Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 358.410,08 samt 10 % Zinsen seit 1.10.1994 zu zahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 183.615,60 bestimmten Kosten des Verfahrens aller Instanzen (darin enthalten S 26.627,60 USt und S 23.850,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Johann K***** war zwischen Dezember 1991 und April 1994 bei der ***** A***** AG in Kufstein beschäftigt, die ihrerseits von der Beklagten bevollmächtigt war, Anträge auf Eröffnung von Wertpapierdepots samt Verrechnungskonten für die Beklagte sowie hierauf abzielende Kundenaufträge entgegenzunehmen. Verfügungen aufgrund solcher Aufträge erfolgten durch die Beklagte selbst.
Am 14.9.1992 eröffnete die Beklagte durch ihre angeführte Geschäftspartnerin für Johann K***** über dessen Antrag das anonyme Wertpapierdepot Nr 0089-063390 samt damit verbundenem anonymen Verrechnungskonto Nr 0000-063396, welche mit einem an Johann K***** ausgehändigten "Effektenbuch", das auf Überbringer lautete und mit einem Losungswort vinkuliert war, derart verknüpft waren, daß über das Wertpapierdepot samt Verrechnungskonto nur mit dem Effektenbuch und unter Nennung des Losungswortes, welches "Lilie" war, verfügt werden konnte. Der Antrag auf Kontoeröffnung erfolgte mittels eines Formblattes der Beklagten, welches als Vertragsgrundlage die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen (AGBKr) in der jeweils geltenden Fassung nannte. Johann K***** hatte Zugang zu diesen Geschäftsbedingungen.
Johann K***** erhielt das weder auf Namen lautende, noch mit einer sonstigen Bezeichnung versehene Effektenbuch, in welchem sich neben den Kontonummern folgende "Besondere Bedingungen zum Effektenbuch" befinden:
1. Dieses Buch dient zur Abwicklung von Geschäften im Sinne des § 12 DepG...
3. Über alle Ansprüche aus diesem Buch kann - unbeschadet der Bestimmungen der Effektenmanagementvollmacht oder des Effektenmanagementauftrages - vom Inhaber dieses Buches nur gegen Vorlage desselben bei der Ausgabestelle und Bekanntgabe des vereinbarten Losungswortes verfügt werden. ...
15. Die auf diesem Buch erliegenden Werte gelten als verpfändet für die Forderungen der ausstellenden E***** Bank gegen den Inhaber des Effektenbuches. Die ausstellende E***** Bank ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, ungeachtet eines erteilten Verkaufsauftrages, Wertpapiere nach ihrer Wahl jederzeit zu veräußern, um ihre Forderungen ganz oder teilweise abzudecken, sofern ihr dies im Hinblick auf die ausreichende Besicherung geraten erscheint.
16. Im übrigen gelten für die gesamten Geschäftsbedingungen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen....
Gleichzeitig begab Johann K***** am 14.9.1992 eine sogenannte - mit dem Losungswort unterfertigte - Effektenmanagementvollmacht, womit der ***** A***** AG die Ermächtigung und die Vollmacht erteilt wurden, über das Wertpapierdepot samt Verrechnungskonto bei der Beklagten in seinem Namen und auf seine Rechnung zu disponieren und auch telefonische Aufträge unter Angabe des Losungswortes entgegenzunehmen. Auch hiezu wurde die Geltung der AGBKr in der jeweils gültigen Fassung vereinbart.
