OGH 8Ob112/13y

OGH8Ob112/13y29.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Z*****, vertreten durch Dr. Arno Kempf, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei Jagdverein L*****, vertreten durch G & O Gößeringer Oman, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 8.720 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 21. Juni 2013, GZ 1 R 81/13a‑18, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 8. Jänner 2013, GZ 3 C 376/12g‑14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das abweisende Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.085,09 EUR (darin enthalten 180,85 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.040,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt und 1.296 EUR Pauschalgebühren) bestimmten Kosten der Revision binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der beklagte Jagdverein ist ein Verein im Sinn des Vereinsgesetzes und des Kärntner Jagdgesetzes. Der beklagte Verein hat seinen Sitz in der Ortschaft L***** in der Marktgemeinde M*****. Das Gemeindejagdgebiet des beklagten Vereins liegt innerhalb der KG L*****. Die aktuellen Statuten des Jagdvereins lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 1

Name und Sitz des Vereins

Der Verein führt den Namen: 'Jagdverein L*****' und hat den Sitz in L*****.

§ 2

Zweck

Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf den Gewinn ausgerichtet ist, bezweckt die Pachtung von Jagden, um seinen Mitgliedern die Ausübung der Jagd aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und der Vorschriften dieser Satzungen zu ermöglichen.

...

§ 4

Mitglieder

Die Mitglieder des Vereins müssen Inhaber der Kärntner Jahresjagdkarten sein. Ihre Anzahl ist durch die Bestimmungen des für Kärnten jeweils in Geltung stehenden Jagdgesetzes beschränkt. Mitglied kann werden, wer in der KG L***** seinen festen Wohnsitz hat.

§ 5

Beginn der Mitgliedschaft

Über die Aufnahme von Mitgliedern entscheidet die Vollversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit. Die Ablehnung muss nicht begründet werden.

§ 6

Beendigung der Mitgliedschaft

1. Die Mitgliedschaft erlischt durch:

a) freiwilligen Austritt

b) Ausschluss

c) Tod oder Aufgabe des festen Wohnsitzes in der KG L*****.

...“

Das Erfordernis des festen Wohnsitzes in der KG L***** wurde erstmals im Jahr 1990 in die Statuten des beklagten Jagdvereins aufgenommen.

Der Kläger wurde im Jahr 1984 als ordentliches Mitglied des Jagdvereins aufgenommen. Im Herbst 2007 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz von L***** nach M*****. Diesen Umstand gab er dem Vereinsobmann bekannt, der die Information jedoch nicht an die Vollversammlung weiterleitete. Bis zum Jahr 2010 übte der Kläger seine Funktion als Kassier des beklagten Vereins aus. Er nahm an den Vollversammlungen der Jahre 2008 bis einschließlich 2010 teil und übte auch sein aktives Wahlrecht aus. In der Vollversammlung vom 17. 3. 2012 wurde über den Verbleib des Klägers im Jagdverein als Gastjäger (positiv) abgestimmt.

Der Kläger begehrte die Feststellung gegenüber dem beklagten Verein, dass er nach wie vor ordentliches Mitglied des Jagdvereins sei bzw seine Mitgliedschaft fortbestehe. Durch die Verlegung seines Wohnsitzes um ca 2,5 km von L***** nach M***** sei seine Mitgliedschaft nicht erloschen. Die Statutenbestimmungen, die die Mitgliedschaft an einen Wohnsitz in der KG L***** binden, seien sittenwidrig. Außerdem habe ihm der beklagte Verein seine Rechte als ordentliches Mitglied bis 2011 nie streitig gemacht und daher seine Mitgliedschaft stillschweigend anerkannt. Der Umstand, dass der beklagte Verein nunmehr auf sein Ausscheiden im Jahr 2007 beharre, verstoße gegen Treu und Glauben. Jedenfalls sei von einer konkludenten Neuaufnahme als ordentliches Mitglied auszugehen.

Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab. Durch die Verlegung seines Wohnsitzes aus der KG L***** im Jahr 2007 sei die Mitgliedschaft des Klägers eo ipso erloschen. Die zugrunde liegende Bestimmung in den Statuten sei nicht sittenwidrig. Da die Statuten ein automatisches Erlöschen der Mitgliedschaft vorsehen, könne sich der Kläger nicht auf ein Nichthandeln der Vollversammlung in den Jahren 2008 bis 2011 berufen. Auch eine konkludente Neuaufnahme des Klägers liege nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und seinem Feststellungsbegehren statt. Der satzungsmäßige Zweck des hier beklagten Jagdvereins bestehe allgemein in der Pachtung von Jagden und nicht in der Ausübung der Jagd in der KG L*****. Aus diesem Grund sei der Anlassfall mit dem der Entscheidung 6 Ob 580/92 zugrunde liegenden Fall nicht vergleichbar. Da die Statuten die Mitgliedschaft unmittelbar mit dem Aussiedeln aus dem Ortsteil L***** und nicht erst mit der Verlegung des Wohnsitzes außerhalb der Marktgemeinde M***** erlöschen ließen, seien sie als sittenwidrig zu qualifizieren. Es erscheine unbillig und mit dem Vereinszweck nicht vereinbar, dass die Mitgliedschaft durch die Verlegung des Wohnsitzes innerhalb derselben politischen Gemeinde erlösche. Auch der Umstand, dass sich der beklagte Verein erst fünf Jahre nach dem Aussiedeln des Klägers auf das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft berufe, verstoße gegen Treu und Glauben. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der Sittenwidrigkeit einer sich auf das Aussiedeln beziehenden Statutenbestimmung keine neuere Rechtsprechung des Höchstgerichts vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des beklagten Vereins, die auf eine Wiederherstellung der abweisenden Entscheidung des Erstgerichts abzielt.

Mit seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, dieser den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Dementsprechend ist die Revision auch berechtigt.

1. Das Erstgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass der Rechtsweg aufgrund der Anrufung des vereinsinternen Schiedsgerichts durch den Kläger nach § 8 Abs 1 VerG 2002 zulässig ist.

2. Den vom beklagten Verein in der Revision gerügten sekundären Feststellungsmängeln kommt keine Bedeutung zu.

Die vom Kläger in der Revisionsbeantwortung geltend gemachten Verfahrensmängel sowie die von ihm behaupteten sekundären Feststellungsmängel liegen ebenfalls nicht vor. Soweit der Kläger in der Revisionsbeantwortung auf seine Beweisrüge in der Berufung Bezug nimmt, versucht er die Tatsachengrundlage zu bekämpfen, was in dritter Instanz allerdings nicht mehr möglich ist (RIS‑Justiz RS0043371). Mit dem Hinweis auf seine Neuanmeldung (gemeint Neubegründung des Hauptwohnsitzes vor der Vollversammlung 2012) in L***** weicht er von der Sachverhaltsgrundlage ab. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob der Kläger tatsächlich im März 2012 seinen Wohnsitz wieder zurück nach L***** verlegt hat.

3.1 Die zugrunde liegenden Vereinsstatuten bestimmen, dass nur Ortsansässige als (ordentliche) Mitglieder in den beklagten Jagdverein aufgenommen werden können und die Mitgliedschaft erlischt, wenn ein Mitglied diesen Status verliert, also (nach Wirksamwerden der Statuten 1990) seinen Wohnsitz aus der KG L***** verlegt und in diesem Sinn „aussiedelt“. Als maßgebliches Kriterium für die Ortsansässigkeit legen die Statuten den festen Wohnsitz in der KG L***** fest. Dazu ist unstrittig, dass es in der politischen Gemeinde M***** drei Gemeindejagdgebiete (L*****, M*****, O*****) und drei Jagdvereine gibt, wobei jedes dieser Gebiete jeweils einem Verein zugeordnet ist. Der beklagte Verein ist für das Gemeindejagdgebiet „L*****“ zuständig.

