Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die gefährdete Partei ist schuldig, dem Gegner der gefährdeten Partei die mit 445,82 EUR (darin enthalten 74,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Die Streitteile leben in noch aufrechter Ehe gemeinsam in der Ehewohnung. Die Liegenschaft, auf der sich diese Wohnung befindet, steht im beiderseitigen Hälfteeigentum und ist mit mehreren Pfandrechten belastet. Im Grundbuch ist auch ein Veräußerungsverbot zugunsten des Landes Niederösterreich einverleibt. Ob dem Hälfteanteil der gefährdeten Partei ist zudem die Einleitung des Versteigerungsverfahrens für eine Bank angemerkt. Die gefährdete Partei ist Alleineigentümerin einer anderen Liegenschaft samt darauf befindlichem Einfamilienhaus, das sie befristet für die Dauer von fünf Jahren an ihre Stieftochter und ihren Stiefschwiegersohn vermietet hat. Zudem ist die gefährdete Partei Mieterin einer Wohnung in Wien, die seit 2009 befristet für fünf Jahre untervermietet ist. Der Gegner schloss am 20. 11. 2012 mit einem Immobilienmakler einen Alleinvermittlungsauftrag über die Liegenschaft mit der Ehewohnung. Auftragsgemäß sollte ein Käufer für die gesamte Liegenschaft vermittelt werden, wobei der Gegner den Makler darauf hinwies, dass er mit der gefährdeten Partei noch sprechen müsse und er deren Einverständnis für den Verkauf noch nicht eingeholt habe. Bereits am nächsten Tag kündigte er den Alleinvermittlungsauftrag wieder auf, was vom Immobilienmakler akzeptiert wurde.
Die gefährdete Partei begehrte, dem Antragsgegner zur einstweiligen Sicherung ihres Wohnungsbedürfnisses zu verbieten, über die Ehewohnung rechtsgeschäftlich zu verfügen, insbesondere seinen Hälfteanteil zu veräußern, zu verpfänden oder dritten Personen irgendwelche Rechte einzuräumen. Sie habe an der Ehewohnung ein dringendes Wohnbedürfnis. Der Gegner habe öfters geäußert, dass sie die Ehewohnung verlassen werde müssen. Sie befürchte, dass der Gegner über den in seiner alleinigen Verfügungsgewalt stehenden Hälfteanteil verfügen werde und dadurch ihr dringendes Wohnbedürfnis gefährde.
Mit Beschluss vom 12. 12. 2012 erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners.
Dagegen erhob der Gegner Widerspruch und in eventu Rekurs und entgegnete, dass die gefährdete Partei kein dringendes Wohnbedürfnis an der Ehewohnung habe. Außerdem könne er das Wohnbedürfnis der gefährdeten Partei nicht einschränken, weil er nicht allein über die Liegenschaft verfügungsberechtigt sei. Den einem Makler erteilten Alleinvermittlungsauftrag habe er bereits am nächsten Tag widerrufen.
Das Erstgericht gab dem Widerspruch des Gegners gegen die einstweilige Verfügung vom 12. 12. 2012 nicht Folge. Die gefährdete Partei habe nach wie vor ein dringendes Wohnbedürfnis an der Ehewohnung. Da zwischen den Streitteilen ein Scheidungsverfahren anhängig sei, bedürfe es keiner Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des Anspruchs.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners Folge und wies den Sicherungsantrag infolge Widerspruchs des Gegners ab. Nach § 382h Abs 2 EO sei eine Bescheinigung der konkreten Gefährdung des Anspruchs im Fall eines zwischen den Parteien bereits anhängigen Eheverfahrens nicht notwendig. Dabei handle es sich um eine Rechtsvermutung, die im Weg einer Gegenbescheinigung widerlegbar sei. Dementsprechend müsse der Gegner des Begünstigten den Beweis des Gegenteils erbringen, dass trotz Vorliegens der Vermutungsbasis der vermutete Rechtszustand nicht eingetreten sei. Dieser Beweis sei dem Gegner hier gelungen. Der Gegner habe nämlich die Betrauung des Immobilienmaklers bereits am Folgetag widerrufen. Weitere Umstände, die den Anspruch der Antragstellerin gefährden würden, seien nicht bekannt.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage in der Qualifikation des § 528 Abs 1 ZPO nicht vorliege.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der gefährdeten Partei, die auf eine Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts abzielt.