Mit Fremdwährungskreditvertrag vom 25.2.1992 ließ sich Johann K***** von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der R***** A***** reg.GenmbH, ein Darlehen in Höhe von 11,2 Mio Yen einräumen und begab zur Besicherung dieses Kredites zwei Blankowechsel sowie eine Lebensversicherung und zwei Sparbücher. Nach Fälligkeit der Kreditrückzahlung verlängerte die Klägerin als mittlerweilige Rechtsnachfolgerin der kreditgewährenden Bank das Darlehen und händigte Johann K***** die ursprünglich der Kreditbesicherung dienenden Sparbücher wieder aus. Den Erlös der Sparbücher hatte Johann K***** vereinbarungsgemäß auf das Verrechnungskonto zum Wertpapierdepot bei der Beklagten einzuzahlen. Am 25.2.1993 verpfändete Johann K***** der Klägerin als Kreditgeberin sämtliche im Wertpapierdepot unter Depot Nr 0089063390 in Verwahrung bei der ***** A*****AG erliegenden Werte samt Zinsen, Gewinnanteil- und Erinnerungsscheinen zur Sicherstellung und Erfüllung der Forderung der Klägerin aus dem Kredit über 11,2 Mio Yen bzw allfälligen Erhöhungen dieses Kredites sowie überhaupt aller Forderungen des Kreditgebers gegen den Kreditnehmer; weiters ermächtigte er die Kreditgeberin, die verpfändeten Wertpapiere im Sinne der vom Pfandbesteller anerkannten AGBKr ganz oder teilweise zu veräußern und den Erlös zur Abdeckung seiner Forderungen zu verwenden, wenn bei Fälligkeit der Forderung keine Zahlung erfolgt. Gleichzeitig händigte Johann K***** der Klägerin ein an die ***** A***** AG gerichtetes, als Anweisung an den Verwahrer betiteltes Schreiben folgenden Inhaltes aus:
"Ich teile Ihnen mit, daß ich folgende bei Ihnen zu Depot Nr 0089-063390 erliegenden Wertpapiere der R***** reg.GenmbH verpfändet habe: Sämtliche im Depot erliegenden Wertpapiere! Ich weise Sie unwiderruflich an, diese Wertpapiere als Pfandhalter für die R***** reg. GenmbH zu verwahren, Verfügungen sowie über alle Erträge nur mit deren Zustimmung zuzulassen und diese Werte während der Dauer der Verpfändung über Verlangen jederzeit an dieselbe auszufolgen....."
Weiters übergab Johann K***** der Klägerin das Effektenbuch und nannte ihr das Losungswort.
Nach der Vereinbarung der Klägerin mit Johann K***** stand es diesem jedoch frei, auch in Hinkunft Wertpapiere zum genannten Depot anzukaufen bzw zu verkaufen, wobei sich Johann K***** verpflichtete, monatlich eine Depotbewertung an die Klägerin zu übersenden.
Mit Schreiben vom 31.8.1994 teilte die Klägerin der Beklagten - wegen des mittlerweile eingetretenen Verzugs mit der Kreditrückzahlung - mit, daß sämtliche im Depot Nr 0089-063390 erliegenden Wertpapiere zu ihren Gunsten verpfändet seien. Sie ersuchte die Beklagte um Unterfertigung der Gleichschrift des von Johann K***** mit Pfandvertrag begebenen, als Anweisung an den Verwahrer betitelten Schreibens. Aus dieser Beilage gingen auch Name und Adresse des Johann K***** hervor. Mit Erhalt dieses Schreibens erlangte die Beklagte erstmals Kenntnis davon, daß Johann K***** der Verfügungsberechtigte über das Depot war.
Mit Schreiben vom 2.9.1994 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß über das angesprochene Depot nur gegen Losungswort verfügt werden könne, ohne dessen Bekanntgabe die Berechtigung Johann K*****s nicht überprüft werden könne. Es werde daher um dessen kurzfristige Bekanntgabe ersucht. Mit Faxnachricht vom 5.9.1994 gab die Klägerin der Beklagten das Losungswort zum Wertpapierdepot bekannt und ersuchte um Übersendung einer aktuellen Depotbewertung sowie um Unterfertigung und Retournierung der Beilage zum Schreiben vom 31.8.1994.
