European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00011.840.0607.000
Spruch:
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, sein Urteil durch die erforderlichen Aussprüche nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO, allenfalls auch nach § 500 Abs 3 ZPO zu ergänzen.
Begründung:
Die Erstklägerin ist die Witwe, die Zweit‑ und die Drittklägerin sind Kinder des am 28. 12. 1973 bei einem Verkehrsunfall getötetem Helmuth Z*****. Im vorliegenden Rechtsstreit machten sie aus dem Titel des Schadenersatzes aus diesem Verkehrsunfall Ansprüche gegen die Beklagten geltend. Die Erstklägerin begehrte zuletzt die Veurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 1.350.631 S sA (Unterhaltsentgang für die Zeit vom 1. 1. 1974 bis 30. 9. 1982) und zur Leistung einer monatlichen Rente von 13.139,19 S (Unterhaltsentgang) ab 1. 10. 1982 bis 28. 9. 2013, jedoch beschränkt auf die Dauer des Witwenstandes der Erstklägerin. Die Zweit‑ und die Drittklägerin begehrten zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von je 350.893,99 S sA (Unterhaltsentgang für die Zeit vom 1. 1. 1974 bis 30. 9. 1982) und zur Leistung einer monatlichen Rente von je 2.848,52 S (Unterhaltsentgang) ab 1. 10. 1982 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit. Überdies stellten alle drei Klägerinnen ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für alle künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren, wobei die Drittbeklagte „bis zur Höhe der Deckungssumme aus dem Versicherungsvertrag“ zu haften habe. Dieses Feststellungsbegehren wurde mit 30.000 S bewertet.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung.
Das Erstgericht entschied mit Teilurteil über das Feststellungsbegehren und die geltend gemachten Ansprüche auf Unterhaltsentgang für die Zeit von 1974 bis 1979.
Es gab dem Feststellungsbegehren statt, wobei es aussprach, dass die Drittbeklagte „bis zur Höhe der vereinbarten, sonst Mindestversicherungssumme“ zu haften habe. Es erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, der Erstklägerin 774.811,55 S sA und der Zweit‑ und der Drittklägerin je 185.758,58 S sA zu bezahlen und wies das auf Zahlung eines weiteren Betrags von 151.335,97 S sA gerichteten Mehrbegehrens der Erstklägerin und das auf Zahlung eines weiteren Betrags von je 60.704,26 S sA gerichtete Mehrbegehren der Zweit‑ und der Drittklägerin ab.
Dieses Teilurteil wurde sowohl von den Klägerinnen als auch von den Beklagten mit Berufung bekämpft. Die Klägerinnen bekämpften es insoweit, als ein Mehrbegehren der Erstklägerin von 131.258,38 S sA und ein Mehrbegehren der Zweit‑ und der Drittklägerin von je 42.398,11 S sA abgewiesen wurde. Die Beklagten bekämpften das Teilurteil des Erstgerichts insoweit, als dem Leistungsbegehren aller drei Klägerinnen stattgegeben und in der Entscheidung über das Feststellungsbegehren die Haftung der Drittbeklagten mit der Höhe der „vereinbarten, sonst Mindestversicherungssumme“ begrenzt wurde.
Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil beiden Berufungen teilweise Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es im stattgebenden Feststellungserkenntnis die Haftung der Drittbeklagten mit der Höhe der Mindestversicherungssumme begrenzte. Es erkannte die Drittbeklagte zur ungeteilten Hand mit dem Erst‑ und der Zweitbeklagten schuldig, der Erstklägerin 335.748 S sA zu bezahlen; den Erst‑ und die Zweitbeklagte erkannte es schuldig, einschließlich des zur ungeteilten Hand mit der Drittbeklagten geschuldeten Betrags der Erstklägerin insgesamt 906.069,93 S sA zu bezahlen. Alle drei Beklagte erkannte das Berufungsgericht zur ungeteilten Hand schuldig, der Zweit‑ und der Drittklägerin je 225.994,21 S sA zu bezahlen. Das Feststellungsmehrbegehren und das Leistungsmehrbegehren der Erstklägerin gegenüber dem Erst‑ und der Zweitbeklagten auf Zahlung eines weiteren Betrags von 20.077,39 S sA und gegenüber der Drittbeklagten auf Zahlung eines weiteren Betrags von 590.399,32 S sA sowie das Leistungsmehrbegehren der Zweit‑ und der Drittklägerin auf Bezahlung weiterer Beträge von je 20.468,63 S sA wies es ab.
