldes von 500.000 S sA und stellte – vom alleinigen Verschulden des Erstbeklagten an dem Unfall ausgehend – ein entsprechendes Feststellungsbegehren. Der Kläger sei am rechten Fahrbahnrand der Wienerstraße gestanden, wobei seine linke Körperseite dem PKW zugewandt gewesen sei. Der Erstbeklagte sei mit dem PKW von der Obertrumer Landesstraße kommend nach rechts in die Wienerstraße eingebogen und dort auf der im Kreuzungsbereich befindlichen Angleichsspur weitergefahren. Infolge Außerachtlassung der Aufmerksamkeit habe der Erstbeklagte erst im letzten Moment wahrgenommen und niedergestoßen. Bei dem Unfall habe der Kläger schwerste Verletzungen und Dauerfolgen erlitten, zu deren Abgeltung das begehrte Schmerzengeld erforderlich sei.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens, weil der Unfall auf das alleinige Verschulden des Klägers zurückzuführen und für den Erstbeklagten unabwendbar gewesen sei. Der Erstbeklagte sei beim Einordnen in die Wiener Bundesstraße vorerst auf der Angleichsspur mit einem Seitenabstand zum rechten Fahrbahnrand von mindestens 1,5 m mit geringer Geschwindigkeit weitergefahren. Plötzlich sei der Kläger vor das fahrende Fahrzeug in die Fahrbahn gesprungen, um offensichtlich autozustoppen. Obwohl der Erstbeklagte sofort ein Bremsmanöver eingeleitet habe, habe er das Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen können. Wäre der Kläger am rechten Fahrbahnrand stehen geblieben, hätte der Erstbeklagte aufgrund des Seitenabstands von 1,5 m gefahrlos und kollisionsfrei am Kläger vorbeifahren können. Der Höhe nach stellten die Beklagten ein Schmerzengeld im Betrag von 150.000 S außer Streit.

Das Erstgericht gab – vom alleinigen Verschulden des Erstbeklagten an dem Unfall ausgehend – dem Feststellungsbegehren zur Gänze statt (wobei es die Haftung der Drittbeklagten mit der Höhe der Versicherungssumme begrenzte) und sprach dem Kläger ein Schmerzengeld von 350.000 S sA unter Abweisung des Mehrbegehrens von 150.000 S zu.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil infolge Berufung des Klägers im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Leistungsbegehrens ab. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden habe, zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil insgesamt 300.000 S übersteige und dabei der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstands 15.000 S übersteige.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichts in Ansehung des den Zuspruch von 116.666,66 S sA übersteigenden Leistungsbegehrens und des die Haftung für mehr als 1/3 der Unfallsfolgen aussprechenden Feststellungsbegehrens richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass die Forderung des Klägers von 383.333,34 S sA sowie das Feststellungsbegehren für alle zukünftigen Schäden im Umfang von mehr als 1/3 abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die von den Vorinstanzen über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der Erstbeklagte fuhr aus Richtung Obertrum kommend auf der Angleichsspur in die Wienerstraße ein. Er hatte dabei am Wagen abgeblendetes Scheinwerferlicht eingeschaltet und fuhr mit einer Geschwindigkeit von ca 40 km/h. Es herrschte starkes Schneetreiben. Der Erstbeklagte war auch durch entgegenkommende Fahrzeuge geblendet worden. Am rechten Fahrbahnrand der Angleichsspur befand sich ein Schneewall. Der Seitenabstand zu den rechtsseitig befindlichen Begrenzungspflöcken betrug ca 1,5 m; die Begrenzungspflöcke sind 1 m von der linken Innenkante des weißen Begrenzungsstreifens der Fahrbahn entfernt, sodass der Erstbeklagte in einer Entfernung von ca 0,5 m vom rechten Begrenzungsstreifen fuhr. In diesem „Halbmeterbereich“ befand sich der Kläger, als er im Stillstand vom Fahrzeug des Erstbeklagten erfasst wurde. Der Anstoß des Klägers am PKW erfolgte zunächst im Bereich des rechten vorderen Scheinwerfers, der zweite Anstoß auf der rechten Windschutzscheibenstrebe; daran schloss sich ein seitliches Abgleiten des Klägers an, wobei der rechte Außenspiegel beschädigt wurde. Die Kollisionsgeschwindigkeit betrug zumindest 40 km/h. Dass der Kläger im letzten Moment in die Fahrbahn hineingelaufen sei, konnte nicht festgestellt werden. Zum Unfall kam es, weil der Erstbeklagte die vor ihm befindliche Fahrbahn und den Fahrbahnrand nicht aufmerksam beobachtet und dadurch den Fußgänger an der rechten Fahrbahnseite übersehen hatte.

