OGH 7Ob97/24a

OGH7Ob97/24a19.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* E*, vertreten durch Dr. Markus Kroner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. B* J*, und 2. B* J*, beide *, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in Hallein, wegen 930,96 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 2. Mai 2024, GZ 53 R 29/24g‑47, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0070OB00097.24A.0619.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Bestandrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Im Vollanwendungsbereich des MRG (wie hier) ist der Vermieter zwingend zur Durchführung der in § 3 Abs 2 MRG aufgezählten Arbeiten verpflichtet, insbesondere muss er Instandhaltungsmaßnahmen an der Bestandsache selbst ergreifen, wenn die Behebung von ernsten Schäden des Hauses oder die Beseitigung einer vom Mietgegenstand ausgehenden erheblichen Gesundheitsgefährdung betroffen ist (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG; 5 Ob 174/10i; 5 Ob 88/14y; 5 Ob 110/15k; Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1096 Rz 40 mwN [Stand 1. 5. 2017, rdb.at]).

[2] In Abgrenzung zu § 8 MRG, der dem Mieter im Vollanwendungsbereich des MRG bestimmte Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten auferlegt, verbleibt ein sogenannter „Graubereich“, in dem nach dem MRG weder den Vermieter noch den Mieter eine Instandhaltungspflicht trifft. Betroffen vom „Graubereich“ ist die Beseitigung von Schäden an Wänden und am Boden und das Ausmalen (2 Ob 215/10x [Klausel 27]), sofern kein „ernster Schaden“ des Hauses oder eine erhebliche Gesundheitsgefährdung vorliegt (Lovrek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1096 Rz 43 mwN zur Judikatur [Stand 1. 5. 2017, rdb.at]).

[3] Treten im Vollanwendungsbereich des MRG im „Graubereich“ Mängel auf, bleibt die Zinsminderung nach § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unberührt (5 Ob 17/09z = SZ 2009/23; 3 Ob 234/12a [Punkt 4.] = SZ 2013/28 ua).

[4] 1.2. Der Kläger geht ebenso wie die Vorinstanzen davon aus, dass der oberflächliche Schimmelbefall (noch) kein ernster Schaden des Hauses ist und auch (infolge entsprechender Negativfeststellungen) keine erhebliche Gesundheitsgefährdung für die beklagten Mieter festgestellt werden konnte, weshalb seine Erhaltungspflicht als Vermieter nach § 3 Abs 2 Z 2 MRG ausscheidet.

[5] Nach den getroffenen Feststellungen handelt es sich bei den wiederkehrenden Schimmelbildungen aber auch nicht mehr nur um bloße „Schönheitsfehler“, sondern diese finden sich sowohl im Bereich des Wohnzimmerfensters und dessen Fensterlaibung, hinter dem Küchenverbau und hinter dem Einbauschrank im Vorraum.

[6] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass das regelmäßige Entfernen von Schimmel durch die Beklagten, die regelmäßige Behandlung mit Schimmelschutzmittel sowie das regelmäßige Neuaufbringen von Wandfarbe nicht mehr in die Erhaltungspflicht der beklagten Mieter nach § 8 MRG falle, weil sich der Schimmel immer neu bilde und regelmäßigentfernt werden müsse, ist nicht korrekturbedürftig. Wenn das Berufungsgericht ausgehend von der zu Punkt 1.1. zitierten Judikatur und den getroffenen Feststellungen einen „Graubereich“ erkannte und deswegen das Recht der Beklagten auf Mietzinsminderung bejahte, bedarf diese Beurteilung im Einzelfall ebenfalls keiner Korrektur.

[7] 2. Ein Bestandnehmer verliert die ex lege eintretende Zinsminderung, wenn er die Behebung der Mängel – etwa durch die Verweigerung des Zutritts für Handwerker – verhindert (RS0024625).

[8] Diese Voraussetzung ist durch das Verhalten der Beklagten anlässlich der Befundaufnahme durch einen vom Vermieter beigezogenen Sachverständigen am 5. 2. 2021 nicht erfüllt. Sie hatten die Wohnung vor diesem Termin gereinigt, sodass nur leichte Schimmelspuren an den Fugen von den Fenstern sowie kleine dunkle Verfärbungen in den Fugen des Schuhschranks wahrgenommen werden konnten. Entgegen der Ansicht des Klägers leitet sich daraus kein Verzicht der Beklagten auf den Anspruch auf Mietzinsminderung (bereits ab diesem Zeitpunkt) ab, sodass es auch insofern bei der Entscheidung des Berufungsgerichts bleiben kann.

[9] 3. Die Ausführungen des Revisionswerbers zu einem groben Verschulden der Beklagten an der unterlassenen Mietzinszahlung betreffen nicht das allein den Gegenstand der Revision bildende Teilurteil über den Mietzinsrückstand und sind daher unbeachtlich.

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