OGH 8Ob116/13m

OGH8Ob116/13m29.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) M***** O*****, und 2) C***** C*****, ebendort, beide vertreten durch die Kinberger Schuberth Fischer Rechtsanwälte GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei DDr. M***** K*****, wegen 38.132 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 1. Juli 2013, GZ 6 R 86/13d-46 (Revisionsinteresse 31.869,97 EUR sA), den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Erstgericht ist davon ausgegangen, dass die von ihm (überschießend) bejahte Pflichtverletzung des Beklagten vom Vorbringen der Kläger nicht umfasst sei. Der dazu in der Berufung der Kläger geltend gemachte Erörterungsmangel wurde vom Berufungsgericht verneint. Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963).

Im Anlassverfahren stellt sich allerdings nicht die Frage nach einem Erörterungsmangel, sondern danach, welche Feststellungen vom Erstgericht getroffen wurden. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht zutreffend auf sogenannte „überschießenden Tatsachenfeststellungen“ Bezug genommen. Solche Feststellungen dürfen nach der Rechtsprechung (nur) dann berücksichtigt werden, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RIS-Justiz RS0040318; RS0037972).

Das Berufungsgericht hat die Feststellungen zu den Auswirkungen der Inanspruchnahme der Umsatzsteueroption durch die Verkäuferin (vgl § 6 Abs 2 UStG), zu den Erklärungen des Beklagten dazu und zu den Konsequenzen im Fall der (tatsächlich nicht erfolgten) Aufklärung als unzulässige überschießende Feststellungen qualifiziert, die nicht mehr in den Rahmen des von den Klägern geltend gemachten Klagegrundes fielen. Das Berufungsgericht hat dazu richtig darauf hingewiesen, dass diese Beurteilung eine Frage des Einzelfalls sei (RIS-Justiz RS0042828). Ebenso richtig ist, dass unzulässige überschießende Feststellungen unbeachtlich sind (RIS-Justiz RS0037972) und ein Verstoß gegen diesen Grundsatz die Rechtsfrage betrifft (RIS-Justiz RS0037927; RS0112213).

2.1 Jedenfalls zu den Auswirkungen der Inanspruchnahme der Umsatzsteueroption durch die Verkäuferin auf die Preisgestaltung haben die Kläger in erster Instanz kein Vorbringen erstattet. Konkret haben sie keine Behauptungen dazu aufgestellt, dass sie im Fall der Aufklärung über die Umsatzsteuerproblematik weitere Verhandlungen über den Kaufpreis verlangt hätten und als Ergebnis eine neue Kaufpreisbestimmung erfolgt wäre.

2.2 Mit ihren Ausführungen, wonach durch die Inanspruchnahme der Umsatzsteueroption durch die Verkäuferin für diese der Vorsteuerabzug aus den Baukosten möglich geworden sei und der entsprechende Betrag daher vom Nettokaufpreis hätte abgezogen werden müssen, beziehen sich die Kläger lediglich auf ihre Methode zur Berechnung des Schadens, von der sie schon in der Berufung ausgegangen sind. Dabei unterstellen sie ohne jede Begründung und ohne jede Bezugnahme auf im Fall der Aufklärung von ihnen verlangte Preisverhandlungen und deren Ergebnis, dass der von der Verkäuferin lukrierte Steuervorteil aus dem Vorsteuerabzug für die Baukosten zur Gänze an sie weitergegeben worden wäre.

Selbst wenn man ihr Vorbringen dahin verstehen würde, die Verkäuferin sei durch die Umsatzsteueroption besser gestellt („bereichert“) worden, weil diese den Vorsteuerabzug für die Bauleistungen lukriert habe, und der Beklagte habe darüber nicht aufgeklärt, folgt daraus noch nicht die Darlegung der schadensbegründenden Pflichtverletzung, weil die Kläger auch in diesem Fall die Auswirkungen einer Aufklärung auf den Kaufpreis nicht dargestellt hätten. Das Erstgericht hat dazu richtig ausgeführt, dass die Inanspruchnahme der Umsatzsteueroption nur von der Verkäuferin (als leistende Unternehmerin) ausgeübt werden konnte und es nur an ihr gelegen war, den Steuervorteil ganz oder teilweise an die Käufer weiter zu geben, wobei dafür eine neue Bestimmung des Kaufpreises erforderlich gewesen wäre.

Einen von vornherein bestehenden Anspruch auf - dazu noch gänzliche - Weitergabe des Steuervorteils hatten die Kläger nicht. Dazu sind sie auch darauf hinzuweisen, dass ihnen der Beklagte mit E-Mail vom 7. 2. 2007 mitgeteilt hat, dass sie im Fall der Umsatzsteueroption den (gesamten) Nettopreis zu zahlen hätten. Von einer Reduktion des Nettopreises war somit nicht die Rede.

3. Die in der außerordentlichen Revision aufgestellte Behauptung, im Fall der Aufklärung hätten sie den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, steht mit dem erhobenen Schadenersatzbegehren nicht im Einklang. Insgesamt bleibt es damit bei dem - in der außerordentlichen Revision nicht behandelten - Problem der überschießenden Feststellungen.

Dass der Kaufpreis in rechtlicher Hinsicht zwingend in der von den Klägern gewünschten Weise zu berechnen wäre, ist unrichtig. Ausgehend von der Beurteilung des Berufungsgerichts zu den überschießenden Feststellungen ist weder das Schadenersatzbegehren der Kläger noch ihr Rückforderungsbegehren hinsichtlich des „frustrierten“ Honorars berechtigt.

Da die Kläger nicht in der Lage sind, mit ihren Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

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