Bei dem Unfall erlitt der Kläger eine Schädelprellung mit Bluterguss im Bereich der Augenlieder links, einen Jochbeinbruch links, einen Augenhöhlenbruch links, ausgedehnte Hirnprellungsherde rechts mehr als links, einen Schulterblattbruch links, einen geschlossenen Oberschenkelbruch links und einen offenen Unterschenkelbruch links. Wegen dieser Verletzungen befand er sich vom 22. 12. 1980 bis 18. 2. 1981 in stationärer Behandlung der II. Chirurgie der Landeskrankenanstalt Salzburg. Nach Schockbekämpfung wurde ein Nagel durch das Fersenbein und den Schienbeinkopf links geschlagen und der Oberschenkelbruch sowie der Unterschenkelbruch mit Gewichtbelastung in einem Extensionsverband ruhiggestellt. Am 29. 12. 1980 wurde der (richtig) Oberschenkelbruch mit Marknagel und am 9. 1. 1981 der Unterschenkelbruch mit Metallplatten versorgt. Wegen der langen Bewusslosigkeit des Klägers war auch ein Luftröhrenschnitt notwendig geworden. Am 19. 2. 1981 wurde der Kläger mit dem Bild einer hirnorganischen Geisteskrankheit auf die neurologische Abteilung der Landesnervenklinik verlegt. Dort verblieb er bis 17. 5. 1981 in stationärer Behandlung. Dabei wurde eine linksseitige Halbseitenlähmung und Zeichen einer Irritation des Armnervengeflechtes rechts und eine leichte Schwäche des rechten Beines festgestellt. Im Sommer 1981 war der Kläger im Rehabilitationszentrum Meidling. 1982 war er zur Entfernung des Marknagels und des Metallmaterials in stationärer Behandlung der II. Chirurgie der Landeskrankenanstalten Salzburg; 1982 befand er sich im Rehabilitationsspital in Saalfelden. An Verletzungsfolgen bestehen noch eine linksseitige Halbseitenlähmung, wobei durch eine starke Unterinnervierung des linken Mundwinkels auch eine leichte Entstellung des Gesichts besteht. Weiters eine Geruchslosigkeit, eine hirnorganische Wesensveränderung und Hirnleisitungsschwäche mit Verlangsamung und Merkfähigkeitsschwäche, eine Verkürzung des linken Beines um ca 2 cm, eine Muskelverschmächtigung am linken Bein, eine leichte Bewegungseinschränkung in der linken Hüfte und dem linken oberen Sprunggelenk. Weiters bstehen Operationsnarben am Rollhöcker des linken Oberschenkels entlang der Schienbeinkante links in der Drosselgrube. Diese Verletzungen sind Dauerfolgen, die sich nicht mehr wesentlich ändern werden. Aufgrund dieser Verletzungen verbunden mit der anhaltenden hirnorganischen Krankheit und der 1982 vorgenommenen Metallmaterialentfernung bestanden durch über ein Monat stark und durch über zwei Monate mittelstarke Schmerzen, wobei mittelstarke Schmerzen auch nach der Spitalsentlassung in Form von Kopfschmerzen bestanden haben. Es bestehen weiterhin aber noch Kopfschmerzen und schmerzhaftes Kältegefühl im linken Arm und bisweilen Hüftgelenks‑ und Sprunggelenksbeschwerden bei Belastung des linken Beines. Diese Restbeschwerden werden zeitlebens gelegentlich leichte Schmerzen verursachen, die gerafft ein Ausmaß von ca sechs Monaten ergeben. Neben diesen körperlichen Schmerzen erlitt der Kläger auch noch psychische Schmerzen, die sich daraus ergeben, dass er mit 23 Jahren ein Krüppel ist, fast nicht arbeiten kann und in der Freizeit keine sportlichen Betätigungen wie andere Menschen dieses Alters vornehmen kann.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht die Feststellungen über den Unfallshergang dahin, dass den Erstbeklagten ein Verschulden an dem Unfall treffe, weil er die vor ihm befindliche Fahrbahn und den Fahrbahnrand nicht aufmerksam beobachtet und dadurch den Kläger übersehen habe. Den beklagten Parteien hingegen sei es nicht gelungen, dem Kläger ein Mitverschulden an dem Unfall nachzuweisen. Wegen des Schneewalles am Fahrbahnrand sei es dem Kläger nicht zumutbar gewesen, vor dem herannahenden Fahrzeug des Erstbeklagten die Fahrbahn zu verlassen. Den festgestellten Verletzungen und den damit verbundenen Schmerzen und Folgen erachtete das Erstgericht ein Gesamtschmerzengeld von 350.000 S als angemessen. Da es sich bei den festgestelten Verletzungsfolgen um im Wesentlichen nicht mehr besserungsfähige Dauerfolgen handle, sei auch das Feststellungsbegehren zur Gänze berechtigt.

