European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00115.09H.0323.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
B e g r ü n d u n g :
Die Beklagte ist Rechtsträgerin des Krankenhauses, in dem sich die Klägerin am 22. 6. 2006 einer Hüftgelenksoperation (Einsetzen einer Hüftgelenksendoprothese) unterzog. In diesem Krankenhaus gibt es keine orthopädische Abteilung, wohl aber ein unfallchirurgisches Department.
Die Klägerin ist selbst Diplomkrankenschwester und litt seit ihrer Geburt an einer Hüftdysplasie mit degenerativen Veränderungen. Dies wurde erstmals 1989 bekannt. In den Jahren 1999/2000 setzten bei der Klägerin Schmerzen ein, sodass sie ab 2000/2001 nicht mehr in der Lage war, Tennis zu spielen. Sie musste in den Jahren 2004/2005 auch das Schifahren und das Laufen aufgeben und litt in den letzten eineinhalb Jahren vor der Operation an bewegungsunabhängigen Schmerzen. Diese Schmerzen hätten ohne die Operation im Laufe der Jahre weiter zugenommen, was der Klägerin auch bewusst war. So konsultierte sie in den letzten fünf Jahren vor der Operation auch verschiedene Orthopäden und holte Auskünfte über die bevorstehende Operation ein. Dabei wurde ihr der im Krankenhaus der Beklagten operierende Unfallchirurg von Bekannten empfohlen, die sich selbst dort operieren hatten lassen. Dieser Unfallchirurg hatte seine Ausbildung 1991 beendet und als Gegenfach auch Orthopädie gehabt. Seit 1992 arbeitet er in diesem Krankenhaus und hat ca zweieinhalb bis dreitausend Hüftoperationen dieser Art durchgeführt. Diese Art der Versorgung wird unabhängig von deren Ursache sowohl von Fachärzten für Unfallchirurgie als auch Orthopädie durchgeführt, wobei ausschlaggebend besonders die ausreichende Erfahrung und Expertise ist. Es besteht eine jahrzehntelange Tradition, dass insbesondere in peripheren Krankenhäusern, in denen es keine orthopädische Abteilung gibt, diese Eingriffe von Unfallchirurgen durchgeführt werden.
Die Klägerin entschloss sich in Kenntnis des Umstands, dass es sich hier um einen Unfallchirurgen handelte, für die Operation durch ihn, und nicht durch einen Orthopäden. Dafür war vor allem maßgeblich, dass eine minimal-invasive Methode angewendet wurde, die nur kleine Operationsnarben hinterlässt und kürzere Rekonvaleszenszeiten zur Folge hat. Weiters war ausschlaggebend, dass sie bei diesem Unfallchirurgen einen schnellen Termin bekam und sonst mit längeren Wartezeiten hätte rechnen müssen. Auch die örtliche Nähe spielte eine große Rolle.
Die Operation selbst wurde „lege artis“ durchgeführt; auch die aufgetretenen Komplikationen wurden richtig erkannt und behandelt.
Die Klägerin begehrte zuletzt 40.000 EUR Schmerzengeld, 2.063,20 EUR an Verdienstentgang und 3.355,60 EUR an weiteren Kosten (Physiotherapie, Fahrtkosten etc) sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für die künftigen Schäden aus der Operation. Sie stützte dieses Begehren zusammengefasst darauf, dass die Operation nicht lege artis durchgeführt und außerdem auch bei der Versorgung der Komplikation unrichtig reagiert worden sei. Sie sei über die möglichen Operationsfolgen nicht aufgeklärt worden. Das Krankenhaus besitze keine Bewilligung zur Führung einer orthopädischen Abteilung. Der Unfallchirurg besitze keine Facharztzulassung für orthopädische Eingriffe. Er habe entsprechend dem Ärztegesetz seine Berufstätigkeit auf sein Sonderfach zu beschränken. Hätte ein Orthopäde die Operation durchgeführt, wäre die Komplikation nicht aufgetreten. Jedenfalls hätte die Klägerin darüber aufgeklärt werden müssen, dass es sich um einen orthopädischen Eingriff handelt, der Arzt aber ein Unfallchirurg sei. Dann hätte sie sich erkundigt, ob nicht eine Abteilung für Orthopädie doch besser geeignet wäre. Insoweit sei die Einwilligung der Klägerin in die Operation mangelhaft.