Der (damalige) Vorsitzende des Vorstandes der Beklagten Dkfm.Gerhard F***** erklärte einer Angestellten der Klägerin in einem Telefonat am 6.9.1994, daß die gewünschte Pfändungsvormerkung nur gegen Vorlage des Effektenbuchs möglich sei; dieses werde nach Pfändungsvormerkung der Klägerin umgehend zurückgestellt. Daraufhin übersandte die Klägerin der Beklagten das Effektenbuch unter Hinweis auf dieses Telefonat mit dem Ersuchen, die Pfandvormerkung im Effektenbuch anzubringen und diese samt unterfertigter Drittschuldnererklärung zurückzustellen.
Mit Schreiben vom 15.9.1994 teilte der Beklagtenvertreter der Klägerin mit, daß die Innehabung und das Verfügungsrecht Johann K*****s zu besagtem Wertpapierkonto aufgrund der übermittelten Unterlagen und des Losungswortes zwar außer Zweifel stehe. Das Pfandrecht der Klägerin an den im Depot erliegenden Wertpapieren habe aber nicht mehr rechtswirksam begründet werden können, weil die Wertpapiere aufgrund der AGBKr bereits zugunsten der Beklagten verpfändet gewesen seien.
Tatsächlich unterhielt Johann K***** seit 13.11.1991 bei der Beklagten ein Konto, welches regelmäßig zwischen S 50.000,-- und S 4 Mio überzogen war. Auch zu diesem Konto war die Geltung der AGBKr ausbedungen.
Die Beklagte forderte in der Folge Johann K***** auf, die Sollstände auf ihren Konten, die etwa S 4 Mio betrugen, auszugleichen, widrigenfalls die auf dem Depot Nr 0089-63390 verwahrten Wertpapiere zu ihren Gunsten verwertet würden. Nachdem Johann K***** diese Aufforderung unbefolgt gelassen hatte, realisierte die Beklagte die im Depot erliegenden Wertpapiere und das Verrechnungskonto und schrieb den Erlös den Konten ihres Kunden gut.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von S 358.410,08 sA. Mit Pfandvertrag vom 25.2.1993 habe ihr Johann K***** sämtliche im Wertpapierdepot erliegenden Wertpapiere verpfändet und die alleinige Verfügungsmacht über das dazugehörige Verrechnungskonto eingeräumt. Damit habe die Klägerin ein wirksames Pfandrecht an den Wertpapieren erworben und darüber hinaus auch das alleinige Verfügungsrecht über das erwähnte Wertpapierdepot samt Verrechnungskonto erlangt. Unter dem Vorwand, die Legitimation zu diesem Wertpapierkonto näher überprüfen zu müssen, und mit der Zusage, das Effektenbuch nach Anbringung des Pfändungsvermerks wieder zurückzustellen, habe die Beklagte der Klägerin die genannten Unterlagen arglistig herausgelockt und entgegen ihrer Zusage das Wertpapierdepot verwertet. Ein Pfandrecht der Beklagten an dem Wertpapierdepot sei wirksam zustandegekommen. Die Beklagte habe ein vorrangiges Pfandrecht an den Wertpapieren nicht erlangt. Punkt 23 Abs 2 AGBKr begründe lediglich einen Anspruch auf Pfandbestellung. Eine dingliche Pfandeinräumung oder eine Besitzanweisung oder ein ähnlicher gesetzmäßiger Übertragungsakt sei jedoch nie erfolgt. Erst nach der Übersendung des Effektenbuchs durch die Klägerin sei die Beklagte in der Lage gewesen, über das Wertpapierdepot zu verfügen. Dieses arglistige Verhalten mache die Beklagte ersatzpflichtig.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe an den Wertpapieren bereits vor der Klägerin ein wirksames Pfandrecht gemäß Punkt 23 Abs 2 AGBKr erworben, welches jenem der Klägerin, sofern diese überhaupt ein wirksames Pfandrecht erworben habe, vorgehe.