Das Berufungsgericht erachtete die von den Beklagten in der Berufung erhobenen Beweis‑ und Tatsachenrügen als nicht berechtigt und billigte die Annahme des Alleinverschuldens des Erstbeklagten an dem Unfall durch das Erstgericht. Angesichts der durch einen Schneewall, also eine deutlich merkbare Schneeanhäufung eingeengte Fahrbahn der Angleichsspur und des schneebedeckten Bankettes habe sich der Kläger als Fußgänger am Fahrbahnrand in einer zulässigen Position aufgehalten. Die Prüfung des Mitverschuldens habe sich auf jene tatsächlichen Umstände zu beschränken, die der beklagte Schädiger eingewendet habe, den für ein allfälliges Mitverschulden des Klägers die Behauptungs‑ und Beweislast treffe. Für die Feststellung eines Autostoppens durch den Kläger im Sinne der Ausführungen in der Klage fehle im Verfahren ein verlässlicher Hinweis. Ein Verhalten des Klägers im Sinne eines Sprunges vor das Fahrzeug habe nicht verifiziert werden können. Auch der dem Kläger in der Berufung gemachte Vorwurf, der Kläger hätte bei nur geringer Aufmerksamkeit problemlos das Herannahen des Fahrzeugs des Erstbeklagten erkennen und auf den äußersten Fahrbahnrand zurücktreten bzw die Fahrbahn zur Gänze verlassen können, wodurch der Unfall verhindert worden wäre, sei unbegründet, weil nach den Feststellungen des Erstgerichts über das Vorhandensein eines Schneewalles ein bloßes Zurücktreten des Klägers nicht in Betracht gekommen sei. Der Kläger hätte vielmehr auf den Schneewall unter den mit der Dunkelheit und der erzwungnen Eile verbundenen Risken eines Ausrutschens springen müssen, da er bei Annäherung eines Fahrzeugs im Kurfenbereich und bei Dunkelheit die eingehaltene Fahrspur erst relativ spät habe erkennen können. Aber auch bei Annahme eines darin gelegenen Verschuldens sei das Gewicht des Mitverschuldens des Klägers so gering, dass es im Verhältnis zum Verschulden des Erstbeklagten vernachlässigt werden könne. Der Erstbeklagte habe Sorgfaltsverstöße insofern zu vertreten, als er trotz Blendung sein Fahrzeug nicht abgebremst und in weiter Folge den Kläger mangels ausreichender Beobachtung der Fahrbahn zu spät wahrgenommen habe. Im Abblendlich und bei starkem Schneetreiben sei die Geschwindigkeitkeit so zu wählen, dass auf Hindernisse in der Fahrbahn noch reagiert werden könne. Ein in einer möglichen aber unterlassenen Abwehrhandlung gelegenes Mitverschulden des Klägers könne im vorliegenden Fall angesichts des verkehrswidrigen Fehlverhaltens des Erstbeklagetn bei der Verschuldensabwägung vernachlässigt werden. Der Berufung des Beklagten habe somit ein Erfolg versagt bleiben müssen.

Die Berufung des Klägers hingegen, mit der dieser die Erhöhung des Schmerzengeldes auf 500.000 S anstrebte, erachete das Berufungsgericht als berechtigt. Der Kläger habe zahlreiche schwere Brüche erlitten und sei längere Zeit bewusstlos gewesen. Der mehrmonatige Heilungsverlauf habe mehrere Operationen erforderlich gemacht, die Schmerzhaftigkeit des Heilungsverlaufs zeige sich auch in der langen Dauer von starken und mittelstarken Schmerzen. Der vorliegende Fall sei aber nicht so sehr von der Schwere der Verletzungen und der Komplizierung des Heilungsverlaufs gekennzeichnet als vielmehr von den einschneidenden Dauerfolgen, denen der 23‑jährige Kläger unterworfen sei. Es bestehe eine linksseitige Halbseitenlähmung mit einer leichten Entstellung des Gesichts, eine Geruchslosigkeit und vor allem eine hirnorganische Wesensveränderung und Hirnleistungsschwäche mit Verlangsamung und Merkfähigkeitsschwäche. Außerdem sei eine Verkürzung eines Beines mit einer leichten Bewegungseinschränkung in der linken Hüfte und im linken oberen Sprunggelenk gegeben. Weiters sei zu berücksichtigen, dass der Klgäer im Laufe seines weiterens Lebens fast nicht mehr arbeiten und in der Freizeit keine sportlichen Betätigungen werde vornehmen können. Die Restbeschwerden würden auch zeitlebens gelegentlich leichte Schmerzen verursachen. Das Gesamtbild der Schmerzen, des Heilungsverlaufs, der Dauerfolgen und der psychischen Beeinträchtigung rechtfertige ein Schmerzengeld in der Höhe von 500.000 S.