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass die Klägerin sich im Hinblick auf ihre Leiden jedenfalls zu der Operation entschlossen hätte und auch entsprechend aufgeklärt worden sei. Der Arzt sei als Unfallchirurg auch zur Behandlung des Stütz- und Bewegungsapparats einschließlich chirurgischer Eingriffe und der Endoprothese ausgebildet. Die Sonderfächer Unfallchirurgie und Orthopädie würden sich überschneiden. Die Operation durch einen Orthopäden hätte kein geringeres Risiko bedeutet. Der Klägerin sei auch bewusst gewesen, dass es sich um einen Unfallchirurgen und keinen Orthopäden gehandelt habe. Im Rahmen der Unfallchirurgie seien die Anforderungen an den Operateur sogar höher, wenn es um traumatische Operationsindikationen gehe. Es sei auch üblich, dass Unfallchirurgen derartige Endoprothesen einsetzen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf über den einleitend dargestellten Sachverhalt hinaus noch weitere - in der Berufung bekämpfte, aber vom Berufungsgericht nicht überprüfte - Feststellungen zur umfassenden Aufklärung der Klägerin. Auch dass die Hüftoperation von einem Facharzt für Orthopädie oder orthopädische Chirurgie auf dieselbe Weise durchgeführt worden wäre und dabei dieselben Komplikationen aufgetreten wären stellte es fest. Weiters führte das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung aus, dass selbst dann, wenn man annehmen würde, dass die Klägerin nicht aufgeklärt worden wäre, davon auszugehen sei, dass sie sich bei entsprechender Aufklärung, zu dieser Operation entschlossen hätte. Sowohl der Vorwurf, dass die Operation nicht lege artis durchgeführt worden sei als auch jener, dass die Klägerin nicht entsprechend aufgeklärt worden wäre, sei entkräftet. Die Klägerin habe gar keine Alternative zur Operation gehabt. In anderen Ländern seien die Fachgebiete Orthopädie und Unfallchirurgie überhaupt schon zusammengelegt. Auch sei es in Österreich üblich, dass orthopädische Eingriffe von Unfallchirurgen durchgeführt werden. Die Klägerin hätte sich aufgrund der örtlichen Situation und auch des Zeitfaktors jedenfalls für die Operation in diesem Krankenhaus bei diesem Operateur entschieden.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es verwies hinsichtlich der Beweisrügen auf die im Rahmen der Ausführungen zur Beweiswürdigung getroffene, nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht bekämpfte Feststellung, dass die Klägerin der Operation auch dann zugestimmt hätte, wenn sie entsprechend aufgeklärt worden wäre.
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, dass sich nach § 31 Abs 3 ÄrzteG 1998 Fachärzte auf ihr Sonderfach zu beschränken hätten. Nach der hier anzuwendenden Ärzteausbildungsverordnung aus dem Jahre 1994 gehörten zu den Kenntnissen und Fähigkeiten eines Unfallchirurgen die chirurgische Behandlung von Sehnen, Muskeln und Gelenksverletzungen einschließlich der Endoprothetik. Eine strikte Trennung der beiden Sonderfächer sei nicht möglich, sondern es bestünden Überschneidungen gerade auch im hier maßgeblichen Bereich der Endoprothetik. Die Unterscheidung danach, ob es sich um degenerative oder traumatische Ursachen handle, erscheine - jedenfalls hinsichtlich des körperlichen Wohls des Patienten - nicht geboten. In der Praxis seien auch immer wieder Mischformen anzunehmen. Weiters sei festgestellt worden, dass in Österreich ganz allgemein die endoprothetische Versorgung von Gelenken sowohl vom Facharzt für Orthopädie als auch vom Facharzt für Unfallchirurgie vorgenommen werde. Eine Schutzgesetzverletzung sei hier nicht nachweisbar, und zwar auch nicht hinsichtlich der Betriebsbewilligung des Krankenhauses. Insoweit bedürfe es auch keiner weiteren Erörterung, ob die Klägerin die Einwilligung zur Operation auch dann erteilt hätte, wenn sie über die Facharztproblematik aufgeklärt worden wäre.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, weil die Frage, ob die Implantation einer Endoprothese durch einen Facharzt für Unfallchirurgie eine Schadenersatzansprüche rechtfertigende Schutzgesetzverletzung darstelle, noch nicht geklärt sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und auch berechtigt.
1. In ihrer Rechtsrüge releviert die Klägerin Schutzgesetzverletzungen durch Verletzung der §§ 31 Abs 3 ÄrzteG und der §§ 6 und 7 OÖ Krankenanstaltengesetz 1977 sowie Verletzungen der Aufklärungspflicht und damit eine mangelhafte Einwilligung in die Operation.