Mit seiner ‑ durch den Obersten Gerichtshof freigestellten ‑ Revisionsrekursbeantwortung beantragt der Gegner, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage der Behauptungs- und der Bescheinigungspflicht für eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses nach § 382h EO eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten ist. Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist aber nicht berechtigt.
1. Die aus § 97 ABGB abzuleitenden Ansprüche auf Erhaltung der (Ehe‑)Wohnung zugunsten des darauf angewiesenen Ehegatten gegenüber dem verfügungsberechtigten Ehegatten können, soweit es sich nicht um Geldforderungen handelt, gemäß § 382h EO (in der Fassung BGBl I 2009/40) mittels einstweiliger Verfügung gesichert werden. Diese Bestimmung umfasst sowohl Ansprüche eines Ehegatten auf Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses als auch Ansprüche, die aus der Verletzung dieses Wohnungserhaltungsanspruchs resultieren. Der Wohnungserhaltungsanspruch gemäß § 97 ABGB kann mit einer Maßnahme nach § 382 Z 6 EO (Veräußerungs- und Belastungsverbot) gesichert werden (2 Ob 173/09v; RIS‑Justiz RS0115045 [T5]).
2. § 382h EO enthält keine Sonderregelung zur Bescheinigung des zu sichernden Anspruchs. Deshalb muss der Antragsteller seinen familienrechtlichen Wohnungserhaltungsanspruch, sein am Sicherungsobjekt bestehendes dringendes Wohnbedürfnis und die (dingliche oder obligatorische) Verfügungsberechtigung des anderen Ehegatten nach den allgemeinen Bestimmungen behaupten und bescheinigen (1 Ob 67/11a).
Ausgehend vom bescheinigten Sachverhalt ist das dringende Wohnbedürfnis der gefährdeten Partei an der Ehewohnung nicht zweifelhaft. Anderes gilt jedoch für die Verfügungsberechtigung des Gegners über die gesamte Liegenschaft, zumal er nur deren Hälfteeigentümer ist. Ohne Zustimmung der gefährdeten Partei könnte er daher nur über seinen Hälfteanteil verfügen.
3.1 Nach § 382h Abs 2 EO kann bei Anhängigkeit unter anderem eines Scheidungsverfahrens die einstweilige Verfügung auch dann erlassen werden, wenn die in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. § 381 EO betrifft die Gefährdung des Anspruchs, die grundsätzlich nach § 389 Abs 1 EO bescheinigt werden muss. § 382h Abs 2 EO statuiert somit eine Ausnahme von der Bescheinigung der Gefahr.
3.2 Die Gesetzesmaterialien (RV 1653 BlgNR XX. GP 34 f) führen zu dieser durch das Eherechtsänderungsgesetz 1999, BGBl I 1999/125, eingefügten Bestimmung (damals § 382e EO) Folgendes aus:
„Grundsätzlich setzt eine einstweilige Verfügung die Bescheinigung konkreter Gefährdung voraus (§§ 381, 389 EO). Im Fall eines bereits eingeleiteten Scheidungs-, Aufhebungs- oder Nichtigerklärungsverfahrens kann diese Gefährdung aber zumindest im Kontext des Provisorialverfahrens unterstellt werden, sodass es jedenfalls hinsichtlich der Ehewohnung (die ja zumeist der Befriedigung des grundsätzlichen Lebensbedürfnisses nach Unterkunft dient und daher besonders sicherungswürdig ist) berechtigt scheint, auf eine individuelle Gefährdungsbescheinigung zu verzichten. Daher kann gemäß § 382e Abs 2 EO eine einstweilige Verfügung im zuvor erörterten Sinn (nämlich entweder zur Sicherung des Anspruchs auf Wohnungserhaltung oder der auf Grund einer Verletzung dieses Anspruchs zustehenden, nicht in Geld bestehenden Forderungen) auch ohne Gefährdungsbescheinigung nach §§ 381, 389 EO erlassen werden, wenn zwischen den Parteien schon ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig ist.“
Der Gesetzgeber geht somit davon aus, dass die Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs zu vermuten ist und daher auf die konkrete Gefahrenbescheinigung verzichtet werden kann. Auf etwaige Parallelregelungen, wie etwa § 24 UWG, nehmen die Erläuterungen nicht Bezug.