Demgegenüber beharren die Beklagten in ihrer Revision auf dem Standpunkt, den Kläger treffe ein Mitverschulden im Ausmaß von 2/3, weil er nach § 76 Abs 1 StVO das Straßenbankett und wenn ein solches fehle den äußersten Fahrbahnrand hätte benützen müssen und er außerdem ohne weiters die Möglichkeit gehabt hätte, in die Schneeanhäufung zurückzutreten, um dem Fahrzeugverkehr das Vorrecht einzuräumen.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Die Revisionswerber übersehen, dass auf ein Mitverschulden des Geschädigten nicht von Amts wegen einzugehen ist, die Prüfung des Mitverschuldens vielmehr – worauf das Berufungsgericht zutreffend bereits hingewiesen hat – auf jene tatsächlichen Umstände zu beschränken ist, die vom Schädiger eingewendet wurden (ZVR 1981/45 uva). Das Mitverschulden des Klägers haben die Beklagten aber nur auf die Behauptung gestützt, der Kläger sei plötzlich vor dem mit einem Seitenabstand von 1,5 m zum rechten Fahrbahnrand fahrenden Fahrzeug auf die Fahrbahn gesprungen, sodass dem Erstbeklagten ein rechtzeitiges Anhalten des Fahrzeugs nicht mehr möglich gewesen sei und dass der Kläger den Unfall hätte vermeiden können, wenn er am rechten Fahrbahnrand stehen geblieben wäre. Da den Beklagten der Beweis für ein solches Verhalten des Klägers nicht gelungen ist und jede in dieser Richtung verbleibende Unklarheit zu ihren Lasten geht (ZVR 1979/58, ZVR 1981/84 uva), haben die Vorinstanzen mit Recht die Annahme eines Mitverschuldens des Klägers abgelehnt. Da die Beklagten dem Kläger die Unterlassung des nunmehr in der Revision von ihm geforderten Verhaltens als Mitverschulden gar nicht vorgeworfen haben, sind die in der Revision diesbezüglich erörterten Fragen rechtlich unerheblich. Im Übrigen hat das Berufungsgericht ausführlich dargetan, aus welchen Überlegungen es dem Kläger die Benützung des noch weiter rechts gelegenen mit Schnee angehäuften Straßenteiles und die lediglich als Sprung auf den Schneewall mögliche Abwehrreaktion nicht für zumutbar erachtet hat.

Die Beklagten wenden sich in ihrer Revision weiters gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Erhöhung des Schmerzengeldes. Ausgehend von den vom Sachverständigen angeführten Schmerzperioden ergebe sich unter Berücksichtigung auch der psychischen Belastung des Klägers im Sinne einer Globalentschädigung ein Schmerzengeldanspruch von lediglich 350.000 S. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zutreffend hat das Berufungsgericht die für die Ausmessung des Schmerzengeldes maßgeblichen Kriterien dargestellt und auf die einzelnen Umstände des vorliegenden Falles deutlich Bedacht genommen. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, dass im vorliegenden Fall nicht so sehr die Schwere der Verletzungen und der Heilungsverlauf im Vordergrund stehen, vielmehr die festgestellten Dauerfolgen und deren Auswirkungen auf die physische Leistungsfähigkeit und vor allem die psychische Persönlichkeit des Klägers im Sinne einer Wesensveränderung besonders ins Gewicht fallen. Unter diesen Umständen besteht auch unter Bedachtnahme auf sowohl hinsichtlich Unfallsfolgen als auch der Unfallszeit ähnlich gelagerte Fälle kein Grund, von der Schmerzengeldbemessung des Berufungsgerichts abzugehen. Dieser Betrag erscheint vielmehr erforderlich, um den Kläger in die Lage zu versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entzogenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen (vgl die in der MGA des ABGB 31 zu § 1325 ABGB unter Nr 46 angeführten Entscheidungen ua).

Damit erweist sich aber die Revision der Beklagten insgesamt als unberechtigt, weshalb ihr der Erfolg versagt werden musste.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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