Das Erstgericht schränkte die Verhandlung auf den Grund des Anspruchs ein und erkannte mit Zwischenurteil, daß der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe. Punkt 23 der AGBKr bilde nicht nur Titel, sondern auch das Verfügungsgeschäft (den Pfandvertrag) für den Erwerb des Pfandrechts. Soweit für den Pfandrechtserwerb ein besonderer Modus erforderlich sei, erwerbe die Bank das Pfand jedoch erst mit Setzung dieses Aktes. An sich sei für die Verpfändung von Wertpapieren - neben dem Pfandbestellungsvertrag und der dinglichen Einigung (Pfandvertrag) - die Anweisung an den Verwahrer erforderlich, die Wertpapiere auch für den Pfandnehmer innezuhaben. Das vorliegende anonyme Wertpapierdepot samt Verrechnungskonto sei mit dem nicht auf Namen lautenden, mit einem Losungswort vinkulierten Effektenbuch insofern verknüpft und damit "entkörpert" worden, als über Depot und Verrechnungskonto nur unter Vorlage der Urkunde und Bekanntgabe des Losungswortes habe verfügt werden können. Diese Ausgestaltung gleiche jener von Inhabersparbüchern. Forderungen daraus könnten nur durch Übergabe des Papiers verpfändet werden. Das habe auch im gegenständlichen Fall zu gelten, sodaß die Klägerin zeitlich früher ein Pfandrecht am Depot samt dem einen selbständigen Bestandteil bildenden Verrechnungskonto erworben habe, welches trotz Übergabe des Effektenbuches und Nennung des Losungswortes an die Beklagte bestehen geblieben sei. Durch die Verwertung des Wertpapierdepots samt Verrechnungskonto durch die Beklagte sei der Klägerin ein Schaden entstanden, welchen die Beklagte, die das Pfandrecht der Klägerin gekannt habe, zu ersetzen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte das Zwischenurteil des Erstgerichts und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Das gegenständliche Effektengeschäft unterscheide sich von einem sonst üblichen Depotgeschäft dadurch, daß jegliche Verfügung über das Wertpapierdepot samt dem damit verbundenen Verrechnungskonto nur und ausschließlich durch Vorlage des Effektenbuches und Bekanntgabe des Losungswortes habe erfolgen können. Der Beklagten sei es gar nicht darum gegangen, den Namen ihres Vertragspartners zu erfahren, weil sie bei Abschluß des Depotvertrages keine Legitimierung verlangt habe. Vielmehr habe sie zu erkennen gegeben, daß jede Person bei ihr ein Wertpapierdepot samt Verrechnungskonto völlig anonym eröffnen könne. Als Legitimierung für die Ausübung der aus diesem Depotvertrag entspringenden Rechte habe es genügt, das Original des von der Beklagten ausgegebenen Effektenbuchs vorzulegen und das vereinbarte Losungswort zu nennen. Durch die Ausstellung dieses Effektenbuchs habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß der jeweilige Inhaber desselben zur Ausübung der darin verbrieften Rechte berechtigt sei. Daraus ergebe sich eindeutig der Wille der Beklagten, den jeweiligen Inhaber auch ohne Nachweis der materiellen Berechtigung als ihren Gläubiger anzuerkennen. Das Effektenbuch sei daher ein Inhaberpapier im Sinne des § 1393 Satz 2 ABGB ähnlich einer Sparurkunde. Auch die Vereinbarung eines Losungsworts mache das Effektenbuch nicht zu einem Rektapapier, sondern schaffe nur ein zusätzliches Legitimationserfordernis.
Da sohin die Ausübung der Rechte am Wertpapierdepot samt Verrechnungskonto ausschließlich von der Innehabung des Effektenbuches und der Nennung des richtigen Losungsworts abhängig gewesen sei, nicht aber von der Person des anonym gebliebenen Vertragspartners der Beklagten oder dem alleinigen Besitz der Wertpapiere, könne ein Pfandrecht der Beklagten an dem Wertpapierdepot und den dort erliegenden Wertpapieren sowie dem Guthaben am Verrechnungskonto im Sinne des Punktes 23 Abs 2 der AGBKr erst entstehen, wenn die Beklagte Inhaberin des Effektenbuchs geworden sei, weil nur diese Innehabung zur Ausübung der Rechte am Wertpapierdepot und am Verrechnungskonto legitimiert habe. Nur dadurch werde in diesem Fall die für die Pfandrechtsbegründung vorgeschriebene Publizität eingehalten, weil bei Inhaber- und Orderpapieren dazu nur die Übergabe des Papiers erforderlich sei.