3.3 In der Entscheidung 3 Ob 21/01m wurde im gegebenen Zusammenhang ausgesprochen, dass die Erhebung des Sicherungsbegehrens (zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses) innerhalb eines Verfahrens über eine Ehe‑(scheidungs‑)klage nur zur Folge hat, dass der Sicherungswerber eine konkrete Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs nicht bescheinigen muss. Dieser Rechtssatz wurde in zahlreichen Folgeentscheidungen wiederholt (RIS‑Justiz RS0115045). Dementsprechend ist in der Rechtsprechung unbestritten, dass die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des Anspruchs im Fall eines zwischen den Parteien bereits anhängigen Eheverfahrens nicht notwendig ist.
3.4 Die jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs qualifiziert die Anordnung in § 382h Abs 2 EO über die nicht erforderliche Gefahrenbescheinigung als widerlegbare Rechtsvermutung (1 Ob 67/11a). Sonst bestünde die Gefahr eines missbräuchlichen Einsatzes dieser einstweiligen Verfügung. Für die Widerlegbarkeit der Rechtsvermutung spreche die durch § 382h Abs 3 EO nicht ausgeschlossene Möglichkeit zur Äußerung, die das Gesetz nicht auf die Bestreitung der Anspruchsvoraussetzungen beschränke (vgl 4 Ob 1514/96). Dann solle sich der Antragsgegner auch gegen die vermutete Gefährdung zur Wehr setzen können.
In diesem Sinn ist anerkannt, dass dem Antragsgegner die Widerlegung der Rechtsvermutung freisteht, und zwar im Rahmen seiner Anhörung im Sicherungsverfahren selbst oder im Fall eines einseitigen Sicherungsverfahrens im Widerspruchsverfahren. Bei einer widerlegbaren Rechtsvermutung muss der Gegner des Begünstigten den Beweis des Gegenteils erbringen, dass trotz Vorliegens der Vermutungsbasis der vermutete Rechtszustand (hier die Gefährdung) nicht eingetreten ist (vgl Rechberger in Rechberger ³ § 270 Rz 2). Zu bescheinigen ist nur die Vermutungsbasis, die nach § 382h Abs 2 EO im anhängigen Eheverfahren besteht (vgl 2 Ob 140/10t; 1 Ob 67/11a).
3.5 In der Entscheidung 1 Ob 67/11a (RIS‑Justiz RS0127000) wurde im Anschluss an diese Erwägungen die weitere Schlussfolgerung gezogen, dass die Rechtsvermutung des § 382h Abs 2 EO die Antragstellerin von der Notwendigkeit befreie, konkrete Gefährdungshandlungen des verfügungsberechtigten Ehegatten zu behaupten. Diese müsse über die Tatsache des eingeleiteten Scheidungsverfahrens hinaus kein zusätzliches Tatsachenvorbringen zur Gefährdung ihres Anspruchs erstatten. Bei einer Rechtsvermutung schließe das Gesetz aus dem Vorliegen einer ‑ höchstens tatbestandsnahen ‑ Tatsache unmittelbar auf den Bestand eines Rechtsverhältnisses, welche zumindest allein aus dieser Tatsache noch nicht abgeleitet werden könnte (Rechberger in Fasching/Konecny 2 § 270 ZPO Rz 3 mwN). Unter Hinweis auf 1 Ob 67/11a wurde in der Entscheidung 6 Ob 84/11p ausgeführt, dass die Antragstellerin über die Tatsache des eingeleiteten Scheidungsverfahrens hinaus kein zusätzliches Tatsachenvorbringen zur Gefährdung ihres Anspruchs zu erstatten habe.
