European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132293
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 416,24 EUR (darin enthalten 69,34 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin hatte am 8. 9. 2013 eine Totgeburt. Aus labortechnischer Sicht bestand nach einem positiven Befund für Serin‑Prothrombin IGM‑Antikörper der Verdacht auf das Vorliegen eines Antiphospholipidsyndroms (APS). Diese Diagnose wurde der Klägerin mitgeteilt, ebenso, dass sie bei weiteren Schwangerschaften Thrombosespritzen und Blutverdünnungsmittel nehmen müsse. Die Klägerin ging aufgrund dieser Informationen davon aus, dass sie das diagnostizierte Antiphospholipidsyndrom auch hat. Sie hielt es aber für keine „weiterführende“ Erkrankung.
[2] Am 11. 1. 2015 wurde die erste Tochter der Klägerin geboren. Während dieser Schwangerschaft musste die Klägerin „Thrombosespritzen“ injizieren und Blutverdünnungsmittel nehmen.
[3] Am 30. 11. 2015 beantragte die Klägerin gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bei der Beklagten eine „Gesundheitsvorsorge“, gültig ab 1. 12. 2015. Sie beantwortete die im Antragsformular vorformulierte Frage 4 „Bei Frauen: Besteht eine Schwangerschaft“ mit „einmal Fehlgeburt, einmal Totgeburt vor zwei Jahren“. Auf die Frage 5 „Bestanden in den letzten fünf Jahren ambulant behandelte oder unbekannte Krankheiten, Verletzungen, oder sonstige Anomalien? Wenn ja, welche?“ gab sie „Zweimal dreitägiger Aufenthalt wegen Geburt“ an. Die Frage 8 „Bestanden vormals schwerwiegende Krankheiten, Verletzungen oder sonstige Anomalien wie zB Erkrankungen der Atmungsorgane, des Herzens und des Kreislaufsystems, des venösen und arteriellen Gefäßsystems, der Verdauungsorgane, des zentralen und peripheren Nervensystems, geistige/seelische Störungen, der Knochen/Gelenke/Muskeln und Sehnen, der Harn‑ und Geschlechtsorgane, des Blutes, der Drüsen, des Stoffwechsels, der Haut, der Ohren, der Augen, gut‑ und bösartige Tumore, Infektionskrankheiten und Allergien, Unfruchtbarkeit, Missbildungen, ein HIV‑positiver Befund? Wenn ja, welche? Ausgeheilt?“ verneinte sie.
[4] Dem daraufhin auf Grundlage dieses Versicherungsantrags abgeschlossenen Krankenzusatz‑ und Gesundheitsversicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten‑ und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB‑1995/Fassung Juli 2012) zugrunde, die auszugsweise lauten:
„§ 11
Obliegenheiten
A) Anzeigepflichten vor Abschluss des Versicherungsvertrags bzw vor Annahme des Beitritts bei der Gruppenversicherung.
(1) Der Versicherungsnehmer und der Versicherte (Mitversicherte) haben bei der Antragstellung und zwischen Antragstellung und Zustellung (Aushändigung) des Versicherungsscheines alle erheblichen Gefahrenumstände anzuzeigen. Jeder Gefahrenumstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich in schriftlicher Form gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich.
B) Folgen der Verletzung der Anzeigepflicht vor Abschluss des Versicherungsvertrags bzw vor Annahme des Beitritts bei der Gruppenversicherung.
(2) Hat der Versicherungsnehmer oder ein Versicherter (Mitversicherter) die Anzeigepflicht über erhebliche Gefahrenumstände schuldhaft verletzt, so kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. [...]. Die Anzeigepflicht ist auch dann verletzt, wenn Fragen um Gefahrenumstände unrichtig und unvollständig beantwortet werden.
Hat der Versicherungsnehmer (Versicherte, Mitversicherte) einen Umstand nicht angezeigt, nach dem der Versicherer nicht ausdrücklich und genau umschrieben gefragt hat, ist ein Rücktritt nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der Anzeigepflicht möglich.
(3) Der Rücktritt vom Versicherungsvertrag ist innerhalb eines Monats von dem Tag an zulässig, an dem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt hat. [...]“
[5] Im Zuge der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach einer Meniskusoperation der Klägerin erhielt die Beklagte Kenntnis von der zum Zeitpunkt der Antragstellung diagnostizierten – für die Beklagte nicht versicherbare – Thrombophilieerkrankung und erklärte mit Schreiben vom 20. 3. 2018 zum 31. 3. 2018 den Rücktritt. Später stellte sich heraus, dass bei der Klägerin das diagnostizierte Antiphospholipidsyndrom nicht vorgelegen hatte.