Sei es der Beklagten nicht auf eine bestimmte Person als Wertpapierdepot- und Verrechnungskontoinhaber angekommen, dann sei Vertragspartner der jeweils (berechtigte) Inhaber des Effektenbuches. Nur diesem gegenüber könne sie ein Pfandrecht an den Wertpapieren oder am Guthaben am Verrechnungskonto geltend machen, wie dies auch unter Punkt 15 der Besonderen Bedingungen zum Effektenbuch festgehalten sei. Aufgrund des Pfandvertrags mit Johann K***** sei jedoch zuletzt die Klägerin berechtigte Inhaberin des Effektenbuches gewesen, mit dem die Ausübung der Rechte an den Wertpapieren und dem Verrechnungskonto verbunden sei. Die auf diesem Buch damals erliegenden Werte hätten höchstens für Forderungen der Beklagten gegenüber der Klägerin als Inhaberin des Effektenbuchs verpfändet sein können, nicht jedoch für Forderungen der Beklagten gegenüber Dritten. Daß die Beklagte jedoch gegenüber der Klägerin Forderungen gehabt habe, für die sie die auf dem Effektenbuch erliegenden Werte in Anspruch genommen habe, habe die Beklagte nie behauptet. Die Realisierung der auf dem Effektenbuch erliegenden Werte zur Abdeckung eines Teiles ihrer Forderungen gegenüber Johann K***** sei daher zu Unrecht erfolgt. Vielmehr habe sie dadurch in die der Klägerin aus der Innehabung dieses Effektenbuches zustehenden Rechte eingegriffen und somit dieser den dadurch verursachten Schaden, der sich aus der Höhe der damals bei Realisierung durch die Beklagte entstandenen Werte beziffere, zu ersetzen. Das Erstgericht habe daher zu Recht festgestellt, daß der eingeklagte Anspruch dem Grunde nach zu Recht bestehe.
Die Revision der Beklagten ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Beklagte bekämpft in ihrer Revision die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Übernahme des Effektenbuches habe zu einem Pfandrecht der Klägerin an den von der Beklagten verwahrten Wertpapieren geführt. Das Effektenbuch sei vielmehr ein Legitimationspapier, das vereinbarte Losungswort ein weiteres Legitimationserfordernis. Da auch telefonische Verfügungen über das Wertpapierkonto bloß unter Bekanntgabe des Losungswortes möglich gewesen seien, habe die Übergabe des Effektenbuches zum Zwecke der Verpfändung noch nicht zu einem Pfandrecht der Klägerin an den Wertpapieren geführt. Verfehlt sei auch die Ansicht, daß das dazugehörende Verrechnungskonto als unselbständiger Bestandteil des Wertpapierdepots durch die Übergabe des Effektenbuches mitverpfändet worden sei. Selbst wenn man aber das Effetenbuch als Inhaberpapier ansehen wolle, wäre es nicht zu einer Verpfändung der Wertpapiere an der Klägerin gekommen, weil es kein dingliches Recht an den Wertpapieren, sondern nur den Anspruch auf Herausgabe der Wertpapiere verbrieft habe. Daß dieser Anspruch verpfändet worden sei, habe die Klägerin ebensowenig behauptet wie eine Verpfändung oder Abtretung der Forderungen aus dem Verrechnungskonto. Die Beklagte sei aufgrund der ihr erteilten Vollmacht ermächtigt gewesen, die Papiere zu verwerten und das Guthaben vom Verrechnungskonto abzubuchen. Der Kontoinhaber habe nur danach noch verbliebene Werte verpfänden können. Ein derartiges Pfandrecht gehe dem gemäß Punkt 23 Abs 2 AGBKr der Beklagten eingeräumten Pfandrecht nach. Diesen Ausführungen ist im wesentlichen zu folgen:
Das Effektenbuch dient zur Abwicklung von Geschäften im Sinne des § 12 DepG, welcher Wertpapiere betrifft, die der Kreditunternehmung zu anderen Zwecken als zur Verwahrung anvertraut sind und die sie nicht als Eigentümerin innehat; auf diese Geschäfte sind demnach die §§ 2 bis 6 DepG über die Verwahrung sowie die §§ 9 und 10 DepG über Zurückbehaltungs- und Pfandrechte sowie die Ermächtigung zur Verpfändung sinngemäß anzuwenden. Zur Vornahme von Effektengeschäften konnten bis zum Inkrafttreten der BWG-Novelle BGBl 1996/446, womit § 40 BWG über die Geldwäscherei abgeändert wurde, auch anonyme Wertpapierkonten eröffnet werden, ohne daß also die Identität des Kunden bei der Kontoeröffnung festgehalten werden mußte (Iro in Acancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 10/39; dann ausdrücklich festgeschrieben in § 40 Abs 1 Z 1 lit a und b BWG idF vor der Novelle BGBl 1996/446; 4 Ob 532/94 teilweise veröffentlicht in ecolex 1994, 814; WBl 1994, 166). Bei der Eröffnung anonymer Wertpapierkonten samt zugehöriger Verrechnungskonten ist der Bank demnach die Identität ihres Kunden (Vertragspartners) nicht bekannt. Sie stellt daher ein Legitimationspapier ("EKG-Bon", "Juxten-Bon") aus, mit dessen Hilfe der anonyme Kontoinhaber Dispositionen entweder selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten treffen kann; hiezu ist als weiterer Legitimationsakt die Nennung des gewählten Losungsworts erforderlich, welches den Kontoinhaber (und die Bank) insbesondere vor unbefugten Dispositionen schützen soll, wenn - wie im Effektengeschäft durchaus üblich und oftmals auch erforderlich - von der Bank auch telefonische Aufträge durchgeführt werden sollen (4 Ob 532/94).
Gemäß Punkt 3 der Besonderen Bedingungen zum Effektenbuch kann über alle Ansprüche aus diesem Buch - unbeschadet der Bestimmungen der Effektenmanagementvollmacht oder des Effektenmanagementauftrags - vom Inhaber des Buches nur gegen Vorlage bei der Ausgabestelle und Bekanntgabe des vereinbarten Losungswortes verfügt werden. Da das Buch bloß der Abwicklung von Geschäften im Sinne des § 12 DepG dient, verbrieft es demnach kein dingliches Recht an dem im Auftrag des Kunden angeschafften und von der Effektenbank für diesen verwahrten Wertpapieren, sondern bloß ein obligatorisches Verfügungsrecht zur Vornahme von Geschäften im Sinne des § 12 DepG über derartige Wertpapiere. Mit der Übertragung des Buches durch den Kontoinhaber an einen Dritten allein kann daher weder ein Eigentümerwechsel noch ein Pfandrecht an den Wertpapieren begründet werden. Nur jenes Recht kann durch die Aushändigung eines Wertpapieres übertragen werden, welches darin verbrieft ist.
Für die Verpfändung verwahrter Wertpapiere durch den Kunden an einen Dritten ist neben dem Pfandbestellungsvertrag und der dinglichen Einigung (Pfandvertrag), die so wie bei der Übereignung direkt zwischen Hinterleger und Pfandgläubiger zustandekommt, als für die Verpfändung ausreichender Modus die Anweisung an den Verwahrer erforderlich, die Wertpapiere auch für den Pfandnehmer innezuhaben (Iro aaO Rz 10/90). Die Verpfändung des Anspruchs aus dem Verrechnungskonto ist - als Verpfändung einer Forderung - durch formlose Vereinbarung in Verbindung mit einer Verständigung des Drittschuldners möglich, in der anzugeben ist, welche Forderung an wen verpfändet wird (Koziol/Welser10 II 125 mwN).