3.6 Ausgehend von den Gesetzesmaterialien und der bisherigen Rechtsprechung ist gesichert, dass bei Anhängigkeit eines Eheverfahrens nach § 382h Abs 2 EO auf die Gefahrenbescheinigung zu verzichten ist. Auch in der Literatur wird die durch § 382h Abs 2 EO statuierte Ausnahme auf die Bescheinigung der Gefährdung bezogen (vgl Stabentheiner in Rummel 3 § 97 ABGB Rz 4a; Schwimann/Ferrari in Schwimann/Kodek 4 § 97 ABGB Rz 21; Smutny in Kletečka/Schauer , ABGB-ON § 97 Rz 21; Beck in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe‑ und Partnerschaftsrecht § 97 ABGB Rz 36 und § 382h EO Rz 23; Kodek in Angst 2 EO § 382e Rz 3).
Wenn der Gegner der gefährdeten Partei tatsächlich die Möglichkeit haben soll, sich gegen die vermutete Gefährdung des Anspruchs durch Beweis des Gegenteils zur Wehr setzen zu können, muss ein bestimmtes Tatsachensubstrat auch zur Gefahrenlage vorliegen, dem der Gegner entgegentreten kann. Nur auf diese Weise kann auch ein „missbräuchlicher Einsatz“ der Sicherung der Wohnungserhaltung vermieden werden. Eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses kann also nicht erlassen werden, wenn nicht einmal die gefährdete Partei von drohenden Malversationen des Gegners ausgeht ( Beck in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe‑ und Partnerschaftsrecht § 382h EO Rz 24).
Nach Ansicht des erkennenden Senats ist dementsprechend zwischen der Behauptung der Gefahrenlage einerseits und deren Bescheinigung andererseits zu unterscheiden. Der Senat hält daher die Judikatur für zutreffend, wonach § 382h Abs 2 EO nur zur Folge hat, dass die gefährdete Partei eine konkrete Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs nicht bescheinigen muss. Allgemein verpflichtet § 389 Abs 1 EO den Antragsteller, die den Antrag begründenden Tatsachen im Einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen und diese zu bescheinigen. Dies gilt grundsätzlich auch für jene Umstände, die eine Gefährdung begründen. Eine gesetzliche Ausnahme von den allgemeinen Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung kann sich auf die Behauptungs- und Bescheinigungspflicht, aber durchaus auch nur auf die Bescheinigungspflicht allein beziehen.
Letzteres ist nach Ansicht des erkennenden Senats bei § 382h Abs 2 EO der Fall. Die gefährdete Partei muss daher nicht nur zum Anspruch, sondern auch zur Gefahrenlage ein geeignetes Tatsachenvorbringen erstatten. Aufgrund der Vermutung der Gefährdung ist sie jedoch von der Bescheinigungspflicht zur Gefährdung des Anspruchs befreit. Sie muss daher etwa vortragen, dass der Gegner dabei ist, seine Verkaufsabsichten umzusetzen, indem er Kaufinteressenten sucht oder Verkaufsbesprechungen führt. Dem Gegner steht dazu der Beweis des Gegenteils offen.
3.7 Für dieses Ergebnis sprechen auch folgende weiteren Überlegungen.
Nach § 97 ABGB hat der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte einen Anspruch darauf, dass der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlässt und vorkehrt, damit der anspruchsberechtigte Ehegatte die Wohnung nicht verliert. Dieser Schutz ist darauf gerichtet, dass der verfügungsberechtigte Ehegatte nicht derart über die Wohnung verfügt, dass sie dem bedürftigen Ehegatten ganz oder teilweise entzogen wird (9 Ob 226/02d; 3 Ob 231/04y); Letzterer soll vor Willkürakten des anderen Ehegatten durch Aufgabe von Mietrechten, Rechtsverzichte oder bewusst nachteiligem Verkauf von Eigentumswohnungen oder Eigenheimen geschützt werden (RIS‑Justiz RS0009580). Der Wohnungserhaltungsanspruch begründet (in erster Linie) einen einklagbaren Unterlassungsanspruch (3 Ob 21/01m), der nach § 382h EO gesichert werden kann. Soll dem verfügungsberechtigten Ehegatten eine Unterlassung aufgetragen werden, so muss im Klagebegehren nach den Gegebenheiten des besonderen Falls die inkriminierte Verhaltensweise des Beklagten so bestimmt und genau wie möglich bezeichnet werden, dass ein Zuwiderhandeln gegen das Unterlassungsgebot gemäß § 355 EO vollstreckt werden kann ( Beck in Gitschthaler/Höllwerth , Ehe- und Partnerschaftsrecht § 382h EO Rz 25). Dies gilt gleichermaßen für das Sicherungsbegehren. Daraus folgt, dass die (drohende) rechtswidrige Eingriffs- bzw Verletzungshandlung („Malversation“) von der gefährdeten Partei auch im Tatsachenvorbringen schlüssig dargestellt werden muss.