[6] Die Klägerin begehrt – soweit im Rechtsmittelverfahren noch von Relevanz – die Feststellung, dass der Krankenzusatz‑/Gesundheitsversicherungsvertrag bei der Beklagten zugunsten der Klägerin über den 31. 3. 2018 hinaus weiterbesteht. Sie habe den Versicherungsantrag nach bestem Wissen und Willen ausgefüllt und die Totgeburt im Jahr 2013 angegeben. Bei einer Thrombophilie handle es sich um eine Risikoerkrankung in der Schwangerschaft. Von ihr als medizinischem Laien könne nicht erwartet werden, dass sie die mögliche Ursache der Totgeburt mittels medizinischer Diagnose angebe. Die Thrombophilie wäre außerdem kein Grund gewesen, den Abschluss der Versicherung zu verweigern. Auch treffe sie an der unterlassenen Nennung der Thrombophilie kein Verschulden. Der Vertragsrücktritt sei daher unberechtigt erfolgt.
[7] Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe durch das Verschweigen ihrer Thrombophilie ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt. Bei der von ihr erlittenen Totgeburt im Jahr 2013 habe man diese Erkrankung festgestellt, sodass die Klägerin bei ihrer späteren Schwangerschaft Blutverdünnungsmittel zu sich habe nehmen müssen. Obwohl im Aufnahmeantrag ausdrücklich gefragt worden sei, ob behandelte oder unbehandelte Krankheiten oder sonstige Anomalien bestünden, habe die Klägerin die Erkrankung nicht angeführt. Wären die Fragen im Antragsformular richtig beantwortet worden, hätte die Beklagte den Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen. Der Rücktritt sei daher berechtigt erfolgt. Daran ändere auch nichts, falls sich im nunmehrigen Prozess herausstellen sollte, dass die Klägerin nicht am Antiphospholipidsyndrom leide.
[8] Das Erstgericht gab dem auf Zinsen eingeschränkten Zahlungsbegehren und dem Feststellungsbegehren statt. Die Klägerin habe die Anzeigepflicht gemäß § 16 VersVG nicht verletzt, weil sie tatsächlich nicht am Antiphospholipidsyndrom leide. Ein erhöhtes Risiko bestehe mangels Vorliegens dieser Anomalie nicht. Der Umstand, dass die Klägerin bei Abschluss des Versicherungsvertrags davon ausgegangen sei, dass sie dieses Syndrom habe, ändere daran nichts. Der Rücktritt der Beklagten sei zu Unrecht erfolgt.
[9] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil in Bezug auf das Feststellungsbegehren im klagsabweisenden Sinn ab. Es bejahte die Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht durch die Klägerin. Maßgeblich sei ausschließlich der jeweilige Kenntnisstand des Antragstellers zum Zeitpunkt der Antragstellung. Die Klägerin habe Kenntnis von dem bei ihr diagnostizierten Antiphospholipidsyndrom und der damit verbundenen Notwendigkeit, bei weiteren Schwangerschaften eine Thromboseprophylaxe durchzuführen, gehabt. Sie wäre daher jedenfalls verpflichtet gewesen, diese Umstände bei Beantwortung der Gesundheitsfragen anzugeben. Dass sich die Unrichtigkeit dieser Diagnose nach dem Rücktritt der Beklagten vom Versicherungsvertrag im nunmehrigen Prozess herausgestellt habe, sei unerheblich. Der ihr obliegende Beweis für mangelndes Verschulden an der Verletzung ihrer vorvertraglichen Anzeigepflicht sei der Klägerin nicht gelungen. Der von der Beklagten fristgerecht erklärte Rücktritt sei daher wirksam.
[10] Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage vorliege, ob ein Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäß § 16 Abs 2 VersVG auch dann möglich sei, wenn der Versicherte im Antrag eine ihm bekannte Diagnose, die sich erst später als Fehldiagnose herausgestellt habe, nicht anführe.