3.2 Der Kläger geht selbst davon aus, dass es nicht sittenwidrig ist, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft aufgrund einer Aussiedlung des Mitglieds aus jener Gemeinde erfolgt, in der sich der Sitz des Vereins befindet, sowie dass die Übersiedlung von einem Gemeindejagdgebiet in ein anderes Gemeindejagdgebiet zum Erlöschen der Mitgliedschaft zum Jagdverein führen kann. Er vertritt dazu den Standpunkt, dass nur ein Aussiedeln aus der politischen Gemeinde, nicht aber nur aus einer Katastralgemeinde maßgebend sein könne. Zudem behauptete er, dass sein Wohnsitz in L***** nicht im Gemeindejagdgebiet L***** gelegen gewesen sei. Auf seine Behauptung am Beginn der Revisionsbeantwortung, dass seine Wohnanschrift „L*****“ außerhalb der KG L***** gelegen gewesen sei, kommt er in seinen weiteren Ausführungen nicht mehr zurück. Vielmehr bezieht er die angeblich unveränderte Situation nur mehr darauf, dass sich sein Wohnsitz in L***** nicht im Gemeindejagdgebiet L***** befunden habe. Abgesehen davon, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren keine Behauptung dahin aufgestellt hat, dass sich seine Wohnanschrift in L***** außerhalb der KG L***** befinde, ergibt sich das Gegenteil auch aus dem Grundbuch. Im gegebenen Zusammenhang wird noch angemerkt, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren von „der KG“ gesprochen hat, „in der sich ein konkretes Jagdgebiet befindet“. Damit ist auch unbestritten, dass sich das Gemeindejagdgebiet „L*****“ innerhalb der KG L***** befindet.

4.1 Im Rahmen der einschlägigen Gesetze besteht für die vereinsinternen Regelungen weitgehende Gestaltungsfreiheit. Dementsprechend ist der Verein in der Ausgestaltung auch von Mitgliedschaftsrechten innerhalb der zwingenden Grenzen öffentlichen und privaten Rechts autonom. Eine Überprüfung der Vereinsstatuten kommt mit Rücksicht auf die Vereinsautonomie nur bei Verstoß gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen oder gegen die guten Sitten in Betracht (Aicher in Rummel³ § 26 ABGB Rz 40). Es ist allgemein anerkannt, dass die Statuten an gewisse objektive Gegebenheiten, wie etwa Wohnungswechsel, Berufswechsel oder Wegfall besonderer persönlicher Eigenschaften, auch das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft knüpfen können (Rummel, Privates Vereinsrecht im Konflikt zwischen Autonomie und rechtlicher Kontrolle, in FS Strasser 823). Dementsprechend ist es auch nicht sittenwidrig, die Mitgliedschaft von einem bestimmten Wohnsitz abhängig zu machen und diese bei „Aussiedeln“ eo ipso erlöschen zu lassen (Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine4 346).

4.2 In der Entscheidung 6 Ob 580/92 wurde ausgesprochen, dass es einem Verein, der die Ausübung der Jagd in einem bestimmten Gemeindegebiet zum Hauptzweck hat, unbenommen bleiben muss, die Mitgliedschaft vom Wohnsitz in diesem Gebiet abhängig zu machen, und eine derartige Bestimmung in den Statuten nicht den guten Sitten im Sinn des § 879 ABGB widerspricht. Gleich wie in dem der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall kann auch hier davon ausgegangen werden, dass der Hauptzweck des beklagten Jagdvereins in der Ausübung der Jagd in einem bestimmten Gebiet besteht. Das Argument des Berufungsgerichts, dass der satzungsmäßige Zweck des beklagten Vereins die Pachtung von Jagden und nicht die Ausübung der Jagd im Gebiet der KG (richtig der Gemeindejagd) L***** sei, ist nicht überzeugend. Nach der unstrittigen Sachverhaltsgrundlage ist der beklagte Jagdverein für das Gemeindejagdgebiet L***** zuständig. Dass der Zweck auf die Ausübung der Jagd gerichtet ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist daher der Anlassfall mit der Situation, die der Entscheidung 6 Ob 580/92 zugrunde lag, durchaus vergleichbar.