2. Voranzustellen ist, dass die beklagte Krankenhausgesellschaft wegen Schlechterfüllung des Behandlungsvertrags auch für allfällige Kunstfehler oder eine nicht ausreichende Aufklärung durch den behandelnden Arzt einzustehen hätte (RIS-Justiz RS0109199; RS0022961 jeweils mwN).
3.1. § 1311 ABGB legt fest, dass derjenige, der ein Gesetz, das zufälligen Beschädigungen vorzubeugen versucht, übertritt, für alle Nachteile haftet, die sonst nicht eingetreten wären. Wurde ein Schutzgesetz verletzt, so tritt hinsichtlich der Kausalität dieser Verletzung für den eingetretenen Schaden zwar keine Beweislastumkehr ein, aber es reicht, wenn der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass der von der Norm zu verhindernde Schaden durch das verbotene Verhalten verursacht wurde ( Harrer in Schwimann ABGB 3 § 1311 Rz 35; Karner in KBB 2 § 1311 Rz 6; RIS-Justiz RS0022664; RS0022599; RS0027517; ähnlich Reischauer in Rummel ABGB 3 § 1311 Rz 9). Soweit es dem Schädiger allerdings gelingt, eine ernstlich in Betracht zu ziehende Möglichkeit einer anderen Schadensursache aufzuzeigen, trifft den Geschädigten die Beweislast (RIS‑Justiz RS0022561).
Wurde in diesem Sinne der Beweis der Kausalität der Schutzgesetzverletzung für den eingetretenen Schaden erbracht, so liegt es allerdings am Schädiger, den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass dieser Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre (RIS‑Justiz RS0027364 mzwN; Reischauer aaO Rz 8 uva).
3.2.1. Nach der nunmehr geltenden Regelung des § 31 des ÄrzteG 1998 haben zufolge dessen Abs 3 die Ärzte ‑ abgesehen von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen ‑ ihre fachliche Berufstätigkeit auf ihr Sonderfach zu beschränken (vgl im Übrigen zur konkludenten Beschränkung im Behandlungsvertrag RIS-Justiz RS0121415). Wesentliche Argumente sprechen nun dafür, darin nicht nur eine „wettbewerbsrechtliche“ (vgl zur weiten Auslegung allerdings auch 4 Ob 119/90; RIS-Justiz RS0077771 mwN) Abgrenzung zwischen den Fachärzten verschiedener Fachrichtungen zu sehen, sondern im Allgemeinen auch ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB ( Emberger / Wallner ÄrzteG 1998, 136; allgemein zum ÄrzteG 2 Ob 599/85 = JBl 1987, 104). Anerkannt ist allerdings auch, dass bestimmte Behandlungen in die Aufgabengebiete zweier oder mehrerer Fachärzte fallen können (RIS-Justiz RS0111594).
3.2.2. Für die konkreten Abgrenzungen sind die sogenannten Ärzte-Ausbildungsordnungen heranzuziehen (4 Ob 119/90). Dabei ist auch zu beachten, dass der hier operierende Unfallchirurg seine Ausbildung ja bereits im Jahre 1991 abgeschlossen hat. Zum damaligen Zeitpunkt galt noch die Ärzte-Ausbildungsordnung 1974, die aufgrund des § 2h des ÄrzteG 1949 erlassen wurde. Eine Legaldefinition der auszuübenden Tätigkeiten war noch nicht vorhanden. Die praktische Ausbildung zum Unfallchirurgen hatte auch praktische Kenntnisse und Erfahrungen des Stütz‑ und Bewegungssystems sowie deren unfallchirurgische Behandlung zum Inhalt. Neben der dreijährigen unfallchirurgischen Ausbildung war eine 6‑monatige Ausbildung in der Orthopädie vorgesehen, genauso wie umgekehrt die Orthopäden eine 6‑monatige Ausbildung für Unfallchirurgie zu absolvieren hatten.
3.2.3. Aufgrund des ÄrzteG 1984 wurde die sogenannte Ärzteausbildungsordnung 1994 erlassen. Diese enthielt als klinische Sonderfächer ebenfalls die Unfallchirurgie (§ 20 Nr 41) und die Orthopädie und orthopädische Chirurgie (§ 20 Nr 29). In ihr erfolgte auch eine Definition der Aufgabengebiete. Zur Unfallchirurgie zählen danach auch Kenntnisse und Fähigkeit unter anderem bei der Behandlung von Gelenksverletzungen einschließlich der Endoprothetik. Personen, die vor dem Inkrafttreten der Ärzteausbildungsordnung 1994 bereits ihre Facharztberechtigung erworben hatten, sollte die Befugnis zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufs als Facharzt nicht eingeschränkt werden (§§ 32 f Ärzteausbildungsordnung 1994).