4.1 Im Anlassfall hat die gefährdete Partei das Sicherungsbegehren auf das Verbot rechtsgeschäftlicher Verfügungen über die Ehewohnung bezogen. Dementsprechend hat sie auch zur Gefährdungslage konkrete Behauptungen aufgestellt. Zudem hat sie die Vermutungsbasis nach § 382h Abs 2 EO bescheinigt.
Die Voraussetzungen für die Rechtsvermutung zur Gefährdung sind damit gegeben. Diese Vermutung hat die gefährdete Partei von der Notwendigkeit befreit, die Gefährdungshandlungen des (über den Hälfteanteil) verfügungsberechtigten Ehegatten zu bescheinigen.
4.2 Das Rekursgericht ist jedoch zum Ergebnis gelangt, dass es dem Gegner gelungen sei, die Rechtsvermutung zur Gefährdung des Anspruchs zu widerlegen, weil der Gegner die Betrauung eines Immobilienmaklers bereits am nächsten Tag widerrufen habe und weitere Umstände nicht bekannt seien, die den Anspruch der gefährdeten Partei nunmehr gefährden würden.
4.3 Die gefährdete Partei hat die beantragte einstweilige Verfügung auf die Verkaufsbemühungen des Gegners gestützt. Nach dem bescheinigten Sachverhalt hat der Gegner den Alleinvermittlungsauftrag betreffend die Liegenschaft mit der Ehewohnung einen Tag nach dessen Erteilung wieder rückgängig gemacht. Hinzu kommt, dass sich der Alleinvermittlungsauftrag auf die gesamte Liegenschaft bezogen und der Gegner bei der Erteilung des Alleinvermittlungsauftrags klargemacht hat, dass für den Verkauf der Liegenschaft das Einverständnis der gefährdeten Partei erforderlich sei. Daraus kann weder eine Verkaufsgefahr gegen den Willen der gefährdeten Partei noch eine beabsichtigte Verfügung des Gegners nur über seinen Hälfteanteil abgeleitet werden.
Die nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende Widerlegung der vermuteten Verkaufsgefahr ist dem Gegner damit gelungen. Dies sieht auch die gefährdete Partei selbst so. Dementsprechend führt sie im Revisionsrekurs aus, dass der Gegner die von ihm herbeigeführte konkrete Gefährdung durch Widerruf des Alleinvermittlungsauftrags abgewendet habe. Sie steht allerdings auf dem Standpunkt, dass für die Widerlegung der vermuteten Gefährdung des Anspruchs der Beweis einer zukünftigen Unmöglichkeit einer Verfügung durch den Gegner erforderlich sei. Entgegen diesem Ansatz ist das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beurteilung nicht auf in Zukunft theoretisch mögliche Maßnahmen, sondern auf die konkrete vorgetragene Sachlage zu beziehen ist.
5.1 Zusammenfassend ergibt sich:
Die Erhebung des Sicherungsbegehrens zur Sicherung des dringenden Wohnbedürfnisses im Rahmen eines Eheverfahrens (§ 382h Abs 2 EO) hat nur zur Folge, dass der Sicherungswerber die Gefährdung des Wohnungserhaltungs-anspruchs nicht bescheinigen muss. Diese Rechtsvermutung wird durch die Tatsache eines anhängigen Eheverfahrens ausgelöst. Die gesetzliche Ausnahme von den allgemeinen Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung bezieht sich nur auf die Bescheinigungspflicht. Die gefährdete Partei muss daher auch zur Gefahrenlage ein geeignetes Tatsachenvorbringen erstatten. Dem Gegner steht dazu der Beweis des Gegenteils offen.
5.2 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die das Sicherungsbegehren abweisende Entscheidung des Rekursgerichts nicht zu beanstanden. Dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei war daher der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 EO.
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