Das Gebiet einer Gemeindejagd muss sich keineswegs auf das gesamte Gebiet einer politischen Gemeinde beziehen. Vielmehr sind Unterteilungen nicht nur denkbar, sondern allgemein üblich. Dem Sachlichkeitsgebot wird nicht nur dann entsprochen, wenn in den Statuten vorgesehen ist, dass sich der Wohnsitz eines Mitglieds im betroffenen Gemeindejagdgebiet oder in der politischen Gemeinde, zu der das Jagdgebiet gehört, befinden muss. Vielmehr ist diese Anforderung erfüllt, wenn ein ausreichend naheliegender Zusammenhang zwischen dem Jagdgebiet und dem Wohnsitz des Mitglieds besteht.

Ein Sittenwidrigkeitsurteil setzt eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen oder bei Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen voraus (RIS‑Justiz RS0113653; RS0045886). Gegen die guten Sitten verstößt, was dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, also aller billig und gerecht denkenden Menschen widerspricht (RIS‑Justiz RS0022920; RS0022866 [T4]). Wenn der beklagte Verein der für das Gemeindejagdgebiet L***** zuständige Jagdverein ist, stellt die Anknüpfung an einen Wohnsitz in der KG L***** ohne Zweifel ein sachliches Kriterium dar, wird damit doch allen „L*****ern“ der Zugang zum „eigenen“ Gemeindejagdgebiet als Vereinsmitglied ermöglicht. In einer solchen Anordnung in den Statuten kann Sittenwidrigkeit nach den dargestellten Grundsätzen nicht erblickt werden. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht darauf an, ob der Wohnsitz auch innerhalb des konkreten Jagdgemeindegebiets gelegen ist.

4.3 In der Entscheidung 6 Ob 580/92 wurde weiters ausgesprochen, dass eine Regelung, wonach die Mitgliedschaft durch das „Aussiedeln“ (hier Verlegung des Wohnsitzes aus der KG L*****) automatisch erlischt und es für das Erlöschen keines besonderen Ausschlussverfahrens oder keiner Kündigung bedarf, nicht als sittenwidrig angesehen werden kann. Dem weiteren Halbsatz in dieser Entscheidung „dies umso weniger, als die Mitgliedschaft nicht unmittelbar mit dem Aussiedeln, sondern erst mit dem darauffolgenden Ende der laufenden Jagdpachtperiode erlischt“ kommt für diese Wertung keine gesonderte Bedeutung zu.