Mit der Übergabe des Effektenbuches erwarb die Klägerin aufgrund des Pfandvertrags vom 25.2.1993 (noch) kein Pfandrecht an den bei der Beklagten verwahrten Wertpapieren des Pfandschuldners. Einen Verpfändungsvertrag hinsichtlich des Wertpapierkontos hingegen hat die Klägerin nicht behauptet; das an den Verwahrer gerichtete Schreiben des Pfandschuldners nahm auf dieses Konto nicht Bezug. Die Verpfändung der Wertpapiere wurde erst mit der Verständigung der Beklagten von der Anweisung des Pfandschuldners, diese Wertpapiere für die Klägerin zu verwahren, am 31.8.1994 wirksam. Daraus ist für die Klägerin aber nichts zu gewinnen:
Gemäß Punkt 23 Abs 2 AGBKr steht der Bank ein Pfandrecht an allen in ihre mittelbare oder unmittelbare Innehabung gelangten Sachen und sonstigen Rechten jeder Art für ihre gegenwärtigen und künftigen Forderungen gegen den Kunden zu. Erforderlich ist, daß der Besitz der Sache dem Übernehmer mit dem Willen des Überträgers zukommt (Iro aaO Rz 1/84 f; Hefermehl, Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken 94). Die Verpfändung verwahrter Wertpapiere ist durch Punkt 23 Abs 2 AGBKr ausreichend bestimmt (Iro aaO Rz 10/91). Bei der Verpfändung von Forderungen des Kunden gegen die Bank ist wegen der Identität von Pfandgläubiger und Drittschuldner eine Verständigung des Letzteren nicht erforderlich, weil das Pfandrecht jedenfalls mit der Entstehung der Forderung als vollzogen angesehen werden muß (Iro aaO Rz 1/90; Vallenthin, Grundlagen des Bankgeschäfts 104 f). Ist eine Forderung des Kunden gegen die Bank - wie hier - durch ein Legitimationspapier verbrieft, richtet sich die Begründung des Pfandrechts nach ihrer jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung; das Pfandrecht ist nach den Grundsätzen des Rechts zu bestellen, um das es im Einzelfall geht (Koziol/Welser10 II 124 f; Frotz, Kreditsicherungsrecht 64). Nach E.Demelius (Das Pfandrecht an beweglichen Sachen 264 ff) stehen bei "verbrieften" Forderungen nach Wahl der Parteien beide Möglichkeiten zu, also die Übergabe des Papiers oder die Drittschuldnerverständigung.
Das Pfandrecht ist zufolge seiner Sicherungsfunktion vom Entstehen und Fortbestehen des zu sicherenden Rechts abhängig (Koziol/Welser aaO 116). Ein Pfandrecht kann auch zur Sicherstellung bedingter und künftiger Forderungen bestellt werden, sofern diese zur Zeit der Pfandrechtseinräumung ausreichend individualisierbar sind (Koziol/Welser aaO 117; Frotz aaO 22 f; SZ 52/147; SZ 61/222). Bei Forderungen muß der Rechtsgrund, der Gläubiger und der Schuldner - nicht notwendig namentlich - feststehen (Frotz aaO 226). Auch in solchen Fällen entsteht das Pfandrecht schon mit der Pfandbestellung (Frotz aaO 23).