3.2.4. Noch nicht anzuwenden ist auf den vorliegenden Fall jedenfalls die Ärztinnen/Ärzteausbildungsordnung 2006, da diese erst mit 1. 2. 2007, also nach der Operation, in Kraft trat.
3.2.5. In verschiedenen Stellungnahmen wurde die Durchführung von Hüftgelenksoperationen, die nicht traumatisch bedingt sind, durch einen Unfallchirurgen als Sonderfachüberschreitung angesehen ( Aigner , Betrachtung der Grenzen ärztlicher Sonderfächer in Abteilungen von Krankenanstalten, RdM 1997, 116). Dafür spricht, dass sich der Unfallchirurg grundsätzlich mit traumatischen Ereignissen und den dabei eingetretenen Verletzungen befasst. Andererseits wird er vom Gesetz‑ bzw Verordnungsgeber aufgrund seiner Ausbildung offenbar für befähigt erachtet, derartige Operationen unter diesen ‑ obwohl erschwerten ‑ Bedingungen durchzuführen. Dem könnte nun entgegengehalten werden, dass sich die Situation bei degenerativen Veränderungen insbesondere hinsichtlich der Diagnose möglicherweise anders stellt, als bei traumatischen Unfallgeschehen.
Konkret geht es darum, inwieweit den Regelungen des § 31 Abs 3 des ÄrzteG 1998 iVm den Ausbildungsordnungen einschließlich ihrer weiten Übergangsbestimmungen im hier zu beurteilenden Fall der Charakter von Schutznormen zugemessen werden kann, die der Gefahr von Schädigungen vorbeugen sollen. Für den Charakter als Schutznorm ist es wesentlich, dass es klar ersichtlich um eine Einschränkung der Behandlungsbefugnis des Artzes zu Gunsten des Patienten und nicht bloß um eine Abgrenzung der verschiedenen Berufsbefugnisse zwischen verschiedenen Facharztgruppen geht. Im zwischen Unfallchirurgen und Orthopäden überschneidenden Bereich der operativen Implantation von Hüftgelenksprothesen kann der Ärzte-Ausbildungsordnung 1974 iVm den Übergangsbestimmungen der Ärzte-Ausbildungsordnung 1994 dieser Charakter einer Schutznorm zu Gunsten der Patienten nicht entnommen werden, gehört doch die Endoprothetik als Operationstechnik zum Aufgabenbereich beider Fachrichtungen und sind ‑ unter Beachtung der hier anzuwendenden Übergangsbestimmungen ‑ klare Abgrenzungen insoweit nicht ersichtlich. Jedenfalls fehlt es aber schon an einem ersten Anschein dafür (I.3.1), dass ein durch diese Abgrenzung zu verhindernder Schaden eingetreten wäre.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass hier der behandelnde Arzt auch über eine umfassende praktische Erfahrung verfügte.
3.3. Weiters behauptet die Klägerin Verletzungen des Krankenanstaltengesetzes. Die §§ 6 und 7 des OÖ Krankenanstaltengesetzes 1997 sehen unter anderem vor, dass der Betrieb einer Krankenanstalt einer Bewilligung bedarf. Diese kann zufolge § 6 Abs 2 leg cit nur erteilt werden, wenn ein geeigneter Arzt für die jeweiligen Abteilungen namhaft gemacht wurde (§ 6 Abs 2 Z 4 des OÖ Krankenanstaltengesetzes 1997).