Auch in den zugrunde liegenden Statuten ist für den Fall des Aussiedelns das automatische Erlöschen der Mitgliedschaft (eo ipso) vorgesehen. Die Beendigung der Mitgliedschaft ist daher nicht an die Geltendmachung eines (Gestaltungs‑)Rechts oder an einen Vollzug durch den beklagten Verein geknüpft. Entgegen den Ausführungen des Klägers in der Revisionsbeantwortung handelt es sich nicht um einen vom beklagten Verein erklärten Ausschluss aus dem Verein; ein Organhandeln war nicht erforderlich. Aus diesem Grund kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass Ausschlussgründe wie Entlassungsgründe umgehend geltend zu machen seien und der beklagte Verein das Erlöschen der Mitgliedschaft sofort hätte beschließen bzw geltend machen müssen. Daraus folgt, dass der Jagdverein nach den Statuten nicht auf die Beendigung der Mitgliedschaft „verzichten“ konnte. Auch ein Verbleib des Klägers als Mitglied durch ein konkludentes Anerkenntnis der Mitgliedschaft, worauf der Kläger vertraut habe, kommt nicht in Betracht. Aus dem Umstand, dass der Kläger bis zur Vollversammlung 2012 wie ein ordentliches Mitglied behandelt wurde, kann er nicht die Aufrechterhaltung seiner Mitgliedschaft ableiten. Da eine „Berufung“ des beklagten Vereins auf die Beendigung der Mitgliedschaft für deren Erlöschen nicht maßgebend war, wurde durch die Veranlassungen des beklagten Vereins „fünf Jahre später“ (in der Vollversammlung 2012) auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben begründet. Aufgrund dieser Erwägungen kommt dem vom Kläger ins Treffen geführten Argument, dass dem Jagdverein ein Fehler passiert sei, keine Bedeutung zu. Im vorliegenden Verfahren ist auch nicht die Stellung des Klägers zwischen Herbst 2007 und März 2012 zu klären und über die Stellung des Klägers als „Gastjäger“ abzusprechen.

Von einer konkludenten Neuaufnahme als ordentliches Mitglied geht nicht einmal der Kläger selbst aus, zumal er den Standpunkt vertritt, dass seine Mitgliedschaft durch das Aussiedeln gar nicht verloren gegangen sei. Außerdem hat nach den Vereinsstatuten über die Aufnahme von Mitgliedern die Vollversammlung zu entscheiden, und zwar mit einfacher Stimmenmehrheit. Eine derartige Beschlussfassung oder Willensbildung liegt nicht vor. Auf die Entscheidung 6 Ob 2351/96w kann sich der Kläger nicht stützen, weil für die darin bejahte konkludente Willensübereinstimmung zwischen dem Beitrittswerber und dem Verein über den Vereinsbeitritt maßgebend war, dass in den Statuten ‑ anders als im Anlassfall ‑ nur das zuständige Organ, nicht aber die Form benannt war, in der die Aufnahme zu erfolgen hatte.

4.4 Der Kläger kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass er bereits vor der Satzungsänderung im Jahr 1990, mit der das Erfordernis des festen Wohnsitzes in der KG L***** in die Statuten aufgenommen wurde, Vereinsmitglied geworden sei. Aus der Entscheidung 6 Ob 580/92 ergibt sich dazu, dass geänderte Statuten (nur) auf Sachverhalte anwendbar sind, die nach der Beschlussfassung verwirklicht wurden. Für das Verbot der rückwirkenden Anwendung kommt es demnach auf den Zeitpunkt der Statutenänderung und nicht auf jenen des Eintritts in den Verein an. Auf das Aussiedeln des Klägers im Jahr 2007 und die daran zu knüpfenden Konsequenzen sind daher die geänderten Vereinsstatuten anzuwenden.

5.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Ein Verein ist in der Ausgestaltung von Mitgliedschaftsrechten innerhalb der zwingenden Grenzen öffentlichen und privaten Rechts autonom. Es ist nicht sittenwidrig, die Mitgliedschaft von einem bestimmten Wohnsitz abhängig zu machen und diese bei Verlegung des Wohnsitzes („Aussiedeln“) automatisch erlöschen zu lassen. Im Fall einer solchen Regelung in den Statuten muss zwischen dem Wohnsitz und der örtlichen Tätigkeit des Vereins ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Dies ist etwa zu bejahen, wenn ein Jagdverein für ein bestimmtes Gemeindejagdgebiet zuständig ist und einen Wohnsitz in der Katastralgemeinde verlangt, in der sich das Jagdgebiet befindet. Geänderte Statuten sind auf Sachverhalte anzuwenden, die nach der entsprechenden Beschlussfassung verwirklicht wurden.

5.2 Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof damit nicht stand. In Stattgebung der Revision war das angefochtene Urteil im Sinn einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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