Nach den dargestellten Grundsätzen erwarb die Beklagte mit dem Beginn der Verwahrung von Wertpapieren, mögen sie auch bloß in Sammelverwahrung genommen worden sein, ein Pfandrecht an diesen oder an dem Miteigentumsanteil des Verwahrers. Daß der Beklagten damals weder der Name ihres Kunden noch der Umstand bekannt war, ob gegen diesen eine Forderung besteht oder entstehen wird, ändert daran nichts, war doch der Kunde (Schuldner) durch den Vertrag über die Eröffnung des Wertpapierdepots und das Verrechnungskonto ebenso bestimmbar wie der Rechtsgrund der Forderung, nämlich Forderungen der Beklagten gegen diesen aus dem mit ihr getätigten Bankgeschäften. Auch an dem Guthaben auf dem Verrechnungskonto, also einer Forderung des Kunden gegen die Bank, erwarb die Beklagte mit dem Einlangen von Beträgen darauf ein Pfandrecht. Das Pfandrecht der Beklagten an den Wertpapieren geht dem von der Klägerin erworbenen Pfandrecht zeitlich voraus. Da die Beklagte gegen ihren Kunden eine diese Sicherheiten übersteigende Forderung hatte, steht der Klägerin ein pfandrechtlich sichergestellter Wert nicht mehr zur Verfügung. Daran ändert auch nichts, daß der Klägerin mit der Übergabe des Effektenbuches durch den Kontoinhaber die Möglichkeit eingeräumt wurde, über das Wertpapierkonto samt Verrechnungskonto zu verfügen. Nur echte Inhaberpapiere können nach sachenrechtlichen Grundsätzen mit Gutglaubensschutz übertragen werden. Nach herrschender Meinung ist der Kreis der (echten) Inhaberpapiere geschlossen. Nur den echten Inhaberpapieren kommen besondere Rechtswirkungen zu, die von den Parteien nicht beliebig herbeigeführt werden können (Avancini in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 9/23). Gemäß § 31 Abs 1 BWG können Sparbücher auf Überbringer oder auf eine bestimmte Bezeichnung, insbesondere auf Namen, lauten. Eine gesetzliche Möglichkeit, auch Legitimationspapiere, die das Verfügungsrecht über ein Wertpapier und ein Verrechnungskonto verbriefen, durch die Überbringerklausel als echte Inhaberpapiere auszustatten, gibt es nicht. Mit Punkt 15 der Besonderen Bedingungen zum Effektenbuch hat die Beklagte darauf aufmerksam gemacht, daß die auf diesem Buch erliegenden Werte für ihre Forderungen gegen den Inhaber des Effektenbuches verpfändet sind. Die Klägerin mußte deshalb annehmen, daß ein solches Pfandrecht (auch) zugunsten der Forderungen der Beklagten gegen Johann K***** besteht.
Die Klägerin hat sich auch auf ein arglistiges Vorgehen der Beklagten berufen und den geltend gemachten Schadenersatzanspruch auf die Zusage der Beklagten gestützt, in das Effektenbuch einen Pfändungsvermerk einzutragen und es der Klägerin sodann wiederzurückzustellen. Wenngleich es Treu und Glauben geboten hätten, daß die Beklagte die Klägerin vor der Übersendung des Effektenbuchs zum Zwecke der Anbringung eines Pfändungsvermerks (noch einmal) auf ihr (vorrangiges) Pfandrecht hingewiesen hätte, ist der Klägerin aus dem abredewidrigen Verhalten der Beklagten nach der dargestellten Rechtslage kein Schaden erwachsen, weil die Klägerin nur Ansprüche auf die bereits mit den Pfandrechten der Beklagten belasteten Werte erworben hat. Eine - gar nicht behauptete - Vorrangeinräumung oder ein Verzicht auf ihre Pfandrechte lag im Verhalten der Beklagten nicht. Daher steht der Klägerin auch kein Schadenersatzanspruch zu.
Der Revision war daher Folge zu geben und ein die Klage abweisendes Urteil zu fällen.
Die Entscheidung über die Prozeßkosten aller Instanzen gründet sich auf § 41 und § 50 ZPO. Die von der Beklagten für das erstinstanzliche Verfahren verzeichneten Kosten des Zuständigkeitsstreits, über den abgesondert entschieden wurde, konnten nicht berücksichtigt werden.
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