Eine nähere Erörterung der Frage, inwieweit diesen Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes der Charakter von Schutznormen zukommt, ist hier nun schon deshalb nicht erforderlich, weil selbst dann im Sinne der obigen Ausführungen die Klägerin zumindest im Sinne eines Anscheinsbeweises hätte dartun müssen, inwieweit der Verstoß gegen diese Bestimmungen kausal für den eingetretenen Schaden war. Dabei fällt ins Gewicht, dass der Begriff der Anstaltspflege zwar sozialversicherungsrechtlich regelmäßig eine einheitliche und unteilbare Gesamtleistung darstellt, die die Kosten der Unterkunft der ärztlichen Untersuchung und Behandlung, der Beistellung von allen Heilmitteln, Arzneien sowie der Pflege und Verköstigung umfasst (RIS-Justiz RS0085807; RS0085800), dass für die Beurteilung des hier maßgeblichen Schadens aber primär nur die ärztliche Hilfe in Betracht kommt. Ausführungen der Klägerin dazu, dass durch die anderen Teilleistungen eine Ursache für den Schaden gesetzt worden wäre, finden sich schon im Ansatz nicht (zur Abgrenzung der ärztlichen Hilfen vgl etwa auch die Rechtsprechung zu den Belegärzten RIS‑Justiz RS0112955; RS0112629 oder RS0112628). Hinsichtlich der ärztlichen Hilfe kann aber auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
4.1. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Arzt im Rahmen des Behandlungsvertrags den Patienten über Art und Schwere sowie die möglichen Gefahren einer Operation zu unterrichten (RIS‑Justiz RS0038176). Diese ärztliche Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zu überblicken (RIS‑Justiz RS0026413). Die Aufklärungspflicht reicht umso weiter, je weniger der Eingriff aus Sicht des Patienten vordringlich ist (RIS‑Justiz RS0026772). Bei der Aufklärung ist besonders über typische, mit einer Operation verbundene Gefahren aufzuklären, auch wenn diese nicht häufig, aber speziell mit dem geplanten Eingriff verbunden sind. Die Aufklärungspflicht besteht dabei aber nur dann, wenn diese Risiken erheblich und geeignet sind, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0026581 uva). Nach ständiger Rechtsprechung liegt es dann, wenn die Aufklärungspflicht verletzt wurde, am Arzt bzw am Träger des Krankenhauses, nachzuweisen, dass der Patient auch bei richtiger Aufklärung dem Eingriff zugestimmt hätte (RIS‑Justiz RS0111528; 1 Ob 254/99f uva).
4.2. In diesem Zusammenhang werden die Feststellungen über Inhalt und Umfang der Aufklärung bzw die jedenfalls bestehende Bereitschaft der Klägerin zur Operation relevant. Als Aktenwidrigkeit moniert die Klägerin, dass sie entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die im Rahmen der Beweiswürdigung getroffene Feststellung bekämpft habe, dass die Klägerin der Operation auch dann zugestimmt hätte, wenn sie über die Möglichkeit der bei der Operation eingetretenen Komplikation entsprechend aufgeklärt worden wäre. Sie verweist dazu auf S 8 Punkt 3.c ihrer Berufung.
4.3. Konkret hat das Berufungsgericht auf S 11 des erstgerichtlichen Urteils verwiesen, wonach das Erstgericht die Feststellung getroffen habe, dass die Klägerin der Operation auch dann zugestimmt hätte, wenn sie entsprechend aufgeklärt worden wäre. Im erstgerichtlichen Urteil befindet sich auf S 11 im Rahmen der Beweiswürdigung auch die oben dargestellte Ausführung, dass sich die Klägerin auch bei entsprechender Aufklärung zur Operation entschlossen hätte, da sie doch wegen der starken Schmerzen keine Alternativen zur Operation gehabt hätte. In Punkt A.3.c der Berufung hat die Klägerin im Rahmen der Bekämpfung der „rechtlichen Beurteilung“ (Punkt A.) hinsichtlich der „fehlenden Aufklärung“ (Punkt A.3.) moniert, dass aus der Feststellung, wonach die Klägerin schon über Jahre hindurch an starken Schmerzen gelitten und gewusst habe, dass eine Hüftgelenksoperation „nicht ausbleiben“ werde, nicht ohne weiteres geschlossen werden könne, dass die Klägerin auch bei entsprechender Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte; handle es sich doch um eine höchstpersönliche Entscheidung und seien an die Beweislast strenge Anforderungen zu stellen. Dieser Beweis habe aber nicht erbracht werden können.
Dies kann aber im Ergebnis nur als Bekämpfung der oben dargestellten Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verstanden werden, zumal ein klarer Bezug zwischen den als „unbekämpft“ angenommenen „Feststellungen“ und den dagegen vorgebrachten Ausführungen der Berufung besteht. Das Berufungsgericht hätte daher auf diese Ausführungen der Berufung eingehen und gegebenenfalls auch die weiteren Anfechtungspunkte der Beweisrüge behandeln müssen.
4.4. Damit erweist sich aber die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der für die Beurteilung des Vorliegens einer Verletzung der Aufklärungspflicht erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen als mangelhaft.
Das Urteil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf den § 52 ZPO.
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