[11] Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[12] Die Beklagte begehrt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
[14] 1.1 Nach § 16 Abs 1 VersVG (dem Art 11 AVB 1995/Fassung Juli 2012 entspricht) hat der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Zur Bejahung der Gefahrenerheblichkeit von Umständen ist es nicht erforderlich, dass der Versicherer bei Kenntnis des wahren Sachverhalts den Vertrag tatsächlich abgelehnt oder nicht zu den bestimmten Bedingungen geschlossen hätte. Es reicht aus, dass der vom Versicherer nachgewiesene Umstand bei objektiver Betrachtung geeignet ist, einen solchen Entschluss des Versicherers zu motivieren (RS0080637). Ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich (RS0080628 [T1]). Nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände sind nicht schon wegen ihrer objektiven Gefahrenerheblichkeit mitzuteilen, sondern nur dann, wenn sich eine Frage konkludent auch auf sie bezieht oder wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint (RS0119955 [T1]).
[15] 1.2 Unter diesen Voraussetzungen sind sämtliche dem Versicherungsnehmer bekannten gefahrenerheblichen Umstände anzuzeigen. Dabei kommt es in der Krankenversicherung nicht nur auf die Erheblichkeit der einzelnen Krankheit, sondern auf die Häufigkeit des durch die behandelten Krankheiten geprägten Gesamtbildes des Gesundheitszustands an. So sind Beschwerden und Schmerzen bei entsprechenden Fragen auch dann anzeigepflichtig, wenn sie noch nicht eindeutig einer Krankheit zugeordnet worden sind. Ihre Einschätzung durch den Versicherungsnehmer als harmlos, spielt für die Entstehung der Pflicht keine Rolle, sofern sie nicht offenkundig belanglos sind und alsbald vergehen. Angabepflichtig sind auch indizierende Umstände, also äußere Umstände, die auf das Bestehen eines gefahrenerheblichen Zustands schließen lassen. Auch ohne das Vorliegen einer ärztlichen Diagnose muss der Antragsteller Symptome, wegen der er sich in ärztliche Behandlung begeben hat, angeben; die Wertung und Beurteilung müssen dem Versicherer überlassen bleiben (7 Ob 170/13w mwN = RS0080641 [T6]; anzeigepflichtig sind auch Verdachtsdiagnosen, soweit sie sich auf eine chronische Erkrankung beziehen, die auch dann nicht als geheilt angesehen werden kann, wenn über einen längeren Zeitraum keine Beschwerden auftreten (zur vergleichbaren deutschen Rechtslage Armbrüster in Prölss/Martin VersVG31 § 19 VVG Rn 15).
[16] 1.3 Hier stellt sich die Frage, ob eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht auch dann vorliegt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die vom Versicherungsnehmer nicht bekanntgegebene Erkrankung tatsächlich irrtümlich diagnostiziert worden war.
[17] Dazu wird vertreten:
[18] 1.3.1 Der Versicherungsnehmer hat nach dem Wortlaut des Gesetzes, die ihm bei Abschluss des Vertrags bekannten gefahrenerhebliche Umstände anzuzeigen. Die in § 16 Abs 1 VersVG geregelte Anzeigepflicht knüpft damit an die Kenntnis des Versicherungsnehmers von einem Gefahrenumstand (Heiss/Lorenz in Fenyves/Perner/Riedler,VersVG §§ 16–17 Rz 52) an.
[19] 1.3.2 Knappmann in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 14 Rn 20, meint, dass die Nichtanzeige gefahrenerheblicher Umstände, die der Versicherungsnehmer irrtümlich für gegeben hält – etwa aufgrund einer unzutreffenden ärztlichen Diagnose – an sich keine anzeigepflichtige Tatsache betreffe; eine nicht vorhandene Krankheit könne nicht gefahrenerheblich sein. Auch die Diagnose selbst sei für sich gesehen nicht gefahrenerheblich, sie werde zudem meist von dem üblichen Fragenkatalog nicht umfasst. Hingegen seien nach dem Fragenkatalog jedoch meist die Arztbesuche und die Beschwerden, die Anlass für die Diagnose waren, anzuzeigen.
[20] Voit in Honsell, Berliner Kommentar, § 16 Rn 48 differenziert: Beziehe man den Begriff des gefahrenerheblichen Umstands auf die zu Unrecht diagnostizierte Krankheit, so sei eine solche Krankheit kein Umstand und damit entfalle die Anzeigeobliegenheit. Die irrige Vorstellung des Versicherungsnehmers, er sei krank, sei als solche zwar ein Umstand iSd § 16 Abs 1 VersVG, aber diese Fehlvorstellung sei – bezogen auf die Erkrankung – nicht gefahrenrelevant. Richtigerweise werde man in solchen Fällen den gefahrenrelevanten Umstand in der vom Versicherer nachgefragten ärztlichen Diagnose selbst, nicht in der diagnostizierten Erkrankung, sehen müssen. Damit stelle sich die Frage, ob ein sich nachträglich als nichtexistent erweisender Umstand anzuzeigen war, regelmäßig nicht, denn die Existenz der Diagnose bleibe von der Unrichtigkeit unberührt, und wenn der Versicherer seine Entscheidung von dem Bestehen einer – wenn auch möglicherweiseunrichtigen – ärztlichen Diagnose abhängig mache, dann sei dieser Umstand als solcher gefahrenrelevant.