Aussprüche iSd § 500 Abs 2 und Abs 3 ZPO enthält die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie insoweit, als dem Leistungsbegehren aller drei Klägerinnen stattgegeben wurde, aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Die Klägerinnen haben eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Über das vorliegende Rechtsmittel kann derzeit nicht abgesprochen werden, weil seine Zulässigkeit nicht erschöpfend beurteilt werden kann.
Besteht der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entscheidet, nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, so hat es, wenn es der Berufung ganz oder teilweise stattgibt, auszusprechen, ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstands 15.000 S übersteigt (§ 500 Abs 2 Z 1 ZPO), wenn es das Urteil erster Instanz ganz oder teilweise bestätigt, ob der davon betroffene Wert des Streigegenstands 60.000 S übersteigt (§ 500 Abs 2 Z 2 ZPO), und, wenn sich nicht schon aus einem Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 oder Z 2 ZPO ergibt, dass dies nicht der Fall ist, ob der Wert des Streigegenstands zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil den Betrag von 300.000 S übersteigt (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO). Ferner hat das Berufungsgericht, wenn die Revision gegen das Berufungsurteil nicht schon nach § 502 Abs 2 oder Abs 3 ZPO jedenfalls unzulässig oder nach § 502 Abs 4 Abs 2 ZPO jedenfalls zulässig ist, auszusprechen, ob die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist; dieser Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 500 Abs 3 ZPO).
Nach ständiger Rechtsprechung sind mehrere Geschädigte, die aus dem gleichen Unfallsereignis Ansprüche ableiten und sie in einer gemeinsamen Klage geltend machen, nur formelle Streitgenossen iSd § 11 Abs 2 ZPO; ihre Ansprüche sind daher bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zusammenzurechnen (ZVR 1972/135; ZVR 1973/194; 8 Ob 25/82; 8 Ob 137/83 ua). Daran hat auch die Neufassung des § 11 Z 1 ZPO durch die ZVN 1983 nichts geändert (1 Ob 45/83).
Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus dieser Gesetzeslage, dass die erforderlichen Aussprüche des Berufungsgerichts hinsichtlich der von den drei Klägerinnen geltend gemachten Ansprüche gesondert zu erfolgen haben.
Aussprüche iSd § 500 Abs 2 Z 1 und Z 2 ZPO sind im vorliegenden Fall nicht erforderlich, weil bereits der in Geld bestehende von der Stattgebung der Berufung betroffene Wert des Streitgegenstands hinsichtlich jeder Klägerin den Betrag von 15.000 S bzw der in Geld bestehende von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstands hinsichtlich jener Klägerin den Betrag von 60.000 S übersteigt und die von den Klägerinnen geltend gemachten Feststellungsbegehren mit ihren Leistungsbegehren in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl SZ 51/2; RZ 1978/95; 8 Ob 218, 219/83 ua).
Hinsichtlich der Erklägerin sind unter diesen Umständen auch Aussprüche nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO bzw nach § 500 Abs 3 ZPO nicht erforderlich, weil bei ihr bereits der Wert des in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, jedenfalls 300.000 S übersteigt und daher die Revision hinsichtlich der von der Erstklägerin geltend gemachten Ansprüche nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO jedenfalls zulässig ist.
Wohl aber ist hinsichtlich der von der Zweitklägerin und von der Drittklägerin geltend gemachten Ansprüche gesondert iSd § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ein Ausspruch erforderlich, ob der Wert des Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht entschieden hat, zusammen mit dem in eienm Geldbetrag bestehenden Teil den Betrag von 300.000 S übersteigt.
Bejahendenfalls ist hinsichtlich dieser beiden Klägerinnen ein weiterer Anspruch nicht erforderlich.
Verneinendenfalls wird iSd § 500 Abs 3 ZPO hinsichtlich der von diesen beiden Klägerinnen geltend gemachten Ansprüche gesondert auszusprechen sein, ob die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist; dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Da das Berufunsgericht diese erforderlichen Aussprüche unterlassen hat, ist ihm ihre Nachholung durch Berichtigung (Ergänzung) des Urteilsspruchs und auch durch Nachtrag einer allenfalls erforderlichen Begründung aufzutragen (1 Ob 731/83 ua).
Sollte das Berufungsgericht aussprechen, dass die Revision hinsichtlich der von der Zweit‑ und der Drittklägerin geltend gemachten Ansprüche nicht nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig ist, wäre die bereits erstattete Revision dem Beklagtenvertreter zur allfälligen Ergänzung iSd § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zurückzustellen.
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