[21] Langheid in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz², § 19 Rn 59, ders in Langheid/Rixecker, Versicherungsvertragsgesetz6,§ 19 Rn 27 ist der Ansicht, dass anzeigepflichtig alles sei, was in Textform nachgefragt und nicht erkennbar ohne Belang sei. Die Entscheidungshoheit darüber liege beim Versicherer. Damit seien aber selbst ärztliche Fehldiagnosen als solche anzeigepflichtig.
[22] In der Entscheidung des BGH, IV ZR 99/93 = VersR 1994, 711, wurde ausgesprochen, dass der Versicherungsnehmer die ihm offenbarten ärztlichen Einschätzungen von gefahrenerheblichen Umständen anzuzeigen hat, selbst wenn sie sich später als irrtümlich empfunden oder diagnostiziert herausstellen.
[23] 1.3.3 Der Versicherungsnehmer hat die ihm zum Zeitpunkt der Beantwortung der Antragsfragen bekannten gefahrenerheblichen Umstände, daher auch die ihm bekannten Diagnosen, anzuzeigen. Die Prüfung und Bewertung ist dann Sache des Versicherers. Wird nach bestimmten Erkrankungen gefragt, ist eine zu diesem Zeitpunkt beim Versicherungsnehmer diagnostizierte Erkrankung anzugeben. Darauf, ob sich die Diagnose später als unrichtig herausstellen sollte, kommt es hingegen nicht an.
[24] 2.1 Auf die in Pkt 5 des Antrags gestellte Frage, ob in den letzten fünf Jahren ambulant behandelte oder unbehandelte Krankheiten, Verletzungen, Beschwerden oder sonstige Anomalien bestanden haben, gab die Klägerin lediglich ihren Krankenhausaufenthalt wegen einer Geburt an. Frage 8, ob unter anderem schwerwiegende Krankheiten des Blutes bestanden, verneinte sie.
[25] 2.2 Damit gab die Klägerin bei der Antragstellung weder die ihr gegenüber ausdrücklich gestellte Diagnose eines Antiphospholipidsyndroms und die damit verbundene – ihr gegenüber ebenfalls angeführte – Notwendigkeit bei weiteren Schwangerschaften eine Thromboseprophylaxe durchzuführen, noch ihre daraufhin auch tatsächlich erfolgten Behandlungen (Thrombosespritzen, Blutverdünner) während der ersten Schwangerschaft an. Damit verschwieg die Klägerin wesentliche Umstände (Thrombophilien sind für die Beklagte nicht versicherbar), nach denen die Beklagte ausdrücklich angefragt hatte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe damit ihre Anzeigepflicht objektiv verletzt, ist zutreffend.
[26] 2.3 Dass im vorliegenden Verfahren der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangte, es habe sich bei der bei der Klägerin ursprünglich diagnostizierten Erkrankung um eine Fehldiagnose gehandelt, ändert darin nichts, beschränkt sich dieses Ergebnis doch auf eine nachträglich erfolgte Beurteilung. Wesentlich ist aber – wie ausgeführt – allein, welche Kenntnisse der Versicherungsnehmer bei der Beantwortung der Fragen hatte.
[27] 3.1 An die vom Versicherten bzw Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (RS0080641). Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (§ 16 Abs 3 VersVG; RS0080572). Die Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer (RS0080809). Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 VersVG zuwider die Angabe eines erheblichen Umstands unterblieben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten.
[28] 3.2 Die Fragen nach in den letzten fünf Jahren behandelten Krankheiten, Beschwerden oder Anomalien und nach solchen des Blutes waren eindeutig formuliert. Der ihr obliegende Beweis für mangelndes Verschulden an der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist der Klägerin nicht gelungen. Grobe Fahrlässigkeit ist entgegen ihrer Ansicht nicht erforderlich.
[29] 4. Zusammengefasst erfolgte der Rücktritt der Beklagten aufgrund einer der Klägerin zumindest fahrlässig vorwerfbaren vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung wirksam. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
[30] Die Kostenentscheidung gründet auf die §§ 41, 50 ZPO, ein Rechenfehler war zu korrigieren.
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